Schweitzer Fachinformationen
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1.
Die Sonne stand schon tief und tauchte die Hügel von Malibu links und rechts der Straße in ein wunderschönes orangerotes Licht. Der Himmel über mir war von Wolkenschleiern durchzogen und wirkte fast pink. Ich musste mich zwingen, mich auf den kurvenreichen, einspurigen Highway zu konzentrieren, der sich von Thousand Oaks nach Western Malibu hinabschlängelte, und nicht die ganze Zeit nach dem Meer Ausschau zu halten, das immer wieder hinter den Hügelkuppen hervorblitzte. Ich war diese Straße eine halbe Ewigkeit nicht gefahren, konnte mich aber noch genau an die Kurve erinnern, hinter der das Meer ins Blickfeld geriet und dann bis zum Pacific Coast Highway nicht mehr verschwand. Und richtig: eine langgezogene Linkskurve, dann rechts, zwischen mehreren windschiefen Zypressen hindurch, und plötzlich tat sich der Pazifik vor mir auf, unendlich, tiefblau und glitzernd in der Abendsonne.
Der Anblick löste ein freudiges Kribbeln in mir aus, und ich drehte die Musik lauter. Der warme Fahrtwind, der durch die offenen Fenster hereinströmte, zerzauste mir die Haare, während ich den neuesten Song von Coldplay mitsang, der gerade im Radio gespielt wurde.
Von der Abzweigung auf den Highway 1, der von L. A. bis nach Nordkalifornien immer an der Küste entlangführte, war es nur noch eine Meile bis zum El Matador State Beach, wo ich an diesem Abend mit meinen besten Freunden Emma und Nick verabredet war. Auf dem kleinen Parkplatz oberhalb des Strandes fand ich, mit etwas Glück, schnell eine Parklücke für den klapperigen Mazda, den ich mir von meiner Mom geliehen hatte. Schnell zog ich die Chucks aus, mit denen ich gefahren war, und nahm meine nicht wirklich strandtauglichen 14-Zentimeter-Stilettos in die Hand, um barfuß zu der Holztreppe zu laufen, die zum Strand hinunterführte. Auf der obersten Stufe blieb ich einen Moment stehen, den Blick auf das Meer und die untergehende Sonne gerichtet, eine Hand auf dem verwitterten Holzgeländer. Es war nichts zu hören als das Rauschen des anbrandenden Ozeans und das Kreischen der Möwen, die über mir ihre Kreise zogen.
»Willkommen zu Hause, Isy«, murmelte ich und atmete die frische, salzige Meeresluft ein.
Ich spürte, wie sich mein Herz zusammenzog, und es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, was es war. Ich hatte all das in New York vermisst: den Strand, das Meer, die Sonne, die Palmen, die Farben, die Geräusche, die Gerüche. Offenbar, ohne dass ich es selbst gemerkt hatte. Vielleicht war ich einfach zu beschäftigt gewesen? Studieren, lernen, arbeiten, Leute kennenlernen, Partys . Die Stadt New York zog einen in ihren Bann und ließ einen nicht mehr los.
Aber jetzt spürte ich es ganz genau, das warme Glücksgefühl, das mich durchströmte. Es war schön, wieder in Kalifornien zu sein. Nach drei Jahren Studium an der NYU war ich zurück. Und ich würde meine beste Freundin Emma wiedersehen, nach viel zu langer Zeit.
Plötzlich konnte ich es nicht mehr abwarten und lief, so schnell ich konnte, die Stufen hinunter. Unten angekommen streckte ich meine nackten Füße in den warmen Sand und seufzte wohlig. Zu meiner Linken lag Malibu mit seinen - wie an einer Perlenkette aufgereihten - weißen Strandhäusern, und zu meiner Rechten war nichts als Sand und schroffe rote Felsen, überwuchert von blassblauem Kalifornischen Salbei und violetten Astern.
»Isy! Isy!« Emmas begeisterter Ruf riss mich aus meinen Gedanken. »Da bist du ja endlich!«
Einige der Spaziergänger und späten Strandbesucher drehten überrascht ihre Köpfe, und ich musste lachen. Wie schön, dass jetzt alle Anwesenden wussten, dass ich da war. Wahrscheinlich hatte man Emma bis Santa Barbara gehört. Auch übersehen konnte man sie nicht, denn sie stand etwa fünfzig Meter von mir entfernt mit den Füßen im Wasser und fuchtelte mit den Armen wie ein wild gewordener Fluglotse. Neben ihr stand ihr Freund Nick, der ebenfalls grinste und winkte.
Emma und ich rannten gleichzeitig los. Als wir beieinander angekommen waren, schlang sie die Arme so fest um mich, dass ich befürchtete, keine Luft mehr zu bekommen.
»Emma, du verrücktes Huhn!«, japste ich. »Du zerquetschst mich!«
»Ich bin so froh, dass du endlich da bist«, murmelte sie in meine Haare, ohne ihre Umarmung auch nur ein bisschen zu lockern. »Ich habe dich so schrecklich vermisst.«
»Ich dich auch, Em«, sagte ich, und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus.
Emma war meine beste Freundin, seit wir uns in New York kennengelernt und zusammen in einer WG gewohnt hatten. Sie war Deutsche und hatte eigentlich nur ein Studienjahr an der NYU verbringen wollen, um dann in Frankfurt die Kanzlei ihres Vaters zu übernehmen. Doch am Ende war alles anders gekommen. Nick und Emma hatten sich verliebt, und sie war ihm nach ihrem Abschluss nach Malibu gefolgt, wo er einen Job angenommen hatte. Um ganz ehrlich zu sein: Ohne Nick und Emma war das Leben in New York nicht mehr dasselbe gewesen.
»Emma und Isy endlich wieder vereint«, sagte Nick schmunzelnd, als er bei uns angekommen war. »Gott sei Dank. Ich habe keine Ahnung, wie sich die Erde weiterdrehen konnte, während ihr in verschiedenen Städten an anderen Enden des Kontinents gelebt habt.«
Emma und ich grinsten uns an, doch kaum hatten wir uns voneinander gelöst, zog auch Nick mich in seine Arme und drückte mich nicht weniger fest als Emma zuvor.
»Ein Glück, dass du endlich da bist. Emma war so ungeduldig, dass es kaum auszuhalten war. Sie hat wortwörtlich die Stunden gezählt.« Er hielt mich auf Armeslänge von sich und grinste ebenfalls. »Na ja. Vielleicht habe ich dich auch ein klitzekleines bisschen vermisst. Wie war dein Flug?«
»Anstrengend«, sagte ich. »Neben einem schreienden Kleinkind und seinen streitenden Eltern.«
»Oh nein, wie grässlich«, sagte Emma mitfühlend. »Der absolute Albtraum auf einem Sechseinhalb-Stunden-Flug.«
»Es war okay«, erwiderte ich und hakte mich bei Emma unter. »Irgendwann hatte ich genug von dem Gezeter und habe den kleinen Schreihals auf meinen Schoß genommen. Nach einer halben Stunde Fingerspiele und >Hoppe, hoppe, Reiter< ist er auf meinem Arm eingeschlafen. Genauso wie die erschöpften Eltern neben mir. Und dann war Ruhe. Keine Schreierei und kein Gestreite.«
Emma lachte auf. »Ach Isy. Du bist einfach zu gut für diese Welt .« Sie ließ ihren Blick einmal an mir hoch- und runterwandern. »Und von deiner Gutherzigkeit mal abgesehen: Du siehst absolut heiß aus. Sag mir bitte, dass du nicht in diesem Outfit von New York hierher geflogen bist. Die Sauerstoffmasken müssen aus der Kabinendecke gefallen sein, als du eingestiegen bist.«
Ich trug ein schwarzes, weit geschnittenes Off-Shoulder-Minikleid, dessen Stoff meinen linken Arm ganz bedeckte, den rechten aber gar nicht. Zugegebenermaßen endete es irgendwo kurz unter dem Po. Ich hatte es für ein Drittel des Originalpreises beim Sample-Sale in New York ergattert.
»Wahrscheinlich sind nicht nur die Sauerstoffmasken aus der Decke gefallen, sondern auch allen anwesenden Männern die Augen aus dem Kopf«, kommentierte Nick lachend und zupfte spielerisch an meinem Ärmel.
Ich schlug seine Hand weg. »So skandalös ist mein Outfit nun auch wieder nicht. Und um euch zu beruhigen: Ich bin vom Flughafen schnell noch zu meiner Mom gefahren, habe meine Koffer abgestellt und mich umgezogen. Und nachdem wir die Outfit-Frage hoffentlich geklärt haben, will ich endlich wissen, wo nun die Party des Jahrhunderts steigt, auf die ihr mich an meinem ersten Abend in L. A. unbedingt schleifen wolltet?«
Emma klatschte aufgeregt in die Hände und zeigte dann in Richtung der Klippen. Ich drehte mich um, und mein Blick folgte ihrem ausgestreckten Finger zu einer zweistöckigen Villa, die etwas zurückgesetzt zwischen den Felsen lag. Eine eigene, private Holztreppe führte nach oben und endete auf der Terrasse mit Glasbrüstung, in der sich die untergehende Sonne spiegelte. Ich konnte erkennen, dass das Haus von einem üppigen Garten und mehreren hohen kalifornischen Palmen umgeben war, deren Blätter sich sacht im Wind bewegten. Leise Lounge-Musik drang zu uns herunter, genauso wie das Gelächter der Gäste, die sich bereits auf der Terrasse tummelten und sich unterhielten.
»Beeindruckend«, sagte ich anerkennend. »Ich wusste ja, dass ihr schicke Nachbarn habt. Aber dass die euch auch auf ihre Partys einladen .«
Das Haus der beiden lag einige Hundert Meter den Strand hinunter, Richtung Central Malibu. Es war zwar klein und nicht zu vergleichen mit einigen der Luxusvillen, die sich zwischen Meer und Pacific Coast Highway aneinanderreihten. Doch das machte nichts, denn wer brauchte schon einen Palast, wenn man den Strand und das Meer nur ein paar Schritte entfernt vor dem Wohnzimmerfenster hatte?
»Das Geburtstagskind ist mein bester Freund. Wir kennen uns noch von der UCLA«, erklärte Nick. »Wir hatten zwischenzeitlich weniger Kontakt, weil die Entfernung so groß war, aber seit ich wieder in Kalifornien bin, sehen wir uns fast öfter als früher. Ich stelle euch später vor.«
»Darauf bestehe ich«, sagte ich und fügte hinzu: »Vor allem, wenn er heiß ist.«
Erwartungsvoll sah ich Emma an, die mir hinter Nicks Rücken ein begeistertes Daumen-hoch-Zeichen gab und dann schnell versuchte, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen, als Nick sich umdrehte und sie stirnrunzelnd ansah.
Ich grinste, hakte mich auch bei Nick unter und zog beide in Richtung der Holztreppe, die vom Strand zur Villa hinaufführte. »Dann stürzen wir uns ins Getümmel! Ich kann's gar...
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