Schweitzer Fachinformationen
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Am Freitagnachmittag Start für die große Reise. Mit Tram und Bus zum kleinen EuroAirport Basel-Mulhouse. Strenge Grenzkontrolle! Ein französischer Grenzbeamter zwingt Thomas, seine Militärstiefel auszuziehen. Im Flugzeug der Lufthansa haben wir einen Fensterplatz und sehen unter uns die Felder, wie Stoffflecken auf einem Teppich, darüber große, weiße Wolken, durch die wir hindurch düsen. Aber: Unser Flugzeug konnte erst nach 1 ½ Stunden starten, sodass wir in Frankfurt trotz unseres Rennens durch die Flugzeughallen den Anschluss nach Chicago verpassen. Kurze Aufregung und Unsicherheit. Wir sind eine Gruppe von zehn Passagieren, die nun auf den nächsten Flug warten müssen. Ein Grund der Verspätung sei der Ferienbeginn, zu viele Leute unterwegs, Chaos! Ein anderer Grund sei ein Gewitter mit Wolkenbruch. Wir wissen es nicht genau. Bis wir die nötigen Informationen haben, müssen wir auf dem Flughafen umherirren. Auf Laufbändern werden wir wie eine Batterie Hühner durch den riesigen Flughafen von A nach B befördert. Ich kümmere mich um Sandwiches und lese Hartland von Wolfgang Büscher, eine ideale Vorbereitung auf den weiten, leeren Raum der USA. Die Information lautet, dass wir eine Nacht in Frankfurt schlafen müssen und erst am nächsten Morgen losfliegen können. Wir fahren mit einem Bus raus in den Vorort Rüsselsheim. Der Chauffeur ist ein Nordinder, der sehr gut Deutsch spricht. Wir beziehen ein feines Zimmer im Hotel HD.
Alles ist sauber, funktionell und grau. Ein kaltes, reiches Büfett wartet auf uns, es gibt auch warme Gerichte. Ich esse nur wenig und beobachte die Reisenden. Alle Leute, die hier versammelt sind, haben einen Flug verpasst, das scheint normal zu sein. Thomas telefoniert mit dem Guide in USA und meldet unser Pech. Wo unser Gepäck herumkreist, wissen wir nicht. An der Rezeption bekommen wir Zahnbürsten. Wir schlafen herrlich in riesigen Betten.
Um 06.00 Uhr erleben wir den Sonnenaufgang vom Fenster aus. Zum Frühstück gibt es wiederum ein reiches Büfett. Ringsum sitzen schöne Menschen. Diejenigen mit anderer Hautfarbe sind keine Sans Papiers1, wie bei uns in der Schweiz. Sie sehen reich aus und sind schick gekleidet. Das hier ist eine feine, internationale Welt. Mit dem Bus fahren wir wieder zum Flughafen. Ich beobachte einen alten Araber mit weißem Kopftuch, das er mit einem schwarzen Reif aus Kamelhaar auf den Kopf gedrückt hat. Er trägt ein wollenes, weißes, langes Kleid, helle Socken und Sandalen. Er geht an einem Stock und steigt mühsam in das Taxi der Firma Ahmad! Auf dem Flughafen müssen wir wieder warten. Ich habe Zeit zu lesen. Dann plötzlicher Aufruf! Mit dem Bus fahren wir raus zu den Flugzeugen und fliegen nach Düsseldorf. Das ist ein kleiner, gemütlicher Flughafen. Überall kleine Läden mit Luxus und Verführung zum Konsumieren. Wieder Zeit zum Sitzen, Lesen und Träumen. Alle warten. Der Flug mit der LH 436 nach Chicago um 11.56 Uhr scheint zu klappen. Wir fliegen pünktlich ab. Ich stelle meine Uhr nicht um und fühle mich noch in der europäischen Zeit. Jetzt fliegen wir über Reykjavik. Wir sind auf einer Höhe von 37.000 Fuß Höhe. Unter uns liegt Schnee. Auf meiner Uhr ist es 16.15. Wir haben eine Geschwindigkeit von 853 Kilometer pro Stunde. Vor uns liegen noch 3.409 Kilometer, das ist eine Flugzeit von 4 ½ Stunden.
Bereits um 14.00 Uhr Ortszeit landen wir in Chicago. In der Schweiz ist die Sonne schon untergegangen. Dort haben sie jetzt 22.00 Uhr. Dank der Zeitverschiebung war die Flugzeit relativ kurz. Acht Stunden wurden uns geschenkt. Wir fühlen uns ausgeruht. Das ist die Relativität der Zeit! Das Gepäck ist schon da. Ich will meine Schulfreundin Süni anrufen, habe aber keinen Netzempfang mit der Schweiz, der Kontakt ist abgeschnitten. Wir können nur noch aneinander denken. Süni ist die einzige Freundin, die mich um diese Reise auf dem Motorrad, quer durch Amerika, beneidet. Alle anderen Freundinnen in meinem Alter finden das viel zu gefährlich und würden das nie tun.
Thomas ruft unseren Leiter an, der 10 Minuten später da ist. Er heißt Günter und ist 38 Jahr alt. Seine Mutter ist Kanadierin, der Vater Österreicher. Er wohnt mit seiner Frau in Miami. Er hat blaue Augen, trägt lange blonde Haare und hat einen Bart. Er ist groß und kräftig gebaut. Er trägt eine Baseballmütze, kurze Hosen und Turnschuhe. Sein Deutsch hat einen starken, amerikanischen Akzent. Grammatik und Wortschatz sind fehlerhaft. Aber seine tiefe Stimme ist angenehm, er spricht ruhig und fließend, das gibt ihm Autorität. Pro Jahr führt er sechs solche Touren durch. Er fährt uns 45 Minuten mit dem Auto zum Motel. Vom Zentrum Chicagos, das eine Zugstunde entfernt liegt, sehen wir nichts. Wir beziehen unsere ebenerdig gelegenen Zimmer im Motel. Die sechs Motorräder für unsere Gruppe stehen vor der Tür bereit wie gesattelte Pferde. Es sind 36 Grad. Die amerikanischen Vögel mit dem roten Bauch, American Kestrel, von denen Wolfgang Büscher schreibt, pfeifen lustig. Wir schwimmen im Pool. Das Wasser ist warm. Dann ruhen wir uns auf dem Liegestuhl aus. Die Sonne brennt. Wir genießen die geschenkte Zeit auf dem fernen Kontinent! Weit weg von zu Hause sind wir doch die gleichen Menschen. Gemütlich packen wir die Koffer aus und bereiten uns auf das gemeinsame Abendessen mit der Gruppe vor. Die Klimaanlagen in Bad und Zimmer rauschen wie eine Autobahn. Diese Ventilatoren stören mich. Thomas ist einverstanden, sie nach einer gewissen Zeit abzustellen. Um 20.00 Uhr treffen wir unsere Gruppe. In der Schweiz ist es jetzt morgens 04.00 Uhr. Ich spüre eine gewisse Mattigkeit. Wir begrüßen die Gruppe: Zwei Ehepaare: Susanne und Ernst aus Wien, Barbara und Gerald aus Rüsselsheim. Dann zwei Frauen aus der Schweiz, Eva und Jacqueline, die je eine Maschine fahren. Zwei weitere Schweizer sind Rolf aus Aarau mit seinem schulpflichtigen Sohn Benny. Rolf ist geschieden. Seine Ex-Frau ist Religionslehrerin und hat vorher in einem Reisebüro gearbeitet. Vater und Sohn sind aus der katholischen Kirche ausgetreten. Rolf trägt einen Millimeterschnitt und sagt, im Januar habe er noch einen langen Zopf gehabt.
Wir gehen in ein Steakhaus. Es ist groß und rustikal. Überall sitzen auffallend dicke Menschen an den Tischen. Sie wirken auf mich dekadent, phlegmatisch und unerotisch. Während des ganzen Abends läuft im TV ein Boxkampf. Das Essen schmeckt fad, alles war tiefgefroren und wurde in der Mikrowelle aufgetaut. Nichts ist gekocht. Ich lasse die Hälfte stehen. Wir trinken nur Wasser. Der zweite Guide stammt aus Hamburg und heißt Finn. Er sieht klug und fein aus und spricht ein gestochenes Hochdeutsch. Unsere Gruppe strahlt positive Energie aus. Alle versprechen gute Kameraden zu sein. Rolf tauscht mit Thomas das Motorrad. Jetzt hat Thomas dieselbe Harley Davidson Road King wie in Basel. Die beiden Frauen, Eva und Jacqueline, die selber je eine Maschine fahren, sind stabil, voller Kraft und Energie. Beide haben einen Motorradkurs abgeschlossen und sind für diese Reise trainiert. Um 22.30 gehen wir müde zu Bett.
Herrliches Wetter, die Sonne brennt, 36 Grad. Einige unserer Frauen tragen keinen Helm und als Oberbekleidung nur ein Top. Nach einem ausführlichen Briefing (das Wort zum Tag!) fahren wir um 10.15 Uhr los. Es gibt viele Pausen, wir schauen uns Sehenswürdigkeiten an: Als erstes eine historische Tankstelle in Wilmington. Sie wurde 1906 gegründet und 1933 renoviert. Wir sehen riesige, bunt bemalte Statuen von berühmten Männern, der eine hat den Hot Dog, der andere das Coca Cola erfunden. Wir besuchen ein altes Gefängnis, erbaut 1906, mit nur einer Zelle. Ich beobachte eine alte, gehbehinderte Frau, die zu ihrem Begleiter, der an Stöcken geht, sagt: Are you ok, Dad? In ihrer Stimme liegt Zärtlichkeit. Unsere Gruppe ist fröhlich. Nach dem Mittagessen in Bloomington im Friday's lässt der Guide laute Rock 'n' Roll-Musik erklingen. Das bringt gute Stimmung! Wieder gibt es viele Pausen, wo man kurz absteigen und Fotos knipsen kann. Wir fahren zu einem Harley-Shop. Ich kaufe eine Jacke, schwarze Jeans und Lederhandschuhe. Thomas schenkt mir 75 Dollar für die Jacke. Konsumieren steigert die Lebensfreude. Danach fahren wir weiter, durch riesige Maisfelder und Wiesen. Am Rande stehen hohe Ahornbäume. Wir sehen viele kleine, einstöckige Landhäuser aus Holz, weiß bemalt, ohne Unterkellerung. Vor jedem Haus gibt es einen sauber gemähten, grasgrünen Rasen, Blumenbeete und zwei Autos - einen Pick-up für Transporte und einen eleganten Wagen zum Ausfahren. Menschen sind keine zu sehen.
Wir fahren zügig. Unser Guide erklärt das Tempo: 75 Meilen pro Stunde, was 110 Kilometer pro Stunde entspricht, ist nur auf Highways und Interstates erlaubt. Auf der Landstraße beträgt die Höchstgeschwindigkeit 55 Meilen pro Std. Über die Schulter von Thomas beobachte ich konzentriert den Kilometerzeiger. Manchmal klettert er auf 60 Meilen pro Std.. Bei 55 Meilen pro Stunde fühle ich mich am wohlsten. Alle sind zufrieden. Abends kommt ein leichter Regen, aber es bleibt warm. Endlich sind wir an unserem Etappenziel: Springfield. Das ist die Stadt von Abraham Lincoln. Wir sehen sein Denkmal vor dem weißen Kapitol. Dann beziehen wir unser Zimmer im Microtel Inn & Suites Springfield, IL. Kurz auspacken und...
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