Schweitzer Fachinformationen
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Vier Monate nach Beginn der Reise - dreizehn Jahre und neun Monate später in Erdzeit
Es ist eine ganze Weile her.
Nein, Moment, du kannst ja gar nicht wissen, wie lange es her ist. Ich wurde darüber informiert, dass mein letzter Brief nicht zugestellt wurde, weil du dich im Tiefschlaf befunden hast. Und dass sämtliche Briefe gesammelt und dir, sobald du aufwachst, gebündelt überreicht würden. Der Kapitän deines Schiffs weiß, was er tut, du bist in guten Händen.
Ich bin zur Erde zurückgekehrt.
Etwas früher als die geplanten zehn Jahre. Da wir damals so schnell aufbrechen mussten, fehlte es an Proviant und anderen Gütern, und natürlich beschwerten sich die Passagiere darüber. Mit Abstand am lautesten war eine Frau, die sich darüber aufregte, dass sie nicht mehr genug von ihrer Lieblingsfeuchtigkeitscreme hätte, und dass dieser Mangel ihre Haut zerstören würde. Es gab einen Passagier, der drohte, die Versicherungsgesellschaft des Schiffs zu verklagen, und einen anderen, der ständig darauf hinwies, dass er jemanden kenne, der seit drei Wahlperioden Kongressabgeordneter sei. Irgendwann stimmte ich in die Proteste mit ein. Schließlich machte ich mir ebenfalls Sorgen - wegen meiner Wohnung, meines Bankkontos, meines Jobs. Ich hatte im Laufe der Zeit jede Menge juristischer Unterlagen zusammengestellt. Den Nachweis meiner Identität, einen Wohnsitznachweis, eine Klageschrift gegen den neuen Mieter wegen unbezahlter Rechnungen - alles für den Fall, dass sich jemand mein Eigentum unter den Nagel gerissen hatte.
Der Kapitän hatte es allerdings nicht besonders eilig. Tatsächlich schien es, als wollte er gar nicht zurückkehren, und jetzt, da ich so darüber nachdenke, glaube ich, dass seine Crew das mitbekommen hatte.
Letztlich kamen wir nach sechs Jahren wieder zurück, auch wenn es für uns nur zwei Monate waren. Während wir uns der Erde näherten, beschlich mich ein komisches Gefühl. Ich konnte meine Heimat nicht entdecken. Es dauerte eine Weile, bis ich den Grund erkannte: Es gab keine Lichter. Früher schimmerte die koreanische Halbinsel nachts immer wie Goldstaub, doch nun war es dunkel. Als hätte jemand das Licht ausgeschaltet. Als ob niemand dort wäre.
Als wir landeten, wurde das Schiff heftig durchgerüttelt. Die Passagiere, die ohnehin schon wütend waren, beschwerten sich lautstark, aber der Kapitän erklärte, dass es keine Landebahn mehr gebe. »Was für ein Unsinn!«, murmelten die Leute und stiegen aus. Doch der Kapitän hatte recht. Nein, nicht ganz. Die Landebahn existierte noch, aber sie hatte sich verformt, und an den Stellen, an denen der Asphalt aufgebrochen war, wucherte Unkraut. Daneben lag das verrostete Raumhafenschild auf dem Boden.
Wir warteten in der Nähe des Schiffs, aber es kam kein Bus, um uns abzuholen. Also machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Terminal. Die Straße war uneben und schlammig. Einer der Passagiere schimpfte über die miserable Wartung des Raumhafens.
Der Wartebereich des Terminals war leer. Im Inneren war alles mit einer Schicht aus braunem Staub überzogen. Wasser sammelte sich auf dem eingesunkenen Boden. Algen wuchsen in den Pfützen, und surrende Käfer legten dort ihre Eier ab. Die Frau, die zuvor schreiend nach dem Duty-free-Shop gesucht hatte, brachte jetzt kein Wort mehr heraus.
Ich erinnerte mich an einen früheren Gedanken: dass eine Reise in eine andere Zeit wie eine Reise an einen anderen Ort ist. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich nicht nach Hause zurückkehren konnte. Mein Zuhause war verschwunden, verloren in der Vergangenheit, in einer anderen Zeit. Es gab keine Rückkehr.
Schockiert standen wir mit unseren Koffern herum, als plötzlich jemand vor mir stolperte und zu Boden fiel. Wie konnte man nur hinfallen, fragte ich mich, wenn es doch gar nichts mehr gab, worüber man stolpern konnte? So wie ich richteten die anderen den Blick ebenfalls nach unten. Die Wasserlache färbte sich rot. Und eine zweite Person stürzte zu Boden.
Geschrei brach los, und inmitten des allgemeinen Aufruhrs schien sich die Zeit zu verlangsamen. Dann wieder rasten kurze Augenblicke so schnell an mir vorbei, dass ich kaum etwas mitbekam. Ich rannte, schubste und trat andere Leute zur Seite. Versteckte mich. Aber auch als ich wieder zu Sinnen kam, wusste ich nicht, was geschehen war. Ich wartete, und als es ruhiger wurde, robbte ich aus meinem Versteck. Überall auf dem Boden verstreut lagen Leichen.
Jemand rief, dass die Unverletzten denen helfen sollten, die verletzt waren, und wie ein Geist - wie eine leere Hülle - wurde ich mitgerissen. Die Frau, die sich so sehr nach ihrer Feuchtigkeitscreme gesehnt hatte, starb, noch während ich ihre Wunden verband. Erst schrie sie vor Schmerzen, und als sie in Schweigen verfiel, wusste ich, dass sie tot war.
Wie beim letzten Mal trieb uns dann eine bewaffnete Truppe zusammen und redete auf uns ein. Die Männer behaupteten, wir wären alle umgebracht worden, wären sie nicht aufgetaucht. Ich dachte nur: Wir wären auch so beinahe alle umgebracht worden. Die Männer wurden wütend und sagten, dass die Leute aus der Vergangenheit alle ahnungslos wären. Dann erklärten sie, dass sie eine zivile Militäreinheit seien und wir besser nicht zurückgekehrt wären, da es Verbrecherbanden gebe, die den Raumhafen nach unbedarften Zeitreisenden durchkämmten. Sie sagten uns, wir hätten Glück gehabt, aber mir war nicht klar, was dieses Glück sein sollte.
Ihre Truppe, erklärten die Männer, sei die einzige, die sich um jene kümmere, die aus der Vergangenheit hier ankamen. Und mit diesen Worten plünderten sie unser Gepäck und unser gesamtes Schiff, nahmen mit, was nicht niet- und nagelfest war. Aber irgendwie waren sie vielleicht doch nette Leute, denn wenn man sie anflehte, ließen sie von manchen Dingen ab. Zum Beispiel konnte ich den Liederring retten, den ich damals für dich gekauft hatte. Ich erklärte dem Mann, der meine Tasche durchwühlte, dass es sich dabei um kein echtes Juwel, sondern um ein Spielzeug handele. Dann drückte ich auf den Stein, und als »O Liebling, wie sehr ich dich liebe .« ertönte, lachte der Mann laut auf, warf mir den Ring an die Stirn und wandte sich ab.
Ich lief ihm nach. Ich brachte es nicht über mich, den Hochzeitssaal zu erwähnen, aber ich stammelte, dass in fünf Jahren ein Frachtschiff ankommen werde und sie es doch bitte auch beschützen mögen. Er warf mir einen kalten Blick zu und sagte, dass das Schiff nie ankommen würde. Alle Schiffe, die die Nachricht empfangen hätten, seien längst umgekehrt. Ich sagte ihm, dass meine Verlobte in diesem Schiff schlief und nichts von einer Nachricht wissen konnte. »Warum schläft sie?«, fragte er, aber noch bevor ich etwas erwidern konnte, ging er davon.
Für eine lange Zeit streiften wir alle ziellos in der Gegend herum - wie ältere Arbeiter, die gerade entlassen worden waren. Einige sagten, sie wollten nach Hause, und dann gingen sie. Ihre halbleeren Koffer ratterten hinter ihnen her.
Ich reparierte die Radioanlage des Schiffs, damit wir die Nachrichten hören konnten. Es war jene Art von Radio, bei dem man eine Antenne ausrichten und die Frequenz einstellen musste. So etwas kannte ich nur aus dem Museum, aber in unserer derzeitigen Lage war es das Einzige, das noch funktionierte.
Im Süden war ein Atomkraftwerk in die Luft geflogen, hieß es. Das Militär hatte zahlreiche Techniker in den Atomkraftwerken exekutiert, worauf sich gleich am nächsten Tag ein schrecklicher Unfall ereignet hatte. Danach waren die Medien für einen Monat stillgelegt worden, und die noch lebenden Nuklearexperten versteckten sich seither. Mit weiteren zweiundzwanzig Atomkraftwerken im Land und niemandem, der sich um die Wartung kümmerte, war es nur eine Frage der Zeit, bis das nächste in die Luft fliegen würde. Die koreanische Halbinsel war zum Katastrophengebiet erklärt worden, und andere Länder hatten entsprechende Reiseverbote verhängt.
Der Kapitän und die Crew verkündeten, dass sie schon bald zu einem anderen Sternensystem fliegen würden. Ich sagte ihnen, dass ich in fünf Jahren hierher zurückkehren müsse, um meine Verlobte in Empfang zu nehmen. Ich erwähnte auch, dass ich schon den Hochzeitssaal gebucht und Geschenke für meine Freunde vorbereitet hätte. Offenbar gab ich dabei ein bedauernswertes Bild ab, denn der Kapitän stellte mir ein winziges Beiboot zur Verfügung. Das Ding sah aus, als wäre es im 20. Jahrhundert hergestellt worden. »Einfach heißt haltbar«, sagte der Kapitän.
Das Beiboot hatte gerade mal einen Innenraum, aber eine Person konnte gut darin leben. Der Kapitän sagte, dass ich es ja nicht sehr lange darin aushalten müsse, und gab mir den Rat, mir auf der Erde einen Ort zu suchen, an dem ich mich niederlassen könne. Ich sagte, das sei schon in Ordnung, schließlich hatte ich mich, als ich arbeitslos war, einmal einige Monate lang allein in mein Zimmer zurückgezogen und Videospiele gespielt.
Der Kapitän klopfte mir auf die Schulter und zeigte mir, wie ich mich richtig ins Cockpit setzte. Dann schlug er sein Notizbuch auf, zeichnete einige Diagramme und erklärte mir gleichzeitig, was ich zu tun hatte. Er sagte mir, dass ich mit einem so kleinen Schiff kein anderes Sternensystem würde erreichen können. »Das wäre, als würde man den Pazifik mit einem Kanu überqueren wollen.« Ich erwiderte, dass ein anderes Sternensystem gar nicht mein Ziel sei, aber zu mehr als »Meine zukünftige Frau ist auf dem Weg zu mir .« kam ich nicht, denn er unterbrach mich und sagte, er würde schon verstehen.
Daraufhin erklärte er mir, dass das Schiff Solarwind und Solarzellen für den Antrieb nutzte. Auch riet er mir, in...
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