Einleitung
Wer bin ich, und warum schreibe ich über Generationen und Arbeitswelt?
Im Grunde genommen habe ich dieses Buch nicht nur für euch da draußen geschrieben, sondern auch ein bisschen für mich selbst. Manchmal schwirren einem so viele Gedanken durch den Kopf, dass man sie einfach mal sortieren muss. Und was eignet sich besser, als sie alle zwischen zwei Buchdeckel zu packen? Schließlich reicht es nicht, nur zwischen Tür und Angel über all diese Themen nachzudenken, während man im Büro von einer Generation angeschrien und von der anderen belächelt wird. Besonders wenn man, wie ich, die Aufgabe hat, irgendwo in diesem modernen Schlachtfeld zwischen den Boomern und der Gen Z zu vermitteln. Glaubt mir, das ist so, als würde man versuchen, eine Brücke zwischen einer Schiefertafel und einem Touchscreen zu bauen.
Der Punkt, an dem ich mir ernsthaft überlegte, mich mit diesen Generationsthemen auseinanderzusetzen, kam, als mich ein Azubi - ernsthaft und völlig fassungslos - fragte: "Wie habt ihr früher Leute kennengelernt? Also, ohne Instagram?" Zuerst musste ich lachen. Ich meine, tagelang.
Aber irgendwann blieb mir das Lachen fast im Halse stecken, weil mir klar wurde: Der Junge hat das wirklich nicht verstanden. Keine Ahnung. Null.
Er konnte sich schlichtweg nicht vorstellen, wie es war, früher jemanden "in echt" kennenzulernen.
Wir saßen tagelang an Bushaltestellen und hofften, dass der Schwarm da zufällig vorbeikommt - nur um dann vor Aufregung keine Luft mehr zu kriegen und stattdessen rot anzulaufen, wenn er wirklich erschien. Es gab kein Instagram, keine Likes oder Storys, die dir halfen, dich durch das Leben deines Schwarms zu klicken. Du hattest nur deine Fantasie und die Hoffnung, dass du dich nicht völlig verrannt hattest.
Der Gedanke, dass man früher einfach so auf gut Glück Leute getroffen hat, ohne vorher ihr komplettes Leben online zu checken, war für ihn völlig absurd. Und ja, in dem Moment habe ich gemerkt, dass hier eine ernsthafte Wissenslücke klafft. Und zwar auf beiden Seiten, denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man auf Grund eines Instagram-Profils die Entscheidung für eine mögliche Beziehung treffen kann.
Allein der Gedanke, mich mit einer wildfremden Person zu treffen, die ich nur durch ein paar getippte Nachrichten und gefilterte Fotos kenne, löst bei mir das blanke Grauen aus!
Was, wenn sie in Wirklichkeit ganz anders aussieht? Was, wenn sie am Ende in echt nicht so "begeistert von Wandertouren" ist, wie es auf ihrem Profil steht? Ich bräuchte mindestens einen guten Smalltalk am Tresen einer Bar und ein Lachen, um zu wissen, ob wir den gleichen Vibe haben. Alles andere ist unheimlich.
Die Gen Z hingegen? Die würde vermutlich aus allen Wolken fallen, wenn sie jemanden einfach so, ohne den sicheren "Online-Background-Check", treffen müsste. Ohne vorher herauszufinden, wie oft die Person in den letzten drei Monaten ihre Katze gepostet hat oder wie sie zu den neuesten "Cancel Culture"-Skandalen steht, wäre das für sie wahrscheinlich wie eine Verabredung im tiefsten, finstersten Mittelalter.
"Wie, du hast ihn einfach so getroffen? Was ist, wenn er nur so tut, als würde er auf Yoga und Nachhaltigkeit stehen, aber in Wirklichkeit heimlich Fleisch isst?" Diese Art von "Untersuchung" ist für Gen Z so normal wie Zähneputzen. Das moderne "Stalken" gehört für sie einfach zum guten Ton. Warum sich die Mühe machen, die Person kennenzulernen, wenn man durch fünf Minuten Online-Recherche schon weiß, welche Farbe die Bettdecke hat?
Und wenn die Kluft zwischen mir und einem 20 Jahre jüngeren Azubi schon so groß ist, wie gigantisch muss sie dann bei 35 Jahren oder mehr aussehen?
Der nächste "Aha-Moment" kam, als ich feststellen musste, dass Azubis heutzutage eine völlig andere Einstellung zu ihrer Rolle haben als ich damals. Früher hätte ich mich nie im Leben getraut, mich gegen einen Vorgesetzten aufzulehnen.
Wenn der Chef gesagt hat, ich soll die Post zum Briefkasten bringen, dann habe ich das gemacht. Punkt. Kein Widerwort, kein Augenrollen, nichts. Und ganz ehrlich: Es hat mich gar nicht gejuckt. Ich hab mich weder ausgenutzt noch missbraucht gefühlt. Für mich war einfach klar: Der will das so, also mach ich das.
Heute werde ich informiert, dass das so nicht im Ausbildungsplan steht. Stellt euch vor! Nicht im Ausbildungsplan! Ich meine, was soll ich dazu sagen?
Versteht mich nicht falsch, ich finde es richtig, dass Azubis nicht ausgenutzt werden, aber manche Aufgaben gehören einfach zum gesunden Menschenverstand und zur Gesamtheit der Arbeitsabläufe und Berufe. Wie zum Beispiel am Ende des Tages den Arbeitsplatz aufzuräumen. Doch heute? Heute wird erstmal gefragt, ob das überhaupt "arbeitsrelevant" ist.
Was mir auch auffällt: Junge Leute hinterfragen heute viel mehr. Du musst ihnen ihre Aufgaben schlüssig erklären, bevor sie loslegen. Sie wollen den Sinn hinter jeder Aufgabe verstehen. Bei mir früher war das anders (vielleicht war ich auch einfach nicht clever genug, danach zu fragen...). Wenn der Chef gesagt hat: "Mach das!", dann hab ich das gemacht. Ob ich den Sinn verstanden habe oder nicht, war völlig egal.
Ich war mir einfach sicher, dass der es schon besser weiß als ich. Und bei vielen Dingen war es auch so, und der Sinn hat sich mir erst viel später erschlossen.
Ich war das kleinste Glied in der Kette, wusste das, und hab mich dem angepasst. Im Wissen, dass ich irgendwann eben auch mal an einer anderen Stelle sein werde, wenn ich mich bemühe. Es wurde nicht diskutiert, es wurde gemacht. Heute läuft das anders - und genau hier beginnt der Konflikt zwischen den Generationen.
Und so war es irgendwann an der Zeit, diese Gedanken nicht nur in meinem Kopf herumzuwerfen, sondern sie mal schwarz auf weiß zu formulieren. Dieses Buch ist also mein Versuch, etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Ich habe mit sehr vielen Menschen aller Altersklassen gesprochen, vom Azubi bis zum kurz vor der Rente stehenden Firmenchef. Sie alle haben ihre Sicht auf die Dinge, ihre eigenen Theorien und Lösungsvorschläge. Ich hoffe, dass am Ende nicht nur ich, sondern auch du, lieber Leser, ein paar neue Theorien entwickelst - oder zumindest verstehst, warum es keine so gute Idee ist, jeder Generation sofort mit Argwohn und Missgunst zu begegnen. Denn seien wir ehrlich: Beide Seiten haben sich den derzeitigen Zustand nicht ausgesucht.
Die Boomer konnten nicht wissen, wie die Welt sich entwickelt, die Jungen können nichts dafür, dass sie gerade so ist, wie sie ist.
Die Boomer könnten ruhig mal ein bisschen nachsichtiger mit der Gen Z sein, und auch die Gen Z könnte ein wenig mehr Verständnis zeigen. Schließlich haben sie auch von einigen Errungenschaften der älteren Generationen profitiert - selbst wenn sie das manchmal nicht so sehen.
Als jemand, der zwischen beiden Generationen arbeitet, ist es mir wichtig, beiden Seiten den nötigen Respekt entgegenzubringen. Dafür muss ich aber auch beide Seiten verstehen oder zumindest ihre Beweggründe anhören. Und das ist manchmal gar nicht so leicht. Wenn man ein Unternehmen leitet, ist man automatisch immer der Buhmann. Egal, was du machst, irgendjemand ist immer beleidigt oder unzufrieden. Heute bist du der Held, morgen der Schurke.
Selbst wenn du nach bestem Wissen und Gewissen handelst: Irgendwer wird deshalb so richtig grantig und angepisst sein. Das ist der Job, und man braucht eine ausufernde Resilienz, um dabei nicht komplett durchzudrehen.
Aber genug gejammert.
Ich will nicht ständig zwischen zwei Fronten stehen, die beide das Gefühl haben, ich verstehe sie nicht. Also: Ab auf das Schlachtfeld der Generationen und dem Wahnsinn des heutigen Arbeitsmarktes!
Jetzt mal ganz ehrlich: Ich gehe nicht davon aus, dass dieses Buch ein Weltbestseller wird. Der Buchmarkt ist sicher voll von Themen rund um Generationenkonflikte und den aktuellen Problematiken. Aber das stört mich nicht. Was ich will, ist, dass du - ja, du, der dieses Buch gerade liest - zwischendurch mal schmunzelst, vielleicht sogar herzlich lachst, ein bisschen nachdenkst und am Ende mit einem offeneren Geist durch die Welt gehst. Vielleicht siehst du die Dinge danach ein bisschen anders. Vielleicht verstehst du, dass es nicht sinnvoll ist, auf starren Positionen zu beharren. Die Welt dreht sich weiter - ob es uns gefällt oder nicht. Die Arbeitswelt wird sich zwangsläufig an die kommenden Generationen anpassen müssen, ob die Boomer das nun mögen oder nicht.
Denn, nur weil jemand bald in Rente geht und keine Lust hat, sich noch mit Digitalisierung oder neuen Trends zu beschäftigen, heißt das nicht, dass die Welt stehen bleibt.
Dazu kommt, dass das Thema psychische Gesundheit eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist. In allen Generationen - von Boomer bis Gen Z - steigen die Fälle von Depressionen, Burnouts und anderen psychischen Erkrankungen rapide an. Das liegt nicht nur an der modernen Arbeitswelt, die uns alle oft an die Belastungsgrenze bringt, sondern auch an den gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen, die die Art, wie wir leben und arbeiten, komplett umgekrempelt haben. Wenn wir also darüber sprechen, wie sich die Arbeitswelt anpassen muss, dürfen wir dieses Thema nicht ausklammern. Schließlich kann niemand von uns produktiv oder glücklich arbeiten, wenn der Kopf einfach nicht mehr mitspielt.
Dieses Buch richtet sich also an uns alle: an die Gen Z, die Boomer und an diejenigen, die wie ich, irgendwo dazwischen stehen und das alles aus nächster...