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Alle Jahre wieder .
. können wir es nicht lassen: Wir feiern Weihnachten. Die überwiegend meisten von uns wie seit Generationen unter einer Tanne und/oder an einer mit Enten- und Gänsebraten oder Karpfen reich gedeckten Familientafel. Vielleicht mit Geschenken, vielleicht ohne, aber ganz sicher mit vielen Erinnerungen an all die Feste davor. Wie nichts anderes verbindet uns Weihnachten ja vor allem auch mit unserem inneren Kind. Und außer Liebe und Tod - Hochzeiten, Geburten und Beerdigungen - bringt keine andere Macht der Welt Menschen so zuverlässig zusammen und zurück zu dieser großartigen Idee der Schöpfung, dass wir gesellige Wesen sind und nicht für das Alleinsein gedacht. Wie weiland schon Maria und Josef sich von Nazareth in Galiläa nach Bethlehem in Judäa auf den Weg machten, strebt zum 24. Dezember nahezu alle christliche Welt in ihren Heimathafen. Sagt uns unser inneres Navi: Folge dem Stern, dem Glanz von Echtwachskerzen, von Christbaumkugeln aus Lauscha, leuchtenden Kinderaugen und dem Rauschgoldengel von Oma Luise.
Das Ziel ist eine Weihnachtsidylle, »als wären deine Eltern noch zusammen«, so das Motto einer Berliner Hip-Hop-Party. Ein ideales Fest wie aus dem achten Kapitel von Thomas Manns Buddenbrooks, die Matrix aller großbürgerlichen Festlichkeit: Die Konsulin liest aus dem Weihnachtskapitel der Bibel vor. Alle singen »Stille Nacht«. Anschließend Bescherung unter einer prachtvollen Tanne, »geschmückt mit Silberflittern und großen weißen Lilien. (.) Überall liegen Geschenke«, genau jene, die sich die Kinder so sehnlichst wünschten. Man albert herum, bis eine überwältigende Fülle an Speisen und Getränken aufgetischt wird und man alte Bräuche zelebriert: »Thomas steckt ein paar Schuppen eines Fisches in sein Portemonnaie, die ihm finanzielles Glück bringen sollen.«
Auf knapp zwanzig Seiten beschreibt Thomas Mann in seinem berühmten Roman das Fest aller Feste. Jenen magischen Mix aus Ritualen, Traditionen, Intimität und Gemeinschaft, bei dem die Zeit stillzustehen scheint und wir uns erfolgreich einbilden können, dass alles Böse, Schlimme, Ärgerliche, alle Zwistigkeiten draußen bleiben könnten und die Familie auf ewig heil bleibt. Ein Traum. Kein unerreichbarer. Man braucht ja bloß nach Lübeck zu reisen. Dort haben das Literaturmuseum und die Lübeck und Travemünde Marketing GmbH im Buddenbrookhaus die perfekte Weihnacht mit dem Programm »Weihnachten bei Buddenbrooks« begehbar gemacht. Ein Schauspieler liest das Weihnachtskapitel vor, die Zuhörer naschen von braunen Kuchen, englischem Plumcake, weißen und rosa Baisers. Dann geht es in den ersten Stock des Hauses von Senator Thomas Buddenbrook, ins sogenannte Götterzimmer, in dem der Weihnachtsbaum steht und die Geschenke für den kleinen Hanno liegen: das Papiertheater, das Buch mit griechischen Sagen, ein Füllfederhalter mit einem bunten Glasprisma und ein Harmonium. Der Abend endet bei einem Weihnachtsbüfett. Ein urdeutsches Weihnachts-Disneyland. Romantisch, perfekt, aber auch ein wenig blutleer.
In Wahrheit und zum Glück hat Weihnachten deutlich mehr Puls. Schließlich haben wir es mit einem Familienfest zu tun, und allein deshalb kann unmöglich ein Heiliger Abend der siamesische Zwilling des anderen sein. Akteure sterben, werden weggeschieden, andere werden hineingeboren oder angeheiratet. Familienfusionen bringen jeweils auch neue Einflüsse - das Plätzchenrezept der Schwiegermutter, dass man vor der Bescherung singt, die Weihnachtsgeschichte vorliest oder noch einmal spazieren geht, um die hell erleuchteten Bäume der anderen durch die Fenster der Großstadt zu bestaunen. Auch das macht Weihnachten so besonders: dass es so ein größtmögliches Vielfaches auf einen einzigen gemeinsamen Nenner bringt. Ein rundum weiches, nachgiebiges und formbares Fest, das trotzdem in einem beinharten Korsett aus Ritualen und Traditionen steckt.
Bloß: Warum feiern wir eigentlich Weihnachten? Weil das so im Kalender steht? Weil die Oma zu Besuch kommt? Weil der Weihnachtsmann Geburtstag hat? Oder feiern die meisten Leute Weihnachten, weil die meisten Leute Weihnachten feiern, wie es Kurt Tucholsky einmal vermutete? Laut einer Umfrage kennt jeder zehnte Deutsche nicht die Gründe für das Fest. Vermutlich denken ebenso viele, dass es damals die Scheinwerfer des Coca-Cola-Lasters waren, die den Heiligen Drei Königen (oder waren es vier?) den Weg nach Bethlehem wiesen. Dabei gibt es einen wunderbaren Anlass für das Fest, nachzulesen in der Bibel, Lukas 2,1-20.
»Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde«, lautet der berühmte erste Satz der Geschichte bei Lukas. Sie handelt davon, wie vor mehr als 2000 Jahren der Zimmermann Josef sich von Nazareth nach Bethlehem aufmachte, zum Herkunftsort seiner Familie, um sich dort in die Steuerliste eintragen zu lassen. Gemeinsam mit »Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger«. Als sie spät am Abend ankommen, ist »kein Raum in der Herberge«. Niemand will sie aufnehmen. Also kommen sie in einem Stall unter, wo Maria Gottes Sohn gebiert und ihn in eine Futterkrippe legt. Ein Engel verkündet den Hirten auf dem Feld die Frohe Botschaft, die himmlischen Heerscharen kommen dazu und loben, »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!«. Später reisen noch die Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar aus dem Morgenland an. Geleitet von dem Stern von Bethlehem. Sie bringen dem Neugeborenen »königliche Geschenke«: Gold, Myrrhe und Weihrauch. Schafe sollen auch dabei gewesen sein.
Sie sind nicht die einzigen Randgestalten. Auch Josef gehört zu den Statisten, der ewige Mann im Schatten eines berühmten Sohnes und einer dominanten Mutter. Er ist zwar immerhin der soziale Vater, aber in der Bibel werden nicht mal Worte von ihm überliefert. Kein einziges. Dabei hätte man da durchaus gern einige Fragen von ihm beantwortet bekommen: Ob er nicht manchmal ein bisschen traurig war, dass er ausgerechnet als Namensgeber für die Josefsehe - also eine Verbindung ohne Sex - in die Geschichte einging. Und wie er das alles schafft. Er ist schließlich Schutzpatron der gesamten katholischen Kirche (seit 1870), von Mexiko, den Philippinen, Kanada, Peru, Böhmen, der Steiermark, von Kärnten und Tirol, des Bistums Osnabrück und des Erzbistums Köln. Außerdem ist er der Patron der Ehepaare und der Familien, der Kinder und Jugendlichen, der Erzieher, der Zimmerleute, Holzfäller, Tischler, Handwerker, Arbeiter, Ingenieure, zudem Schutzheiliger in Wohnungsnot, in Versuchungen und verzweifelten Lagen sowie für einen friedlichen Tod. Vor allem aber kennt man ihn als den geistigen Vater eines erfreulich entspannten Familienbegriffs: Bei Maria, Josef und Jesus haben wir es mit der ersten offiziellen Patchworkfamilie zu tun. Mit einer Mutter und ihrem Kind, das nicht von dem Mann ist, mit dem sie lebt. Das sah übrigens Kardinal Meisner, ein erklärter Josef-Fan, in einem Interview genauso: »Die Heilige Familie, Jesus, Maria und Josef, ist uns als Idealbild jeder menschlichen Familie geschenkt worden.«
Viele Bräuche ranken sich um die Weihnachtsgeschichte, vor allem um die Suche von Maria und Josef nach einer Herberge. In der Alpenregion klopften früher arme Leute in der Vorweihnachtszeit an die Türen der Wohlhabenderen, um Essen für die Festtage zu erbitten. Zum Dank trugen sie »Klöpfellieder« und Gedichte vor. Heute sind es vor allem Kinder, die das »Anklöpfeln« nutzen, um Süßigkeiten einzusammeln. In Bayern und Österreich wird beim »Frauentragen« eine Marienfigur von einer Familie zur nächsten gebracht. Jeweils am Abend wird sie im Rahmen einer Adventsandacht weitergereicht und bleibt über Nacht bei der neuen Gastfamilie. So wird nicht bloß der schwangeren Maria symbolisch ein Obdach gewährt. Man kommt auch mit den Gemeindemitgliedern in Kontakt. In Polen deckt man an Weihnachten immer für eine Person mehr ein, als anwesend sein werden. Damit will der Hausherr seine Gastfreundlichkeit unter Beweis stellen und zeigen, dass er anders als die Herbergsväter der Weihnachtsgeschichte niemanden abweisen würde. Und auf den Philippinen lässt man in der Weihnachtsnacht gleich ganz umstandslos die Türen offen. Diese Traditionen sind natürlich längst nicht die populärsten. Diese Ehre gebührt ganz zweifellos dem Standbild der Weihnachtsgeschichte, der Krippe.
Ich steh an deiner Krippe hier
In Krippendarstellungen ist Josef meist der Mann, der die Laterne hält. Neben ihm bestaunen Hirten, die Heiligen Drei Könige, deren Kamele oder Dromedare, außerdem Schafe, Ochs und Esel das Wunder von Jesu Geburt. Die wundersame Vermehrung der Tiere habe damit zu tun, »dass die Tiere an verschiedenen Stellen der Bibel als Symbole und Metaphern verwendet werden«, so die katholische Kirche auf katholisch.de. Angeblich verdanken wir dieses so wichtige Ausstattungsmerkmal Franz von Assisi, besser bekannt als heiliger Franziskus. Er soll 1223 in einem Wald bei Greccio in der Provinz Rieti eine Krippenfeier mit lebendigen Tieren abgehalten haben. Die Vorführung war ein solcher Erfolg, dass das Stück dort bis heute - als das mit der vermutlich längsten Spielzeit weltweit - läuft, immer zwischen dem 24. Dezember und dem 6. Januar. Nicht zufällig ist Bethlehem die Partnerstadt von Greccio.
Fünfzig Jahre später wurde in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom die erste Weihnachtskrippe gesichtet. Diesmal mit ausschließlich geschnitzten Figuren. Damit hat sich die Ewige Stadt den Ruf gesichert, die Wiege der Weihnachtskrippe zu sein, die città presepe. Zumal dort in einem silbernen Behälter Holzbrettchen...
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