Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
»Wissensarbeiter müssen sich selbst managen. Sie brauchen Autonomie«, proklamiert Peter Drucker in seinen Management Challenges for the 21st Century [Drucker 1999, S. 123]. Diese programmatische Ansage steht im Einklang mit der agilen Idee, dass Teams selbst festlegen, wie sie ihre Arbeit erledigen, statt von einem Außenstehenden gesteuert zu werden. Aber was sind selbstorganisierte Teams? Was bedeutet überhaupt Selbstorganisation? Und was macht eine Gruppe von Leuten zu einem Team?
Lassen Sie mich diese Frage von hinten aufrollen: Was sind Teams? Bei genauerer Betrachtung ist die Antwort alles andere als klar. Der Begriff ähnelt einem Rorschachtest, in den alle ihre eigenen Vorstellungen hineinprojizieren. Jeder scheint darunter etwas anderes zu verstehen: Menschen, die miteinander im selben Büro arbeiten, Expertinnen, die sich in bestimmten Meetings treffen, Mitarbeiter, die derselben Vorgesetzten zugeordnet sind, oder eine Gruppe, die bestimmte Interessen teilt.
In vielen Fällen werden Teams mit Arbeitsgruppen verwechselt. Arbeitsgruppen bestehen aus Leuten, die zwar miteinander arbeiten, ihre Ziele aber unabhängig voneinander erreichen können - wie etwa Mitarbeitende eines Callcenters. Echte Teams zeichnen sich hingegen dadurch aus, dass sie ihre Vorhaben nur gemeinsam realisieren können. Solche Teams finden sich sowohl in der Entwicklung komplexer Produkte (von Software bis Flugzeugbau) als auch im Dienstleistungsbereich (von Jugendbetreuung bis Gesundheitsvorsorge). Damit diese Teams gut miteinander arbeiten können, braucht es einerseits klare Rahmenbedingungen und andererseits die Freiheit, sich innerhalb dieses Rahmens nach eigenem Ermessen zu organisieren. Eine gewisse Stabilität der Mission und der Zusammensetzung des Teams hilft enorm bei der Entwicklung der vorhandenen Potenziale.
Den aktuellen Status des Teams kann man wiederum anhand folgender Kernfunktionen bestimmen:
In seiner Autoritätsmatrix ordnet der amerikanische Teamexperte J. Richard Hackman die Verantwortung für diese Kernfunktionen entweder dem Management oder dem Team zu [Hackman 2002]. Daraus ergeben sich vier Organisationsvarianten (siehe Abb. 1-1).
Abb. 1-1Hackmans Autoritätsmatrix
Hackmans Matrix verdeutlicht, dass die Welt nicht nur schwarz-weiß ist. Vielmehr gibt es ein Kontinuum von Fremd- und Selbstorganisation, das zweifellos auch anders geordnet werden könnte. Hackmans vier Varianten bieten dennoch einen konstruktiven Ansatzpunkt für eine produktive Unterscheidung in folgende Arten von Teams:
Trotz dieser strukturellen Unterschiede haben selbstorganisierte Teams einiges gemeinsam. Aus systemischer Sicht weisen sie charakteristische Eigenschaften auf [Heylighen 2001]. Sie folgen Strukturen, die aus lokaler Interaktion entstehen, und basieren auf verteilter statt zentralisierter Kontrolle. Diese Interaktion wird von positivem wie negativem Feedback geprägt. Dadurch können sich diese Systeme kontinuierlich an ihre Umwelt anpassen und sind dabei bemerkenswert widerstandsfähig.
Was heißt hier systemisch?
»Systeme kann man nicht küssen«, pointiert der deutsche Organisationstheoretiker Fritz B. Simon [Simon 1997, S. 14]. »Die Systemtheorie lässt sich auch nicht küssen«, spitzte eine Beratungskollegin zu, »sie lässt sich nicht einmal verstehen!« Die kollegiale Polemik ist nicht von der Hand zu weisen. Systemtheorie wirkt sperrig, akademisch, fern der konkreten Praxis. Dennoch halte ich sie für wertvoll, wenn es um ein angemessenes Verständnis selbstorganisierter Teams geht. Im Schnelldurchlauf definiert, sind diese Teams
Alle drei Begriffe ziehen sich, wie das Systemdenken insgesamt, als rote Fäden durch dieses Buch.
Ausgehend von der Eigendynamik sozialer Systeme zeigt Heylighen, dass Selbstorganisation gleichsam der natürliche Weg ist, auf dem globale Ordnung entsteht. Sie entsteht nämlich durch die lokalen Interaktionen zwischen den einzelnen Elementen eines ursprünglich ungeordneten Systems. Deswegen muss Selbstorganisation als die Regel und nicht als die Ausnahme systemischen Verhaltens betrachtet werden [Heylighen 2001].
Selbstorganisation ist ein Gesetz, das auf viele verschiedene Systeme anwendbar ist. Es gibt eine breite Palette von Beispielen aus der Neurowissenschaft, Physik oder Biologie:
Welche Schlüsse können wir aus diesen Beispielen ziehen? Wie lässt sich das Verhältnis von Chaos und Ordnung in die Geschäftswelt übersetzen? Und was bedeuten die Systemgesetze für selbstorganisierte Teams?
Zuallererst erinnern uns diese Gesetze daran, dass selbstorganisierte Teams nicht über Nacht entstehen. So wie das Gehirn oder die Pflanzenwelt brauchen sie Zeit, um sich zu entwickeln. Weder ist Selbstorganisation etwas, das einmal passiert und dann gewissermaßen fertig ist, noch verbleibt ein Team auf ewig im selben Status. Tatsächlich ist der Selbstorganisationsprozess niemals abgeschlossen. Teams müssen sich in Reaktion auf veränderte Anforderungen wiederholt neu aufstellen. Sie müssen rasch auf gewandelte Kontexte reagieren und ihre Agilität laufend unter Beweis stellen.
Selbstversorgung im Tierreich
Ameisen beeindrucken nicht nur durch ihre spektakulären Bauten, sondern auch durch ihr Komplexitätsmanagement. Eine einzelne Ameise mag ja nicht besonders schlau sein. Im Kollektiv legen Ameisen jedoch eine beeindruckende Intelligenz an den Tag - wie das System ihrer Futtersuche eindrucksvoll unter Beweis stellt. Gemeinsam spüren sie nämlich in kürzester Zeit neue Nahrungsquellen auf und wissen auch, wie sie ihre Beute auf schnellstem Weg in den Bau bringen.
Wie schaffen das die Ameisen? Sie schaffen es durch die Fähigkeit, in selbstorganisierter Form Ordnung aus dem Chaos zu kreieren. Zunächst durchstreifen Späherameisen völlig ungerichtet die Gegend rund um die Kolonie. Bleibt ihre Suche erfolglos, kehren sie unverrichteter Dinge ins Nest zurück. Wenn sie jedoch auf eine mögliche Futterquelle stoßen, dann nehmen sie ein kleines Stück der Nahrung mit und hinterlassen dabei mittels eines speziellen Pheromons eine schwache Duftspur. Auf diese Weise kommt dann allmählich Ordnung ins Chaos. Obwohl zunächst noch viele Ameisen herumirren, konzentrieren sich nach und nach immer mehr Duftstoffe auf den kürzesten Weg zum Futter - und führen eine rasch wachsende Anzahl an Ameisen an die richtige Stelle [Der Standard 2014].
Selbstorganisation spielt jedoch nicht allein auf Teamebene eine Rolle. Darüber hinaus muss sich auch jedes einzelne Teammitglied selbst so organisieren, dass es zum...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.