Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Kluftinger kommt ins Schwitzen
Zefix ... was für eine Hitze! Eigentlich viel zu schwül, um vor die Tür zu gehen. Aber Kluftinger hat keine Wahl: Er muss in der Tongrube ermitteln, in der Professor Brunner vor einiger Zeit das "berühmte" Skelett des Urzeitaffen "Udo" ausgegraben hat. Nun wurde Brunner verscharrt unter einem Schaufelbagger gefunden.
Der Wissenschaftler, der mit seinem Fund beweisen wollte, dass die Wiege der Menschheit im Allgäu liegt, hatte viele Feinde. Kluftinger hat deshalb gleich mehrere Verdächtige im Visier, darunter die Mitglieder einer obskuren Sekte. Aber auch privat muss sich der Kommissar um ein Observationsobjekt kümmern: Die Tagesmutter seiner kleinen Enkelin verfolgt höchst seltsame Erziehungsansätze. Grund genug, ihr genauer auf die Finger zu schauen und Flugstunden mit Doktor Langhammer und seiner neuen High-Tech-Drohne auf sich zu nehmen. Doch der Probeflug gerät gefährlich aus dem Ruder.
Schockiert blickten alle auf den grausigen Fund, den Arm, der aus der Erde herauszuwachsen schien. Erst das Klicken einer Fotokamera löste die Erstarrung der Anwesenden, dann ging alles ganz schnell: Der Ministerpräsident machte auf dem Absatz kehrt und lief zu seiner Limousine, die eine Hälfte der Journalisten folgte ihm, die andere blieb stehen und richtete ihre Objektive auf das Körperteil im Dreck. Kluftinger hörte, wie der Politiker seinen Verfolgern zuzischte, sie sollten aufhören, ihn zu fotografieren, um dann seinem Referenten mit drohend erhobenem Zeigefinger klarzumachen, dass nicht ein einziges Foto an die Öffentlichkeit gelangen dürfe, auf dem er mit einer Leiche zu sehen sei. Dann sprang er förmlich auf den Rücksitz des schwarzen BMWs, der sofort mit dreckspritzenden Reifen losraste.
Der Dirigent der Kapelle, der nicht mitbekommen hatte, was weiter oben passiert war, rannte panisch zum Tor, wobei er seinen Musikanten mit rudernden Armen bedeutete, sich zu sammeln, um dem hohen Besuch das vereinbarte Abschiedsständchen darzubringen. Einige begannen umgehend zu spielen, immer mehr stimmten ein, bis die Limousine an ihnen vorbeirauschte, wobei sie eine Pfütze durchfuhr und sich ein Schwall schlammigen Wassers auf die Trachtengewänder ergoss.
Auch Richard Maier, der hilflos dreinblickend neben ihnen stand, bekam etwas ab. Dieser Anblick löste nun endlich Kluftingers Erstarrung. Er nahm sein Funkgerät, bellte ein »Alles absperren, sofort!« hinein und wandte sich dann den Fotografen zu, die wie besessen Fotos machten. »Aufhören, keine Bilder mehr, weg da!«, schrie er. Nur am Rande nahm er wahr, wie der Bürgermeister immer wieder »Ein Desaster! Eine Katastrophe!« rief.
Ja, das war es, da musste Kluftinger ihm beipflichten. Doch nun war etwas anderes wichtiger: Sie mussten die Lage unter Kontrolle bekommen, sonst hatten sie in kürzester Zeit einen völlig kontaminierten Tatort ohne verwertbare Spuren. Denn dass es sich um einen Tatort handelte, daran hatte er keinen Zweifel. An dem Arm würde mit Sicherheit ein ganzer Körper hängen, der sich kaum selbst im Dreck verbuddelt haben dürfte.
Jetzt hörte der Kommissar die Rufe seiner Kollegen, sah, wie die uniformierten Beamten unten die Leute daran hinderten, unkoordiniert aus der Grube zu flüchten. Wo ist eigentlich der Doktor?, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, dann entdeckte er ihn, wie er wieder vor dem freigelegten Arm kniete und offenbar drauf und dran war, sich weiter daran zu schaffen zu machen. »Finger weg«, schrie er ihm zu, worauf der Arzt zusammenzuckte und die Plastikplane fallen ließ, die er in der Hand gehalten hatte. Anscheinend hatte er seinen Fund nur abdecken wollen, weswegen Kluftinger sein harscher Ton gleich wieder leidtat.
Inzwischen war es den Kollegen gelungen, die Leute etwas von dem Fundort abzudrängen. Endlich konnte er kurz durchatmen - und blickte sich um: Die Grube war zwar riesig, dennoch hatten es die paar Dutzend Menschen, die sich darin befanden, geschafft, ein veritables Chaos anzurichten. Wenigstens war niemand abgehauen, bis auf den Ministerpräsidenten, und sie würden die Zeugen in aller Ruhe befragen, wenn erst die anderen eingetroffen waren. Die anderen! Rasch griff Kluftinger erneut nach dem Funkgerät. »Hat schon jemand die anderen verständigt?«, fragte er hinein.
»Ja, hab ich gemacht. Die Karawane rollt an, over«, schepperte Maiers Stimme zurück.
Gut, immerhin einer, der die Übersicht behalten hatte, dachte der Kommissar selbstkritisch. Und wenn er noch so einen Schmarrn daherredete.
»Das ist der Professor«, hörte er plötzlich eine Stimme neben sich. Sie gehörte Theresa Lanz.
Er hatte sie in dem Tumult aus den Augen verloren, jetzt stand sie auf einmal neben ihm. »Was ist?«, fragte er.
»Professor Brunner.«
Kluftinger blickte sich auf dem Gelände um, sah aber niemanden kommen. »Wo denn?«
»Da.« Sie streckte die Hand aus und zeigte auf den Arm, der aus dem Dreck herausragte.
»Und der Ministerpräsident hat wirklich gedacht, dass da ein toter Aff' liegt?« Willi Renn nahm seine dicke Brille ab und rieb sich über die feuchten Augen.
»Na ja, die Versteinerung eines Menschenaffen halt. Aber das hab ich dir doch jetzt schon drei Mal erzählt«, seufzte Kluftinger. Er konnte ja verstehen, dass die Kollegen diese Geschichte erheiternd fanden, aber momentan gab es Wichtigeres zu tun.
»Ist aber immer wieder schön«, gluckste Renn. Der Erkennungsdienstler steckte in einem seiner Ganzkörperanzüge, der nur bis zur Hüfte noch seine ursprüngliche weiße Farbe erkennen ließ, von da abwärts wurden die Dreck- und Matschspritzer immer dichter und färbten das Kleidungsstück dunkelbraun. Der klein gewachsene Renn wirkte wie ein Erdmännchen, das zu lange im Schlamm gewühlt hatte. Wie den restlichen Mitarbeitern seiner Abteilung sah man ihm an, wie stark er unter seinem luftdichten Overall schwitzte.
Nun zwang sich der Kommissar dazu, endlich einen genaueren Blick auf den Toten zu werfen. Willis Leute hatten ihn mittlerweile ganz ausgegraben. Seine Kleidung - Jeans, T-Shirt und eine Windjacke - war über und über mit Schlamm bedeckt, wie auch das zur Seite gedrehte Gesicht und der Rest des Kopfes. Kluftinger war eigentlich ganz froh darum. Zu sehr brannten sich die starren Züge, die kalten Augen der Toten jedes Mal in sein Gedächtnis ein und verfolgten ihn nicht selten bis in die Nacht.
Dieser hier sah ihn nicht an, doch der Anblick reichte auch so. Es musste ein schrecklicher Tod gewesen sein, auch wenn nur wenig Blut zu sehen war. Die verrenkten Gliedmaßen reichten aus, um dem Kommissar trotz der hohen Temperaturen einen Schauer über den Rücken zu jagen. Dennoch versuchte er, genau hinzuschauen. Und sofort fiel ihm etwas auf: Der Tote trug keine Schuhe. Der rechte Fuß war nackt, den anderen bedeckte eine weiße Sportsocke.
»Habt ihr seine Schuhe gefunden?«, wollte er wissen.
»Bis jetzt nicht. Aber wenn du willst: Spaten und Hacken sind genügend da, darfst also gern suchen.«
»Danke, Willi. Jeder soll das machen, was er am besten kann.«
»Auweh, was war das noch mal bei dir, Klufti?«
»Jedenfalls nicht im Schlamm wühlen .«
Renn grinste ihn an, dann bückte er sich wieder zum Opfer und drehte es aus der Seitenlage auf den Rücken. Der Mund des Mannes war zu einem stummen Schrei aufgerissen, erstickt von dem Dreck, der ihn ausfüllte. Ein schrecklicher Anblick. »Der ist nicht nur eingebuddelt worden, nach meinem Dafürhalten ist man auch ein paar Mal schön über ihn drübergefahren. Wahrscheinlich mit dem Bagger da drüben.« Willi zeigte auf die Baumaschine, die ein wenig abseits stand.
Kluftinger schluckte den aufkommenden Ekel hinunter.
Dann durchsuchte Renn die Hosentaschen des Opfers. Ohne aufzusehen, ächzte er: »Ehrlich, Klufti, hätt ich gleich wissen können, dass dein Spezialeinsatz als Personenschützer wieder in einer Katastrophe endet.«
Der Kommissar winkte genervt ab.
»Eine Katastrophe würde ich es nun nicht gerade nennen, was mein Fund da ausgelöst hat«, tönte es hinter dem Kommissar. »Was ans Licht muss, muss ans Licht.«
»Sind Sie immer noch da, Doktor?«, bemerkte Kluftinger, schnitt eine Grimasse in Richtung Renn und drehte sich erst dann zu Langhammer um.
»Natürlich, in der Paläontologie hat man eine gewisse Verantwortung für seinen Fund. Den überlässt man nicht einfach irgendwem anders.«
»In der .« Kluftinger fehlten die Worte. Sein Blick ging zur Wissenschaftlerin Theresa Lanz, die neben ihnen stand und nervös an einer Zigarette zog. Sie zuckte nur mit den Schultern. Dann fuhr er fort: »Mag schon sein, Herr Doktor, dass das bei den Palädingsbums so ist, aber Sie haben keine Weltsensation entdeckt, sondern eine Leiche.«
»Wollen wir mal nicht beckmesserisch sein. Die meisten Dinge, die Paläontologen finden, sind tot.«
»Ja, aber an denen ist nicht mehr so viel dran wie am Professor«, erwiderte Kluftinger, doch als er seinen Worten nachhörte, fand er, dass sie etwas pietätlos klangen. Er wechselte das Thema: »Und Sie haben den Professor heute noch nicht gesehen oder gesprochen, Frau Lanz?«
»Nein. Wir alle haben uns gewundert, dass er nicht gekommen ist. Wo ihm Öffentlichkeit doch so . wichtig war.«
»Das wär auch schlecht gegangen«, erklärte Willi Renn. »Wenn ihr mich fragt, hat der Herr Professor mit ziemlicher Sicherheit das heutige Morgengrauen nicht mehr erlebt.«
Kluftinger nickte. Dann wandte er sich wieder an die Paläontologin. »Ihm war die Presse also wichtig?«
Theresa Lanz blickte ihn prüfend an. »War nicht als Kritik gedacht. Ich meine nur, es war eben ungewöhnlich, dass er bei so was zu spät kam.« Sie blickte auf die Fundstelle. »Dabei war er die ganze Zeit schon hier .«
Diese Bemerkung der Wissenschaftlerin fand Kluftinger noch unpassender als seine.
»Hatten Sie Streit mit dem Professor?«
Der Kommissar fuhr herum. Auch...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.