Schweitzer Fachinformationen
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Robert Hoon, der in Ungnade gefallene ehemalige Detective Superintendent der Police Scotland, beäugte den Mann auf der anderen Seite des Glases, musterte ihn, beurteilte ihn, starrte ihn an.
Er liebte es zu beäugen. Das hatte er schon immer getan. Es gibt kaum eine bessere Art, seine Verachtung für eine Person zu zeigen, dachte er, als durch zusammengekniffene Augen und einen langen Zeitraum, ohne zu blinzeln.
Er musste dem Mann auf der anderen Seite des Glases lassen, dass er ebenfalls nicht blinzelte und auch keine Anstalten machte, den Blick abzuwenden.
»Schau dir an, wie dieser arme Mistkerl aussieht«, bemerkte Bob. Er betrachtete die dunklen Augenhöhlen des Mannes und die hellen Spuren des getrockneten Schlafsabbers, der sich in dem graumelierten Stoppelbart verfangen hatte.
Er fuhr sich mit der Hand übers Kinn, und sein Spiegelbild im Badezimmer machte es ihm nach. Du solltest dich vielleicht rasieren, dachte er. Der erste Tag in seinem neuen Job und so weiter. Es wäre sicher gut, sich diese Mühe zu machen.
Er steigerte die Qualität und Intensität seines Blicks, als hätte der Mann auf der anderen Seite des Glases ihn verraten, weil er so etwas auch nur dachte.
»Rasieren? Für einen Job als verdammter Tesco-Sicherheitsmann?«, spie er hervor. »Ganz sicher nicht!«
Außerdem sah er doch gar nicht so schlecht aus, oder? Nicht für einen Mann in den Fünfzigern.
Ja, seine Augen lagen derart tief in den Höhlen, dass sie wirkten, als wären sie mit einer Nietpistole eingesetzt worden, und er wusste nicht mehr ganz genau, wann er sich das letzte Mal die Zähne geputzt hatte. Aber er sah besser aus als im letzten Monat um diese Zeit, und sehr viel besser als im Monat zuvor.
Er kam allmählich vorwärts. Selbst wenn ihn das nur zu einem Job als Sicherheitsbeamter bei Tesco brachte, war es immerhin ein »Vorwärts«.
Und überall war es besser als dort, wo er im letzten Jahr gewesen war.
Er griff nach dem Rasiermesser. Es war nicht das erste Mal, dass er in den letzten Monaten nach einem Rasiermesser gegriffen hatte. Doch anders als bei jenen Gelegenheiten wollte er es dieses Mal für seinen vorgesehenen Zweck verwenden.
»Vorwärts und nach oben, du mürrischer alter Schwanzlutscher«, murmelte er dem Mann im Spiegel zu. »Vorwärts und verdammt noch mal nach oben.«
Hoon verließ den Bus und starrte wütend auf das große Tesco-Schild über dem Eingang des Eastfield-Way-Supermarktes. Dann betrat er den Laden, als gehöre er ihm.
Der Wachmann an der Eingangstür starrte mit leerem Blick auf einen der beiden Schwarz-Weiß-Bildschirme, die auf dem Terminal vor ihm angebracht waren. Er blinzelte überrascht, als Hoon ihm auf die Schulter tippte.
»He. Kumpel. Wo soll ich hin?«
Der Wachmann war etwa Mitte dreißig, schätzte Hoon. Er war kräftig gebaut und sah aus wie ein Türsteher.
»Was?« Der Wachmann musterte den Neuankömmling langsam von oben bis unten. Hoon konnte praktisch hören, wie sich die Rädchen in seinem Kopf in Bewegung setzten.
Wenn er das Beste war, was der Supermarkt zu bieten hatte, mussten die Ladendiebe einen Heidenspaß haben.
»Jesus. Wach auf, Junge. Ich bin der Neue. Es ist mein erster Tag.« Er zuckte mit den Schultern. »Gut, eigentlich sollte mein erster Tag schon vor zwei Wochen sein, aber ich hatte viel zu tun. Wo soll ich mich melden?«
Der Wachmann warf einen gleichgültigen Blick in Richtung des Kundendienstes. »Keine Ahnung. Beim Manager?«
Hoon murmelte etwas vor sich hin. »Danke, Sie waren eine große Hilfe«, sagte er dann und deutete auf die Bildschirme. »Ich überlasse Sie jetzt Ihrem benebelten Wachtod - oder was auch immer Sie da eben gemacht haben.«
Hoon kehrte dem Mann den Rücken zu und war schon auf halbem Weg zum Schalter des Kundendienstes, als jemand seinen Namen rief. Ein Mann mit dem Gesicht einer sexuell frustrierten Wespe eilte auf ihn zu.
»Robert Hoon?«, wiederholte er seinen Namen. »Sind Sie Robert Hoon?«
»Kommt drauf an, wer fragt.« Hoon musterte den anderen Mann und schätzte ihn schnell ein.
In den Dreißigern, aber älter aussehend. Alleinstehend. Schneidet sich selbst die Haare. Große Brille, verschlissener Anzug, und wahrscheinlich hatte er keinen Zentimeter Rückgrat im Leib.
»Nach all den Fehlstarts in der letzten Woche waren wir nicht sicher, ob Sie überhaupt auftauchen würden.« Er streckte eine Hand in Hoons Richtung aus. »Wayne Gilhooley. Stellvertretender Unterabteilungsleiter.«
Hoon schenkte der Hand kurz die verdiente Verachtung, dann lenkte er ein und schüttelte sie.
»Ich dachte, das wäre der jüngere Kerl gewesen, der mein Vorstellungsgespräch geführt hat? Dieser fette Harry Potter.«
Wayne lächelte. Es war die Art von Lächeln, das signalisierte, dass er zwar wusste, es musste da irgendwo einen Witz geben, aber verdammt sein wollte, wenn er wusste, wo er war.
»Hahaha.« Er sagte es. Er lachte nicht. Er sagte es. »Das ist Gavin. Er ist der Juniorchef.«
»Ja, richtig. Und Sie sind .?«
»Der stellvertretende Unterabteilungsleiter.«
Hoon dachte ein oder zwei Sekunden darüber nach. »Und diese Jobs muss es wirklich beide geben?«
Wenn ihn die Bemerkung über den »fetten Harry Potter« schon verwirrt hatte, war Wayne jetzt völlig überfordert.
Er sprach die Worte »Hahaha« noch einmal, fügte ein »Irgendwie schon« hinzu und wechselte dann hastig das Thema. »Also, ich habe gehört, Sie waren bei der Polizei.«
»Unter anderem.«
»Sie waren Detective Superintendent, nicht wahr?«
Hoon knurrte. »Unter anderem.«
Wayne wippte auf den Ballen und deutete auf den Laden um sie herum. Die Kunden drängelten sich durch die Gänge wie Vieh, das darauf wartete, den Bolzen des Schlachters zwischen die Augen zu bekommen. Das Personal schwirrte zwischen ihnen umher, gekleidet in identische blaue Uniformen und von einer Aura der Verzweiflung umgeben.
»Das muss sich ein bisschen wie ein Rückschritt anfühlen!«, stellte Wayne fest.
»Ja, damit liegen Sie nicht falsch«, bestätigte Hoon. Was, nach dem Gesicht des stellvertretenden Unterabteilungsleiters zu urteilen, nicht die Reaktion war, auf die der gehofft hatte.
»Genau.« Waynes Arme fielen wieder an seine Seiten. »Also dann. Besorgen wir Ihnen erst mal Ihre Uniform.«
»Uniform?« Hoon schüttelte den Kopf. »Ich trage keine Uniformen, Kumpel. Schon lange nicht mehr.«
Das vage Ich-hab-den-Witz-nicht-ganz-kapiert-Lächeln kehrte zurück. »Nun, unsere Firmenpolitik sieht vor, dass .«
»Vergessen Sie die Firmenpolitik. Was verstehen Wichser in Anzügen schon von irgendwas?« Hoon wedelte mit der Hand in Waynes Richtung. »Nichts für ungut.«
Der stellvertretende Unterabteilungsleiter blickte an seinem blauen Nylonanzug hinab. Er glänzte bereits an den Knien von all den Stunden, die er damit verbracht hatte, die unteren Regale aufzufüllen, wenn die Mitarbeiter mal wieder nicht zu ihrer Schicht erschienen waren. »Sie ist . die Uniform ist ein Abschreckungsmittel. Sie hält die Leute davon ab, Sachen zu klauen.«
Hoon legte dem jüngeren Mann eine Hand auf die Schulter. »Aber wir wollen die Bastarde ja nicht nur abschrecken, oder? Wir wollen sie auf frischer Tat ertappen, damit wir ihnen eine Lektion erteilen können, die sie nie vergessen werden. Glauben Sie mir, ich habe genug unerfahrene junge Constables gesehen, die wie verdammte Eichhörnchen gekleidet waren. Deshalb weiß ich, dass Verbrechensverhütung so nicht funktioniert. Wir müssen die diebischen kleinen Wichser schnappen und ihnen die Hände abhacken.«
Wayne schluckte und blinzelte. »Ja, aber . nicht . nicht wörtlich?«
»Jesus, mein Junge. Nein. Nicht wirklich.« Hoon zeigte auf die Tür. »Aber sehen Sie die ganzen Mistkerle, die reinkommen und Sachen klauen? Sie lachen über Sie. Und zwar genau jetzt. Wo auch immer sie sind. Sie lachen. Über Sie. Und sie werden weiterhin reinkommen und Sachen klauen, und sie werden weiterhin lachen, weil sie immer wieder damit durchkommen. Wollen Sie das wirklich, Wayne?«
»Nun .«
»Langfinger, die sich den Arsch ablachen, wenn sie Sie sehen. Ist es das, was Sie wollen?«
Der stellvertretende Unterabteilungsleiter schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, das will ich nicht.« Er warf sich in die Brust und ballte die Finger unwillkürlich zu festen verschwitzten Fäusten. »Ich will nicht, dass sie sich über mich lustig machen.«
»Nein. Dachte ich mir.« Hoon klopfte dem Mann auf die Schulter. »Also, am besten, ich mische mich unauffällig unter die Leute. Ich gehe inkognito vor und halte die Augen offen. Mal sehen, ob wir einige von ihnen auf frischer Tat ertappen können.«
»Ja. Ja! Das gefällt mir. Wir ertappen sie auf frischer Tat. Und dann schleifen wir sie vor Gericht! Diese Bastarde!«
Hoon hatte etwas mehr Widerstand erwartet und war von Waynes Begeisterung überrascht. Offensichtlich hatte der Gedanke, insgeheim von den Ladendieben verspottet zu werden, einen Nerv getroffen.
»Guter Junge«, sagte Hoon. »Und jetzt noch eine kurze Frage.« Er deutete auf das Ende des ersten Ganges, wo sich die technische Abteilung befand. »Sehen Sie die großen Fernseher an der hinteren Wand, auf denen die Demos laufen? Können Sie die auf andere Kanäle umschalten? Es ist nämlich gleich Zeit für...
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