Yoga Walk

Bevor es richtig "losgeht", möchte ich zunächst kurz auf ein paar Begrifflichkeiten eingehen, die für dieses Buch wichtig sind. Für alle, die zum ersten Mal mit "Yoga" in Berührung kommen, erkläre ich kurz, was Yoga überhaupt ist.

Und da Achtsamkeit im Yoga Walk eine große Rolle spielt, gehe ich auch darauf näher ein. Außerdem möchte ich eine schöne Yogageschichte mit dir teilen, die dir deine drei "Mitbewohner" einmal vorstellt.

Was ist Yoga?

Yoga ist eine der sechs klassischen Schulen der indischen Philosophie, die auch Darshanas genannt werden. Es ist eine der ältesten Lehren und Methoden, die sich mit der Gesamtheit des Menschen - Körper, Seele und Geist - und seiner Harmonie und Einheit beschäftigt.

Als Begründer des klassisch-philosophischen Weges - der bis heute Gültigkeit hat - wird Pantanjali genannt und er definiert Yoga als ein Zur-Ruhe-Kommen der sich ständig verändernden mentalen Muster. Sein Werk, das Yoga-Sutra, ist ein praktischer Leitfaden, um dem Zustand der inneren Freiheit (Kaivalya) näherzukommen .

Das Herzstück dieses Leitfades ist der achtgliedrige Pfad (Ashtanga Marga), der folgende Punkte beinhaltet:

1.Yamas - der Umgang mit anderen Menschen, Lebewesen, der Umwelt

2.Niyamas - der Umgang mit sich selbst

3.Asana - der Umgang mit dem Körper

4.Pranayama - der Umgang mit dem Atem/bewusste Beherrschung/Regulierung des Atems

5.Pratyahara - der Umgang mit den Sinnen

6.-8. Samyama - der Umgang mit dem Geist

6.Dharana - Konzentration: den Geist schulen und auf die Meditation vorbereiten

7.Dhyana - Meditation

8.Samadhi - das Höchste, die innere Freiheit, Erleuchtung, Erwachen

Dieser klassische philosophische Yogaweg, wie ihn Pantanjali beschreibt, wird auch als Raja-Yoga bezeichnet, der Königsweg. Es ist ein rein spiritueller Weg, der darauf abzielt, die Kontrolle über den Geist wiederzuerlangen.

Es gibt auch noch andere Yogawege, von denen der heute populärste und bekannteste Weg der des körperlich orientierten Hatha-Yoga ist. "Ha" heißt "Sonne" und spricht die männliche (aktivierende, wärmende) Energie an, und "tha" heißt "Mond", was für die weibliche (aufbauende, kühlende) Energie steht. Und diese Energien gilt es, mit Körper-, Atem- und Entspannungsübungen auszugleichen.

Aus dem Hatha-Yoga haben sich bis heute unzählige Yogastile entwickelt. Welchen Yogaweg wir auch immer beschreiten und welchen Stil wir üben - alle haben das gleiche Ziel: die Selbsterkenntnis. Wenn wir uns also wirklich auf diesen Weg einlassen, begeben wir uns auf eine spannende Reise ins Innere, um Freiheit (Kaivalya) zu erlangen. Es ist ein Weg, der uns allmählich vom Haben (Äußeres) ins Sein (Inneres) führt.

Die gesellschaftlich herausfordernden Zeiten wecken in vielen Menschen den Wunsch nach einem höheren Sinn, nach Gemeinschaft und innerem Frieden, was erklärt, warum Yoga in seiner ganzen Bandbreite zunehmend an Popularität und Bedeutung gewinnt. Denn der Weg des Yoga führt uns weg von dem Gefühl der Isolation, Leere und Sinnlosigkeit - im Yoga als Maya (Illusion) bezeichnet - hin zu einem Gefühl der Verbundenheit.

Im Alltag verlieren wir uns gerne in Gedanken und identifizieren uns mit ihnen, was unweigerlich zu Leid führt. Mithilfe zahlreicher Anregungen aus den verschiedenen Schriften, Yogawegen und Yogastilen kann es gelingen, wieder "Herr" über den eigenen Geist zu werden.

Yoga in seiner Vielfalt und Tiefe gibt uns zahlreiche geistige und körperliche Praktiken an die Hand, mit denen wir unseren Geist reinigen und kontrollieren, das Bewusstsein erweitern und am Ende das, was allgemein unter "Erleuchtung" verstanden wird, erlangen können.

Auch der Yoga Walk bedient sich der bewährten Techniken, die als "Yoga to go" einfach "unterwegs" praktiziert werden können.

Im Grunde spielt es überhaupt keine Rolle, wie und warum du zum Yoga gekommen bist oder womit du einsteigst: Es gibt kein Besser oder Schlechter, denn alles ist Yoga. Fange einfach an und finde heraus, was dir guttut. Gehe den Weg für dich und in deinem eigenen Tempo.

Die drei Eulen oder die Geister, die ich rief .

- Eine Geschichte zu den "Gunas" von Kerstin Klimenta

TAMAs Story

Eine der drei Eulen heißt Tamas.

Tamas liebt die Einsamkeit und mag sich nicht so gerne unters Volk mischen. Stattdessen liegt sie lieber auf der Couch oder im Bett und denkt über das Leben nach - am allerliebsten über die Vergangenheit.

Tamas ist oft sehr deprimiert, denn in ihrem Leben ist einiges passiert, was ihr sehr wehgetan hat. Natürlich war auch vieles schön, aber das ist ja jetzt auch vorbei! Das ist alles schrecklich traurig. Und Tamas hat oft Angst, denn es könnte ja sein, dass sie noch einmal so bitter enttäuscht wird.

Tamas mag ihre Arbeit nicht wirklich gerne, aber sie traut sich nicht, etwas Neues anzufangen. Wer weiß, ob dann nicht alles noch schlimmer wird. Und so hat sie wenigstens ihr sicheres Auskommen. Sie würde auch gerne mal wieder tanzen, das hat sie früher so gerne gemacht. Aber was würden die Leute sagen? Vielleicht kann sie es auch gar nicht mehr ..

Tamas wird oft wütend auf Gott und die Welt und versteht einfach nicht, warum es gerade ihr so furchtbar schlecht geht! Sie fragt sich immer wieder, was sie denn wohl Schlimmes getan hat, um mit diesem oder jenem bestraft zu werden.

Ja, Tamas hat es sehr schwer. Und um diese Schwere leichter ertragen zu können, isst sie gerne viel Schokolade oder trinkt Wein. Tamas schaut auch gerne fern - Hauptsache, die Glotze läuft. Für einen kurzen Augenblick findet sie in diesen Dingen Befriedigung und Ablenkung - bis die Nacht kommt . In der Nacht tauchen sie alle wieder auf, die Gespenster der Vergangenheit.

Wenn Tamas mal spazieren geht, dann sieht sie die Schönheit um sich herum nicht, denn ihre Gedanken sind mit den Geistern der Vergangenheit beschäftigt.

Nein, glücklich ist Tamas wahrhaftig nicht .

RAJAs Story

Rajas ist auf Zack und hat immer viel zu tun . Sie ist selten zu Hause. Und wenn sie zu Hause ist, dann kocht sie, macht sauber, arbeitet am Computer, telefoniert, wäscht die Wäsche, sitzt auf ihrem Crosstrainer, schreibt E-Mails oder was sonst so zu tun ist. Am liebsten alles auf einmal!

Rajas ist immer in Action und hat immer viele Ideen. Rajas liebt die Bewegung und mischt sich gerne unters Volk.

Rajas ist immer einen Schritt voraus! Auch in ihren Gedanken.

Rajas lebt für morgen, den Morgen, an dem sie für ihre Mühen belohnt wird.

Während sie Wäsche wäscht, ist sie schon beim Einkauf und während des Einkaufs beim Meeting mit einem Kunden. Rajas ist oft erschöpft, denn sie findet einfach keine Ruhe!

Ganz oft merkt Rajas auch, dass sie neidisch ist auf andere, weil die mehr Erfolg haben, mehr Anerkennung bekommen, mehr Geld verdienen und eben das haben, was Rajas nicht hat. Und dann legt sich Rajas noch mehr ins Zeug, denn sie will mehr! Mehr Erfolg, mehr Anerkennung, mehr Geld, mehr Spaß, mehr Liebe, mehr . !

Rajas hat viele Bekannte, aber sie hat wenig Zeit, um all diese Bekanntschaften zu pflegen.

Und wenn sie sich mit Bekannten zum Essen oder auf einer Party trifft, ist es oft anstrengend, denn die Gedanken sind oft schon einen Schritt weiter . Der nächste Termin wartet.

Es fällt ihr schwer, sich mal wirklich hinzusetzen und zu entspannen, weil sie dann Kopfeschmerzen bekommt, so laut ist es in ihrem Kopf .

Wenn Rajas spazieren geht, sieht sie die Schönheit um sich herum - wenn überhaupt - nur flüchtig aus den Augenwinkeln im Vorbeigehen . Und dann sind ihre Gedanken schon wieder viel, viel weiter.

Eigentlich läuft es ganz gut bei Rajas, aber nur eigentlich.

Es fehlt was! Nein, richtig glücklich ist Rajas wahrhaftig nicht .

SATTVAs Story .

Und dann ist da noch Sattva. Tamas und Rajas sind einfach zu sehr...