Schweitzer Fachinformationen
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Wil wohnt in der coolsten Wohnung im ganzen Block. Im allerhöchsten Haus ganz oben. Von hier aus kann man richtig weit schauen, bis über den Wald und noch weiter. Wenn unten vor dem Haus schon die Lichter angehen, kann Wil aus seinem Fenster noch die Sonne sehen.
»Wir wohnen in den Wolken«, sagt Mama immer, aber das stimmt nicht ganz. Die Wolken sind noch weiter oben, unerreichbar weit.
Wil lehnt an der Fensterbank im Kinderzimmer. Unten vor dem Haus erkennt er Burak und seine Gang. Sie fahren Skateboard. Wenn Wil den Daumen ausstreckt und ein Auge zukneift, kann er Burak einfach dahinter verschwinden lassen. Von hier oben ist der glatt kleiner als Wils Daumen! Sogar das ganze Chinarestaurant an der Straßenecke verschwindet dahinter.
»Was ist unten los?«, fragt Ezki, der kleine Honigdachs, und krabbelt aus seiner Schublade. Er dreht den Schirm seines Caps nach hinten, stellt sich auf die Hinterbeine, streckt sich und reibt sich über den schwarzen Bauch.
»Burak und die anderen fahren Skateboard«, antwortet Wil und bewegt den Daumen hin und her. Burak, kein Burak. Restaurant, kein Restaurant.
Ezki flitzt über das Bett, klettert flink auf den Schreibtisch, stellt sich auf Wils Lineal und wackelt mit dem Po. »Ich bin der nice Burak . Willst du wissen, warum ich so ein krasser Typ bin? Weil ich's kann!«, ahmt er Buraks Stimme nach und breitet die Arme aus, als würde er über den Schreibtisch skaten.
»Tss«, macht Wil und dreht sich zu Ezki um. »Mama kommt erst in einer Stunde. Frühestens.« Er seufzt und lässt sich rückwärts aufs Bett fallen. Sofort sprintet der kleine Dachs los und landet auf Wils Bauch. »Du hast doch mich!«, sagt er leise und stupst Wils Kinn mit seiner kleinen, schwarzen Nase an.
»Stimmt«, sagt Wil leise zurück.
Ja, zum Glück hat er diesen frechen, wunderbaren Honigdachs. Als sie damals hierhergezogen sind und Wil niemanden kannte, sich von vorn bis hinten fremd fühlte in der Schule, der Wohnung und dem restlichen Leben, da hatte der kleine Nachttisch mit der Schublade einfach in seinem Zimmer gestanden. So, als habe ihn jemand zurückgelassen, nicht mehr gebraucht oder einfach vergessen. Wil mochte das Tischchen sofort und hat es behalten. Als er es öffnete, um ein Buch über Flugzeuge hineinzulegen, kam plötzlich ein kleines, schwarz-weißes Köpfchen zum Vorschein. Und seitdem ist Ezki bei ihm.
»Und, was wollen wir machen?«, fragt das schwarz-weiße Köpfchen jetzt.
Wil streicht Ezki über den Rücken.
»Wir könnten was essen«, schlägt der Dachs vor.
Wil schüttelt lachend den Kopf. Dann pikst er Ezki in den schwarzen Bauch. »Du Vielfraß!«
Ezki kichert, nimmt Anlauf und springt auf den Schreibtischstuhl. Er stößt sich mit dem schwarzen Füßchen vom Schreibtisch ab und dreht sich mit dem Stuhl um die eigene Achse. Nach ein paar Umdrehungen lässt er sich auf den Boden gleiten. Ein wenig schwindelig taumelt er von links nach rechts.
Wil steht auf, schließt das Fenster und geht zum Regal. Er nimmt sein Lieblingsflugzeug, hebt es in die Luft und lässt es durchs Zimmer fliegen. Wenn er es direkt vor das Fenster hält, kann er sich vorstellen, es flöge in den Wolken.
»Oh nein! Nein, auf keinen Fall! Wir spielen nicht schon wieder mit den Flugzeugen!«, schimpft Ezki. Seine Knopfaugen funkeln. »Dann gehen wir lieber runter. Von mir aus auch zu den zwei Monstern, aber wenn ich schon wieder fliegen spielen muss, zieh ich um!«
Wil sieht ihn an. »Wo ziehst du denn dann hin?«, fragt er unbeeindruckt, legt aber seufzend das Flugzeug zurück ins Regal. »Na komm, gehen wir runter«, sagt er und bückt sich, damit sein kleiner Freund auf seine Schulter klettern kann. »Aber vorher müssen wir noch die Spülmaschine ausräumen, sonst kriegt Mama die Krise.«
»Okay, und wo wir dann sowieso in der Küche sind, essen wir gleich was!«, freut sich der Dachs.
Unten, das ist der Prezel. So nennen die Leute den Platz zwischen den Hochhäusern, dem Café Italia, dem Chinarestaurant von Frau Liu und dem kleinen Supermarkt.
Als Wil aus der Tür tritt, steckt er die Hände in die Bauchtasche zu Ezki und wärmt sich ein wenig an dessen Fell.
In dem Moment kommt Burak auf seinem Board angesaust. Er rast geradewegs auf Wil zu und dreht erst im letzten Moment ab. »Hey, Bro, was geht?«, fragt er grinsend.
»Hallo, Burak«, murmelt Wil.
Jetzt sind auch Buraks Freunde auf Wil aufmerksam geworden, und zu viert fahren sie in einem so engen Kreis um ihn herum, dass er gezwungen ist, stehen zu bleiben. Feixend düsen sie haarscharf nicht über seinen Fuß.
Wil versucht, in seinem Hoodie zu versinken, und vergräbt seine Hände tiefer in Ezkis Fell.
»Wil, mein Freund, da bist du ja!«, ruft Lorenzo in dem Moment vom Café herüber, pfeift kurz und laut und macht dazu eine Handbewegung, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen.
Sofort lösen Burak und seine Gang den Kreis auf.
»Ey Mann, alles cool, wir machen nur Spaß!«, ruft Burak mit erhobenen Händen. Dann geben die Skater lachend Gas und sausen in Richtung Garagenhof.
Lorenzo verdreht die Augen. »Ragazzi! Komm rein, mein Freund.«
Um diese Zeit ist nicht viel los im Café. Hier leben die zwei »Monster«. In Wirklichkeit sind das Hunde. Sie gehören Lorenzo, genau wie das Café mit den vier runden Tischen davor. Obwohl Tran und Vasto groß und schwarz sind, haben sie mit Monstern ungefähr so viel gemeinsam wie ein Goldhamster. Wil erinnern sie eher an zu groß geratene Schmusekatzen.
Ezki bleibt vorsichtig und verkriecht sich tief in der Tasche von Wils Hoodie. Wil hingegen kniet sich zu den Hunden. Sie liegen neben der Tür in einem Korb, der fast so groß ist wie Wils Bett. Während er den beiden die Bäuche krault, verschwindet Lorenzo hinter der Bar.
Wil mag den schummerigen Innenraum des Cafés. Überall hängen Bilder von Italien an den Wänden. Am schönsten findet er eines, auf dem man das Meer bis zum Horizont sieht und darüber einen blauen Himmel mit Wölkchen, die aussehen wie ausgezupfte Watteflusen.
»Bitte sehr!« Lorenzo strahlt und stellt ein kleines, silbernes Tablett auf den Tresen. Darauf stehen wie immer zwei klitzekleine Gläschen mit Apfelsaft. Wil rappelt sich auf und nimmt sich eins der Minigläser. »Danke!«
Sie prosten sich zu und trinken gleichzeitig den Saft. Dann zwinkert Lorenzo Wil zu und schiebt das Schälchen mit den Nüssen über den Tresen. Wil nimmt eine Nuss, dreht sich um und tut so, als ob er sie in den Mund stecken würde, bevor er sie unauffällig in der Hoodietasche verschwinden lässt, wo schon jemand ungeduldig darauf wartet.
Erneut hockt Wil sich neben das Riesenkörbchen und krault die Schmusekatzenmonster, während Lorenzo Gläser abtrocknet.
»Schau mal, ich habe neue Tischdecken bestellt.« Stolz zeigt der Italiener auf einen Karton neben dem Tresen.
»Schön, aber ich mochte die alten«, sagt Wil und zuckt die Achseln.
Irgendwann rumort es so sehr in seiner Tasche, dass er es nicht mehr ignorieren kann. »Ja, ja, ist ja gut«, murmelt er in Richtung Tasche und rappelt sich auf. »Tschüss, Lorenzo, danke für den Apfelsaft!«, ruft er und winkt dem Cafébesitzer zum Abschied.
Wil schlendert über den Platz. Burak und die Jungs sind nicht zu sehen, zwei Frauen schieben Kinderwagen, ein Mann sitzt auf der Bank und liest Zeitung. Wil bummelt weiter in Richtung Bushaltestelle. Vielleicht kann er Mama vom Bus abholen.
»Ah, gut, dass du kommst! Halt mal eben«, reißt in dem Moment eine Stimme Wil aus seinen Gedanken. Die Stimme gehört zu Frau Klaschulke. Sie ist die Hausmeisterin für alle Mehrfamilienhäuser am Platz. Frau Klaschulke kann alles reparieren und hat immer was zu schrauben und zu basteln. Jetzt gerade steht sie vor den Müllcontainern und versucht, gleichzeitig die Klappe aufzuhalten und einen Berg Müllsäcke hineinzustopfen.
»Hallo, Frau Klaschulke«, sagt Wil und stellt sich auf die Umrandung des Containerplatzes, um den Deckel hochzuhalten.
»Was macht die Fliegerei, mein Freund?«, fragt die Frau im Blaumann augenzwinkernd.
Wil hat ihr erzählt, dass er Pilot werden will, und manchmal sehen sie sich gemeinsam Flugzeuge auf Frau Klaschulkes Handy an.
»Ich bin ja erst in der Grundschule, das dauert noch ein bisschen«, erklärt Wil grinsend.
»Na, dann beeil dich mal!« Frau Klaschulke hebt die Hand an die Kappe. »Danke dir!«
»Wiiiil!«, schallt es in dem Moment über die Straße. Wil dreht sich suchend um.
Mama kommt winkend auf ihn zu.
Wil senkt den Kopf und flüstert: »Festhalten, Ezki!«, dann rennt er zu ihr. »Hey, Mama!«
»Hallo, Großer! Das ist ja ein super Service, dass du mich abholst!« Seine Mama strahlt ihn an. Die dunklen Locken haben sich an den Seiten aus ihrem Pferdeschwanz gelöst und rahmen ihr Gesicht ein. »Ich habe dir was mitgebracht!«, flüstert sie geheimnisvoll und nimmt seine Hand.
Wil sieht Mama neugierig an. »Was denn?«
»Tja, das wüsstest du wohl gern . Ich zeige es dir, wenn wir oben sind!«, verspricht sie und drückt Wils Hand.
»Augen zu!«, befiehlt sie, als die beiden in der Küche angekommen sind.
Wil hört die Tüte knistern.
»Tadaa: Käsekuchen!« Mama grinst von einem Ohr zum anderen, stellt den Teller vor Wil und leckt sich die Finger ab. Während sie noch eine Gabel aus der Schublade angelt, läuft Wil schon das Wasser im Mund zusammen.
»Oh wow, sieht der gut aus! Wo hast du den denn hergezaubert?«, fragt er und bohrt seine Gabel in die fluffig-cremige Masse.
»Eine Kollegin im Büro hatte heute Geburtstag und hat Kuchen für alle mitgebracht. Das Stück war...
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