Stress: Wenn die Entzündung entgleist
Warum bleiben manche Entzündungen bestehen und verschwinden nicht wieder wie bei der entzündeten Pfote?
Vorne sprach ich über die verletzte Hundepfote, die nach kurzer Zeit wieder abgeheilt ist. Die Entzündung war schnell vorbei, da sie ihren Job erfolgreich erledigt hatte, und die Botenstoffe der Entzündung blieben auf das Gewebe vor Ort beschränkt. Nun ist der Hundekörper aber keine Maschine bestehend aus vielen Einzelteilen. Es ist ein Organismus, in dem die einzelnen Organe miteinander verbunden sind. Wenn eine Entzündung eines einzelnen Organs länger anhält oder die entzündungsfördernden äußerlichen Verhältnisse auf den ganzen Organismus einwirken, dann zirkulieren irgendwann im ganzen Körper entzündungsfördernde Botenstoffe. Eine Entzündung, die zunächst vielleicht nur auf den Darm beschränkt war, kann so auch negative Auswirkungen auf die Leber, die Bauchspeicheldrüse und sogar das Gehirn haben.
PROBLEM: WIDERSTANDSFÄHIGE KEIME
Die Keime, die der Dorn in den Körper gebracht hatte, konnte das eigene Immunsystem erfolgreich entfernen. Leider ist das nicht immer so einfach möglich. Manche Eindringlinge haben Tricks als Schutz vor dem Immunsystem entwickelt. Die Erreger beispielsweise, die die Leishmaniose auslösen, sind sehr wiederstandfähig gegen die Körperabwehr. Die hervorgerufene Entzündung schwelt chronisch vor sich hin. Hier ist die moderne Medizin gefragt, um den Patienten bei der Genesung zu unterstützen.
SCHÄDLICHE UMWELTEINFLÜSSE
Aber nicht nur krankmachende Keime können Entzündungen verursachen. Es gibt sehr viele Einflüsse aus der Umwelt, die zu einer Entzündung im Körper führen können. Viele davon sind nur sehr schwach und für sich alleine nicht krankmachend. Summieren sich die negativen Trigger, können sie zusammen aber durchaus zu einem ernsten Krankheitsbild führen. Erschwerend kommt hinzu, dass manche dieser Umwelteinflüsse durch uns nicht beeinflussbar sind. Umso wichtiger ist es daher, die Punkte anzugehen, die durch uns modifizierbar sind - hierzu gehört die Fütterung.
ENTZÜNDUNG: WIE EIN FEUER IM KÖRPER
Um den Komplex der Entzündungen leichter verständlich zu machen, kann es helfen, sich die Entzündung wie ein Feuer im Körper vorzustellen. Jeder entzündungsfördernde Einfluss, wie nährstoffarme Ernährung, gestörte Darmflora, Veranlagung zur Allergie oder emotionaler Stress, legt jeweils ein Stöckchen zum Lagerfeuer. Je mehr negative Faktoren zusammenkommen, desto höher wächst das Feuer, bis ein örtlich begrenztes aber loderndes Osterfeuer oder sogar ein alles einnehmendes Buschfeuer entstanden ist. Dieses zu löschen, ist nicht einfach, vor allem, wenn weiterhin täglich neues Brenngut dazu geschichtet wird. Summiert sich das innere Stresslevel bzw. Feuer auf, werden Symptome der Entzündung sichtbar. Je nach Veranlagung zeigt sich die Entzündung bei dem einen Tier als Hautentzündung mit Juckreiz, bei einem anderen Hund als wiederkehrende Darmentzündung mit Durchfall oder ganz anders. Ziel der proaktiven Ernährung ist es, zum einen weniger "Brenngut" nachzulegen und zum anderen das Feuer zu löschen.
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Mit der Brandlöschmethode heilen
DIE ROLLE DER ERNÄHRUNG
Die Ernährung hat ein großes entzündungsreduzierendes Potenzial, das nicht ungenutzt bleiben soll.
SCHLECHTE LUFT IST SCHLECHT FÜR DEN HUND
Vielen negativen Einflüssen aus der Umwelt können wir nur schlecht oder gar nicht ausweichen. So ist nachgewiesen, dass die Luftverschmutzung Entzündungen auslöst. Die schädlichen Partikel aus der Luft gelangen über die Lunge in den Körper. Das Immunsystem erkennt die fremden Stoffe und versucht, mit der kompletten Armada der Abwehrreaktion diese zu bekämpfen. Bei Hunden, die beispielsweise häufig an einer vielbefahrenen Straße Gassi geführt werden, kann so die ständige Luftverschmutzung zu einer chronischen Entzündung führen. Erschwerend kommt hinzu, dass unsere Hunde auf Höhe der Autoabgase leben. Ähnlich verhält es sich bei Tieren, die in einem Raucherhaushalt leben. Auch hier kommt es zu einer dauerhaften Beeinträchtigung durch die schädigenden Partikel in der Luft.
© Anna Auerbach / Kosmos
Luftverschmutzung kann die Entzündung im Körper weiter verstärken.
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Passivrauchen ist auch für unsere Hunde ungesund.
EMOTIONALER STRESS
Neben der Aufnahme von schädlichen Partikeln können auch andere Einflüsse auf den Körper oder im Körper Entzündungen befeuern. Der Körper selbst kann z.B. durch eine Veranlagung zu Allergien oder durch eine Autoimmunerkrankung Entzündungen verstärken.
Aber auch emotionaler Stress kann Entzündungen im Körper befeuern. So ist bekannt, dass bei Menschen sogenannter 'Managerstress' zu Entzündungen im Körper führt.
Bei unseren Tieren handelt es sich in der Regel um andere Sorgen als die eines Menschen. Aber auch unsere Vierbeiner können emotionalen Stress empfinden. Stressauslöser ist nicht die nächste berufliche Deadline oder das gähnend leere Konto. Stress kann aber beispielsweise durch eine problematische Hund-Mensch-Beziehung entstehen oder durch den Nachbarhund, der als Erzfeind wahrgenommen wird. Stress können auch läufige Hündinnen für intakte Rüden bedeuten, vor allem wenn es bei hoher Hundepopulationsdichte an jeder Häuserecke duftet.
EINFLUSS DER ERNÄHRUNG
Äußerst wichtig für die entzündliche Entwicklung ist auch die Ernährung. Sie hat das Potenzial, die Entzündung zu befeuern oder entzündungshemmend zu wirken. Das Besondere an der Fütterung ist, dass wir als Tierhalter hier die volle Kontrolle übernehmen können. Denn anders als bei der individuellen Veranlagung oder äußerlichen Reizen wie Lärm oder Umweltverschmutzung, die wir hinnehmen müssen, haben wir bei der Fütterung alle Fäden in der Hand. Hier können wir tagtäglich positive Impulse setzen und durch die bewusste Wahl dessen, was im Napf landet, entzündungshemmend eingreifen. Das uns zur Verfügung stehende Potenzial sollte nicht ungenutzt bleiben.
NICHT JEDES TIER IST GLEICH
Weshalb zeigt der eine Hund aber nun eine chronische Hautentzündung und sein bester vierbeiniger Freund nicht? Weshalb führen die ungünstigen Faktoren wie Luftverschmutzung, emotionaler Stress und unpassende Ernährung in der Summe bei dem einen zu Entzündungszeichen und bei dem anderen Tier nicht?
Unsere Hunde sind nicht alle gleich. Sie haben eine unterschiedliche Veranlagung. Manche sind wahre Sensibelchen, andere eher Dickhäuter, was emotionalen Stress angeht. Manche Vertreter des Canis lupus familiaris haben eine genetische Prädisposition für eine Allergie, andere haben diese nicht. Bei einigen Tieren kommen viele ungünstige Veranlagungen zusammen und dazu noch für diesen Hund unvorteilhafte Bedingungen wie hohe Luftverschmutzung, Stress durch hohe Hundedichte etc. Für dieses Individuum wird so der maximal tolerierbare Stresslevel überschritten und es kommt zu Entzündungssymptomen wie chronisch entzündete Haut mit Juckreiz.
INDIVIDUELLE VERANLAGUNG
In der Beratung bringe ich gerne den Vergleich mit erkrankten Personen, da dies manchmal einfacher nachvollziehbar ist. Nicht jeder Mensch hat Neurodermitis (zum Glück). Wenn man aber diese Veranlagung hat, dann hat man sie auf Lebzeiten. Wenn jetzt ungünstige Lebenssituationen hinzukommen, wie eine ungesunde Ernährung und Prüfungsstress, wird sich die Entzündung verstärken und die Hautentzündung mit Juckreiz vermehrt auftreten.
Veranlagungen, die zunächst wie Nachteile erscheinen, können aber auch positiv gesehen werden. Ein sensibler Hund kann zwar schnell überfordert sein durch Reize wie Lautstärke und viele Hundebegegnungen, die dann in Stress ausarten. Gleichzeitig hat man mit diesem Vierbeiner einen höchst empfindsamen Partner mit feinen Antennen an seiner Seite.
© Anna Auerbach / Kosmos
Große und kleine, alte und junge, Rasse- und Mischlingshunde - kein Hund gleicht dem anderen.
EMOTIONALER STRESS LASS NACH
Untersuchungen bei Managern haben gezeigt, dass emotionaler Stress eine so starke Entzündungsreaktion im Körper befeuern kann, dass es zu schweren Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Beschwerden kommt (Fioranelli u.a. 2018). Dies passiert selbst bei Abwesenheit von Infektionen.
Bei unseren Hunden sieht emotionaler Stress etwas anders aus. Selten handeln sie mit großen Geldsummen an der Wallstreet oder können nachts wegen der Hypothek nicht schlafen. Emotionaler Stress kann beim Hund durch verschiedene Dinge verursacht werden, wie eine belastete Hund-Mensch-Beziehung. Wenn jeder Gassigang im Chaos endet und Frauchen oder Herrchen verzweifelt und schweißgebadet nach Hause kommen, sollte sich Hilfe gesucht werden. Auch wenn der Hund nicht alleine bleiben kann, dies aber wegen einer Berufstätigkeit unumgänglich ist, bedeutet dies Stress. Es gibt viele Gründe, die das geliebte Haustier stressen können.
Sie wissen am besten, ob Ihr vierbeiniger Begleiter betroffen ist. Wenn ja, scheuen Sie nicht davor zurück, sich fachkundige Unterstützung zu suchen.
© Anna Auerbach / Kosmos
Diese beiden mögen sich und die Goldie-Dame liebt es zu kuscheln.
DEN EIGENEN HUND KENNEN
Beobachten Sie Ihren Hund. Was tut ihm gut und was nicht? Meine eigene Hündin beispielsweise liebt die Zuwendung und möchte überall dabei sein, wählt aber niemals freiwillig den engen Körperkontakt. Für andere Hunde gibt es...