Schweitzer Fachinformationen
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«Du hast mir eine To-do-Liste geschrieben? Für den Club?»
«Ich habe dir eine To-do-Liste geschrieben. Für den Club», wiederholt Carson und lächelt strahlend.
Wenn sie so grinst, ähnelt meine ehemalige Mitbewohnerin mit ihren kurzen schwarzen Haaren und den feinen Gesichtszügen einer Fee. Oder einem Dämon, der sich als Fee verkleidet hat und der mich dazu bringen will, all meine sorgsam aufgestellten Regeln zu brechen.
«Erstens», liest Rainey, wie immer die Dritte in unserem Bunde, hinter mir vor. «Einen Long Island Iced Tea trinken - und zwar bis auf den letzten Tropfen!» Sie lacht auf. «Hyacinth trinkt doch gar nicht mehr. Nicht mal den Sekt an Silvester hat sie geleert.»
Carson zuckt die Schultern. «Es ist immer gut, die eigenen Grenzen auch mal zu überschreiten.»
«Oder sie gleich einzureißen», ergänze ich missmutig. «Ist das dein Ernst mit dem zweiten Punkt? Wild abtanzen und mit dem Arsch wackeln?»
«Na klar! Du bist eine gute Tänzerin - musst dich nur ein bisschen locker machen und entspannen.»
«Aber an mir ist nichts dran zum Wackeln.»
«Da oben schon», erwidert Rainey und schaut vielsagend auf meinen Ausschnitt. «Sogar im Doppelpack, Süße.»
«Das sagt ja die Richtige», gebe ich schnaubend zurück.
Wenn wir zu dritt ausgehen, zieht Rainey ganz klar die meisten Blicke auf sich. Sie ist eine echte Sexbombe - blonde Haare, riesige Brüste, Beine bis nach Australien, alles. So ziemlich jeder Mann, den ich kenne, gerät aus dem Konzept, wenn sie zufällig in Rock oder Shorts vorbeispaziert.
Ich lasse mich in den Beifahrersitz von Carsons Jeep sacken und verschränke die Arme. Als ob ich nie gelebt hätte! Da gab es durchaus so einige betrunkene Karaokeauftritte, Tabledance-Einlagen und One-Night-Stands. Okay, ich hatte bisher nur eine richtig ernsthafte Beziehung. (Und der Typ hat meine Lieblingsfleecedecke und meine Tasse von den Baltimore Ravens mitgenommen.) Aber die ist jetzt vorbei, und mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, dass Brent der Meinung ist, wir hätten keine gemeinsame Zukunft. Abgefunden, aber verwunden habe ich nichts. Wenn ich daran denke, versetzt es mir immer noch einen Stich.
«Mein persönlicher Favorit ist Nummer drei», sagt Carson vom Fahrersitz und nimmt den Blick kurz von der Straße, um mich anzugucken. «Den geilsten Typen im ganzen Club finden und mit nach Hause nehmen.»
Rainey legt mir vom Rücksitz aus die Arme um die Schultern und drückt mich. «Alkohol, Arschwackeln und heiße Kerle - besser kann das Wochenende doch nicht losgehen, oder, Cyn?»
Mein Blick verfinstert sich. «Ist euch klar, dass ich Lehrerin bin und Amerikas Jugend unterrichte? Für die ich ein Vorbild sein muss, zu dem man aufblickt?»
«Du bist Lehrpraktikantin», erwidert Carson und sieht mich leicht genervt an. «Erst danach bist du eine richtige Lehrerin. So läuft das, Schwester.»
«Genau», pflichtet ihr Rainey bei und lehnt sich wieder zurück. «Außerdem sitzen wir doch alle im selben Boot, oder? Wir unterrichten zwar nicht alle in der Schule, aber ich leite die Nachmittagsbetreuung beim YMCA, und Carson gibt drei Tage die Woche Nachhilfe. Während der Arbeitszeit müssen wir alle Vorbilder sein. Aber in unserer Freizeit können wir machen, was wir wollen.»
«Oh», erwidere ich spöttisch, «dann sollte ich unbedingt gleich losziehen und so richtig einen auf Miley Cyrus machen. Vielleicht macht ja jemand ein Video von meinem wackelnden Arsch und stellt es auf YouTube. Also, wenn die Kids dann keinen Respekt vor mir haben, weiß ich es auch nicht .»
Rainey zuckt mit den Schultern. «Ich will nur, dass du mal Spaß hast. Du bist immer so ernst, und du arbeitest so viel. Du hast eine Pause verdient.»
Ich muss lächeln. Typisch Rainey. Immer in Sorge, wenn es um die Menschen geht, die sie liebt. Eigentlich kann sie gar nicht anders, als sich immer um andere zu kümmern. Als ich sie am College kennengelernt habe, wollte sie erst Psychiaterin werden, dann Kinderpsychologin. Jetzt ist sie fast mit ihrem Master in Sozialpädagogik fertig und schwört, ihre Berufung gefunden zu haben. Aber ich bin fast sicher, dass sie alles aufgeben und dem Peace Corps beitreten würde, wenn sich die Gelegenheit böte.
Carson dagegen ist die geborene Lehrerin, und ich verstehe immer noch nicht recht, warum sie sich nicht wie ich für ein Lehrpraktikum beworben hat. Jedes Mal, wenn ich sie gefragt habe, hat sie nur mit den Achseln gezuckt und vage geantwortet, sie sei besser darin, «mit Einzelpersonen zu arbeiten». Sie ist eine klasse Nachhilfelehrerin, von daher stimmt das wohl. Jedenfalls habe ich gelernt, dass es besser ist, das Thema nicht mehr anzuschneiden.
«Wo fahren wir denn eigentlich hin?», frage ich und bemühe mich, etwas weniger angenervt zu klingen. Immerhin sind es meine besten Freundinnen, und ohne sie an meiner Seite hätte ich den ganzen Mist in meinem Leben - die Krankheit meines Vaters, das stressige Studium, die völlig unerwartete Trennung - niemals bewältigt.
«In einen neuen Club», sagt Carson lässig. Sie schaut kurz in den Rückspiegel und setzt den Blinker. «Heißt Cave, soweit ich weiß.»
«Cave?» Ich runzele die Stirn. «Nie gehört. Ist der an der Hafenpromenade?»
Rainey kichert. Ich sehe sie strafend an.
«Was?» Sie schüttelt den Kopf. «Nichts. Tut mir leid. Ich hab dich gern, Cyn, das weißt du, aber manchmal bist du echt naiv. Das ist irgendwie süß.»
«Wow. Was für ein wunderbar falsches Kompliment. Vielen Dank.»
Sie runzelt die Stirn. «So war das nicht .»
«Rainey will eigentlich nur sagen», fährt Carson dazwischen, «dass das Cave nicht am Hafen ist. Es ist im Zentrum, und zwar richtig im Zentrum. Außerdem ist es nicht so ganz öffentlich.»
Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue hoch. «Wir fahren zu einem Privatclub?»
«Jepp.»
«Und der ist im Zentrum? Oh, Pardon, richtig im Zentrum? Im Sinne von nicht im Hafen, keine Straßenbeleuchtung, keine sicheren Bars und Clubs, wo auch Touristen hingehen?»
«Also eigentlich ein Ort, den man normalerweise meidet?»
«Toll.» Sofort wühle ich in meiner Handtasche nach Pfefferspray, das aber - wie sollte es anders sein - schön ordentlich zu Hause in meinem Nachttisch liegt. «Es wäre wirklich nett, wenn ihr mich in solche Aktionen vorher einweihen würdet.»
«Ach bitte!», spöttelt Carson. «Hätte ich dir gesagt, wo wir heute Abend hingehen, hättest du es gegoogelt. Und dann wärst du völlig ausgerastet und hättest gekniffen. Ich kenne dich doch.»
«Kann sein», gebe ich zu. «Aber denk mal an dieses Café in Little Italy. Hätte ich das vorher nicht im Netz gesucht, hätten wir nie von dem Ärger mit dem Gesundheitsamt erfahren.»
«Tja, und dann hätten wir dort wahrscheinlich lecker gegessen, und es wäre überhaupt nichts passiert.»
«Vielleicht», antworte ich schulterzuckend. «Aber . Wieso wäre ich eigentlich nicht mitgekommen, wenn ich den Club gegoogelt hätte?»
Rainey beugt sich wieder nach vorne. «Heute Abend machen wir mal was anderes als sonst. Der Club ist super exklusiv. Nur ausgewählte Gäste kommen da rein. Und wir stehen fett auf der Gästeliste.»
Carson zwinkert mir zu. «Mal nicht ins Power Plant Live, hm? Keine Chicas, die gerade einundzwanzig geworden sind und die Security-Typen angraben. Mal nicht in eine dämliche Tiki-Bar. Dieser Laden ist ein bisschen . extremer.»
Ich beiße auf meiner Lippe herum. «Extremer? Wie jetzt?»
Carson biegt in die Lombard Street ein. Diesmal antwortet sie, ohne mich anzusehen. «Extremer in dem Sinn, dass dort ein anderer Schlag von Leuten abhängt, als du es gewohnt bist.»
Ich werfe die Hände in die Luft. «Was soll denn dieses Rumgeeiere? Spuckt's aus. Ihr habt doch sonst nichts gegen klare Worte. Fahren wir zu einem illegalen Pokerabend, oder was? Oder . Oh nein, schleppt ihr mich wieder in einen Stripclub?»
Die beiden lachen los.
«Vertrau uns, okay?», sagt Rainey schließlich. «Auch wenn es dir schwerfällt. Glaub mir, du wirst einen Superabend haben. Versuch dich einfach mal zu entspannen.»
«Na, danke.»
Selbst an guten Tagen kann ich mich nicht entspannen, da wird es wohl jetzt erst recht nicht klappen. Ich habe gerade echt mehr als genug um die Ohren - meine Masterarbeit ist demnächst fällig, dazu noch der Job an der Franklin School. Gestern beim Abendessen hat Dad mich sogar gefragt, ob nicht eher ich diejenige bin, die betreutes Wohnen bräuchte.
«Prinzessin, ich habe gehört, dass Rockys Zimmernachbar gerade abgehauen ist. Ich wette, ich könnte dich da günstig reinbringen!»
Natürlich weiß ich, dass er nur Spaß macht, allein schon deshalb, weil ich ja ursprünglich gar nicht wollte, dass er da hinkommt.
Carson parkt den Wagen am Ende einer dunklen Gasse. Beim Blick aus dem Seitenfenster muss ich schlucken. Ich bin an gutbeleuchtete Parkhäuser in Hafennähe gewöhnt oder daran, mit dem Taxi zum Federal Hill zu fahren. Hier brüllt mein Überlebensinstinkt förmlich, ich soll angeschnallt im Auto sitzen bleiben und mich an den Griff über der Beifahrertür klammern.
«Da wären wir», sagt Carson fröhlich, als wären wir im Park angekommen und würden gleich den Picknickkorb aus dem Kofferraum holen. «Hat jede ihr Handy?»
«Jepp.» Rainey klingt genauso happy und...
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