Cover
Titel
Inhalt
Einleitung
Survival-Verhalten
Fertigkeiten
Survival-Improvisation
Rettung und Notsignale
Schutz und Wärmeerhalt
Feuer
Wasser
Nahrung
Orientierung
Der Weg durch die Wildnis
Wetter
Pflege
Motivation
Register
Impressum
Autorenporträt
Survival-Verhalten
In der Natur lauern viele Gefahren. Die meisten denken dabei an wilde Tiere mit großen Krallen, viel Kraft oder giftigen Stacheln. Oder aber an große Gefahren, die in der Landschaft lauern, wie Lawinen und Sturzfluten. Diese Gefahren sind definitiv vorhanden und das Eintreten dieser hätte schwerwiegende Folgen; doch die Wahrscheinlichkeit, auf diese zu stoßen, ist oft nicht besonders hoch, vor allem weil wir uns dieser bewusst sind. Meistens sind es die kleinen Dinge, die eine gefährliche Situation herbeiführen können. Wir selbst spielen dabei eine sehr große Rolle. Durch Unwissenheit, Naivität, Ignoranz, eine schlechte Vorbereitung oder eine falsche Entscheidung können wir die Sicherheit auf Tour maßgeblich beeinflussen. So kann durch eine Aneinanderreihung diverser Fehlverhalten, die im Einzelnen nicht bedrohlich sind, eine potenziell lebensbedrohliche Situation entstehen - eine Notsituation.
Wodurch kann man in eine Notsituation kommen?
Wir teilen Gefahren, durch die eine Notsituation entstehen kann, in zwei Bereiche ein. In der freien Natur gibt es sehr viele objektive Gefahren. Dazu zählen beispielsweise Totholz, Steinschlag, reißende Flüsse und Stromschnellen, steile Abhänge und Felsklippen, Lawinen, Treibsand, Sturm, Gewitter, gefährliche und giftige Tiere und so weiter, wodurch die Ausrüstung oder sogar man selbst zu Schaden kommen kann. So kann man bei einer Flussdurchquerung beispielsweise seinen Rucksack inkl. Equipment und Verpflegung verlieren. Diese Gefahren sind objektiv und können vor dem Eintreten eventuell gesehen und eingeschätzt werden. Mit etwas Erfahrung und einer Risikobewertung können sie also richtig angegangen oder sogar vermieden werden.
Die wirklich schlimmen Gefahren sind die, die man nicht sieht oder derer man sich nicht bewusst ist, also subjektive Gefahren. Dazu gehören zum Beispiel eine schlechte oder keine Tourenplanung, mangelndes Gefahrenbewusstsein, wenig physische und psychische Reserven, mangelhafte Ausrüstung oder fehlendes Wissen über den Umgang mit der Ausrüstung und vieles mehr. Als Beispiel verirren sich jährlich auch in Deutschlands Wäldern immer wieder Menschen, weil sie sich eine Karte aus dem Internet ausdrucken, auf der außer der Wanderroute nicht viel dargestellt ist. Dies ist eine subjektive Gefahr, denn kommt man vom Weg ab und findet nicht wieder zurück, kann man in eine potenzielle Notsituation geraten.
Die genannten Situationen und Gefahren müssen nicht immer zwangsläufig lebensbedrohlich sein, doch in vielen Fällen können sie das Potenzial dazu entwickeln. Um das Risiko in der Natur so gering wie möglich zu halten, ist also eine für die Tour angemessene Vorbereitung und Erfahrung erforderlich. Zudem sollte natürlich in allen Situationen der gesunde Menschenverstand eingeschaltet werden.
PRAXIS-TIPP
Schreibe bei deiner Tourenplanung alle Gefahrenquellen auf und analysiere das Risiko, indem du sie auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und das Ausmaß des Schadens bewertest. Gefahren mit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit und hohem Schaden sollten von Anfang an vermieden werden. Ist der Schaden hoch, aber die Eintrittswahrscheinlichkeit gering, kann oder muss das Risiko eventuell eingegangen werden. Bei einem geringen Schaden mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit kann man sich bereits im Vorfeld eine Lösung überlegen. So können Gefahren erkannt und gebannt werden, noch bevor sie entstehen.
Die Survival-Grundregeln
Wie man in eine Notsituation geraten kann und was im Vorfeld zu tun ist, um sie zu vermeiden, haben wir bereits besprochen. Interessant ist, was unser Verstand macht, sobald er registriert hat, dass etwas nicht stimmt. Dass die tatsächliche Situation nicht der entspricht, die eigentlich geplant war. Denn alles, was unter Panik entsteht, passiert meistens unkontrolliert, und das könnte die Lage mit hoher Wahrscheinlichkeit erheblich verschlimmern.
Doch wie geht man vor und wie bekommt man sein natürliches Fluchtverhalten in den Griff?
Um seinen Verstand und die Panikreaktionen des eigenen Körpers unter Kontrolle zu bekommen, gibt es viele Tipps und Akronyme, wonach man sich richten kann, um wieder heil nach Hause zu kommen. Die wichtigsten und hilfreichsten sind hier aufgeführt.
Die Box-Atmung
Eine Panikreaktion entsteht aus einer unbeherrschten, also einer unkontrollierten Angst. Diese kann durch eine real existierende oder auch eine vermeintliche Bedrohung des eigenen Daseins ausgelöst werden. Wir glauben dabei, dieser hilflos ausgeliefert zu sein, wodurch ein Zustand der Machtlosigkeit über die Situation entsteht. Das hat zur Folge, dass der Puls erheblich ansteigt, wir zu schwitzen beginnen und Atemnot bekommen. Weitere typische Symptome einer Panikattacke sind Zittern, Schwindel und ein Engegefühl in der Brust. Dieser Zustand ist kein guter Ausgangspunkt, um wichtige Entscheidungen treffen zu können. Daher müssen wir sie kontrollieren lernen.
Mit der Technik der Box-Atmung kannst du dich kurzzeitig aus der Situation zurückziehen. Schließe deine Augen und stelle dir ein Quadrat vor. Nun atmest du langsam tief ein, hältst den Atem an, atmest wieder aus und hältst den Atem erneut an. Bei jedem Atemzug und jedem Anhalten des Atems fährst du in Gedanken langsam jeweils eine Seite deiner imaginären Box nach. Konzentriere dich darauf sowie auf die Luft, die in deinen Körper fließt und wieder hinausströmt. Ist sie warm oder kalt? Fühle deine Lunge, wie sie sich mit Luft füllt. Wiederhole diesen Vorgang etwa fünf- bis zehnmal. Dein Körper beruhigt sich und die Anzeichen der Panikattacke verschwinden. Nun kannst du mit der Planung beginnen.
Das STOP-A-Prinzip
In einer Notsituation nimmt man irgendwann wahr, dass etwas nicht stimmt, doch will man es sich selbst zunächst nicht eingestehen. Panisch wird versucht, die Situation in den Griff zu bekommen und schnell einen Ausweg zu finden. Dies ist unser natürliches Fluchtverhalten, was uns, vollgepumpt mit Adrenalin, einen Extra-Energieschub verleiht, unter Umständen aber auch ein Kurzschlussverhalten verursacht, welches die Situation eventuell sogar noch verschlimmert. Bevor wir die Situation kontrollieren können, müssen wir also zunächst uns selbst kontrollieren. An dieser Stelle kommt das sogenannte STOP-A-Prinzip ins Spiel.
Stand (stehen)
Bleibe stehen und halte für einen Moment inne! Vermeide planloses Handeln und bekomme Atmung und Gedanken unter Kontrolle (Box-Atmung).
Think (denken)
Denke nach, was geschehen ist. Woran kannst du dich erinnern? Wo bist du?
Observe (beobachten)
Beobachte deine Umgebung und orientiere dich. Was geschieht gerade, wo kommst du her, wo kannst du hin und was kannst du tun?
Plan (planen)
Plane deine nächsten Schritte. Denke dabei an die vier Prioritäten, allem voran deine Rettung.
Act (handeln)
Nachdem du alle anderen Punkte durchlaufen hast, ist die Zeit des Handelns gekommen. Setze deinen Plan in die Tat um.
Von nun an sollte das STOP-A-Prinzip auf jede weitere Aktion angewendet werden. Natürlich nicht so intensiv und ausführlich, aber bewerte jede einzelne Handlung und Option und wäge immer genau ab.
Früh Entscheidungen treffen
Wichtige Entscheidungen sollten während der ersten drei Tage getroffen werden, wenn man noch bei klarem Verstand ist. Über die kommenden Tage kann Energie-, Wasser- und Schlafmangel zu Hunger, Durst und Erschöpfung führen, was das Wahrnehmungs- und Urteilsvermögen stark beeinträchtigt. Dies kann wiederum zur Folge haben, dass falsche Entscheidungen getroffen werden. Du solltest daher so früh wie möglich einen Plan ausarbeiten, wie du vorgehen kannst, um gerettet zu werden oder dich selbst zu retten. Notiere ihn wenn möglich, damit du nicht wieder davon abkommst, sobald dein körperliches und geistiges Leistungsvermögen nachlässt oder durch Rückschläge geschwächt wird. Wende für die Planung das STOP-A-Prinzip an und gehe die drei Fragen der Orientierung durch.
Woher komme ich?
Versuche deinen letzten Orientierungspunkt zu finden. Falls dies nicht gelingt, solltest du versuchen, deinen gegangenen Weg zum jetzigen Standort so gut wie möglich zu rekonstruieren. Notiere es dir, wenn möglich.
Wo bin ich?
Falls du deinen Standort nicht bestimmen kannst, halte Ausschau nach markanten und bekannten Landschaftspunkten. Diese können Berge, Hügel, Wasserfälle oder auch Bäume sein. Von einem erhöhten Punkt aus hast du eine bessere...