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Er heißt Robert.
Aber mit Namen bin ich ganz schlecht, sie entgleiten mir immer, wenn sie es gerade nicht sollten, also lasse ich einen handlich-hilfreichen Satz im Hinterkopf rotieren - Er heißt Robert, Robert Gardener, als wolle er den Garten umgraben: Er heißt Robert, das ist sein Name - ich konzentriere mich so sehr darauf, dass mir die Unterhaltung schwerfällt.
Obwohl im Augenblick niemand mit mir redet. Ich stütze das Kinn an die Oberkante einer weiß gekalkten Mauer und schaue hinüber auf eine kreisförmige Sandbahn, die im Scheinwerferlicht aufglänzt. Der elektrische Hase jault an mir vorbei, klingt wie jede Art von Angst, die mich je überfallen hat, und löst den Riegel vor den Hundeboxen, startet ihren rasenden, schlenkernden Lauf. Windhundpfoten auf Sand: ein eigentümliches Geräusch, sehr beruhigend und von stiller Festlichkeit. Zu meiner Linken sitzt ein dicker Junge rittlings auf der Mauer und gibt den Backsteinen die Sporen, doch sein Interesse scheint sich nicht auf einen bestimmten Hund zu konzentrieren.
Es war Roberts Idee. Nach dem Dinner vor der Hochzeit wurden wir von einem müden Barmann nach draußen geleitet, wir waren die Letzten, die gingen, und es passierte nicht viel zwischen uns, ich erinnere mich ganz deutlich an das Nicht-Viel, das zwischen Robert und mir vorging: Aber ich gab ihm meine Telefonnummer, und in der folgenden Woche rief er mich an.
»Wer?«
»Robert . Gardener. Von dem .«
»Dieses Essen, ja . Ja?«
Ich lag noch im Bett, was einem in solchen Situationen ein wohliges Unbehagen beschert: Die Stimme klingt immer ein wenig horizontal, und man fragt sich gelegentlich, ob man nicht genau das will. Er hatte sich allerdings schon vor mir verraten - seine Stimme war leicht abgerutscht, als ich seinen Namen nicht sofort erkannte, hatte sich dann gefangen, geöffnet, als wir uns beruhigten und miteinander warm wurden. Ich konnte hören, wie wir ruhig und warm wurden: Die Leute vergessen, dass man durchs Telefon alles hört - alle Informationen, in die die Worte gebettet sind, ihre äußere Musik, alle Geräusche, die unter jeder Stimme liegen - es ist ein gnadenloses Instrument.
»Du hast meine Nummer also nicht verloren.«
»Nein, das würde ich nie tun.«
Das war schon ziemlich offen für den Beginn einer solchen Plauderei - er hatte sich also für die offene Nummer entschieden, die entwaffnende Nummer, die einem weismacht, bei mir bist du sicher, und deshalb gefährlich ist.
»Wenn du wolltest, hättest du sie ruhig verlieren können.« Es ist nicht so, dass ich Gefahr nicht mögen würde - sie ist der Schuss Branntwein im Blut.
»Habe ich aber nicht - gewollt.«
Leichte Atemlosigkeit auf beiden Seiten, denn das Gespräch entwickelte sich zu einer sportlichen Übung: Ohne Aufwärmen mussten wir nun Hochleistung bringen, überzeugend geistreich, anzüglich und sorglos sein, den Eindruck erwecken, eine lohnende Verabredung zu sein, den Rhythmus des anderen erspüren und darauf eingehen. Natürlich gefiel uns diese angenehme Anstrengung auch, denn sie deutete an, dass noch erfreulichere, härtere Arbeit vor uns lag. Wenn wir Glück hatten.
»Was machst du heute Nachmittag?«
»Ach, ich weiß nicht .« Nach meiner Erfahrung habe ich ein vergleichsweise kleines Glücksreservoir. »Samstagserledigungen.«
Darüber lachte er leise, obwohl es gar nicht lustig war. Offenbar war er der Typ für nervöses Lachen.
»Was? Was ist los?« Nicht, dass ein nervöses Lachen schlimm wäre - man bekommt den Atem des Lachers zu spüren und die Wärme seiner Kehle. Ich selbst lache bei Weitem nicht oft genug nervös, eigentlich dumm, weil es doch so nützlich ist.
»Nichts ist los. Was für Samstagserledigungen stehen denn an?«
Es stand natürlich genauso wenig an, wie ich am Leib trug. Und ich fragte mich natürlich, ob er das erraten hatte, hätte es besser gefunden, wenn er es erraten hätte. Und das wiederum färbte auf meine Antwort ab, züngelte um den Ton meiner Stimme herum, ohne dass ich mich anstrengen musste. »Na ja, um vierzehn Uhr ist eine Schottersammlung für wohltätige Zwecke. Und dann muss ich noch meinen Korbsessel zu Ende flechten.« Es war ganz egal, was ich sagte.
»Kies für klägliche Kinder? - Eine lobenswerte Sache.« Oder was er so antwortete. Wir fanden Zweideutigkeiten, wo gar keine waren, und ließen sie aufleuchten. »Jeder Mensch gibt sich einen Ruck, wenn es um Heimatlose und Streuner geht.«
»Und welche sind dir lieber? Die Heimatlosen?«
»Nein, ich stehe mehr auf Streuner.«
»Alles sehr verdienstvoll - oder wenn du Lust hättest, könntest du auch mit mir ausgehen.«
»Ich könnte .« Und dann fanden wir die Pause. »Das könnte ich.« Trafen uns darin. »Ja, könnte ich.«
»Bist du sicher, dass du auch willst?«
»Ich bin sicher.« Noch eine schöne, aufreizende Stille, und dann hörte ich mich wiederholen, »Ja. Ich bin sicher.«
»Dann ist es gut.«
»Das ging leicht.«
»Manchmal ist es leicht.«
Und das war gelogen - es ist nie leicht.
Und wie es sich gehört, gingen wir, kaum dass wir uns in der Union Street getroffen hatten, in die Irre. Zunächst mal sah er anders aus, ich wusste nicht genau, wieso: Er hatte einfach eine Art Hässlichkeit an sich, die ich zuvor nicht entdeckt hatte. Er wiederum schaute mich unruhig von der Seite an, mit einer Art besorgtem Blick, der eigentlich für einsturzgefährdete Gebäude oder seltene, in Gläsern eingelegte Missbildungen reserviert ist. (Ich bin zwar einiges, aber nicht missgebildet.) In hilflosem Schweigen gingen wir die Hinterseite der Kathedrale entlang: Ab und zu stießen unsere Arme leicht aneinander, wie es eben passiert, wenn zwei Menschen sich dem Schritt des anderen nicht anpassen können.
Er blieb stehen, als eine Möwe vor uns herniedersegelte und dann die Flügel anlegte, um herabzustürzen, und ich fragte mich, ob Robert wohl besondere Zuneigung - oder eine Phobie - für Möwen hegte. Beides wäre kein gutes Zeichen. Doch dann watschelte die Möwe davon, und Robert seufzte, »Also, ich biete gerade keine besonders interessante Unterhaltung. Und so . wir können so weiter laufen, dann wird es nicht besser, oder du fährst ein Stück mit mir, und ich . ich weiß einen Ort, der dir gefallen würde. Glaube ich.«
»Du willst mit mir irgendwohin fahren.«
»Ich verspreche, dich nicht zu ermorden.« Wieder das nervöse Lachen.
»Na, dann ist ja alles in Ordnung.«
»Dich nicht mal zu verletzen.«
»Ich habe Selbstverteidigung gelernt.« Wieder eine Lüge, ich hatte mir immer vorgenommen, Selbstverteidigung zu lernen, hatte aber nie Zeit dafür gefunden. »Ich würde nicht zulassen, dass du mich verletzt.«
»Gut . weißt du, was, wenn wir auf dem Rückweg durchs Einkaufscenter gehen, werden wir von den Überwachungskameras aufgenommen - dann würde ich augenblicklich geschnappt und verhaftet, wenn sie deinen verstümmelten Körper in irgendeinem Graben fänden.«
»Nicht in einem Graben. In einem See.«
»Natürlich - für Hannah nur das Beste. Ein See. Ein nettes, romantisches Loch.«
Er wusste meinen Namen noch. »Sag das noch mal.«
»Ein nettes, romantisches Loch.«
»Den ersten Teil.«
»Natürlich - für Hannah nur das Beste.«
Niemand hatte bisher auch nur etwas Annäherndes vorgeschlagen. Also ging ich mit Robert Gardener, stieg in sein Auto, und er fuhr mich quer durchs Land nach Glasgow zum Shawfield Greyhound Track.
Und das ist im Grunde unverzeihlich.
Doch als wir dort ankamen, hatte ich ihm schon verziehen. Ich erließ ihm seine Schuld wegen seiner Kassetten. Kaum hatte das Auto sich in Bewegung gesetzt, wühlte Robert in riskanter Manier in einem Dutzend Kassetten im Handschuhfach herum, und die Straße schleuderte auf uns zu, erzitterte unter uns und strömte hinter uns davon, als hätte Robert selbst an unserer Bewegung kaum einen Anteil - was auch stimmte.
»Ach so . du willst nicht mich umbringen, sondern uns beide. Aber meine Verabredung zum gemeinsamen Selbstmord habe ich doch erst nächste Woche.«
»Alles in Ordnung . alles . klar.« Er schob eine Kassette ins Fach, ließ die freie Hand endlich wieder aufs Lenkrad fallen und wandte seine Aufmerksamkeit der Windschutzscheibe zu. Ich bereitete mich auf das übliche Gerede vor, dass Nanci Griffith wirklich sexy, ungeheuer musikalisch und sehr intelligent sei oder dass Neil Young wirklich sexy, ungeheuer musikalisch und sehr intelligent sei - je nachdem, wie hoffnungslos das mittlere Alter des Sprechers verläuft -, oder auf die Rede, die zeigen soll, dass ich immer noch jung/hip/sexy/ungeheuer musikalisch und intelligent genug bin, um Garage/Progressive Jazz/Radiohead/Gott weiß was für mongolische Kehlkopfgesänge vollkommen zu begreifen . denn neunundneunzig von hundert Männern können Musik auf gar keinen Fall einfach nur hören.
Und dann ließ ein Geräusch die Lautsprecher erzittern, das ihn zu einem unter hundert machte: der grauenhafte Auftaktakkord, der scheppernd hereinbrach und eine Weile gehalten wurde: Tra-daaaa. Es war Jimmy Shand: Jimmy Shand und seine Band: der Sound von Auchtermuchty.
»Oh Gott.« Was sollte ich sonst sagen? - da ich plötzlich...
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