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Bei einer Oper werden in der Ouvertüre bereits alle Motive angetönt, die anschließend in ihr breit entfaltet werden. Der Aschermittwoch bildet gleichsam die Ouvertüre für jene besondere Zeit, die mit diesem Tag beginnt und bis Ostern dauern wird. Das entscheidende Motiv in dieser Ouvertüre wird in der Liturgie der Kirche sichtbar gemacht mit dem Zeichen der Asche und zum Ausdruck gebracht mit dem biblischen Wort, das bei der Austeilung der Asche gesprochen wird: "Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium".
Die Verwendung der Asche im religiösen Kontext ist in der Heiligen Schrift bezeugt und begegnet bereits im Alten Testament. Als Ijob zur Einsicht gelangt war, dass er Gott gegenüber nicht mit besonderem Verstand gesprochen hat, sagte er zum Herrn: "Darum widerrufe ich und atme auf, in Staub und Asche" (Ijob 42,6). Oder als Mordechai von der Entscheidung des Perserkönigs, die Juden sollten ausgerottet werden, erfahren hat, "zerriss er seine Kleider, hüllte sich in Sack und Asche, ging in die Stadt und erhob ein lautes Klagegeschrei" (Est 4,1). Das Wort "Sack und Asche" wird auch im Neuen Testament überliefert, beispielsweise bei der Ankündigung des Gerichts über die galiläischen Städte, denen Jesus vorgeworfen hat, dass sie sich nicht bekehrt haben, wiewohl er in ihnen die meisten Wunder gewirkt hat: "Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wenn einst in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind - man hätte dort in Sack und Asche Buße getan" (Mt 11,21).
Auf diesem biblischen Hintergrund versteht es sich, dass die Asche auch in der Alten Kirche im Zusammenhang der öffentlichen Buße eine bedeutsame Rolle gespielt hat. Jeder Christ, der Vergebung von seinen Sünden empfangen wollte, musste zunächst zum öffentlichen Sünder werden. Nachdem er vor dem Bischof oder einem Priester seine Sünden gebeichtet hatte, wurde ihm eine entsprechende Bußleistung auferlegt, die in Fasten und im Tragen einer Trauerkleidung bestand. Vor allem für diejenigen Christen, die besonders schwere Sünden, zu denen Glaubensabfall, Mord und Ehebruch gezählt wurden, begangen haben, hatte mit dem Aschermittwoch die öffentliche Buße begonnen, wobei die Büßer ein Bußgewand anzogen und mit der Asche bestreut wurden. Anschließend erfolgte - gleichsam in Analogie zur Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies - die Austreibung der Sünder aus der Kirche, bis sie nach der Bußzeit in einer öffentlichen Feier wieder in die Kirche aufgenommen wurden, die zumeist am Gründonnerstag stattfand.
Als um die Jahrtausendwende die Institution der öffentlichen Buße von der so genannten privaten Form des Bußsakramentes abgelöst worden war, wurde der Ritus der Austeilung der Asche beibehalten, aber auf alle Gläubigen ausgeweitet. Nun wurde an alle Christen die Einladung ausgesprochen, an dem aus der Tradition bekannten Bußritus teilzunehmen und sich die Asche auf den Kopf auflegen zu lassen. Denn sich mit Asche bestreuen zu lassen, ist ein klares Bekenntnis, dass der Christ weiß, dass er ein Sünder ist, und zugleich Ausdruck der Selbstverpflichtung, während der mit dem Aschermittwoch begonnenen Fastenzeit Buße für seine Sünden zu tun.
Die Asche ist ein sprechendes Zeichen des Sündenbekenntnisses und der Bußbereitschaft und damit der Trauer über den begangenen Sündenfall. Von daher versteht es sich vollends, dass im Mittelpunkt der Österlichen Bußzeit die Zumutung Jesu Christi steht, die in dem Wort enthalten ist, das beim Auflegen der Asche dem einzelnen Christen persönlich zugesprochen wird: "Bekehre Dich und glaube an das Evangelium!" Dabei handelt es sich zweifellos um eine große Zumutung. Denn wir wissen aus eigener Erfahrung, dass solche Umkehr uns keineswegs leicht fällt. Der alttestamentliche Prophet Jeremia neigte sogar zur Annahme, der Mensch sei zur Umkehr gar nicht fähig, und er verdeutlichte seine Annahme mit dem ausdrucksstarken Bild: "Ändert wohl ein Neger seine Hautfarbe oder ein Leopard seine Flecken? Dann könntet auch ihr euch noch bessern, die ihr ans Böse gewöhnt seid" (Jer 12,23).
Damit diese erzbiblische Forderung nach Umkehr für den Christen nicht zu einer Überforderung wird, die lähmt, ist der Christ gut beraten, genauer auf das Wort Jesu zu hören, das beim Auflegen der Asche gesprochen wird und das mit dem Vorzeichen seiner Freudenbotschaft vom Kommen des Reiches Gottes gehört werden will: "Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe" (Mt 4,17). Entscheidend ist hier das kleine Wörtlein "denn". Jesus verlangt nicht die Umkehr von uns Menschen, damit das Himmelreich nahekommen wird. Jesus sagt vielmehr das Nahekommen des Himmelreiches an und zieht daraus die Konsequenz, dass wir Menschen umkehren sollen. In der Botschaft Jesu ist die Zusage der Nähe des Himmelreiches das Fundament und die Ermöglichung der menschlichen Umkehr. Diese Freudenbotschaft erwartet vom Christen dann aber seine positive Stellungnahme, die nur in der Umkehr zu Gott bestehen kann.
Diese grundlegende Prioritätenordnung ist bereits im Alten Testament angelegt und zeigt sich besonders deutlich in der Lesung aus dem Buch des Propheten Joel, die in der Liturgie des Aschermittwochs vorgesehen ist und in der Gott durch den Propheten redet und die harte Zumutung ausspricht: "Kehret um zu mir von ganzem Herzen . Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum Herrn, eurem Gott" (Joel 2,12-13a). Dann jedoch dreht der Prophet die Sinnrichtung um, und zwar dahingehend, dass es ihn, Gott, da er "gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Güte" ist, reut, "dass er das Unheil verhängt hat. Vielleicht kehrt er um, und es reut ihn, und er lässt Segen zurück" (Joel 2,13b-14). Damit ist das Hohelied der grenzenlosen Liebe Gottes angesprochen, dass der notwendigen Umkehr des Menschen zu Gott die freiwillige und großzügige Bereitschaft Gottes zu seiner Umkehr zu uns Menschen zugrunde liegt und voran geht.
Diesen großartigen Gedanken hat vor allem der alttestamentliche Prophet Hosea entfaltet, wenn er Gott sprechen lässt: "Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich aufgeben, Israel? Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf. Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken und Efraim nicht noch einmal vernichten. Denn Gott bin ich, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte" (Hos 11,8-9). Gemäß diesem Prophetenwort besteht Gottes Umkehr darin, dass er sich beinahe selbstbeschwörend daran erinnert, dass er doch nicht ein Mensch, sondern Gott ist. Er besteht deshalb nicht auf Vergeltung, wie wir Menschen es oft genug tun. Er steht vielmehr in Liebe zu seinem Volk und schenkt ihm so einen neuen Anfang.
Dieses großartige Hohelied der liebenden Umkehr Gottes zu uns Menschen erfährt im Neuen Testament nochmals eine wesentliche Vertiefung, und zwar vor allem beim Geschehen am Kreuz, das Papst Benedikt XVI. ebenfalls als Umkehr Gottes gedeutet und in ihm die Liebe Gottes "in ihrer radikalsten Form" wahrgenommen hat: "In seinem Tod am Kreuz vollzieht sich jene Wende Gottes gegen sich selbst, indem er sich verschenkt, um den Menschen wieder aufzuheben und zu retten."3 Denn am Kreuz ist vollends sichtbar, dass die von uns Menschen geforderte Umkehr nicht die Bedingung ist, um das Heil erlangen zu können. Unsere Umkehr ist vielmehr die Konsequenz des uns von Gott im Voraus angebotenen Heils. Unsere Umkehr ist die logische und konsequente Antwort auf die Umkehr Gottes zu uns Menschen.
Die Verkündigung dieser Prioritätenordnung ist ein besonderes Anliegen des heiligen Paulus, der es in seinem zweiten Brief an die Korinther in dem Spitzensatz verdichtet: "Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat, indem er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnete" (2Kor 5,19). Mit dieser Aussage legt Paulus uns ans Herz, dass Gott die Initiative zur Versöhnung ergreift und dass es nicht die Aufgabe des Menschen ist und nicht sein kann, sich mit Gott zu versöhnen. So müssten wir es zwar mit rein menschlichen Augen erwarten, da wir Menschen gesündigt haben und nicht Gott. Die Heilige Schrift verkündet uns aber, dass nicht wir Menschen zu Gott gehen und ihm eine ausgleichende Gabe bringen könnten, um uns mit ihm zu versöhnen, sondern dass Gott auf uns Menschen zugeht, um uns seine Versöhnung zu schenken. Versöhnung ist die unableitbare Initiative, die Gott ergreift, und ein Geschenk, das er allen Menschen und dem ganzen Kosmos macht.
In dieser Botschaft begegnen wir dem Unerhörten des christlichen Glaubens und gleichsam der radikalen Wende, die das Christentum in die Religionsgeschichte hineingebracht hat: Gott wartet nicht, bis wir Menschen kommen und uns versöhnen. Aller Erfahrung nach müsste Gott da lange warten. Doch Gott geht uns Menschen entgegen und versöhnt uns - wie es der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn tut, indem er mit ihm, der nach der Erfahrung des Elends mit zerknirschtem Herzen wieder nach Hause findet, keineswegs abrechnet und auch nicht Genugtuung einfordert, sondern ihm entgegenläuft und ihn mit einem Fest in sein Vaterhaus wieder aufnimmt.
Diese wunderbare Botschaft wird von Paulus nochmals zugespitzt, wenn er sie mit einer weiteren Aussage vertieft: "Er (sc. Gott) hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit würden" (2Kor 5,21). Das Versöhnungshandeln Gottes in Jesus Christus, das Paulus uns vor Augen führt, ist keine...
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