Schweitzer Fachinformationen
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Die Stabilitätsfälle Biegeknicken, Drillknicken, Biegedrillknicken und Plattenbeulen werden durch Druckbeanspruchungen verursacht. Hinzu kommt beim Biegedrillknicken ein exzentrischer Lastangriff, der die Stabilitätsgefahr erhöhen kann. Beim Plattenbeulen ergibt sich der Stabilitätsverlust infolge von Druckund/oder Schub- spannungen.
Bild 1.1 Zeigestock bei Zug- und Druckbeanspruchung
Mit einem kleinen Experiment lässt sich anschaulich nachweisen, dass Druckbeanspruchungen wesentlich kritischer als Zugbeanspruchungen sind. Man benötigt nur einen normalen Zeigestock, der jedoch wie allgemein üblich dünn und schlank sein sollte. Aus welchem Werkstoff er besteht, ist in diesem Zusammenhang zweitrangig. In Bild 1.1 links wird mit beiden Händen an den Enden des Zeigestocks gezogen. Trotz größter Anstrengungen gelingt es nicht, den Zeigestock sichtbar zu verlängern. Wenn dagegen, wie in Bild 1.1 rechts, der Zeigestock gegen die Wand gedrückt wird, können ohne große Kraftanstrengungen Verformungen erzeugt werden. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass man dem Zeigestock eine kleine Auslenkung geben muss, sofern er ideal gerade ist. Alternativ dazu kann man einen etwas krummen, d. h. "imperfekten" Zeigestock verwenden. Was hier einführend am Beispiel des Zeigestocks anschaulich erläutert wird, kann beispielsweise mithilfe von Bild 11.1 vertieft werden. Das Bild und der begleitende Text enthalten grundlegende Erläuterungen zum Biegeknicken einer druckbeanspruchten Stütze, die an der Bauhaus-Universität Weimar experimentell untersucht wurde.
Damit sind die zentralen Themen des Buches bereits weitgehend umrissen: Die Stabilitätsfälle und die Berechnung von Verformungen und Beanspruchungen nach Theorie II. Ordnung unter Berücksichtigung von Imperfektionen. Das sind natürlich keine neuen Themen, schließlich hat die klassische Stabilitätstheorie schon eine lange Tradition! Was neu ist, betrifft die Berechnungsmethoden und die Denkweise, die sich im Laufe der Zeit grundsätzlich verändert hat und die in der Lehre und den Lehrbüchern entsprechend vermittelt werden muss. Bild 1.2 veranschaulicht wesentliche Unterschiede. Beim Fall a, der Vorgehensweise nach der klassischen Stabilitätstheorie, geht man von einem ideal geraden Druckstab aus und nimmt an, dass die Kraft genau mittig eingeleitet wird. Mit Aufbringen und Erhöhen der Last wird der Stab zusammengedrückt und bleibt, da er sich im stabilen Gleichgewicht befindet, zunächst gerade. Bei N = Ncr, der Verzweigungslast, tritt indifferentes Gleichgewicht auf und der Druckstab ist "unschlüssig", ob er gerade bleiben oder ausknicken soll. Fachlich präziser ausgedrückt, nennt man den Übergang zum labilen Gleichgewicht "indifferentes Gleichgewicht" und spricht auch von der "Verzweigung des Gleichgewichts". So weit die klassische Stabilitätstheorie.
Bild 1.2 Stabilität (Verzweigung des Gleichgewichts) eines Druckstabes und Theorie II. Ordnung mit w0
Mittlerweile hat sich die Denkweise geändert und man geht wie im Fall b von einem imperfekten (vorgekrümmten) Druckstab aus. Dabei weist der Druckstab von Anfang an gewisse Auslenkungen auf und nach Theorie II. Ordnung ergibt sich die dargestellte nichtlineare Last-Verformungs-Beziehung. Sofern die Imperfektionen klein sind und man unbegrenzt elastisches Tragverhalten voraussetzt, nähert sich die Kurve asymptotisch der horizontalen Gerade durch N = Ncr. Darüber hinaus zeigt die Kurve, dass die Auslenkungen mit wachsendem N überproportional größer werden, was auch für die Biegemomente und Querkräfte gilt.
Da der Werkstoff nicht unbegrenzt elastisch ist, wird die maximale Normalkraft erreicht, wenn in Feldmitte infolge N und M ein Fließgelenk entsteht. Bei dieser Vorgehensweise müssen mit der Vorverformung w0 ersatzweise alle Imperfektionen erfasst werden, die im Hinblick auf die Tragfähigkeit von Bedeutung sind. Natürlich gilt dies auch für den Fall, dass man die Verzweigungslast Ncr verwendet und die maximale Normalkraft N = ? · Npl,Rd mit dem Abminderungsfaktor ? bestimmt, s. Abschnitte 2.7 und 3.2.
Die in Bild 1.2 dargestellten Methoden (Fälle a und b) sind Näherungsverfahren zur Ermittlung der Tragfähigkeit. Realitätsnäher (genauer) sind Nachweise nach der Fließzonentheorie. Dabei werden als Imperfektionen Vorverformungen (Vorkrümmungen) und Eigenspannungen angesetzt und darüber hinaus Fließzonen berücksichtigt, die im Verlauf der schrittweisen Lasterhöhung entstehen. Abschnitt 2.7 enthält dazu ein einführendes Berechnungsbeispiel mit Erläuterungen zum Verständnis. Stabilitätsnachweise mit der FZT sind zurzeit in der Baupraxis noch nicht üblich, sie werden sich in den kommenden Jahren aber mehr und mehr verbreiten.
Die Veränderung der Denk- und Vorgehensweisen steht in engem Zusammenhang mit den alten und neuen Nachweismethoden. Früher, d. h. nach der alten Stabilitätsnorm DIN 4114 [6], hat man den Stabilitätsnachweis fast immer mit der Bedingung
geführt (Druckkraft S, Fläche F) und für die Ermittlung der Knickzahlen ? wurde die Knicklänge, die sich aus der Verzweigungslast ergibt, verwendet. Natürlich waren in den Knickzahlen ? (s. Bild 3.13) die Einflüsse von Imperfektionen und infolge Theorie II. Ordnung enthalten. Dies war jedoch nicht in den Köpfen der Ingenieure verankert, sodass viele bei Einführung der DIN 18800 [4] glaubten, dass die Theorie II. Ordnung eine Erfindung der Normenmacher sei. Ein zu Gl. (1.1) vergleichbarer Nachweis ist mit
auch in DIN 18800 Teil 2 enthalten. Der Unterschied zu früher besteht darin, dass heutzutage alle in der Praxis tätigen Ingenieure wissen, was die Abminderungsfaktoren ? (vergleichbar mit ? und 1/?) abdecken. Darüber hinaus werden heutzutage häufig Nachweise geführt, bei denen die Berechnungen nach Theorie II. Ordnung unmittelbar erkennbar sind.
Aufgrund der über 40-jährigen Erfahrung im Stahlbau hat der Verfasser die o. g. Stabilitätsnormen häufig verwendet und darüber hinaus an der Erstellung der DIN 18800 Teil 2 als Mitglied des Normenausschusses mitgewirkt. Man sollte sich stets bewusst sein, dass Normen kein Lehrbuchwissen vermitteln und man daher auf gute Lehrbücher angewiesen ist. In diesem Zusammenhang hat der Autor zahlreiche Lehrbücher und Veröffentlichungen herangezogen und damit das entsprechende Wissen kontinuierlich erarbeitet. Einige Bücher hatten eine außergewöhnliche Bedeutung und sollen aufgrund der besonderen Wertschätzung nachfolgend genannt werden:
Zentrales Thema des vorliegenden Buches sind die Stabilität von Stabtragwerken und Berechnungen nach Theorie II. Ordnung. Da dabei die lineare Stabtheorie die Basis bildet, sind einige grundlegende Erläuterungen zu den üblichen Annahmen, Methoden und Vorgehensweisen sowie Hinweise zu grundlegenden Aspekten der Stabilität und Theorie II. Ordnung sinnvoll.
Bild 1.3 Stabquerschnitt im Koordinatensystem mit Verschiebungs- und Schnittgrößen
Stäbe werden in einem x-y-z-Koordinatensystem gemäß Bild 1.3 beschrieben, bei dem die x-Achse die Stabachse ist. Sie verläuft durch den Schwerpunkt S und y und z sind die Hauptachsen des Querschnitts. In diesem Koordinatensystem wird auch der Schubmittelpunkt M(yM, zM) angegeben. Bild 1.3 zeigt beispielhaft einen Sonderfall mit yM ? 0 und zM = 0.
Zur Ermittlung der Punkte S und M sowie der Richtungen von y und z sind entsprechende Berechnungen durchzuführen. Sie werden in [21] ausführlich erläutert und die erforderlichen Vorgehensweisen hergeleitet. Bei Querschnitten mit Symmetrieeigenschaften vereinfachen sich die Berechnungen und bei Querschnitten mit mindestens zwei Symmetrieachsen entfallen sie gänzlich, weil S und M im Schnittpunkt der Symmetrieachsen liegen und die Richtungen von y und z den Symmetrieachsen entsprechen. Bild 1.4 zeigt dazu einige Beispiele.
Bild 1.4 Richtung der Hauptachsen sowie Lage von S und M
Bei einigen Problemstellungen wird auch eine Profilordinate s und eine normierte Wölbordinate ? benötigt, siehe Bild 1.5 und [21].
Bild 1.5 Profilordinate s und Wölbordinate ?
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