Kapitel 1
Zwei Monate später
»Ich nehme einen Old Forester auf Eis«, sagte Archer zu dem Barkeeper der eleganten New Yorker Cigar Lounge.
Fitz, ein langjähriger Angestellter der Cigar Lounge, lächelte. »Kommt sofort.« Er sah aus wie aus einer anderen Zeit mit seinem breiten Schnurrbart, dessen Enden sich nach oben zwirbelten, und seinen weisen bernsteinfarbenen Augen.
An diesem Abend war die Cigar Lounge voller Gäste, die an den runden Tischen saßen und edle Drinks genossen, während das Eis in ihren Gläsern klirrte. Als sich der Gast am Tisch neben Archer eine Zigarre anzündete, waberte Rauch herüber. In der Luft lag das Aroma von verbranntem Kaffee und einem Hauch von Zimt. Leiser Jazz floss aus den Lautsprechern, die ringsum im Raum oben an den Wänden angebracht waren. Drei Barkeeper, die Smoking trugen, servierten Drinks, während Kellner die Gäste zu ihren Tischen geleiteten. Als die Cigar Lounge in den 1920ern errichtet worden war, war dieser Ort ein Gentlemen's Club gewesen. Nun war die Lounge ein echter Hotspot. Doch das eigentlich Besondere an dem Gebäude befand sich unter den blanken Hartholzböden. Das Phoenix, ein ultraexklusiver, gehobener Sexclub, der nur durch die Tunnel zu betreten war, die einst dazu dienten, Whiskey in den Club zu schmuggeln. Jedes Clubmitglied durfte sich eine Sexshow pro Monat wünschen - und dabei Praktiken, Teilnehmer, jedes kleine Detail vorgeben, die den eigenen Vorlieben entsprachen. Sowohl Archer als auch Fitz nahmen seit Langem an diesen Shows teil. Alle Mitglieder wurden einer Sicherheitsüberprüfung auf höchstem Niveau unterzogen, bevor sie Zutritt zum Phoenix erhielten.
Als Fitz Archer seinen Drink reichte, öffnete sich die Tür der Cigar Lounge, und sofort zog es Archers Blick zu der Frau in den engen Jeans, hochhackigen Schuhen und der schwarzen Bluse, die ein verlockendes Dekolleté freigab. Während seiner Zeit bei den Spezialkräften hatte er in Eliteeinsätzen gekämpft. Er wusste, wie man eine gefährliche Mission plante und mit tadelloser Präzision durchführte. Doch die Frau vor ihm mit ihren langen dunkelbraunen Haaren - die bis knapp zu ihrem herzförmigen Hintern reichten - und ihren aufgeweckten dunkelbraunen Augen ließ ihn schwindeln. Elise Fanning, die so sexy und irritierend war wie keine andere Frau, die er in seinen neunundzwanzig Jahren kennengelernt hatte.
Als sie sich ins Sicherheitssystem des Phoenix gehackt und er ihren Namen zum ersten Mal von Wayne gehört hatte, hatte er ihren Angriff persönlich genommen. Bis er herausfand, aus welchem Grund sie die Firewall durchbrochen hatte. Elises beste Freundin, Zoey Parker, hatte sich eine Mitgliedschaft verschaffen müssen, um zwei Mitglieder, die ihr Unrecht angetan hatten, mit ihrem Handeln zu konfrontieren. Wäre es nach Archer gegangen, wäre Zoey sofort aus dem Club ausgeschlossen worden. Doch Rhys Harrington, der Besitzer des Phoenix, hatte eine besondere Verbindung zu Zoey gespürt. Eine Verbindung, die in der letzten Woche zur Verlobung der beiden geführt hatte.
In den Wochen, die dem Hackerangriff folgten, waren die Sicherheitsmaßnahmen erhöht worden, um sicherzustellen, dass niemand mehr daran vorbeikam. Doch seit dem Hackerangriff hatte Zoey ihre Freundinnen übergangslos mit Rhys' Freunden bekanntgemacht, was bedeutete, dass Archer Elise auf einer persönlichen Ebene kennengelernt hatte. Zuerst war sie ihm mit ihrer Frechheit unter die Haut gegangen und mit ihrer Fähigkeit, ihn bei jeder Gelegenheit auszutricksen, wozu auch das Knacken seines Sicherheitssystems gehörte. Dann hatte sie sich in seine Gedanken gestohlen, weil sie die neugierigste Kreatur war, die er jemals getroffen hatte. Inzwischen wollte er ihr alle Schichten herunterziehen, bis sie nackt und bloß vor ihm stand - emotional und physisch -, und nach seinem Mund auf ihrem verführerischen Körper bettelte.
»Sonst noch was für heute Abend?«
Sein Blick sprang zurück zu Fitz, und er schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«
Fitz' Mundwinkel bog sich nach oben, und er sah zu Elise hin. »Ist dir etwas Kleines, Süßes ins Auge gestochen?«
»Ha! Süß?« Archer trank einen kräftigen Schluck von seinem bernsteinfarbenen Bourbon und genoss die würzige Note. »Diese Frau ist vieles, aber süß gehört nicht dazu.« Sie war verwegen, unglaublich schlau und hatte größere Eier als manche Männer, die Archer kannte.
Fitz grinste.
Archers Blick blieb auf Elise gerichtet, als diese näher kam. Vor zwei Monaten hätte Archer niemals geglaubt, dass sie gut zusammenpassen würden. Sie konnte ihn nicht ertragen, und er konnte sich nicht damit abfinden, dass es ihr irgendwie gelungen war, sein Sicherheitssystem zu unterwandern, das er für unzerbrechlich gehalten hatte. Doch verdammt, sie war feurig und klug und sexy, und sein Schwanz wurde in ihrer Nähe innerhalb von Sekunden hart. Eine Reaktion, die sie offenbar auf ähnliche Weise teilte, als sich unter seinem aufmerksamen Blick eine leichte Röte auf ihre Wangen legte. »Guten Abend, Elise«, sagte er, als sie bei ihm war.
Sie sah ihn aus ihren dunklen Augen an, mit denen sie ihn an der Stelle, an der er gerade stand, festnageln konnte. »Hallo, Archer.«
Sein Name auf ihrer Zunge ließ ihm einen Schauer durch den Körper fahren. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit dieser Frau zu stehen, bedeutete etwas und forderte von einem Mann, sie wahrzunehmen. »Danke, dass du dich heute Abend mit mir treffen kannst«, meinte er.
»Kein Problem«, erwiderte sie, glitt auf den Barhocker neben ihm und sah ihn an. »Für mich einen Jim Beam, pur«, sagte sie zu Fitz. Leise Stimmen trieben von dem Tisch hinter ihnen herüber, während Elise Archer mit diesen durchdringenden Augen ansah, die ihn außer Gefecht setzten. Sobald Fitz ihren Drink gebracht hatte und sich einem anderen Gast zuwandte, fügte sie hinzu: »Ich muss gestehen, ich war überrascht, dass du mich angerufen hast.«
»Ich habe ein Problem«, sagte er zu ihr.
Ein freches Grinsen blitzte auf ihrem Gesicht auf. »Ein Problem wegen einiger Zeitschriften-Abos für Frauen?«
Er riss sich zusammen, um nicht mit den Augen zu rollen. Ein paar Tage zuvor hatte ihm Wayne den abschließenden Bericht über Elise geliefert, inklusive Details, die dieser von ihrem PC hatte. Als Elise herausgefunden hatte, dass ihr Computer gehackt worden war und Archer dahintersteckte, hatte sie in seinem Namen Dutzende von Frauenzeitschriften abonniert. Sie wieder zu kündigen, war eine Höllenarbeit gewesen. Vier von ihnen liefen noch immer, und Archer hatte aus Stolz beschlossen, für sie zu zahlen, statt sich aus den Abos herauszukämpfen. Und dennoch . dennoch hatte sie ihn beeindruckt, auch wenn ihn das verwirrte, und sie waren zu einem Waffenstillstand gekommen. Nicht, dass er es ihr gesagt hätte. »Nein, dieses Problem hat sich erledigt«, antwortete er trocken.
Sie lachte leichthin, als ob es ihr völlig egal wäre. Und schlug ihre langen, spektakulären Beine übereinander. »Also gut. Was ist das Problem?«
»Es gibt da eine Person, die ich überprüfen will. Ich brauche deine Hilfe.«
Ihr amüsierter Gesichtsausdruck verschwand für einen Moment, und Überraschung trat in ihre starken Augen. »Verstehe ich dich richtig? Du brauchst meine Hilfe?«
Er wollte es nicht zugeben, erst recht nicht ihr gegenüber, doch seine Nachforschungen über sie ließen nur einen Schluss zu: Elise war die beste Privatdetektivin des Landes. Er wollte sich jedoch nicht nur mit ihr verbünden und ihre Fähigkeiten nutzen, um das Phoenix zu schützen, sondern auch, um einen Grund zu haben, ihr nahe zu sein. »Ja, das tue ich, und die Sache ist vertraulich.«
Neugier funkelte in ihren Augen. »Ich höre. Sprich weiter.«
»Die Details sind .« Er wies auf die Leute um sie herum. ». sensibel. Lass uns in meinem Büro darüber reden.«
Sie leerte ihr Glas und stand auf. »Du gehst vor.«
Er trank den Rest seines Bourbons und machte sich dann auf den Weg zu der Tür am anderen Ende des Raums, und nachdem er den Sicherheitscode eingegeben hatte, folgte sie ihm hindurch. Die Geräusche aus der Lounge verstummten, als er sein Büro betrat, das eines der Privatzimmer des Gentlemen's Club gewesen war. Alte, in Leder gebundene Bücher standen an den Wänden um einen großen Kirschholz-Schreibtisch herum, der sich in der Nähe des schmalen, hohen Fensters befand. Archer ging an seinem Schreibtisch vorbei und auf einen Sitzbereich mit zwei braunen Ohrensesseln zu. Er wartete, bis Elise Platz genommen hatte, bevor er sich zu ihr setzte und direkt auf den Punkt kam. »Ich werde zunehmend misstrauisch, was ein Mitglied des Clubs betrifft.«
»Warum? Was ist passiert?«, fragte sie.
»Vorgestern Abend hat diese Person ihre eigene Maske mitgebracht, statt eine von denen zu benutzen, die der Club bereitstellt.« Jedes Mitglied des Phoenix' trug eine Maske. Einige Gäste, deren Identität geschützt werden musste, hatten solche, die das ganze Gesicht bedeckten. Manche mit dämonischen Motiven, andere mit Tiermotiven. Die übrigen Mitglieder trugen einfache venezianische Masken, die etwas mehr preisgaben. »Der Vorfall blieb für etwa eine Stunde unbemerkt, bis einer meiner Sicherheitsleute aufmerksam wurde und wir die Frau zur Rede stellten.«
Elise schmiegte sich in ihren Sessel und musterte Archer mit einem perfekten Pokerface. »Hmm, wurde jemand gefeuert?«
»Für zwei Wochen suspendiert«, sagte er. Sein Team bestand aus ehemaligen...