Schweitzer Fachinformationen
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Ich steck Kasabian in seine Bowlingtasche, um ihn auf unser Zimmer zu schaffen, ohne dass die anderen Hotelgäste einen Nervenzusammenbruch kriegen. Die Tasche zieh ich vollständig zu, doch er öffnet wie immer den Reißverschluss um einen schmalen Schlitz, damit er rauslinsen kann.
Als wir über den Parkplatz gehen, bemerke ich einen Nagual, einen Tiermenschen, der eine kleine blonde Frau am Arm gepackt hat, die ihn anbrüllt und dabei schwer nach Skandinavierin klingt. Sie trägt ein Surfer-Tank-Top und Shorts, also die traditionelle Bekleidung von Austauschstudentinnen.
Der Nagual hat im Moment sein Tiergesicht nicht aufgesetzt, deswegen hat sie keinen Schimmer, dass der Typ, mit dem sie da streitet, kein Mensch ist.
Ich stelle Kasabian auf einer Bank ab und geh rüber. Als mich der Nagual sieht, lässt er von dem Mädchen ab. Ich schmetter ihm den Kopf durch die Windschutzscheibe eines blank polierten Mietwagens und knall sein Gesicht ein paarmal auf das Armaturenbrett. Als ich ihn wieder loslasse, nimmt er die Beine in die Hand und verschwindet.
Das skandinavische Mädchen hat sich keinen Millimeter gerührt. Ihre Augen sind starr auf die zerbrochene Windschutzscheibe gerichtet. Sie bedankt sich nicht, als ich an ihr vorbeigehe, aber das hab ich auch nicht erwartet. Was sich da gerade zwischen dem Nagual und mir abgespielt hat, hat sie zur Salzsäule erstarren lassen. Willkommen in L. A., Liebes.
Als ich Kasabian die Treppe hinauftrage, sagt er nur: »Das ist genau das, was ich gemeint hab.«
Am Morgen fühlt es sich an, als wär mein Hirn ausgebüxt, um sich 'nem Zirkus anzuschließen, wär dann von 'nem Löwen zerfleischt worden und hätte auf dem Rückweg keine Bodenwelle und kein Schlagloch ausgelassen. Vidocqs Schmerzsaft und Jack Daniel's sind keine gute Kombination, sofern man sich nicht fühlen will, als hätte man 'ne Saturn V ins Auge bekommen.
Vergangene Nacht haben mich seltsame Whiskey-Träume heimgesucht. Ich hab von den alten Gesichter-des-Todes-Filmen geträumt: Pseudodokumentationen, die echte und ganz offensichtlich gefälschte Aufnahmen von Menschen mischen, die in kreativer Weise getötet werden. Ein wilder Ritt direkt ins Gemetzel. Und jede Episode meines Traums hat als Hauptdarstellerin Alice gezeigt, wie sie in Breitbild und Technicolor zerfleischt wird.
Nach all der Zeit weiß ich noch immer nicht, wie sie gestorben ist. Ich weiß, dass Parker - seines Zeichens Magier, professionelles Arschloch und Masons liebster Hoodoo-Schläger - sie auf dessen Befehl hin ermordet hat. Ich weiß allerdings nicht, auf welche Weise er es getan hat. Diese Frage spukt mir im Unterbewusstsein herum, wann immer ich an Alice denke. Wenn ich schlafe, spielt mein Geist verschiedene Szenarien durch. Da ist alles dabei, von einer schnellen Kugel in den Hinterkopf bis zum Erstechen mit langsamem Ausbluten. Ihre Todesszenen mischen sich mit Träumen, in denen ich zurück in der Arena bin, und welche Bestie ich auch töte, sie verwandelt sich in Alice, die zu meinen Füßen stirbt.
Mir ist bewusst, dass ich sie in gewisser Weise verrate, indem ich mich vor dem Wissen um die wahren Umstände ihres Todes drücke, doch ich weiß, wie Parker tickte, und bezweifle, dass er ihr einen schnellen Tod geschenkt hat. Er war einer von jenen Typen, bei denen man an Reinkarnation glauben will. Ich hab ihn nämlich getötet, aber wenn ich die Chance bekäm, würde ich es wieder und wieder tun. Wie andere Leute Zirkeltraining machen oder Racquetball spielen, um fit zu bleiben und ihr Leben ein bisschen gesünder zu gestalten, würde ich dreimal die Woche Parker jagen und ihm das Genick brechen.
So gegen zehn fährt Vidocq in 'nem Taxi vor. Schon an meinen besten Tagen ist die Sonne nicht mein Freund. An diesem Morgen - mit einem Kater und noch immer in den Klamotten vom Vortag - kann ich nicht mehr tun, als meine Augen zu bedecken und wie ein Vampir, der vergessen hat, seine Armbanduhr aufzuziehen, von Schatten zu Schatten zu huschen.
Als ich beim Taxi ankomme, wartet Vidocq an der vorderen Beifahrertür, was ungewöhnlich ist - üblicherweise sitzen wir hinten, damit wir uns unterhalten können. Ich schau durchs Fenster in den Fond und erkenne den Grund: Candy.
»Was denn?«, frage ich Vidocq. »Machst du jetzt einen auf Kuppler?«
»Qui. Du musst mal mit jemandem außer mir und diesem schnatternden Halloweenkürbis in deinem Zimmer reden.«
Er nimmt neben dem Fahrer Platz, ich auf der Rückbank neben Candy. Sie trägt ihr übliches Ensemble aus weißem T-Shirt, abgewetzter und etwas zu groß geratener Lederjacke, Chucks und schwarzen Jeans, die kurz davor sind, an den Knien vollends einzureißen. Sie sieht aus wie Joan Jetts kleine Schwester. Außerdem trägt sie 'ne Sonnenbrille für Kinder, wie man sie vielleicht in Little Tokyo kaufen würde. Der Rahmen ist weiß mit blauen Flammen, und an den Bügeln sind fliegende Roboter zu sehen.
Als ich mich setze, sagt sie nicht Hallo, stattdessen drückt sie mit dem Finger auf den Nasensteg der Brille, woraufhin eine quietschende Roboterstimme das Titellied irgendeiner japanischen Zeichentrickserie zu trällern beginnt. Mir hämmert der Schädel. »Trägst du die nur, um mich zu quälen?«
Sie drückt auf den Steg, und der Robotersong startet von vorn. »Es geht nicht immer nur um dich, aber ja, eigentlich schon. Außerdem wollte ich schon immer 'nen Roboter als Kumpel haben.«
»Und kann dein Kumpel vielleicht auch leise sein?«
Das Lied ist zu Ende. Candy lässt ihren Finger in Richtung Nasensteg wandern. »Zwing mich nicht, meine supergeilen Roboterkräfte noch mal gegen dich einzusetzen.«
Candy ist wie ich: ein Monster. Präziser ausgedrückt: Sie ist eine Jade. Die sind so etwas wie Vampire, nur schlimmer. Wie Spinnen zersetzen sie die Eingeweide ihrer Opfer und trinken sie. Aber Candy ist ein gutes Mädchen; sie versucht, mit einem speziellen Trank von den Menschenshakes wegzukommen. Blut-und-Knochen-Methadon. Neben dem Umstand, dass sie ebenso niedlich wie gefährlich ist, hat sie mich auch davor bewahrt, mich den Reihen der Untoten anzuschließen, nachdem ich von einem Vagabunden gebissen worden war. Ich war schon nicht mehr ich selbst und hab das Heilmittel verweigert, also hat sie mich mit 'nem Messer erstochen, dessen Klinge damit benetzt war. War das schmerzhaft? Aber so was von. Bin froh, dass sie es getan hat? Auf jeden Fall.
Ich werf die Arme in die Höhe. »Ich geb mich geschlagen. Nehmt unser Land und unser Gold, aber lasst mir meine Tugendhaftigkeit.«
»Sind das meine einzigen Optionen?«
»Wenn du dich auf die Jagd nach meiner Tugendhaftigkeit machen willst, komm besser mit 'nem Bagger und Dynamit - du wirst tief graben müssen.«
»Dann bring ich lieber 'nen Umschnalldildo mit.«
Ich schau zu Vidocq. »Kannst du sie nicht bremsen? Sie hat 'nen Roboter, ich nur 'nen Kater - das ist unfair.«
»Hold ist das Leben allein im Grab und im Schlafzimmer. Und das hier ist, wie du bemerken wirst, keines von beidem.«
»Genau wegen so was nehm ich normalerweise keine Taxis.«
Ich schau aus dem Fenster. Das Taxi fährt ein paar Blocks den Hollywood Boulevard hinunter, bevor es auf dem Sunset Boulevard einen U-Turn hinlegt und den Weg, den wir gekommen sind, zurückfährt.
»Wohin fahren wir?«
»Zum Bamboo House of Dolls.«
»Was zum Henker .? Das sind doch nur ein paar Blocks, die hätten wir auch laufen können.«
»Dann wärst du mir aber vielleicht davongeeilt. Wie du bemerkt hast, habe ich den Fahrer angewiesen, die längere Strecke zu nehmen; ich wollte mit dir reden. Die Frau, mit der wir uns treffen werden, dachte, es wäre dir angenehmer, das Geschäftliche in deiner Lieblingskneipe zu besprechen.«
»Was für eine Frau?«
»Julia Sola.«
»Nie von ihr gehört.«
»Dir ist sie als Marshal Julie bekannt. Einer von Marshal Wells Agenten. Du konntest sie gut leiden. Du meintest, sie sei die Einzige in der Goldenen Wache, die dich wie ein menschliches Wesen behandelt.«
Ich richte mich im Sitzen auf. »Willst du mich verdammt noch mal verarschen? Nur weil sie mir keinen Eispickel in den Rücken gerammt hat, heißt das nicht, dass ich mit ihr zusammenarbeiten will - oder mit sonst wem von Homeland Security. Halt den Wagen an, ich bin raus!«
»Einfach weiterfahren«, weist Vidocq den Cabbie an, dann dreht er mir das Gesicht zu. »Benimm dich nicht wie ein Kind. Die Wache ist Geschichte, und Homeland Security hat sich zurückgezogen, das weißt du. Julia hat ihre eigene Detektei eröffnet. Vertrau mir. Glaubst du, ich bin so dumm, mit jemandem zusammenzuarbeiten, ohne vorher Nachforschungen über ihn anzustellen?«
»Durch wen? Deine kleinen Diebesfreunde?«
»Wer wüsste besser, wer für die Ermittlungsbehörden arbeitet und wer auf eigene Rechnung.«
Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Was Polizisten angeht, hat Vidocq einen guten Riecher. Er weiß, wie sie denken und wie sie arbeiten. Vor hundert Jahren hat er die französische Polizei in Techniken der forensischen Analyse unterrichtet, die er durch seine wissenschaftlichen und alchemistischen Bücher erlernt hatte. So hat er aus 'ner Bande mittelalterlicher Daumenbrecher echte Polizisten geformt, die in der Lage waren, kriminalistisch zu ermitteln.
Das Autoradio läuft, und Patti Smith gibt »Ask the Angels« zum Besten. Pulsierende Hingabe, Weltuntergang und Rock 'n' Roll: ein Lied zum Sterben.
»Die ganze Sache ist ein riesengroßer...
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