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KAPITEL 1
Irgendwas gefunden?« Antonio Santos stand mit vor der Brust verschränkten Armen da, blickte Noah über die Schulter und betrachtete die kryptischen Kolonnen aus Zahlen, Buchstaben und Symbolen, die sich im Rhythmus von Noahs Fingern auf der Tastatur über den Bildschirm ergossen.
»Gleich hab ich's«, antwortete Noah, ohne den Blick auch nur eine Sekunde lang vom Bildschirm abzuwenden.
Tony verlagerte sein Gewicht, dann trat er einen Schritt zurück und lehnte sich an den riesigen Eichentisch, der eine ganze Seite von Noahs chaotischem Büro einnahm. Obwohl er in der Austin-Dependance von Stark Applied Technology das Sagen hatte, glich Noahs Arbeitsplatz eher dem Keller eines nerdigen Jungen, der gern programmierte und Videospiele spielte.
Doch das störte Tony nicht weiter. Noah Carter war ein Genie am Computer und bei allem, was mit Elektronik und Technik zu tun hatte. Tonys besondere Fähigkeiten hingegen waren eher tödlicher Natur. In der Vergangenheit hatten sie ihm eine Menge Geld eingebracht. Allerdings hatte er nie etwas getan, das sich mit seinem Gewissen nicht vereinbaren ließ.
Diese bezahlten Jobs waren eigentlich immer nur Mittel zum Zweck gewesen. Selbst Tonys Tätigkeit als Noahs Kollege bei einer Selbstschutzorganisation mit Namen Deliverance hatte einen bestimmten Nutzen für ihn gehabt. Tony befürwortete die Arbeit dieser Gruppe aus ganzem Herzen. Sie hatten Kidnapping-Opfer gerettet und deren Peinigern eine Abreibung verpasst. Aber er hatte die enormen Ressourcen der Organisation auch für seine eigenen Zwecke genutzt.
Insbesondere bei der Suche nach einem Mann, der nur als The Serpent - die Schlange - bekannt war.
Zwar würde Tony das, was The Serpent ihm gestohlen hatte, nie zurückbekommen: seine Mutter. Seinen Onkel. Sein ganzes gottverdammtes Leben. Doch immerhin konnte er sich rächen.
Und diesem Lohn für seine Mühe war er gerade verdammt nahe.
Einen Großteil der jüngsten Fortschritte hatte er Noah zu verdanken. Sein Freund war derjenige gewesen, der Tony ein Fake-Profil in einem berüchtigten Forum im Darknet eingerichtet hatte. Einem Ort, an dem sich Tony im Laufe der Jahre den Ruf aufgebaut hatte, ein knallharter Söldner zu sein, dessen Dienste käuflich waren. Nicht ganz gelogen . aber auch nicht die ganze Wahrheit.
Er hatte gefakte Details gepostet, um überzeugend zu wirken, und hatte gerade genug tatsächliche Aufträge angenommen, damit seine Tarnung nicht doch aufflog. Aber nur Jobs, die er im Vorfeld genau gecheckt hatte, um sich der Schuld der Zielpersonen zu vergewissern. Und in der Tat waren sie weit davon entfernt gewesen, unschuldig zu sein. Allesamt Mörder, Sexualstraftäter und Ähnliches.
Er hatte sich langsam einen gewissen Ruf erworben, bis er genug Glaubwürdigkeit besaß, um Fragen über The Serpent stellen zu können, ohne allzu viel unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Doch die Sache war nur schleppend in Gang gekommen. Drei Monate lang hatte er keine einzige Spur gefunden, dann tröpfelten zwar ein paar Hinweise ein, aber ein Volltreffer war nicht dabei.
Monate vergingen, und obwohl ihm im Vorfeld durchaus klar gewesen war, dass die Sache langwierig werden konnte, drohte ihn die Hoffnung langsam zu verlassen.
Dann trudelte eine private Nachricht von The-Asst ein. Eine Frau, jedenfalls behauptete sie das. Und sie versprach Tony, dass sie - obwohl sie angeblich keine Ahnung vom derzeitigen Aufenthaltsort von The Serpent hatte - ihm helfen konnte, seine wahre Identität zu enthüllen.
Sie wollte sich mit Tony in dem exklusiven Debauchery Resort treffen, einer Insel der hemmungslosen Sexorgien mitten in der Karibik, um die Informationen an ihn weiterzugeben.
Sie hatte ihm ein bestimmtes Datum genannt - in genau fünf Tagen -, und diese Verabredung gedachte er einzuhalten. Zumindest, wenn es keine Falle war.
So wie im Grunde seine eigene Identität im Darknet ja nichts anderes war. The-Assts Profil enthielt keinerlei Erkennungsmerkmale. Was bedeutete, dass er keine Möglichkeit hatte, zu verifizieren, ob es sich tatsächlich um eine Frau handelte, geschweige denn um jemanden, der möglicherweise Zugang zu Informationen über The Serpent hatte.
Genau deshalb hatte Tony Noah in Austin aufgesucht. Denn wenn irgendjemand sich durch die geheimen Schichten hindurcharbeiten konnte, um die Identität von The-Asst zu entschlüsseln, dann war es sein Freund, der geniale Tech-Nerd.
Er fuhr sich mit den Fingern durch sein kurz geschorenes Haar und trat wieder näher an Noah heran, als Worte und Symbole wie Sperrfeuer über den Bildschirm blitzten. »Was ist .«
Sein Freund hielt die Hand in die Höhe, um Tony zu unterbrechen. »Bin gleich fertig. Nur noch ein . ja! Hab dich, du aalglatter, kleiner Scheißer.«
Tony blickte von den sinnlosen Zeichen auf dem Bildschirm zu Noah, dann wieder auf den Bildschirm. Es hatte seine Gründe, warum Tony mit Technik nichts am Hut hatte. Er selbst konnte auf dem Gerät auch nicht die kleinste, verdammte Information entdecken, die für ihn von Interesse gewesen wäre.
»Ich könnte es dir erklären«, meinte Noah trocken und sah Tony über die Schulter hinweg kurz an. »Aber dann müsste ich dich umbringen.«
»Witzbold.« Tony zog einen der Stühle heran und setzte sich, wobei er näher rollte, um den Unsinn besser in Augenschein nehmen zu können. »Du sollst mir nichts erklären, sondern mir einfach nur sagen, was du in Erfahrung bringen konntest.«
»Ich kann dir einen Namen besorgen. Aber noch nicht. Aber ich arbeite an einer Software, die .«
». irgendwas mit Bits und Bytes und Quantenphysik aus dem Hut zaubern kann. Ja, Mann, die ganze Welt weiß, dass du ein Genie bist. Aber zu welchem Ergebnis bist du gekommen?«
»Die Wahrscheinlichkeit, dass deine Kontaktperson wirklich eine Frau ist, liegt bei siebenundachtzig Prozent. Das habe ich berechnet durch .«
»He, vergiss es. Hab ich dich schon mal mit Ballistik gelangweilt?«
Noah verdrehte die Augen. »Ballistik ist alles andere als langweilig, und außerdem bin ich ein verdammt guter Schütze.«
»Ich bin besser.« Tony grinste vergnügt. Zum Teufel, als er gestern Abend in Noah und Kikis neuem Haus mit Aussicht auf den Lake Travis gewesen war, hatte er zum ersten Mal seit Monaten überhaupt wieder gelacht.
»Im Augenblick zählen aber nur meine Fähigkeiten. Willst du die Infos jetzt oder nicht?«
»Das weißt du genau.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und streckte die Beine aus, bereit, sich jetzt erst mal einen Vortrag anzuhören.
Erstaunlicherweise ließ sich Noah jedoch nicht über die Wunder der Halbleiter oder ähnliche Computerphänomene aus. Er kam sogleich auf die Ergebnisse seiner Software zu sprechen, von der bislang nur eine Betaversion vorlag.
»Ich kann nicht mit Sicherheit bestätigen, dass deine Kontaktperson eine Frau ist, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Und die Rückverfolgung ihrer Nachrichtenspur ergibt, dass sie mutmaßlich in Südkalifornien sitzt.«
»Ich hätte nicht geglaubt, dass man so was auch im Darknet nachverfolgen kann.«
»Die meisten können es nicht. Zumindest nicht mit zweiundsiebzigprozentiger Wahrscheinlichkeit. Wie ich schon sagte, das Programm ist noch in der Entwicklungsphase.«
»Also stehen die Chancen gut, dass sie noch immer in Kalifornien ist.«
»Entweder das, oder sie kennt sich mit diesem nerdigen Technikkram genauso gut aus wie ich und verschleiert bewusst nicht nur ihren derzeitigen Aufenthaltsort, sondern auch die Spuren ihres Aufenthaltsortes, die ich gerade tracke.«
»Ich bin beeindruckt.«
Noah grinste, sprach aber weiter. »Da deine Ermittlungen ergeben haben, dass auch The Serpent sich irgendwo in der Nähe von L.A. aufhält, sind ihre Informationen mutmaßlich tatsächlich echt.«
»Also wäre es einen Versuch wert, mich mit ihr zu treffen.«
»Klingt, als sei sie die beste Spur, die du bislang hast.«
»Letztlich ist sie die einzige Spur.« Vor ein paar Jahren hatte er The Serpent schon einmal im Visier gehabt, aber die ganze Geschichte war total schiefgelaufen, und Tony hatte verdammt noch mal erheblich mehr verloren als nur ein Jahr Tracking und Planung.
»Frauen dürfen im Debauchery allein auflaufen«, fuhr Noah fort, und Tony nickte. Das wusste er. »Männer nicht.«
»Und sie will mich vor Ort treffen«, sagte Tony. »Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht. Sie geht also davon aus, dass ich irgendwo eine Begleitung auftue. Denn in meiner Begleitung will sie offensichtlich nicht reisen. Wahrscheinlich trifft sie schon viel früher dort ein, wahlweise um sich selbst zu schützen oder um mir eine Falle zu stellen.«
»Im Augenblick stehen die Chancen fifty-fifty. Aber in den Debauchery-Privatjets habe ich für den Tag vor Eurem Termin ein paar Single-Buchungen gefunden.«
»Irgendwelche Namen?«
»Nope. Die haben strenge Sicherheitsvorkehrungen. Wohl kaum überraschend, wenn man den Sinn und Zweck des Resorts bedenkt. Ich bin aber sicher, dass ich die umgehen kann, wenn du es für nötig hältst. Soll ich weiter nachbohren?«
Tony schüttelte den Kopf. »Mach dir keine Mühe. Immerhin werde ich aus einem Namen auf einem Ticket wohl kaum schließen können, ob sie dort ist, um mir zu helfen oder um mich zu töten.«
Sein Freund seufzte. »Stimmt. Diese ganze Mission ist ein einziges Fragezeichen. Könnte durchaus eine Falle sein....
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