Schweitzer Fachinformationen
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Kapitel 2.1
Die Morgenstunden in der D-Klasse verliefen stets chaotisch. Das lag natürlich daran, dass die meisten meiner Kameraden alles andere als vorbildliche Schüler waren.
Doch an diesem Morgen herrschte noch größere Unruhe als sonst. Der Grund hierfür lag auf der Hand. Heute würden wir womöglich wieder Punkte erhalten. Zum ersten Mal, seit wir uns an dieser Schule befanden.
Die Schule, die ich besuche, die Tokyos Weiterführende Schule für Höhere Bildung, verwendet ein einzigartiges Punktesystem: das S-System. Ich will es kurz erläutern.
Auf den Handys, die die Schule ihren Schülern zur Verfügung stellt, gibt es eine vorinstallierte App. Die Schul-App. Wenn man sie öffnet, gelangt man auf die Login-Seite, auf der man sich mit der eigenen Schülernummer und einem Passwort anmelden muss. Im dann erscheinenden Menü existiert eine Funktion namens »Restguthaben anzeigen«.
Diese Funktion ist sehr nützlich. Zum Beispiel kann man überprüfen, wie viele Punkte man selbst aktuell noch zur Verfügung hat oder wie hoch der Punktestand der Klasse ist. Außerdem kann man über diese Funktion Punkte an Mitschüler überweisen.
Es gab zwei Arten von Punkten. Eine Punktegruppe war mit »(Kl)« gekennzeichnet, die Abkürzung für »Klasse« beziehungsweise »Klassenpunkte«. Hierbei handelte es sich nicht um individuelle Punkte einzelner Schüler, sondern um Punkte, mit der die Klasse als Ganzes bedacht wurde. Seit Juni beliefen sich die Klassenpunkt der D-Klasse auf genau 0 Kl. Wir hatten keine Klassenpunkte. Hinter der anderen Punktegruppe stand »(Pr)« oder ausgeschrieben »Privatpunkte«, die persönlichen Punkte, die jedem einzelnen Schüler zur Verfügung standen. Die Privatpunkte eben .
Am Monatsersten wurden die Kl, also die Klassenpunkte, mit dem Faktor 100 multipliziert und das Ergebnis in Form von Privatpunkten auf die Konten der einzelnen Schüler überwiesen.
Mit Privatpunkten konnte man Dinge des täglichen Bedarfs, Mahlzeiten oder auch Unterhaltungselektronik kaufen. Die Privatpunkte fungierten also als Campuswährung und waren daher äußerst wertvoll.
Mit regulärem Geld konnte man auf dem Campus nichts anfangen, weshalb jeder, dem die Privatpunkte ausgingen, zu einem spartanischen Lebensstil gezwungen wurde. Und da das Klassenkonto der D-Klasse null betrug, wurden den einzelnen Schülern zu Beginn eines neuen Monats folgerichtig auch null Privatpunkte überwiesen.
Dabei war das Klassenkonto direkt nach der Einschulung mit 1000 Klassenpunkten prall gefüllt.
Und solange dieser Punktestand gehalten würde, bekämen die Schüler jeden Monat 100.000 Punkte, das heißt den Gegenwert von 100.000 Yen 2 überwiesen.
Nur leider gab es einen Haken. Die Klassenpunkte waren nicht fix, sondern konnten sich täglich ändern. Fehlverhalten, wie beispielsweise das Führen von Privatgesprächen während des Unterrichts oder Zuspätkommen, wurde mit Punkteabzug geahndet. Mit dem Ergebnis, dass die Klassenpunkte der D-Klasse bereits Anfang Mai vollständig auf null abgeschmolzen und traurigerweise bis zum heutigen Tag, dem 1. Juli, auch nicht wieder angewachsen waren. Zu allem Übel kam noch hinzu, dass die Klassenpunkte nicht nur die Grundlage für die individuellen Zahlungen an die einzelnen Schüler bildete, sondern auch als Anhaltspunkt für die Bewertung der Klasse und ihrer Leistung herangezogen wurde. Die Anzahl der Klassenpunkte entschied über den Rang, den die Klasse einnahm. Ganz oben stand die A-Klasse mit den meisten Klassenpunkten, ganz unten die D-Klasse mit den wenigsten.
Angenommen, uns als D-Klasse wäre es gelungen, in einem Monat die C-Klasse in Sachen Klassenpunkten zu überholen, dann wären wir vermutlich im darauffolgenden Monat zur C-Klasse aufgestiegen. Und wenn wir bis zur A-Klasse aufsteigen und auf diesem Rang den Abschluss schaffen würden, kämen wir in den Genuss, einer hundertprozentigen Aufnahme an der Wunsch-Uni beziehungsweise einer Einstellungsgarantie in einem Top-Unternehmen.
Als ich zum ersten Mal hörte, wie das System funktioniert, dachte ich, das Wichtigste sei das Ansammeln von Klassenpunkten. Denn die Privatpunkte erschienen mir lediglich dazu nütze, einem das Leben auf dem Campus angenehmer zu gestalten.
Doch diese Sichtweise änderte sich schlagartig, als ich mit meinen Privatpunkten einen Zwischenprüfungspunkt kaufte.
Vor Kurzem war nämlich Sudo in dieser Prüfung tragischerweise ganz knapp durchgefallen, woraufhin mir die Idee kam, der Schule den ihm zum Bestehen fehlenden Punkt abzukaufen.
Dass die Schule mit dieser Art von Deal kein Problem hatte, bewies nur, dass die Worte unserer Lehrerin, Chabashira, die sie uns in der ersten Stunde mit auf den Weg gab, kein Scherz waren: »Es gibt an dieser Schule nichts, was man nicht mit Punkten kaufen kann.«
Das bedeutete, dass sich Privatpunkte als überaus nützlich erweisen konnten, wenn es darum ging, seine Gesamtsituation zu verbessern. Führte man diesen Gedanken fort, schien es nicht ausgeschlossen, dass man sich auch mehr als nur Testpunkte erkaufen konnte.
»Guten Morgen alle miteinander! Die Stimmung scheint mir heute besonders aufgekratzt zu sein.« Als die Klingel die Klassenleiterstunde einläutete, betrat Chabashira-sensei den Klassenraum.
»Sae-chan-sensei 3! Haben wir diesen Monat etwa wieder keine Punkte erhalten?! Als ich heute Morgen meinen Kontostand überprüft habe, war jedenfalls noch nichts gebucht!«
»Ach, deshalb der Aufruhr .«
»Wir haben uns im letzten Monat übermenschlich viel Mühe gegeben! Wir haben sogar alle die Zwischenprüfung bestanden .! Wieso also ist unser Kontostand noch immer leer? Das ist unfair! Es gab weder Verspätungen noch Fehlzeiten und kein einziges Privatgespräch im Unterricht!«
»Bitte keine voreiligen Schlüsse ziehen! Hört erst einmal zu, was ich zu sagen habe! Es stimmt, Ike. Ihr habt euch angestrengt. Das streitet niemand ab. Ich versichere euch, dass die Schule sich im Klaren über eure Situation ist.«
Chabashiras Antwort klang wie eine Ermahnung, die Ike dazu veranlasste, den Mund zu halten und sich wieder hinzusetzen.
»Also gut. Ich werde euch jetzt die Punkteverteilung für diesen Monat erläutern.« Chabashira breitete eine Punktetabelle an der Tafel aus und begann, die Ergebnisse der einzelnen Klasse, angefangenen bei der A-Klasse, der Reihe nach vorzustellen. Bis auf die D-Klasse waren im Vergleich zum Vormonat alle Klassen um knapp 100 Punkte gestiegen. Die A-Klasse rangierte nun sogar bei 1004 Punkten und damit leicht über dem Startpunktestand des Einschulungsjahres.
»Na, das hat ja prima funktioniert. Wie war das noch mal? Wenn wir uns nur Mühe geben, können wir unseren Punktestand aufbessern .?« Während die anderen in der Klasse, allen voran Ike, ihren Frust nicht verbergen konnten und ausschließlich darauf schielten, ob wir dieses Mal Klassenpunkte dazubekommen hatten, schien Suzune Horikitas Interesse ganz anders gelagert zu sein. Sie betrachtete weniger das eigene Ergebnis als vielmehr die Punkteständen der anderen Klassen.
Der in der Zeile der D-Klasse aufgeführte Punktestand war . 87.
»Hä? Moment mal . 87? Heißt das, wir gehen diesen Monat doch nicht leer aus?! Juhu!« Als Ike unseren Punktestand sah, setzte er zu einem Freudensprung an.
»Freu dich nicht zu früh! Siehst du nicht, dass alle anderen ebenfalls etwa 100 Punkte dazubekommen haben? An unserem Abstand zu den anderen hat sich nichts geändert. Diese 100 Punkte waren wohl so etwas wie eine Belohnung für die bestandene Zwischenprüfung. Lediglich das Punkteniveau hat sich geändert, nicht das Verhältnis.« Horikita, deren Ziel im Aufstieg zur A-Klasse bestand, konnte sich nicht über dieses Ergebnis freuen. Auch nicht, wenn man bedachte, dass dies die ersten Klassenpunkte waren, die wir seit unserem Einstand erhalten haben.
»Bist du enttäuscht, Horikita? Das verstehe ich, denn der Abstand hat sich, wenn auch nur leicht, nochmals vergrößert.« Chabashira war Horikitas nachdenklicher Gesichtsausdruck nicht entgangen.
»Nein, ich bin nicht enttäuscht. Die Tabelle an sich ist bereits ein Zugewinn.«
»Ein Zugewinn? Was bitte schön gewinnen wir denn dadurch?«, fragte Ike Horikita noch immer an seinem Platz stehend. Alle Augen richteten sich auf Horikita, doch die hatte offenbar keine Lust, zu antworten und schwieg. Stattdessen ergriff der Strahlemann der Klasse, Yosuke Hirata, das Wort und gab Ike die Antwort, die ihm Horikita schuldig geblieben war.
»Zwei Monate, April und Mai, haben wir hintereinander nur Minuspunkte eingefahren. Nicht aber diesen Monat, weil wir Privatgespräche und Verspätungen eingestellt haben. Ich glaube, darauf wollte Horikita hinaus.«
Hirata war clever. Er verstand sofort, was Horikita meinte. Vorbildlich! Bingo!
»Ach so, jetzt verstehe ich. Wären uns wieder viele Punkte abgezogen worden, wären von den 100 Punkten dieses Mal auch nichts mehr übriggeblieben.« Halleluja! Nach Hiratas Erklärung in einfacher Sprache freute sich auch Ike.
»Hä? Aber wenn das so ist, warum wurden uns dann heute Morgen keine Punkte überwiesen?« Das war eine berechtigte Frage, mit der Ike uns wieder zum Anfang der Diskussion und zu Chabashira zurückbrachte.
In der Tat hätten uns 8.700 Privatpunkte überwiesen werden müssen.
»Es gab Probleme. Die Überweisung an die Schülerinnen und Schüler des ersten Jahrgangs verzögert sich. Was soll ich sagen? Das ist für euch zwar dumm gelaufen, aber ihr müsst euch noch etwas...
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