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Rebell, Anführer, Bruder, König - Richard Löwenherz!
1179: Heinrich II. Plantagenet herrscht über England und Teile Frankreichs. In seinem Haus aber herrscht Unruhe, sogar zur Rebellion kommt es. Ausgerechnet Ferdia, ein irischer Adliger, der als Geisel an den Hof kam, rettet seinem Sohn Richard das Leben. Zum Dank wird er Richards Knappe und darf ihn fortan begleiten. Sie ziehen in den Krieg, kämpfen hart und siegen, und Richard macht sich als Löwenherz einen Namen. Doch bald erkennt Ferdia: Sein Herr schwebt erneut in Gefahr, denn der Ruhm sorgt für Neider, auch in Richards eigener Familie ...
Auftakt einer neuen Reihe um Richard Löwenherz, erzählt aus der Sicht seines treuen Knappen
Zehn Jahre lag es zurück, dass der verräterische einstige König von Leinster, Diarmait Mac Murchada, die Engländer nach Irland geholt hatte. Die Eroberung der Insel war keineswegs abgeschlossen, aber die Grauen Fremden, wie wir sie nannten, besaßen die Oberhand. Das zeigte sich nicht nur an dem Streifen der Ostküste, den sie hielten, sondern auch daran, dass viele irische Provinzkönige dem englischen Monarchen Henry den Lehnseid angeboten hatten. Vor vier Jahren dann waren all unsere Hoffnungen wie von einem Hammerschlag zerschmettert worden, als auch König Ruairidh von Connacht ihm Gefolgschaft schwor.
Mein Vater war ein niederer Adliger und saß im Norden Leinsters. Nachdem Diarmaits Bündnis mit den Engländern besiegelt worden war, hatte er Ruairidh die Lehnstreue angeboten. Als sich nun auch Connacht den Grauen Fremden zuwandte, betrachtete Vater das als Verrat und tat wütend das Unvorstellbare: Er schloss sich unserem alten Feind an, dem König von Ulster, den die Invasoren noch nicht überrannt hatten. Vaters Entscheidung erwies sich als unbedacht. Als der Feind in unser Land einfiel, beantwortete Ulster unseren Hilferuf nicht. Wir kämpften tapfer, aber schon bald waren wir besiegt.
Mich nahm man zur Geisel, um das Wohlverhalten meiner Familie zu erzwingen, und brachte mich nach Dublin. Von dort reiste ich auf einer robusten Kogge übers Meer nach Süden und nach Osten an die wolkenverhangene walisische Küste, an der sich auf ganzer Länge eine Burg an die andere reihte. Überziehe ein Land mit solchen Festungen, dachte ich grimmig, und die Einheimischen können nirgendwohin ausweichen. Sie sind gezwungen, sich zum letzten Kampf zu stellen, genau wie meine Familie. Wieder stand mir der Sturmangriff der englischen Ritter vor Augen, eine unaufhaltsame Welle, die unsere leicht gepanzerten Krieger zermalmt hatte.
Unsere Reise endete in Sichtweite zu England an der Burg, die sie Striguil nannten. Heimstatt der Familie de Clare, steht sie auf einer Klippe über dem Fluss namens Wye, und sie war die größte Burg, die ich bis dahin gesehen hatte. Den mächtigen rechteckigen Turm umgab eine Mauer, die sich um den Gipfel des Hügels schlängelte. Wie ich entdecken sollte, umlief die Burg ein Wehrgraben, nur nicht an der Seite, die dem Wye zugewandt war. Ich ließ es mir nicht anmerken, aber ich war beeindruckt. Wenn dies der Stammsitz eines Earls sein sollte, wie wahrhaft beachtlich musste erst König Henrys Donjon sein. Die Engländer waren nicht nur Könner im Kampf, erkannte ich, sondern auch geschickte Baumeister. In mir regte sich die Befürchtung, dass Irlands Häuptlinge und Könige die Invasoren niemals ins Meer zurücktreiben könnten. Ich unterdrückte das Gefühl, denn mir schien, dass es meine Lage nur verschlimmern konnte, wenn ich aufkommender Verzweiflung nachgab. Solange ich davon träumen konnte, die Engländer in meinem Land zu besiegen, ließ sich das Elend, das auf mich gehäuft wurde, ertragen.
Ich war neunzehn Jahre alt, überragte die meisten, hatte einen zerzausten, unbändigen Haarschopf und eine knochige Gestalt. Von der Arroganz der Jugend erfüllt, sprach ich damals nur wenig Französisch und kein einziges Wort Englisch. Seit mein Vater mich mit steinerner Miene in die Gefangenschaft ausgeliefert hatte, ertrug ich klaglos schwierige Zeiten. Seine Abschiedsworte: »Gib nur dann nach, wenn du nicht anders kannst - tu nur das, was du tun musst« hatte ich mir zu Herzen genommen und weigerte mich, auch nur einen Befehl zu befolgen. Am ersten Tag nannte ich den ungeschlachten Ritter mit dem eckigen Schädel, in dessen Obhut ich gegeben worden war, eine Flohtöle und fügte hinzu, dass seine Mutter sich in den dreckigen Hintergassen von Dublin verkaufe. Welche Folgen das für mich haben könnte, hatte ich nicht bedacht. Einige Matrosen waren Iren, und vom Ritter eingeschüchtert, dolmetschten sie ihm, was ich gesagt hatte.
Meine Schmähungen an diesem ersten Tag handelten mir eine Abreibung ein, mit meiner Sturheit danach erwarb ich mir keinen Respekt, sondern nur mehr Prügel und karge Rationen. Blicke ich heute zurück, wundere ich mich nicht nur über mein starrköpfiges Verhalten, sondern vor allem über meine Kurzsichtigkeit. Als die Reise zu Ende ging, waren mir die Stiefel und die Fäuste des Ritters alte Bekannte. Unauslöschlich brannte in mir die Wut über die Demütigung, und wäre mir eine Waffe in die Hände gefallen, hätte ich den Ritter in die See geworfen oder ihm noch Schlimmeres angetan. Doch trotz meines jugendlichen Draufgängertums war ich so klug zu wissen, dass ich ihm nach solch einer Tat auf den Grund des Ozeans gefolgt wäre, also vergrub ich meinen Hass tief in mir und hoffte auf eine Gelegenheit zur Rache.
»Rufus.«
Ich achtete nicht darauf, dass ich angeredet wurde, weil ich noch nicht an den Namen gewöhnt war, den meine Geiselnehmer mir gegeben hatten - finster nahm ich an, sie seien unfähig oder eher unwillig, Ferdia richtig auszusprechen. Mein Blick hing an den Gestalten, die auf dem hölzernen Landesteg unterhalb der Burg standen. Wie es schien, war die Nachricht von unserem Kommen uns vorausgeeilt. Ich hatte keine Vorstellung, wer uns an Land in Empfang nehmen würde, aber es würde nicht der alte Burgherr sein, Richard de Clare, der Earl von Pembroke, einer der Anführer der Invasion Irlands. De Clare war tot, Gott sei gelobt. Aber hätte der Earl noch gelebt, hätte er sich bestimmt nicht herabgelassen, der Ankunft eines Gefangenen wie mir beizuwohnen. Das Gleiche galt für seine Gemahlin, die Gräfin Aoife, die seit seinem Tod auf der Burg herrschte. Sie sei von großer Schönheit, hieß es, und ich hatte nachts angenehme Träume mit ihr heraufbeschworen, um mich von meiner dünnen Decke und den harten Planken abzulenken.
»Rufus, du Hund!« Stiefel und Fäuste - mein Spitzname für Robert FitzAldelm, den hohlköpfigen Ritter, der unsere Gruppe anführte - klang verärgert.
Endlich erlangte er meine Aufmerksamkeit. Ich erkannte »Rufus«. Ich wusste, was chien bedeutete. Ich bin so hochgeboren wie du, dachte ich voll Verachtung. Von seinem letzten Übergriff schmerzten mir noch die Rippen, und dennoch, störrisch bis zuletzt, hielt ich den Blick auf den nahen Anlegesteg gerichtet und blieb mit den Gedanken bei Aoife. Als Tochter von Diarmait Mac Murchada, des Königs von Leinster, und Witwe von Richard de Clare war sie die Herrin meines Geschicks.
»Rufus!«
Ich beachtete ihn nicht.
Schmerz traf meinen Kopf wie ein Felsblock. Mir verschwamm die Sicht. Die Kraft des Hiebes warf mich zur Seite. Torkelnd prallte ich gegen einen Matrosen. Er stieß mich fluchend weg, meine Knie gaben nach, und ich stürzte aufs Deck. Stiefel und Fäuste stürzte sich mit seinem üblichen Eifer auf mich, wie immer sorgsam bedacht, mir nicht ins Gesicht zu treten. Schlau wie ein Fuchs war er, und er wusste genau, dass jene, die über ihm standen, die Bestrafungen nicht geduldet hätten, welche er großzügig austeilte, seit wir von Dublin ausgelaufen waren.
»Arrêtez!« Die Stimme klang grell, aber befehlsgewohnt. Eine Mädchenstimme.
Dieses französische Wort erkannte ich: Es bedeutete »aufhören«.
Mein Herz pochte. Kein weiterer Tritt traf mich.
Das Mädchen ergriff erneut das Wort und stellte ärgerlich eine Frage, die ich nicht verstand.
Stiefel und Fäuste rückte von mir ab, während er antwortete. Er klang respektvoll, aber widerwillig. Ich konnte seinen Worten nichts entnehmen.
Mir schwindelte zwar noch, aber ich öffnete die Augen und schaute zur Seite. Eine Reihe eiserner Nagelköpfe. Lücken zwischen den Planken. Unter mir schäumendes Wasser von mehreren Fingerbreit Tiefe, das in dem Raum unter dem Deck stand. Der Gestank nach verfaultem Essen und Urin - den Befehlen des Schiffers zum Trotz erleichterten sich einige Männer nicht gern über die Bordwand. Stiefel und Schuhe schritten über die Planken, Erstere von den Soldaten getragen, Letztere von Matrosen mit schwieligen Händen. Eine Taurolle. Die Böden von Fässern, in denen sich Wasser, Met und gepökeltes Schweinefleisch befanden.
Stiefel und Fäuste ließ mich in Frieden. Ich entschied, dass ich mich ungefährdet erheben konnte, und setzte mich auf. Stechender Schmerz schoss mir aus Bauch und Rücken, Armen und Beinen durch den Leib. Ich versuchte dankbar zu sein, dass es sich beim einzigen Teil von mir, den er verfehlt hatte, um meine Leisten handelte. Ich warf einen Blick zu Stiefel und Fäuste, der sich noch mit dem Mädchen auf dem Steg unterhielt. Wir hatten rasch angelegt, und Männer machten das Schiff mit dicken Tauen fest. Beim Aufstehen hielt ich mich an der Bordwand fest und sah zu meinem Erstaunen, dass das Mädchen noch ein Kind war. Sie trug ein Kleid in der Farbe von Maulbeeren und darüber einen dunkelgrünen Mantel mit silberner Borte, und sie konnte nicht älter sein als sechs Jahre. Lange rote Zöpfe, von einem helleren Ton als meine eigenen Haare, umschlossen ihr ernstes ovales Gesicht.
Der Blick ihrer grauen Augen fiel auf mich. Irgendwie ahnte ich, dass sie die Tochter Richard de Clares und Aoifes war. Was sie hier allein suchte, ging über mein Begreifen. Ich schützte Respekt vor, den ich nicht empfand, indem ich den Kopf neigte, und stellte mich ihrer unverwandten Musterung.
»Bist du verletzt?«, fragte sie.
Mir sank die Kinnlade herunter. Das Mädchen hatte mich nicht auf Französisch, sondern in meiner eigenen Zunge angesprochen.
»Mutter sagt, dass es unhöflich ist, sein Maul so aufzusperren. Wenn sonst nichts passiert, kommen Fliegen rein.«
Ich schloss den Mund, fühlte mich töricht und brachte hervor: »Ich bitte um...
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