Schweitzer Fachinformationen
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Mercks Transformation und der Einfluss von Digitalisierung, Robotik und künstlicher Intelligenz
Trends, ob in den letzten Jahren oder in Zukunft, zeichneten und zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwar vorhersehbar waren und sind, aber nicht planbar. In unserer globalisierten und technologisierten Welt gilt dies mehr denn je. Insofern sind starre Fünf- oder Zehn-Jahres Businesspläne, wie sie in der Vergangenheit üblich und möglich waren, obsolet geworden. Die drei Geschäftsfelder des Unternehmens, Healthcare, Life Science und Performance Materials, zeichnen sich dadurch aus, dass Produktzyklen tendenziell immer kürzer werden, Markt- und Kundensegmente erheblichen Verwerfungen ausgesetzt sind, und dass sich der Gesamtkontext inklusive Megatrends, in dem sich diese Geschäfte weiterentwickeln, immer schneller verändert. Sich immer wieder und schnell immer neuen Herausforderungen zu stellen erfordert ein hohes Maß an Agilität und Anpassungsfähigkeit.
Inwieweit betrifft diese Entwicklung die Geschäftsfelder von Merck? Schauen wir zunächst auf den Bereich Performance Materials. Jahrzehntelang war Merck der Weltmarkt- und Technologieführer im Bereich Flüssigkristalle. Bis vor wenigen Jahren wurden sie in sämtlichen Displays zahlreicher großer Hersteller von Smartphones, Laptops, Flachbildfernseher und Tablet-PCs verbaut. Dieses Geschäft hat sich durch den technologischen Fortschritt, insbesondere durch die Einführung der OLED-Technologie, stark verändert. Hinzu kam, dass reine Materiallieferungen für die einschlägigen Produzenten zum einen keineswegs mehr den Mehrwert erbrachten, der den Geschäftszielen des Unternehmens entsprach. Zum anderen hatten sich die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden erhöht. Diese strebten nicht länger an, bei einer Reihe von Zulieferern einzelne Materialien einzukaufen, um sie an ihren Produktionsstätten weiterzuverarbeiten, sondern sie erwarteten von Merck Komplettlösungen inklusive Verschaltung und Software für das gesamte Display. »Der Erfolgsfaktor für uns wird darüber hinaus sein, solche Bedürfnisse und Wünsche der Kunden in Zukunft rechtzeitig zu antizipieren«, so Dietmar Eidens. Insofern habe sich das Kunden-Anbieter-Verhältnis für Merck in diesem Geschäftsbereich innerhalb weniger Jahre komplett verändert hin zu einem Electronic Materials and Solutions Provider. Durch die 2019 erfolgte Akquisition des US-Unternehmens Versum ist dafür die Grundlage gelegt worden. Digitalisierung und Technologie sind im Bereich Performance Materials nicht nur Mittel zum Zweck, sondern stehen für das Geschäft per se.
Ein anderes Beispiel aus dem Life-Science-Geschäft von Merck ist der Bereich Laborausrüstung, der den größten Anteil des globalen Life-Science-Geschäfts ausmacht. Merck liefert seit jeher Laborbedarf, sei es für wissenschaftliche oder medizinische Forschungseinrichtungen, sei es für Labore anderer Pharmaunternehmen - und das von der Pipette über das Reagenzglas bis hin zu Grundmaterialien wie Chemikalien. Insgesamt können die Kunden aus über 300 000 Einzelprodukten auswählen.
Traditionell lief hierbei der Bestellprozess derart ab, dass diese Produkte in Form von Tabellen und Katalogen zur Verfügung gestellt wurden, aus denen sich die Forscher in den Laboren heraussuchten, was sie gerade benötigten, und häufig auf traditionellem Weg ihre Bestellungen aufgaben. Heute sind diese Bestellvorgänge komplett automatisiert und auf eine E-Commerce-Plattform ausgelagert, die genauso funktioniert wie Amazon im privaten Gebrauch. Das bedeutet für Merck unter anderem, dass Produktvielfalt, Zustellgeschwindigkeit, Auftragsverfolgung, Auswahl unter verschiedenen Bezahlmöglichkeiten - wie man es von einem B2B E-Commerce-Unternehmen kennt - gewährleistet sein müssen. »Das«, so Eidens, »war einer der Gründe, warum wir 2015 immerhin 15 Milliarden Dollar für das amerikanische Life-Science- und Biotechnologie-Unternehmen Sigma Aldrich ausgegeben haben. Zum einen verfügte Sigma Aldrich bereits über eine technisch ausgereifte E-Commerce-Plattform, zweitens erhielten wir mit der Akquisition die kritische Masse an Produkten und Kunden, die für das erfolgreiche Betreiben einer solchen globalen Plattform erforderlich ist.«
Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind aber noch längst nicht mit der Errichtung einer benutzerfreundlichen Plattform erschöpft, auf der Kunden ihre Bestellung mit wenigen Klicks erledigen können. Für Merck eröffnen sich mit dieser digitalen Plattform zusätzliche Geschäftschancen. KI-gestützte Algorithmen analysieren zum Beispiel bisherige Bestellmuster der Kunden, wodurch sich Zusatzgeschäft für Merck generieren lässt. Als private Nutzer von Plattformen wie Amazon erkennen wir das Muster: »Kunden, die diesen Artikel kauften, kauften auch .« Auf diese Weise kennt Merck durch den neuen digitalen Datenreichtum seine Laborkunden und ihr Bestellverhalten so gut, dass Zusatzangebote unterbreitet werden können. Zusätzlich hat Merck einen guten Überblick über die wissenschaftlichen Tätigkeitsbereiche oder Forschungsfelder seiner Kunden, um sie auf für sie relevante neue Produkte hinweisen und ihre möglicherweise späteren Bestellungen mit einem einschlägigen Angebot vorwegnehmen zu können.
Im Healthcare-Geschäft haben sich durch die Digitalisierung nicht nur Prozesse revolutioniert, sondern auch die Art und Weise, wie Merck Forschung und Entwicklung vorantreibt. Healthcare ist ein risikobehaftetes Geschäft mit hohen Vorabinvestitionen, mit hohen Ausfallquoten möglicher neuer Wirkstoffe und Medikamente und mit starken regulatorischen Vorgaben seitens der Behörden. Auch heute noch dauert es zwischen acht und zehn Jahre, bis - beginnend bei der Forschung an einem Molekül im Reagenzglas - nach aufwendigen und langwierigen klinischen Tests ein vermarktbares Produkt entstanden ist. Die F&E-Kosten bewegen sich dabei jeweils im einstelligen Milliardenbereich.
»Das bedeutet für uns natürlich ein enormes Potenzial, Kosten für F&E im Healthcare-Bereich zu optimieren, selbstredend unter strikter Befolgung aller von den Behörden erlassenen Sicherheitsvorschriften«, sagt Dietmar Eidens. »Eine entscheidende Frage ist für uns, ob wir durch Big Data die Entwicklungszeiten innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens verkürzen können und ob wir aufgrund von Datenanalysen und -auswertungen früher Investitionsentscheidungen in den relevanten Therapiebereichen treffen können.« Tatsächlich hat Merck Bereiche identifiziert, in denen das bereits möglich ist. Die Fülle von Daten, die über Laborstudien und anschließende Versuchsreihen generiert und den Behörden vorgelegt werden müssen, sind ein klassisches Beispiel für Data Analytics. Jahre zuvor noch wurden diese Daten manuell in Krankenhäusern oder Laboren gesammelt und archiviert - vorzugsweise in Papierform. Die Auswertung dieser umfangreichen Versuchs- und Patientendaten dauerte Wochen oder Monate. Heute gelingt das mittels algorithmischer Datenanalyse weitaus schneller.
Was bedeutet das für den derzeitigen Skillshift der Mitarbeiter?
»Für den Geschäftserfolg in allen drei Geschäftsbereichen unseres Unternehmens ist es entscheidend, dass wir uns im Konzern nicht nur mit relevanten neuen Technologien versorgen, sondern auch personell adäquat aufstellen, um mit diesen neuen Möglichkeiten umgehen zu können«, so Dietmar Eidens. »Dazu braucht es weiterhin enorme Investitionen in IT-Systeme und Tools sowie den Aufbau von Datenstrukturen, und zwar über die typischen großen ERP-Implementierungen hinaus. Mit den erweiterten Möglichkeiten zentraler Datensammlung und -auswertung steht und fällt jeglicher künftige Geschäftserfolg. >Data Maintenance< ist jedoch für viele Firmen ein Thema, das sie nicht für besonders >attraktiv< halten und nach wie vor lieber in ihre IT-Abteilungen auslagern. Das Rückgrat aller Anwendungen, Prozesse und Geschäftschancen, die sich durch Daten und ihre Auswertungsmöglichkeiten ergeben, ist jedoch das Vorhandensein von globalen Prozessen und Standards, damit die Anwendung und Auswertung von Daten im Konzern effizient geregelt werden kann.«
Eidens zufolge wird es in Zukunft noch wichtiger werden, mit den Anwendungstools richtig umgehen zu können. Das sind zum Beispiel Programme, die es Mitarbeitern im Einkauf, Forschern in den Laboren, Vertriebsmitarbeitern und Marketingmanagern ermöglichen, die im Unternehmen vorhandenen Daten mit einem Kunden, einem Produkt, einem Geschäft zu verknüpfen und daraus einen Vorteil zu generieren - für den Kunden und das Unternehmen. Bei Merck, stellt Eidens fest, fehle es nicht an Technologie, Tools, Algorithmen und Ähnlichem. Woran es aber zum Teil noch mangele, seien die Fähigkeiten der Mitarbeiter, diese Anwendungsmöglichkeiten miteinander zu verknüpfen und in Geschäftserfolge umzusetzen. Alle Mitarbeiter müssten anwendungsspezifisch verstehen, wie mit diesen reichlich zur Verfügung stehenden Daten umzugehen sei. »Everybody in the company needs to be able to work with data«, lautet folglich eines der Leitmotive von Merck.
Der Umgang mit digital generierten Daten gehört zur neuen Grundkompetenz der Workforce. Das, so Dietmar Eidens, wirkt sich aus bis in den Personalbereich, in dem viele Aufgaben kaum noch etwas mit traditionellem Personalmanagement zu tun haben. Einerseits bedeutet dies, dass der Umgang mit schier unbegrenzten Datenmengen von jedem Benutzer beherrscht werden muss. Relevanter ist aber die Fähigkeit, diese Datenmengen in Korrelation miteinander setzen zu können. Ein Merck-Vertriebsmitarbeiter zum Beispiel will analysieren können, woraus sich die besten Chancen für einen Abschluss mit einem Kunden ergeben. Dazu müssen Umsatzvolumen, Produkte und Bestellverhalten dieses Kunden in...
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