Schweitzer Fachinformationen
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"Oversized. Overweight. Bulky baggage". Die Mitarbeiterin der Fluggesellschaft erklärte mir ruhig und freundlich, dass mein verpacktes Fahrrad im Karton zwar mitkommen kann, aber ich eine Gebühr bezahlen müsste. Dann zeigte sie mir den dreistelligen Betrag, der eine eigene Campingreise hätten finanzieren können und fragte, ob ich gewillt wäre, dies zu bezahlen. Ich könnte auch jemanden anrufen, der das Paket am Flughafen wieder abholt und könnte ohne das Fahrrad reisen.
Hinter mir stauten sich so nach und nach weitere Menschen, die genau wie ich die sinnvolle Vorabfrage beantwortet hatten, ob sie gefährliche Stoffe und Gegenstände auf ihre Reise mitnehmen wollen. Jeder Terrorist oder Amokläufer würde das selbstverständlich bejahen, oder? Die Menschen hinter mir scharrten ungeduldig mit den Füßen. Ich musste jetzt etwas sehr rasch entscheiden, was ich normalerweise mit guter Überlegung entschieden hätte. Wollte ich ohne das Fahrrad nach Hawaii? Nein. Ich hatte die Reise mit meinem Fahrrad geplant und wollte auf meinem Fahrrad die Steilküste entlang radeln - ich wollte weder ein teures Leihfahrrad radeln, noch wollte ich meine Wünsche loslassen. "Evet" sagt der Türke und das bedeutet: Ja, ich will. Ja, habe ich gesagt, habe meine Kreditkarte gezückt und ohne weiter mit der Wimper zu zucken die Summe angewiesen. Der Karton wurde beiseitegeschoben, ein verschwitzter Mitarbeiter kam es abholen und in der Zwischenzeit wurde meine eher leichte Reisetasche gewogen, für korrekt befunden trotz etlicher Kleidungsstücke und verschwand auf dem Rollband in die Gepäckaufgabe und ich war eingecheckt.
Der Karton war ein Karton für ein elektrisches Fahrrad gewesen und daher breiter und größer als ein genormter Fahrradkarton. Man muss das Vorderrad ausbauen, das Lenkrad verdrehen, die Pedale abbauen, die Luft aus den Reifen lassen und dann das Ganze in eben diesen Karton verstauen. Den Karton hatte ich beim meinem liebsten Fahrradladen vorab besorgt und konnte ihn nur durch eine Faltung überhaupt in mein kleines Automobil bugsieren. Die netten Mitarbeiter hatten mir geduldig gezeigt, wie das mit dem Auseinandernehmen des Fahrrads funktioniert und nun gut, zusammenbauen ist dann der ganze Ablauf wieder andersherum. Dafür reichen mein technisches Verständnis und praktisches Geschick aus. Das Gewicht hatte ich mit einer Kofferwaage gewogen und mit meiner Körpergewichts-Waage nachgeprüft und eigentlich war es nicht so viel, wie am Flughafen mir gesagt wurde. Ich wollte ausprobieren, wie das geht: Flugreise und Fahrrad-Mitnahme. Im Frühjahr hatte ich mir mein erstes (!) neues Fahrrad gekauft. In meinem Leben habe ich drei Fahrräder besessen bis jetzt: 1, das kleine Klapp-Fahrrad, auf dem ich als Kind meiner Nachbarin Birgit immer hilflos hinterher geradelt bin, weil sie schon ein normales Fahrrad und keine Geduld hatte und ich hatte dieses Klapp-Fahrrad mit den kleinen Reifen.
2. mein 3-Gang-Fahrrad bester Güte, welches ich zum 16. Geburtstag geschenkt bekommen habe und welches ich erst emotional verlassen habe, als ich versucht habe mit meinem halbwüchsigen Sohn von einem Campingplatz in französischen Seealpen in den nächsten Ort zu radeln, um Schokolade und Bildzeitung zu kaufen. Ich habe mir heulend geschworen, dass ich mir ein Rennrad mit vielen Gängen kaufe mit dem ich die französischen Seealpen hochradeln könnte.
3. mein Knaben-Rennrad mit vielen Gängen, mit dem ich zwar nie die französischen Seealpen hochgeradelt bin, aber doch so einige Fahrrad-Touren erlebt habe. Das sind aber ungeschriebene Bücher und was ich da erlebt habe, steht bis jetzt unveröffentlicht nur in meinen Tagebüchern.
Ein neues Fahrrad ist also da und das Knaben-Rennrad, dass mir so vertraut von meinen Hippiebus-Reisen und Zelt-Reisen war, durfte und sollte mit nach Hawaii.
Die Anreise zum Flughafen war stressfrei gedacht: großer Karton und kleine Frau und normales Gepäck in ein Flughafen-Transfer-Taxi und der freundliche Taxi-Fahrer schaukelt mich mitsamt meiner Fracht direkt bis zum Terminal. Der Flughafen-Transfer war mir von Freunden empfohlen worden, die wenige Wochen vorher nach Ecuador geflogen sind. Die hatten vor dieser langen Reise nach Süd-Amerika sogar ihren Nachlass geordnet, falls ihnen irgendetwas passiert. Ihnen ist nichts passiert, wohl aber dem Taxifahrer, der sie vom Flughafen abholen sollte. Er wurde von einer Wespe gestochen und bekam einen anaphylaktischen Schock, weil er allergisch war. Er musste ins Krankenhaus per Notfall-Ambulanz gefahren werden und die schockierten Freunde haben sich letztendlich mit dem Taxi selbst nach Hause gefahren. Genau dieser Taxi-Fahrer fuhr mich zum Flughafen, aber es ging ihm zum Glück wieder gut und mittlerweile hatte er ein Notfall-Set für Wespenstiche bei sich.
Am Flughafen schob ich meinen Riesenkarton ins Terminal und wenn jemand komisch schaute, sagte ich: "ich reise nie ohne meinen Flachbildschirm".
Nur leider war ich im falschen Terminal. Meine Fluglinie flog im anderen Terminal ab. Der Taxifahrer hatte sich geirrt und ich hatte meine Abreise-Terminal nicht nachkontrolliert. 'Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser'.
Die Zeit läuft in Flughäfen immer anders. Wenn man glaubt, viel Zeit zu haben, rennt die Zeit und sie wird knapp. Wenn man glaubt, jetzt könnte es langsam losgehen, dann geht Zeit überhaupt nicht weiter. Überhaupt ist Zeitwahrnehmung ein sehr seltsames Phänomen und ist veränderlich je nachdem, was man gerade tut oder sich vorgenommen hat. Zwischen den Terminals gibt es einen Shuttle, aber zum Einstieg keinen Lift, sondern nur Rolltreppe. Hier zeigte sich schon der erste rote Faden, der sich durch meinen Urlaub ziehen sollte: freundliche, hilfsbereite Menschen! Menschen zogen, trugen, halfen, fragten und letztendlich war ich eben am Schalter und "oversize & more" musste entschieden werden. Nun, wer auch immer eine Flugreise mit seinem Fahrrad machen möchte, sollte sein Fahrrad hübsch zusammengefaltet in ein dafür designtes Gepäckstück stecken und sichergehen, dass das Fahrrad ein leichtes ist.
Endlich saß ich im Flugzeug und die erste Welle von Freude und ja, auch Stolz überflutete mich. "Ich fliege nach Hawai'i, ich fliege wirklich und wahrhaftig nach Hawai'i." Übrigens ist die Schreibweise von Hawai'i mit dem Apostroph die richtige, weil diese die Akzentuierung in der hawaiianischen Sprache korrekt wiedergibt.
Der Flug war angenehm und mein Platznachbar so jung, dass der Vater von dem Kind mich als Einzelperson bat, mit ihm den Platz zu wechseln. Das tat ich gerne und bekam dann statt einem bequemen Randplatz einen eingezwängten Platz in der Mitte. Warum bin ich immer so nett? Warum bin ich nicht auf meinem gebuchten Platz verblieben? Meine Mama hätte gesagt: Das kann man machen, da bricht man sich doch keinen Zacken aus der Krone und die anderen freuen sich. Zur Belohnung hatte ich auf meinem ersten Flug, der erst einmal über den großen Teich nach San Francisco ging, einen ausgesprochen interessanten, attraktiven und unterhaltsamen Platznachbarn und wenn wir nicht gerade dösten und schliefen oder tranken und aßen, unterhielten wir uns über jüdische Gebräuche, westliche Geschichte, vorderasiatische Kultur, israelische Speisen und vieles mehr. War er ein syrischer Jude, der jetzt in den USA lebte oder ein jüdischer Amerikaner mit syrischen Wurzeln? Auf jeden Fall hatte er seine Eltern in Israel besucht und flog über Frankfurt aus Tel-Aviv nach Hause. Wenn ich meinen Vater besuche, dann sind es nur läppische 450 km oder etwa 283 Meilen mit dem Auto. Wenn er seine Eltern sehen möchte, sind das knapp 12.000 oder fast 7.500 Meilen als Direktflug und damit mindestens 15 Stunden Flugdauer. Masel tov!
Der Flug selbst war ruhig und angenehm und die Landung derart sanft, dass ich dachte, das hat der Pilot aber schon mehr als einmal gemacht.
In San Francisco musste ich umsteigen und noch einmal durch den Check-In und den generellen Check-In für Amerika durchmachen. Du liebe Güte: Das Gesicht gescannt, den Body gescannt, also meinen Körper, Fingerabdrücke von mittlerweile allen Fingern genommen, befragt und noch einmal befragt und: "warum wollen sie einreisen?" Die einzige richtige Antwort ist "pleasure", also Vergnügen, was so viel wie 'Ferien machen wollen' bedeutet.
Flughäfen sind endlos und Rollkoffer haben ihre echte Berechtigung. Wer aber Rucksäcke, Sporttaschen oder anderes zu transportieren hat, braucht einen Gepäckträger und die kosten Geld und nicht nur 1 $. Da zeigte sich schon der nächste rote Faden: USA ist teuer und Hawai'i ist exorbitant teuer.
Mein Karton war tatsächlich angekommen, mein Gepäck auch und so schob ich mich flotten Schrittes durch den Flughafen von San Francisco zu meinem Gabelflug nach Maui. Amüsiert sah ich zu, wie mein Sperrgepäck in einen Rollgarage, die nur für mich geöffnet wurde, durchgecheckt wurde. Immerhin, für mein Geld bekam ich etwas geboten! Nein, ich habe weder frische Wurst noch Pflanzensamen dabei, nein, ich habe keine Tuberkulose oder andere ansteckende Krankheiten, ja, ich bin geimpft und ja, ich habe darüber auch Belege. Meine Covid19-QR-Code-Impfkarte...
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