Kapitel 1
Ich weiß zwar nicht, weshalb, aber ich hatte immer die Vorstellung, dass eine Babyparty eine elegante, stilvolle Angelegenheit sei.
Offenbar habe ich mich da getäuscht.
»Ich hatte die Wahl zwischen zwei Spielversionen, entweder die hier oder Steck dem Adonis seinen Penis an«, erklärt Cass meiner besten Freundin Jamie, während meine Schwägerin Sylvia die Hände auf den Bauch legt, der inzwischen kugelrund ist. Ehrlich gesagt, könnte ich nicht sagen, ob sie damit ihr Lachen zurückhalten oder ihr ungeborenes Kind vor all unseren derben Witzen schützen will.
Jamie zuckt mit den Achseln. »Also mir würde es überhaupt nichts ausmachen, mit verbundenen Augen an einem Schwanz herumzufummeln.«
»Äh, schon vergessen? Lesben an Bord«, sagt Cass und wirft ihrer Freundin Siobhan ein anzügliches Grinsen zu. »Und außerdem genieße ich als Partyplanerin einen Sonderstatus.« Sie nickt zu dem Tisch hinüber, auf dem zwei Dutzend Papier-Spermien ausgebreitet liegen und nur darauf warten, an die Abbildung eines weiblichen Uterus' und eines lächelnden, winkenden, befruchtungsbereiten Eis gepinnt zu werden.
Wer braucht schon Steck dem Adonis den Penis an? Pah! Nein, wir spielen Steck dem Ei das Sperma an. Und ich muss mich extrem zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Was möglicherweise mehr mit den fünf Gläsern Mimosa zu tun hat, die ich intus habe, als mit dem Spiel an sich, aber so oder so haben wir Mädels einen Mordsspaß.
Jamie dreht sich zu mir: »Ich hab's dir doch gesagt, Nik. Wir beide hätten die Party schmeißen sollen.«
»Ich hatte es angeboten, aber Cass hat es an sich gerissen.«
»Ich habe die Beste-Freundin-Karte ausgespielt«, gesteht Cass. »Außerdem hat Nikki schon jede Menge gemacht. Den Bungalow bereitgestellt, zum Beispiel. Ganz zu schweigen davon, dass sie Syl unter einem Vorwand auf die Insel gelockt hat.«
»Was alles andere als einfach war«, sage ich. »Diese Frau ist ein echter Workaholic.« Ich hatte Sylvia vorgeschlagen, dass wir einen Familienausflug machen könnten, bevor das Baby kommt - nur Damien und ich zusammen mit Sylvia, Jackson und ihrer vier Jahre alten Tochter Ronnie -, aber sie hatte darauf bestanden, dass sie unmöglich aus dem Büro wegkönne, so kurz bevor sie in Mutterschutz ging.
Ich hatte sogar leichte Gewissensbisse, dass ich sie zu einer Überraschungsparty lockte, als mir Syl gestand, dass sie ein wenig nervös war.
»Ich bin nicht so sehr wegen der Geburt an sich nervös«, erklärte sie und korrigierte sich sofort selbst. »Das heißt, doch. Der Gedanke jagt mir schon Angst ein, aber ich schätze, da werde ich nicht drum herum kommen, und zur Not gibt es ja immer noch Spritzen, richtig?«
»Auf jeden Fall«, pflichtete ich ihr bei.
»Es ist nur so, das ganze Ding von wegen, Mutter sein, das ist schon etwas beängstigend.«
»Aber du bist doch schon eine tolle Mama«, stellte ich fest, denn Jackson, ihr Ehemann und Damiens Halbbruder, hatte eine Tochter mit in die Beziehung gebracht.
Syl zuckte mit den Achseln. »Schätze schon. Ich meine, ich hoffe es zumindest. Ich gebe mir auf jeden Fall größte Mühe. Und ich liebe Ronnie über alles.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Am Anfang hatte ich solche Angst, dass ich es beinahe vermasselt hätte. Und ich glaube, mittlerweile habe ich das überwunden - wirklich. Aber bei Ronnie wusste ich, worauf ich mich einlasse. Ich meine, sie war zu dem Zeitpunkt bereits ein Kleinkind, ein fertiger kleiner Mensch. Aber ein Baby? Und noch dazu eins, das mit dem ganzen irren Mist meiner Familie aufwächst? Das bereitet mir schon ein wenig Sorge.«
»Es wird wunderschön, glaub mir«, versicherte ich ihr. »Ein Kind könnte sich gar keine besseren Eltern wünschen als Jackson und dich.«
Ihr Lächeln war etwas zaghaft, aber aufrichtig, und als sie ihre Arme ausbreitete, nahm ich sie fest in den Arm. »Danke«, flüsterte sie. »Ich verspreche, ich werde mich zusammenreißen. Außerdem steht in allen Büchern, dass es völlig normal ist, Zweifel zu haben. Aber es ist einfach so unglaublich viel Verantwortung, weißt du, was ich meine?«
Und ob ich das wusste. Selbst Sunshine, Damiens und meine Katze, bedeutet unheimlich viel Verantwortung. Mehr noch, ich verstehe ihre Angst, all den Familienirrsinn an ein Kind weiterzugeben. Ich weiß zwar nicht im Detail über Syl und ihr Verhältnis zu ihren Eltern Bescheid, aber ich weiß, dass es böses Blut gab. Genau wie bei Damien und mir. Wenn wir ein Kind hätten, würde es mit diesem ganzen Ballast aufwachsen.
Ehrlich gesagt, macht mir das Angst.
Nicht, dass ich deswegen nachts kein Auge zumachen könnte. Im Moment fühle ich mich eh noch nicht bereit, Mutter zu werden - meine Firma steckt selbst noch in den Kinderschuhen, und momentan reicht es mir völlig, Tante Nikki zu sein. Aber manchmal mache ich mir schon Gedanken .
Jedenfalls hatte ich mich in meiner Rolle als zukünftige Tante von Syls Baby dazu berufen gefühlt, sie in geheimer Mission auf die Insel zu locken. Und da die Familienausflugsnummer bei ihr nicht zog, musste ich schwerere Geschütze auffahren und Damien bitten, sich irgendein Problem auszudenken, das nur auf der Insel selbst behoben werden konnte.
»Ich hätte mich kooperativer gezeigt, wenn ich gewusst hätte, was ihr da ausheckt«, gibt Sylvia zu. »Aber ich hätte nicht gedacht, dass es eine zweite Babyparty gibt.«
»Die erste Party im Büro war ja wohl total langweilig«, sagt Cass. »Das geht so nicht. Es war quasi unsere Pflicht, eine coole Mädelsparty zu schmeißen.«
»Ähm, Entschuldigung«, schaltet sich Rachel ein. »Die langweilige Büroparty war gar nicht sooo langweilig.«
Sylvia war früher Damiens Assistentin, aber jetzt hat Rachel diese Rolle übernommen. Und in dieser Funktion war sie es, die Syls Büro-Babyparty organisiert hat. Die, nach allem was ich gehört habe, ziemlich spaßig war.
Syl arbeitet natürlich immer noch für Stark International. Allerdings ist sie jetzt Projektmanagerin für die Immobilienfirma Stark Real Estate Development. Und passenderweise war genau diese Insel ihr erstes Projekt, als Damien sie mit dem Bau eines exklusiven Ferienresorts betraute, dem Resort at Cortez.
Ihr Mann, Jackson Steele, ist Architekt und hat das gesamte Resort entworfen, das ein kleines Hotel, separate Bungalows, zahlreiche Erholungsbereiche, Restaurants, Geschäfte und einen eingezäunten Bereich beherbergt, der fünf Privatbungalows mit eigenem Strand umfasst.
Wir befinden uns gerade in einem davon, der Damien und mir gehört. Jackson und Syl gehört der Bungalow gleich nebenan, und Dallas Sykes, einer der Hauptinvestoren des Resorts, besitzt den dritten. Die anderen zwei, die leer stehen, stellt Damien wichtigen Kunden und Mitarbeitern als Ferienwohnungen zur Verfügung.
Da unsere Party eine reine Mädelsrunde sein sollte, ist Jackson nebenan in seinem Bungalow, gemeinsam mit Jamies Freund Ryan sowie Dallas und den anderen Männern, die ihre Freundinnen zur Babyparty begleitet haben. Soweit ich weiß, wollten die Jungs zusammen etwas trinken und Poker spielen. Das heißt, alle bis auf Damien. Eigentlich sollte er auch hier sein, aber er wurde geschäftlich in Santa Barbara aufgehalten.
Ehrlich gesagt, bin ich etwas nervös. Er hatte mir gesagt, er würde sich gegen frühen Abend auf den Weg zur Insel machen, aber im Moment zieht ein Gewitter auf, und mir behagt der Gedanke ganz und gar nicht, dass er bei diesem Wetter in der Luft oder auf dem Meer unterwegs ist.
»Nicholas. Nikki.« Jamie stößt mich erst mit der Hüfte an und zieht dann die Augenbrauen hoch. »Hallo? Erde an Nikki?«
»Sorry.« Offenbar hatte ich gedankenverloren durch das Fenster auf den gewittrigen Himmel gestarrt. »Ich hab nur .«
»Ihm passiert schon nichts, Texas«, ertönt von der anderen Seite des Raums die Stimme von Evelyn Dodge - eine laute, etwas derbe, aber liebenswerte Frau, die für mich zu einer Art Ersatzmutter geworden ist. Natürlich hat sie meine Gedanken erraten.
»Ich weiß«, sage ich und zwinge mich, gelassen zu bleiben. »Schlimmstenfalls bleibt er einfach in Malibu oder in der Wohnung. Oder er bleibt gleich in Santa Barbara.« Wobei keine dieser Optionen toll wäre, denn ich möchte ihn hier in unserem gemeinsamen Bett haben. Vor allem aber möchte ich ihn in Sicherheit wissen.
»Na los«, sagt Syl und hält mir ihre Hand hin. »Hilf mir mal vom Stuhl hoch, dann können wir beide unser Glück versuchen. Es gibt keine bessere Ablenkung, als mit Papier-Spermien herumzuhantieren.«
Also helfe ich ihr hoch, und wir beide schnappen uns jeweils eines der 15 Zentimeter langen Spermien vom Spieltisch, der neben der Wand steht, an der das Uterus-Poster mit Klebestreifen befestigt ist.
»Wer zuerst?«, fragt Lisa Reynolds, die Augenbinde in der Hand. Sie ist eine gute Freundin und Unternehmensberaterin, deren Freund Preston ebenfalls für Damiens Firmenimperium arbeitet. »Syl darf entscheiden. Als künftige Mama hat sie das letzte Wort.«
»Da ich schon mal stehe«, sagt Syl, »kann ich auch gleich loslegen.«
Lisa verbindet ihr die Augen, dreht sie im Kreis und stubst sie dann in Richtung der überdimensionalen Gebärmutter - die Sylvia um ungefähr eine Meile verfehlt.
Alle biegen sich vor Lachen, als sie sich die Augenbinde abnimmt. »Wow. Bei meinem Talent ist es ein Wunder, dass ich überhaupt schwanger geworden bin.«
»Tja, da musst du wohl Jackson danken«, sagt Cass.
Syl wirft...