Schweitzer Fachinformationen
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Frage Nummer 1 aller Hochbeet-Gärtner*innen: Darf ich in den ersten 1-2 Jahren Salat im Hochbeet anbauen? Enthält der Salat zu viel Nitrat und ist das gefährlich für meine Gesundheit?
Auf verschiedenen Internetseiten wirst du rasch fündig. Da hauptsächlich voneinander abgeschrieben wird, scheint es nur eine Antwort zu geben: "Verzichte in den ersten 1-2 Jahren auf Salat aus dem Hochbeet, denn sein hoher Nitratgehalt ist gefährlich für deine Gesundheit. Nitrat kann im menschlichen Körper in Nitrosamine umgewandelt werden, Nitrosamine sind krebserregend."
Musst du dich nun vor dem Salat-Essen fürchten? Ein Grund, einen tiefergehenden Blick auf das Thema Nitrat zu werfen.
Nitrat - chemisch NO3 - entsteht mit Hilfe von Bakterien, die sich im Hochbeet tummeln. Die Bakterien binden einerseits Stickstoff aus der Luft (diese enthält 72 % Stickstoff), andererseits "lösen" sie Stickstoff aus Pflanzenresten (und, wenn vorhanden, aus Tierrückständen), die du ins Hochbeet gefüllt hast. Durch verschiedene chemische und biologische Prozesse entsteht aus Stickstoff zuerst Ammonium, anschließend Nitrit und schließlich Nitrat. Nitrat ist jene chemische Verbindung, die deine Gemüsepflanzen mit ihren Wurzeln aufnehmen können.
Zu Beginn, also in den ersten 1-2 Jahren nach der Hochbeet-Befüllung, ist das Angebot an verschiedenen organischen Materialien frisch und abwechslungsreich - darum sind die Bakterien besonders aktiv, das Nitrat- und Nährstoffangebot ist hoch. Mit fortschreitendem Abbau des Materials entstehen stabile Humusverbindungen, in die Stickstoff schwer löslich eingebaut wird, das frei verfügbare Nitrat sinkt.
Wie viel Nitrat in deinem Hochbeet vorhanden ist, hängt auch davon ab, welches Material du einfüllst. Besteht die Befüllung zu einem hohen Anteil aus holzigen, strohigen Teilen (z. B. Äste, Zweige, Stängel, Stroh), entsteht weniger Nitrat. Die Bakterien benötigen Stickstoff für den Abbau des groben Materials und können ihn folglich nicht in Nitrat umbauen. Es ist daher für Pflanzen weniger verfügbar.
Kommt mehr "feines" Material in dein Hochbeet, also Gras, Beikräuter, Gemüsereste, Küchenabfälle und frischer Kompost, ist das Angebot an Nitrat für deine Pflanzen höher.
Am meisten Nitrat steht dem Gemüse zur Verfügung, wenn du eine Lage Tiermist ins Hochbeet gibst.
Nitrat ist für Pflanzen lebenswichtig. Es gelangt über die Wurzeln und die Leitungsbahnen zu den einzelnen Pflanzenteilen, wo es verwertet wird. Aus Nitrat entstehen Aminosäuren, Proteine, Enzyme, Teile der DNA, Senföle, Vitamin B, Chlorophyll (der grüne Pflanzenbaustein) und einiges mehr. "Schluckt" eine Pflanze zu viel Nitrat auf einmal, speichert sie es in ihren Zellen, um es bei Bedarf wieder zu verwenden. An warmen, sonnigen Tagen erfolgt der Ab- und Umbau von Nitrat in der Pflanze sehr rasch, an kühlen, dunklen Tagen langsamer.
Bei Nitrat- bzw. Stickstoffmangel wächst die Pflanze langsam, ihre Blätter sind hell und bleich, die Wurzeln schwach und sie setzt wenig Blüten oder Früchte an.
Der geringste Nitratgehalt befindet sich in Fruchtgemüse, also z. B. in Tomaten, Paprika, Erbsen, Buschbohnen, Gurken und Zucchini (20-300 mg/kg Frischgemüse).
Gemüse speichert Nitrat auch in seinen Wurzeln und Knollen, darum finden wir in Karotten, Sellerie, Kohlrabi, Blumenkohl und Weißkohl schon höhere Nitratwerte (500-1000 mg/kg Frischgemüse).
Am meisten Nitrat wird jedoch in Blättern deponiert, entsprechende Gemüsearten sind Salat, Spinat, Mangold, Kohl, Chinakohl, Grünkohl und Rucola, der mit durchschnittlich 5000 mg/kg Frischgemüse den Vogel abschießt.
Sogar innerhalb der Blätter verteilt sich das Nitrat. In alten Blättern, Strünken und dicken Blattadern ist der Nitratgehalt höher als in grünen, zarten und jungen Blattteilen.
Ein Ausreißer unter den Knollenfrüchten ist Rote Bete, ihr Nitratgehalt ordnet sich in der Höhe von Salat und Co. ein.
Insgesamt variiert der Nitratgehalt im Gemüse sehr stark und hängt zusätzlich von folgenden Einflüssen ab:
? Nitratgehalt im Boden: Klar, je mehr Nitrat im Boden ist, umso mehr kann eine Pflanze aufnehmen.
? Tageszeit und Temperatur: Je sonniger und wärmer, desto weniger Nitrat ist im Gemüse, je kälter und dunkler (Wolken, Herbst/Winter) desto mehr.
? Ort des Anbaus: Freilandgemüse enthält weniger Nitrat als Gemüse aus Gewächshäusern, da es mehr Sonne bekommt.
? Tageszeit der Ernte: Ab Mittag sinkt der Nitratgehalt.
Wir nehmen Nitrat vorwiegend aus drei Quellen zu uns: 70 % aus Gemüse, 20 % aus Trinkwasser und 5 % aus Fleisch(produkten). Der Rest kommt von verschiedenen Nahrungsmitteln wie Obst, Getreide oder Milcherzeugnissen.
Da pflanzliche Kost die Hauptquelle für Nitrat ist, sind die täglichen Aufnahmemengen bei vorwiegend oder ausschließlich pflanzlicher Ernährung höher.
Seit den 1970er-Jahren steht Nitrat auf Basis von Tierversuchen in Verdacht, auch im menschlichen Körper Nitrosamine zu bilden. Nitrat wird verschluckt, im Magen zu Nitrit reduziert und kann (!) dort bei Vorhandensein von Aminen (das sind natürlich vorkommende Stickstoffverbindungen) und bestimmten Bakterien Nitrosamine bilden. Welche genauen Umstände für die tatsächliche Bildung von Nitrosaminen vorliegen müssen, ist nicht endgültig geklärt. Studien legen nahe, dass die direkte Aufnahme von Nitrit (Achtung: nicht Nitrat!) und Magen-Darm-Infekte die Entstehung von Nitrosaminen begünstigen.
Nitrosamine sind (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) krebserregend. Besonders viel kommt davon in Tabakwaren vor. Auch in Kosmetikprodukten, Gummi, stark erhitzten Fleischwaren (Wurst, Speck), Süßigkeiten, Gewürzen und sogar in verunreinigten Medikamenten kannst du auf Nitrosamine treffen. Durch die Zugabe von Vitamin C, v. a. bei Wurstprodukten, wurde in den letzten Jahrzehnten der Nitrosamin-Gehalt um bis zu 96 % reduziert.
Nitrat bzw. sein Umwandlungsprodukt Nitrit kann für Säuglinge in den ersten Lebensmonaten zur Gefahr werden. Nitrit wandelt das Hämoglobin, also den roten Blutfarbstoff, in Methämoglobin um. Während erwachsene Menschen das Methämoglobin rasch wieder zurückbilden können, gelingt dies Babys nicht, da sie bestimmte Enzyme noch nicht entwickelt haben. Methämoglobin hemmt den Transport von Sauerstoff im Körper, im schlimmsten Fall kann es zum Ersticken kommen. Zu deiner Beruhigung: In Mitteleuropa gibt es seit den 1960er-Jahren keine bekannten Fälle dieser als Blausucht bezeichneten Krankheit. Und ganz ehrlich: Wer ernährt sein kleines Baby mit Spinatbrei, Salatpüree und Rote-Bete-Saft?
Bei Magen-Darm-Infekten kann es ebenso zur Methämoglobin-Bildung kommen. Auch in diesem Fall stehen Salat und Spinat für dich und deine Kinder wohl nicht an oberster Stelle der Speisen-Wunschliste.
Die WHO (World Health Organisation) legte 2003 die empfohlene maximale Aufnahmemenge mit 3,7 mg Nitrat/kg Körpergewicht/Tag fest. Der Grenzwert für einen Erwachsenen mit 70 kg Körpergewicht liegt also bei rund 260 mg Nitrat/Tag.
Was bei der Festlegung der Nitratgrenzwerte nicht berücksichtigt wurde: die Quelle, aus der Nitrat aufgenommen wird. Während Nitrat z. B. aus Trinkwasser "pur" in den Körper kommt, ist es im Gemüse nie allein. Denn Gemüse enthält zahlreiche zusätzliche Stoffe, die sogar die Bildung von Nitrosaminen hemmen. Dazu gehören Vitamin C, Vitamin E und Polyphenole. Außerdem ist bekannt, dass eine gemüsereiche Ernährung das Risiko von Krebserkrankungen senkt.
Seit mehr als 15 Jahren wird intensiv an den positiven Wirkungen von Gemüse-Nitrat geforscht. Ausgangspunkt dafür ist eine Entdeckung, die 1998 sogar mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Dabei geht es um die wichtige Rolle von Stickstoffmonoxid (chemisch NO) für das Herz-Kreislauf-System. Eben dieses Stickstoffmonoxid produziert unser Körper im Magen aus Nitrat, das wir über die Nahrung aufgenommen haben, quasi selbst.
In vielen Studien wurden mehrere positive Wirkungen von Stickstoffmonoxid beobachtet:
Senkung des Blutdrucks: Besonders Nitrat aus Roter Bete senkt schon bei einmaliger Gabe den Blutdruck für einige Stunden und wirkt gefäßerweiternd, wahrscheinlich im Zusammenspiel mit anderen Inhaltsstoffen der Roten Bete (Vitamine, Polyphenole).
Antibakterielle Wirkung: Zusammen mit Magensäure hemmt Stickstoffmonoxid krankmachende Keime.
Schleimhautschutz: Die Magenschleimhaut wird stärker durchblutet, bildet mehr Magenschleim und schützt daher den...
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