Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Vorbehaltsaufgaben sind Aufgaben, die aufgrund gesetzlicher Vorgaben nur durch Angehörige bestimmter Berufe vorgenommen werden dürfen.
Vorbehaltene Aufgaben beinhalten absolute Vorbehalte, die alle anderen ausschließen. Auch Arbeitgeber dürfen sie nicht an andere übertragen. Vorbehaltsaufgaben sind ein zentraler Meilenstein auf dem Weg zu einer echten Profession Pflege. Vorbehaltsaufgaben können nicht isoliert »implementiert« werden.
Die Pflege ist gefordert, sich neu aufzustellen und sich anders mit ihrem »ungeliebten Kind« Pflegeprozess zu befassen. Die Vorbehaltsaufgaben bieten die Chance, eine gemeinsame neue pflegerische Berufsidentität zu entwickeln. Es geht um Fokussierung auf den Kern unserer Fachlichkeit. Dabei sind alle Akteure der Pflege gefordert sich einzubringen.
Info
Die zentrale Verantwortung der Profession ist die selbstständige, umfassende und prozessorientierte Pflege gemäß § 5 sowie § 7 PfIBG.
Das bedeutet: Pflege ist jetzt als eigene Profession anerkannt. Ihre Aufgabe ist die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung. Pflege trägt die Verantwortung, die pflegerischen Bedarfe der Bevölkerung zu erfassen. Es geht um alle Altersgruppen, Kinder und Jugendliche, Erwachsene, alte Menschen - in ihren konkreten Lebenssituationen, mit ihren jeweiligen sozialen, kulturellen und religiösen Hintergründen sowie ihrer sexuellen Orientierung. Der Gesetzgeber überträgt Pflegefachpersonen eigenständige Verantwortungsbereiche. Als Profession verfügt Pflege über eine eigenständige theoretische Basis und eine eigene logische Handlungs-struktur.
Definition Professionalität in der Pflege
Professionalität in der Pflege bedeutet: Es gibt wissensbasiertes Regelwissen und hermeneutisches Fallverstehen zur Aushandlung von Zielen und Maßnahmen mit dem zu Pflegenden.
Wissensbasiertes Regelwissen meint Forschung, eigene Studiengänge, Aus-, Fort-und Weiterbildung in eigener Hand, Standardentwicklung für berufliches Handeln - kurzum: eine eigene und nachvollziehbare Wissensbasis für Pflege, endlich auch in Deutschland.
Hermeneutisches Fallverstehen meint empathisches Einfühlen in die Lebenswirklichkeit und Äußerungen des Gegenübers, verknüpft mit einer soliden fachlichen Kenntnis, um Aussagen, Zusammenhänge und Bedürfnisse zu deuten, indem Sie sie erspüren und erfühlen. Fachkräfte nennen es ihre »geschulte Intuition«.
Sieht man sich die Ausbildungsziele in § 5 Abs. 3 Pflegeberufegesetz von 2021 an, wird deutlich, welche weitreichenden Anforderungen an den Bericht der Pflegefachfrau/ des Pflegefachmanns gebunden sind:
»1. die folgenden Auf gaben selbstständig auszuführen:
a) Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs und Planung der Pflege,
b) Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses,
c) Durchführung der Pflege und Dokumentation der angewendeten Maßnahmen,
d) Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege,
e) Bedarfserhebung und Durchführung präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen,
f) Beratung, Anleitung und Unterstützung von zu pflegenden Menschen bei der individuellen Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit sowie bei der Erhaltung und Stärkung der eigenständigen Lebensführung und Alltagskompetenz unter Einbeziehung ihrer sozialen Bezugspersonen,
g) Erhaltung, Wiederherstellung, Förderung, Aktivierung und Stabilisierung individueller Fähigkeiten der zu pflegenden Menschen insbesondere im Rahmen von Rehabilitationskonzepten sowie die Pflege und Betreuung bei Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten,
h) Einleitung lebenserhaltender Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen der Ärztin oder des Arztes und Durchführung von Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen,
i) Anleitung, Beratung und Unterstützung von anderen Berufsgruppen und Ehrenamtlichen in den jeweiligen Pflegekontexten sowie Mitwirkung an der praktischen Ausbildung von Angehörigen von Gesundheitsberufen,
2. ärztlich angeordnete Maßnahmen eigenständig durchzuführen, insbesondere Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation,
3. interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen fachlich zu kommunizieren und effektiv zusammenzuarbeiten und dabei individuelle, multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen bei Krankheitsbefunden und Pflegebedürftigkeit zu entwickeln sowie teamorientiert umzusetzen.«
Es geht bei den Vorbehaltsaufgaben in der Pflege nicht primär um die Durchführung einer Tätigkeit, sondern vielmehr um die Steuerung des Pflegeprozesses. Es geht darum, wer entscheidet, wann ein Klient zu mobilisieren ist, wie er bei der Pflege und Betreuung aktiviert werden kann und soll. Diese und weitere fachliche Entscheidungen sind Angelegenheit einer ausgebildeten, professionell pflegenden Person.
Den Pflegeprozess zu steuern bedeutet, eine Anamnese des Ist-Zustandes des Klienten zu erfassen, daraus die Ressourcen und Probleme ebenso zu erkennen wie mögliche Risiken und entsprechend individuell notwendige und gewünschte Maßnahmen davon abzuleiten. Diese geplanten Maßnahmen sind stets zu evaluieren und die anderen Professionen in der Pflege und Betreuung in der Umsetzung der Maßnahmen anzuleiten und zu steuern.
Die Fachkraft ist wie ein Kapitän auf einem Schiff: Sie hat den Überblick, den Plan, kennt das Ziel und regelt entsprechende Maßnahmen, damit das Schiff im sicheren Hafen ankommt. Bei Wind und Wetter navigiert sie durchs schwierige Fahrwasser. Wie bei jedem Kapitän in seiner Verantwortung auf dem Schiff gibt es ein Logbuch - in der Pflege eben die Dokumentation des Pflegeprozesses zur Nachvollziehbarkeit.
Die Pflege ist ein Beruf, den »jeder« kann? So oder so ähnlich sah es Norbert Blüm zur Einführung der Pflegeversicherung, als er in nahezu gleichem Atemzug sagte, die Rente sei sicher. Doch pflegen kann und soll nicht jeder. Das wäre für die pflege- und hilfsbedürftigen Menschen nicht gut. Denn jede pflegende Person hat eine eigene Persönlichkeit, einen eigenen Charakter und eine eigene Haltung. Da braucht es Werte, die verbindlich sind, den Klient*innen in ihrer abhängigen Gesundheitssituation Sicherheit bieten, wie sie im Ethikcodex des International Council of Nurses (ICN)1 für alle professionell Pflegenden vereinbart wurden.
Neben diesen grundlegenden Eigenschaften, die beachtet werden müssen, um Pflege übernehmen zu können, ist da noch die Sache mit der Fachlichkeit. Es gilt, den pflege- und hilfsbedürftigen Klienten vor Schaden zu schützen. Um das zu leisten, braucht es ein verbindliches systematisches Vorgehen: Die fachliche Einschätzung des Ist-Zustandes, die Aktivierung vorhandener Fähigkeiten und die fachliche Beurteilung der Risiken und Probleme. Nicht zuletzt ist auch die Behandlungspflege ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und damit ist man schnell in einem rechtsrelevanten Bereich angelangt ( Kap. 3.5). Es geht bei den Vorbehaltsaufgaben also um die Sicherheit und den Schutz der Klienten.
Die Übertragung von Vorbehaltsaufgaben dient allein dem Schutz der zu behandelnden oder pflegenden Personen. Die Stärkung des Selbstverständnisses und der gesellschaftlichen oder gesundheitspolitischen Anerkennung der Pflegeberufe kann eine Folge sein, ist aber nicht die vorrangige Intention.*
* Vgl. Büscher et al. (2020): Problemaufriss aus juristischer und pflegewissenschaftlicher Sicht. In: Büscher Andreas (2022): Die Vorbehaltsaufgaben nach dem Pflegeberufegesetz - Chancen und Risiken für die Weiterentwicklung der interdisziplinären Patientenversorgung. https://www.gesundheitskon-gresse.de/ipgk/2022/dokumente/praesentationen/Buescher.pdf?m=1656674713&
Würden Sie sich in einer Arztpraxis sicher fühlen, wenn die Spritze nicht von einem Arzt, sondern von einem Angestellten angeordnet werden würde? Würden Sie die Spritze nicht lieber von einer fachlich versierten Person bekommen statt von Angelernten? Dabei geht es weniger um die Technik der Durchführung als um das Wissen des eigenen Handelns. Eine Insulinspritze zu setzen, indem der Insulin-PEN aufgezogen wird und unterhalb des Bauchnabels appliziert wird, ist technisch keine Herausforderung, da könnte man jeden Bauarbeiter anleiten. Es geht darum zu wissen, in welcher Situation diese Injektion angebracht ist oder nicht und welche Wirkung erwünscht ist bzw. nicht. Auch das Verabreichen von Tabletten ist kein fachlich hoher Anspruch, das machen Laien weltweit millionenfach selbst. Die...
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