Schweitzer Fachinformationen
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»Los, los, los! Worauf wartet ihr denn?«
Die Stimme von Milan Kovacs brüllte so laut in mein Ohr, als stünde er direkt neben mir. Dabei hörte ich ihn nur über meine EarLinks. Er war nicht mal in meiner Nähe.
»Kein Grund, so zu schreien«, murrte ich.
»Dann beweg gefälligst deinen Arsch, Scale!«, brüllte er unbeirrt weiter.
Ich wechselte einen Blick mit Jye, der neben mir lief. Ohne ein Wort nahmen wir unsere Waffen hoch und traten vorsichtig aus der Deckung der Bäume.
Unser Ziel, ein dunkles Gebäude, hob sich grünlich-grau von der verschneiten Umgebung ab. Davor war niemand zu sehen, aber das wunderte mich nicht. Man riskierte keine Opfer, wenn man früh genug gewarnt wurde. Und ich hatte Maraisville rechtzeitig darüber informiert, wo unser nächster Einsatz stattfinden würde. Wo der nächste Einsatz von ReVerse stattfinden würde.
»Wie besprochen - Scale, du gehst mit Eadon, Odell und Torres vorne rein«, befahl Milan harsch. Er befand sich in einiger Entfernung oberhalb des Geländes und sah uns über seine EyeLinks. »Amato und Walks sichern hinten ab. Der Rest bleibt draußen, falls Verstärkung kommt.«
Niemand stellte die Anweisungen infrage, auch wir nicht. Torres und Jye positionierten sich neben der Tür, ich machte mich am Zugangspanel zu schaffen und tat so, als würde ich eine Berechtigung vortäuschen - während Maraisville den Eingang für mich entriegelte. Wir zögerten nicht lange und gingen hinein, Jye vorneweg, ich hinter ihm, der Rest des Teams folgte uns. Die Formation war kein Zufall. Nur, wenn Jye oder ich als Erste in einen Gang traten, konnten wir verhindern, dass jemand erschossen wurde. Auf beiden Seiten.
Im Gebäude war es etwas wärmer als draußen, helle Lampen leuchteten die Gänge aus. Auf meinen EyeLinks erschien eine Karte des Komplexes - die Zugänge, die Treppen, das Steuerungszentrum der Windkraftanlage, die im Süden des ehemaligen Deutschlands stand. Dieser Wartungsraum war unser Ziel. Ich konnte nur hoffen, es waren nicht allzu viele Leute im Gebäude. Denn dass welche dort waren, stand fest. Den Komplex vollständig zu evakuieren, wäre zu verräterisch gewesen.
»Hier links.« Jye lief vor, ich folgte ihm mit Knox und Torres. Das Gebäude war ein Labyrinth, aber mit den Plänen vor Augen war es ein Kinderspiel, den richtigen Weg zu finden. Stumm arbeiteten wir uns in das Innere der Anlage vor. Niemand sprach über die Vorgehensweise oder unsere Aufgaben. Jeder wusste, was er zu tun hatte.
»Halt, stopp.« Jye hielt an und sah um die Ecke in den Gang.
Kein Kinderspiel war es jedoch, dass hier mehr Arbeiter und Wachleute waren als erwartet. Ich hatte darum gebeten, das Gebäude bis auf ein Minimum zu räumen. Warum hörte eigentlich nie jemand auf mich?
»Ich mache das.« Torres wollte vorgehen, aber Jye schob sich an der Söldnerin vorbei. Ich hielt ihn nicht auf. Er war der Einzige im gesamten Team, dem ich vertraute. Der Einzige, der auf meiner Seite war. Früher hatte ReVerse es vermieden, Menschen zu verletzen. Aber die Zeiten waren jetzt andere. Es gab nur noch wenige, die darüber nachdachten, ob sie jemanden töten sollten oder nicht.
Der Rest von uns blieb in Deckung und überließ Jye das Feld. Mehrere Schüsse waren zu hören. Ich verzog keine Miene, weil ich wusste, Jye hatte seine Waffe auf Betäubung gestellt. Außerdem gewöhnte man sich an das Geräusch.
Man gewöhnte sich an fast alles.
»Erledigt.« Jye kam zurück und alle anderen folgten ihm. Gut, dass wir es eilig hatten. So würde niemand bemerken, ob die Wachleute tot oder nur bewusstlos waren.
Es ging zwei Treppen nach unten, die Luft wurde kühler, künstlicher. Jye lief immer noch voran, ich war dicht hinter ihm, hatte meine Waffe seitlich im Anschlag. Ein Wachmann tauchte auf, hob sein Sturmgewehr. Ich reagierte sofort, die beiden Betäubungsprojektile trafen ihn direkt am Hals. Er brach zusammen und wir stiegen über ihn hinweg. Hinter ihm war es ruhig.
Aber das blieb es nicht lange.
»Die verdammte Verstärkung ist schon da!« Einer der Wulff-Brüder - Scott oder Flint? - wurde laut in meinem Ohr. »Wieso sind die so früh hier?« Er war draußen bei denen, die den Zugang sichern sollten.
Weil sie viel früher gewarnt wurden, als du denkst. Ich schaltete meine EarLinks ab, legte einen Schritt zu und streckte dabei die Hand nach der Tasche aus, die Jye trug. Er hielt sie mir bereits hin, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Noch zwei Gänge und drei Abzweigungen, dann stießen wir die Tür zum Steuerungszentrum auf. Es war kalt hier drinnen, fast so kalt wie draußen im Freien, wo bereits seit Dezember Minusgrade herrschten. Ich zog trotzdem die Handschuhe aus und öffnete die Tasche. Dann trat ich an eines der Wartungsterminals.
»Alles da, wo es sein soll?« Jye deckte meinen Rücken. Knox blieb mit Torres an der Tür.
»Das werden wir gleich sehen.« Ich öffnete einen der Hardware-Schränke und suchte nach der richtigen Signatur am Rand. Dann zog ich ein Modul heraus und besah mir den Aufbau der Layer.
»Draußen gibt es Probleme«, meldete Knox, dessen EarLinks noch aktiv waren. »Maraisville hat mehr Leute geschickt als geplant. Phee, wie lange noch?«
»Es geht nicht schneller, wenn du mich hetzt!«, zischte ich.
»Ich habe nicht -«
»Sei still, Mann«, unterbrach Jye ihn. »Lass sie arbeiten.«
Die Layer waren die Richtigen, also entfernte ich sie vorsichtig aus dem Modul und ersetzte sie durch die mitgebrachten Exemplare in meiner Tasche. Die beiden Jungs blieben dankenswerterweise still, während ich das Modul wieder einbaute und den Schrank verschloss. Trotzdem sah ich Jyes besorgtes Gesicht.
»Das Team draußen muss sich zurückziehen«, sagte Knox da. »Es sind zu viele.«
»Dann geht raus und helft ihnen.« Ich drehte mich zu meinem Ex-Freund und Torres um. »Jye und ich kommen hier allein klar.«
Knox zögerte und wir lieferten uns eines der Blickduelle, die in den letzten Monaten unser bevorzugtes Kommunikationsmittel geworden waren. Ich gewann, er nickte und wandte sich ab. Man hörte, wie die Schritte der beiden draußen auf dem Metallgitter verhallten. Im nächsten Moment schaltete Jye seine Links ab.
»Wird es funktionieren?« Er trat neben mich und drehte der Tür den Rücken zu. Weder er noch ich mussten die Verstärkung aus Maraisville fürchten.
»Ich hoffe es. Die letzten zwei Male hat es schließlich geklappt.«
»Die Frage ist nur, ob sie diesmal auch schnell genug sind.« Jye seufzte. »Ich wünschte, es gäbe einen anderen Weg als diese Zitterpartien.«
Ich sah ihn an und kämpfte wie immer gegen das tonnenschwere Gewicht auf meinem Herzen an. »Glaub mir, ich auch.«
Jye sah zu, während ich auf die Zugangsprotokolle zugriff. Eigentlich war Hardware immer eher mein Ding gewesen, aber das Manipulieren von Software war in den vergangenen Wochen zu meiner neuen Spezialität geworden. Gezwungenermaßen. Wenn nämlich jemand anders diesen Job gemacht hätte, wäre ich nicht in der Lage gewesen, die Pläne von Costard und der OmnI zu vereiteln.
Es dauerte nicht lange, bis ich die richtigen Routinen gefunden und zum Update gezwungen hatte. In wenigen Minuten würde die OmnI Zugang zu dieser Anlage erhalten. Nur Millisekunden später würde mein Programm sie wieder aus dem System werfen und es wie einen Fehler im Leitungsnetz aussehen lassen. Ich nahm die Hände vom Screen.
»Caspar?« Ich wartete nicht, bis er antwortete. »Ihr könnt sie reinschicken.«
Wir packten zusammen und liefen aus dem Raum, während in meinen EyeLinks - denen aus Maraisville, die wir zum Glück parallel zu denen von ReVerse tragen konnten - ein Timer startete. Das hier war Maßarbeit. Ein paar Minuten Verzug im Ablauf und wir waren alle verloren.
Auf dem Gang begegnete uns das Team der königlichen Einsatzkräfte: zwei Schakale und zwei Techniker. Sie grüßten uns im Vorbeigehen stumm, wir taten das Gleiche. Einen eiligen Lauf durch das Gängelabyrinth später stießen wir einen Wartungsschacht auf und landeten an einem verschneiten Abhang. Ohne Absprache schalteten wir unsere ReVerse-Links wieder ein.
»Eadon! Scale!« Milan verschwendete keine Zeit. »Das Team ist längst unten, wo seid ihr?«
»Wir mussten uns erst rauskämpfen«, keuchte Jye sehr überzeugend. »Sind schon auf dem Weg zum Treffpunkt.«
Wir setzten uns in Bewegung, rannten hinunter ins Tal, durch die eng stehenden Baumreihen hindurch. Unter dem gefrorenen Schnee knirschte altes Laub, und mehr als einmal legte ich mich fast auf die Nase. Am liebsten hätte ich langsam gemacht, weil wir von unseren Verfolgern nichts zu befürchten hatten. Aber das ging nicht. Wenn wir zu spät am Treffpunkt ankamen, würde man Fragen stellen. Und Fragen waren das Letzte, was wir gebrauchen konnten.
Jye und ich liefen wie der Teufel, beinahe eine Viertelstunde. Dann kam das Team in Sicht - mehrere schwarz gekleidete Leute neben zwei großen Transportern. Knox war dabei, aber drei andere fehlten.
»Na endlich.« Milan, ein ungemein zäher Typ um die dreißig mit kantigem Schädel und kalten Augen, musterte Jye und mich streng. »Wir dachten schon, ihr würdet vor Einbruch der Nacht nicht zurückkommen.«
»Na, jetzt sind wir ja da.« Jye lächelte leicht.
»Und warum waren eure Links offline, als ihr drin...
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