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Kriegsherr, Gefangener, König - Richard Löwenherz kehrt zurück
Herbst 1192. Viele Jahre hat Richard Löwenherz auf seinen Kreuzzug ins Heilige Land verwendet und doch nicht mehr erreicht als einen Friedensvertrag. Jetzt braucht ihn sein eigenes Land: England wird von Unruhen heimgesucht, und Richards Erzfeind Philippe Capet von Frankreich und sein verräterischer Bruder John wollen die Macht an sich reißen. Alles scheint sich gegen Richard Löwenherz verschworen zu haben: Er erleidet Schiffbruch und gerät in die Fänge Heinrichs VI., der für seine Freilassung weit mehr Lösegeld verlangt, als Königin Alienor aufbringen kann. Philippe Capet und Prinz John hingegen sind bereit, viel Geld zu zahlen - damit der König noch länger in Gefangenschaft bleibt ...
Der abschließende 3. Teil der beliebten Reihe um Richard Löwenherz, erzählt aus der Sicht seines treuen Knappen
Ich stand im Hof der großen Burg Chinon. Helles Sonnenlicht strahlte von einem gewaltigen blauen Himmel, und in den Bäumen jenseits der Mauern sangen fröhlich die Vögel. Entzückte Rufe eines Kindes vermischten sich mit dem Bellen eines Hundes. Rhys war nirgendwo zu sehen; ich war wirklich allein, was mir merkwürdig erschien. Da waren weder Pagen, die eilig ihren Aufgaben nachgingen, noch Soldaten auf dem Wehrgang oder Wäscherinnen, die mit Dienerinnen tratschten. Nicht einmal ein Reitknecht oder Stalljunge war vor den Ställen zu sehen.
Während mein Blick sich zum Tor des Donjons verschob, kam der König herausgeritten. Ich lächelte und öffnete den Mund zum Gruß, aber zu meiner Verblüffung ritt der schwarzhaarige Robert FitzAldelm gleich hinter ihm. Er war ein weiterer enger Gefährte Richards und mein Todfeind; mehr als einmal hatte er versucht, mich zu ermorden. Mein größter Wunsch war es, FitzAldelm sterben zu sehen, aber ich hatte geschworen, ihn nicht zu töten.
Der König kam näher. Sein Gesicht ließ den gewohnten freundlichen Ausdruck vermissen.
Bleib ruhig, sagte ich mir. Du hast keinen Grund zur Sorge.
»Guten Morgen, Sire.« Ich beugte das Knie.
Ich erhielt keine Antwort, und Furcht erfasste mich. Ich stand auf, aber ich grüßte FitzAldelm nicht. Er grinste höhnisch. Obwohl mir die Gräuel durch den Kopf schossen, die ich ihm so gern zugefügt hätte, beherrschte ich meine Miene.
»Robert hat eine ernste Anschuldigung gegen Euch erhoben, Rufus.« Richards Tonfall war kalt.
Mein Herz setzte einen Schlag aus. Er konnte mir nur eines vorwerfen, aber ich wollte verdammt sein, wenn ich es zugab. FitzAldelm hatte keinen Beweis - dafür hatten Rhys und ich gesorgt. Ich setzte meine beste fragende Miene auf. »Wirklich, Sire?«
»Er sagt, Ihr hättet vor zehn Jahren in heimtückischer Weise seinen Bruder Guy in Southampton ermordet.« Richards Blick wechselte zu FitzAldelm, welcher nickte, und kehrte zu mir zurück. »Nur Stunden, nachdem Ihr und ich einander begegnet waren.«
Nachdem du mein Leben gerettet hattest und ich das deine, dachte ich, aber das konnte ich nicht aussprechen.
»Nun?«, fragte der König.
»Das ist nicht wahr, Sire.« Ich habe in Notwehr gehandelt, wollte ich rufen.
»Er lügt!«, schrie FitzAldelm. »Er hat Guy ermordet, Sire, das steht unumstößlich fest.«
»Ich habe nichts Derartiges getan, Sire, und Rhys wird das bestätigen. Er war die ganze Nacht hindurch bei mir.«
In Richards Gesicht deutete sich etwas an, das ich für Zweifel hielt, aber schon im nächsten Augenblick wurde meine Hoffnung zermalmt.
»Robert sagt, er habe einen Zeugen«, fuhr der König gepresst fort. »Jemanden, der Euch in der Sündenmeile gesehen hat, wie Ihr in der gleichen Schenke trankt wie sein Bruder.«
»Einen Zeugen, Sire?« Ich konnte mir den leisen Spott nicht verkneifen. Der Soldat Henry war lange tot. Anders als FitzAldelms Bruder hatte ich den in der Tat kaltblütig ermordet; ich hatte dem Soldaten die Kehle durchtrennt und seine Leiche mit Rhys' Hilfe tief in einer Abfallgrube versteckt. Die Aussicht, dass man nach so vielen Jahren noch jemanden fand, der sich an mich erinnerte, war sehr gering. Ein Ding der Unmöglichkeit. Richard wandte sich FitzAldelm zu, und ich ebenfalls.
»Henry!«, rief mein alter Feind. Laut. Zuversichtlich.
Nein, dachte ich entsetzt. Das kann doch nicht sein.
Ein Mann erschien im Tor. Selbst auf die Entfernung war sein Bart deutlich zu sehen. Er trat näher. Der spatenförmige Umriss des Bartes war unverkennbar. Auch das Gesicht war mir vertraut.
Ich begann zu zittern. Du bist tot!, wollte ich rufen. Ich habe dich mit eigenen Händen getötet und begraben. Das Entsetzen umschlang mich, während ich zusah, wie Henry sechs Schritt vor Richard auf die Knie fiel und den Kopf neigte. »Sire.«
»Erhebe dich«, befahl Richard. Er wandte sich an FitzAldelm: »Das ist er?«
»Jawohl, Sire.«
Ein knappes Nicken, und er betrachtete den Neuankömmling. »Name?«
»Henry, Sire. Ein Soldat bin ich, aus Southampton.«
Mich fragte der König: »Kennt Ihr diesen Mann?«
»Nein, Sire«, log ich und unterdrückte irgendwie das Beben meiner Stimme.
»Ihr habt ihn nicht in der Nacht, in der Sir Roberts Bruder getötet wurde, in der Schenke gesehen?«
Erleichtert sagte ich wahrheitsgemäß: »Nein, Sire.«
»Er aber sah Euch. Ist das nicht richtig?«
»Es stimmt, Sire.« Henry begegnete meinem Blick.
Übelkeit stieg mir in die Kehle. Henry war tot und begraben, bis auf die Sehnen und Knochen verfault. Und doch stand er hier, und sein Zeugnis sollte mein Schicksal so sicher besiegeln wie die Klinge eines Feindes.
»Sieh gut hin«, riet Richard ihm. »Es ist viele Jahre her. Das Aussehen der Menschen verändert sich.«
»Ich bin sicher, Sire«, sagte Henry. »Sein roter Haarschopf ist unverkennbar, und das grobknochige Gesicht ebenso. Das ist der gleiche Mann, und das werde ich auf eine Reliquie schwören.« Einen heiligeren Eid konnte er nicht anbieten.
In FitzAldelms Augen glitzerte boshafter Triumph.
»Sagt uns, was Ihr gesehen habt«, forderte der König ihn auf.
»Er hat sich sehr für zwei Männer interessiert, die sich eine Hure geteilt hatten, Sire. Als sie gingen, schlich er ihnen hinterher. Einer der beiden, Sire, war Messire Roberts Bruder.«
»Woher weißt du das?«, fragte der König scharf.
Henry sah FitzAldelm an. »Sie gleichen sich - glichen sich - wie zwei Erbsen aus einer Schote, Sire.«
»So war es, das ist richtig.« Richards Blick heftete sich auf mich. »Nun? Was habt Ihr zu sagen?«
Verunsichert bekam ich es mit der Panik und setzte an: »Sire, ich .«
»Wart Ihr in der Schenke?«
Ich sah Henry an, FitzAldelm, den König. Ich kam mir vor wie eine Ratte in einer Falle. Verdattert stotterte ich: »Das . das war ich, Sire.«
»Ich habe es gewusst!«, trumpfte FitzAldelm auf.
Richards Miene stand auf Sturm. »Und Ihr seid Guy und dessen Knappen gefolgt?«
Ich erwog zu lügen, doch mein Gesicht, das tiefrot angelaufen war, hatte mich schon verraten. Ich wollte mich nicht noch mehr versündigen. »Das habe ich, Sire, aber das macht mich nicht zum Mörder! Wie sollte ich so etwas zuwege bringen - ein Mann gegen zwei?« Ich verabscheute mich für meinen Tonfall; meine Stimme war so schrill wie die eines Fischweibs.
»Weil Euer dreckiger Knappe draußen wartete, um Euch zu helfen!«, schrie FitzAldelm. »Sire, ich habe einen weiteren Zeugen, der gesehen hat, wie Rhys nicht lange nach Rufus das königliche Quartier verließ.«
Ein schwarzer, bodenloser Abgrund öffnete sich vor meinen Füßen. In seinen Tiefen erblickte ich einen rötlich-orangenen Schimmer. Höllenfeuer, dachte ich, das darauf wartet, mich zu verschlingen. Mich zu verzehren für das, was ich getan habe.
Taub vor Schock stand ich da, während ein Stallknecht mit struppigen Haaren hereingerufen wurde, ein Mann, an den ich mich nicht erinnerte, der dem König aber bekannt war. Seine Aussage war vernichtend. Er hatte beobachtet, wie Rhys mir nachschlich, und am folgenden Morgen hatte er belauscht, wie wir über meinen verletzten Arm sprachen.
»Nun?«, grollte Richard. »Was sagt Ihr dazu?«
Ich hatte nichts zu verlieren. »Ich habe Guy FitzAldelm getötet, aber es war Notwehr.«
»Ihr seid ihm in die Gasse nachgeschlichen, und dann hat er Euch angegriffen?« Im Gesicht des Königs lagen Hohn und Unglaube im Widerstreit.
»So war es, Sire«, betonte ich.
Richard achtete nicht auf mich. Er rief nach seinen Wachen. Stämmige Waffenknechte in königlicher Livree erschienen so geschwind, als hätten sie nur darauf gewartet, dass man sie rief.
Ich wurde abgeführt und beteuerte dabei meine Unschuld. Tief in den Eingeweiden des Donjons wurde ich in eine fensterlose, stinkende Zelle mit Steinfußboden geworfen. Mit dem Eindruck der Endgültigkeit knallte die Tür zu. Ich hämmerte mit den Fäusten gegen die Bohlen. »Lasst mich raus!«
Ein mitleidloses Lachen war meine Antwort. Es stammte von Robert FitzAldelm - er war den Soldaten gefolgt.
Ich hämmerte erneut gegen die Tür. »Ich bin kein Mörder!«
»Sagt das dem Scharfrichter.«
»Der König wird solch einen Befehl niemals erteilen!«
Ein amüsiertes Schnauben. »Dann kennst du ihn nicht so gut, wie du glaubst. Das Datum steht schon fest.«
Mehr als einmal in meinem Leben hatte ich gesehen, wie ein Mann einen Hieb in die Magengegend gleich unterhalb des Brustkorbs bekam. Ein Treffer an dieser Stelle trieb ihm sämtliche Luft aus der Lunge und warf ihn benommen und mit schlaffem Kinn zu Boden. FitzAldelms Worte trafen mich mit der gleichen Wirkung. Meine Knie gaben nach, und ich sackte auf den Steinplatten zusammen. Ich lehnte den Kopf an die dicken Bohlen der Tür und hörte schwach, wie FitzAldelms Schritte sich entfernten.
Ich besaß nicht mehr die nötige Kraft, um mich aufrecht zu halten. Mit einer Hand stützte ich mich nach hinten ab, damit ich nicht stürzte und mir den Kopf anschlug, dann legte ich mich hin. Wollte, dass die Schwärze mich nahm. Wollte nie wieder erwachen und mich dem grausamsten Schicksal stellen, das mein Lehnsherr befohlen hatte, den ich liebte wie einen Bruder.
Ich schloss die Augen.
Eine Hand ergriff meine...
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