Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Ein neuer Fall
Hajo kam aufgeregt die Treppe hochgesprungen.
"Was ist denn los?", wollte er wissen. Noch während Tomke ihm den Fund von der Wohnungstür entgegenstreckte, klingelte ihr Handy.
Schnell schloss sie die Tür auf, schlüpfte hindurch und zog Hajo hinter sich her. Der griff in die Plastiktüte, zog das kleine Säckchen hervor, kippte entsetzt dessen Inhalt in seine Handfläche, kreidebleich und wortlos. Eigentlich hätte er es gar nicht öffnen müssen, nach dem was kurz zuvor in der Pizzeria geschehen war.
Tomke nahm das Gespräch an, die Augen fest auf das gerichtet, was Hajo in der Handfläche hielt. Das übliche "Tomke hier, was gibt's!" kam heute deutlich leiser als sonst und mit gebrochener Stimme.
Natürlich hatte sie die Nummer auf dem Display erkannt, räusperte sich und wollte nochmals mit rauer Stimme wissen: "Was ist denn los um diese Zeit?" Der Kollege fragte erstaunt: "Was ist bei dir los? Hast du etwa schon geschlafen? Wach schnell auf, ihr habt 'ne Leiche in Carolinensiel, nix mit Schlafen! Raus in die kalte Nacht!" Tomke räusperte sich erneut und fragte dann wie in Trance: "Was, wo, wer?"
"Wie ich schon sagte. Leiche in Carolinensiel, hängt von der Brücke bei der Friedrichsschleuse. Einsatzfahrzeuge habe ich schon losgeschickt. Spusi und Rechtsmedizin benachrichtigt der Kollege gerade, Nummer drei habe ich bisher noch nicht erreicht. Also, raus aus den Federn, rein in die Galoschen."
"Halt doch einfach die Klappe!", konnte sich Tomke nicht verkneifen und drückte das Gespräch weg.
Nummer drei, damit meinte er wohl Carsten. Scheiße, heute kam aber auch alles zusammen. Na ja, schlafen konnte sie jetzt sowieso nicht.
Die Ermittlerin steckte ihr Handy weg, drückte den Rücken durch und wandte sich zu Hajo um. Der stand noch immer mit dem Inhalt des Säckchens in der Hand da und betrachtete den Gegenstand.
"Er war hier!", flüsterte er. "Hier bei uns an der Wohnung. Das darf doch nicht ."
Tomke nahm ihm den Fund ab, steckte ihn zurück in den Stoffsack. Dann zog sie zwei Tüten zur Sicherung von Beweismitteln aus ihrer Jackentasche und packte beide Säckchen, auch das aus der Pizzeria, hinein. "Das hätte ich schon vorhin tun müssen", wusste sie und legte kurz die Stirn in Falten. Dann schob sie die Tüten in ihre Jackentasche zurück. Tomke wandte sich zu Hajo.
"Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Wir müssen nach Carolinensiel, dort hängt 'ne Leiche von der Brücke."
"Was?"
"Ja, genau!"
"Wo?"
"Beim Fußgängertunnel an der Friedrichsschleuse."
"Und wie sollen wir dort hinkommen? Wir haben getrunken, und das Auto steht bei der Pizzeria."
"Der Dienstwagen steht dort, Hajo, unser Auto auf dem Parkplatz vorm Haus, also komm."
"Aber ."
"Nix aber. Ich rufe keinen Streifenwagen und bis Clinsiel laufen will ich auch nicht. Was ich getrunken habe, ist mir schietegal. Den Weg raus schaffe ich auch mit zwei Glas Rotwein und zwei Marsala. Außerdem bin ich nach diesem Schock total nüchtern. Wir können ja später bei Oma und Tant' Fienchen nächtigen, damit wir uns den Rückweg sparen. Ich ruf von unterwegs an, und jetzt komm!"
"Und das hier?" Hajo zeigte auf Tomkes Jackentasche, in der sich die Geschenke befanden. "Die beiden Geschenke? Darum kümmern wir uns morgen." Tomke schien wieder ganz die Alte.
Die Ermittlerin hatte beschlossen, die Sache nicht zu sehr an sich heranzulassen. Auch wenn es sie selbst und natürlich auch Hajo betraf, musste die Angelegenheit mit höchster Professionalität angegangen werden. Morgen würden sie gemeinsam mit Carsten beschließen, wie weiter zu verfahren war. Ja, genau so würden sie es machen.
Sie griff sich den Schlüssel ihres privaten Pkw vom Haken, warf sich einen Kaugummi in den Mund und erklärte Carsten: "Ich fahre. Meine Entscheidung, mein Risiko. Los jetzt!"
Die Fahrt hinaus nach Carolinensiel verlief schweigend. Die beiden Ermittler waren tief in ihre Gedanken versunken. Keiner der beiden schien in der Lage, etwas zu sagen. Beim Einsteigen in den Wagen hatte Tomke gebeten, dass Hajo doch bitte bei Oma und Tant' Fienchen anrufen solle, um sie beide für die Nacht anzumelden. "Wenn wir das nicht tun, schlafen sie schon, bis wir in Clinsiel fertig sind", hatte sie noch gemeint. Hajo tat wie ihm geheißen.
Oma versprach, das Zimmer vorzubereiten, sie und Fienchen allerdings lägen dann sicher schon im Bett. "Macht nix, wir haben ja einen Schlüssel. Schlaft schön, wir sind auch ganz leise!", beendete Hajo das Gespräch. Omas Frage: "Habt ihr denn auch etwas gegessen?", hörte er nicht mehr.
Danach herrschte wieder Funkstille im Wagen, bis sie am Ort des Geschehens ankamen.
Die Gegend um die Friedrichsschleuse war schon hell erleuchtet, der Tatort für die beiden Ermittler schnell zu finden. Tomke fuhr über einen schmalen Fußweg, vorbei an einem weißen Kastenwagen, der auf dem kleinen Parkplatz direkt neben der Brücke parkte, und stellte ihr Fahrzeug beim Bestattungsinstitut Albrecht ab. Wie passend, stellte sie fest.
Ein Stück abseits stand ein Rettungswagen, in dem reges Treiben herrschte. Den Gedanken daran, dass sie vielleicht umsonst gerufen worden waren, schob sie gleich wieder zur Seite. "Leiche hängt an der Brücke!", hatte der Kollege von der Zentrale gesagt.
"Vielleicht", überlegte Tomke, "ist ja irgendeine arme Sau Zigaretten holen gegangen, hat sich nicht mehr zurückgetraut und den Strick genommen, weil zu Hause die Olle . Schluss damit, Frau Kommissarin!", rief sie sich zur Ordnung.
Tomke parkte hinter einem Streifenwagen und öffnete müde die Tür. Im Licht der Innenraumbeleuchtung konnte Hajo erkennen, dass sie nicht so tough und abgebrüht war, wie sie gerne tat. Wie auch, das Ganze nahm inzwischen gefährliche Ausmaße an. Jetzt allerdings mussten sie sich um den neuen Fall kümmern.
"Eine Leiche hängt an der Brücke?", überlegte auch Hajo. Waren das wirklich Tomkes Worte?
Als sie über die Stufen des Deiches hinunterliefen, hatte man den Toten schon auf den Boden gelegt. Allerdings zeigte der Strick um den Hals des Mannes, dass er wohl tatsächlich aufgehängt worden war. "Irre!", entfuhr es Hajo, was ihm einen strafenden Blick von Tomke einbrachte.
"Was denn?", konterte er.
Hajo Manninga, der Chef der Rechtsmedizin, war schon vor Ort, kniete auf dem Boden, tief über die Leiche gebeugt. Die beiden Ermittler schoben sich an der Absperrung, die von den Kollegen aufgebaut worden war, und zwei uniformierten Polizisten vorbei auf den Rechtsmediziner zu. Der untersuchte gerade den Hals des Toten, war dabei, den Strick zu lösen, als sein Blick auf zwei Paar Schuhspitzen fiel.
"Ach, das Liebespaar der Wittmunder Kripo ist auch schon da. Ausgeschlafen?" Tomke reagierte auf die Anspielung nicht und wollte wissen: "Wie kommt es eigentlich, dass du schon da bist? Und warum habt ihr den Toten schon abgeschnitten, wir hätten uns gerne ein Bild von der Situation gemacht." Ohne aufzublicken, antwortete Manninga: "Ich bin eben ein flinkes Kerlchen und habe eine schnelle Truppe. Während ihr noch ein Nümmerchen geschoben habt, war ich schon unterwegs. Bevor wir ihn auf den Boden gelegt haben, wurden natürlich ausreichend Bilder gemacht." Er deutete auf einen Fotoapparat.
"Na dann, und übrigens, nur kein Neid!", hielt Tomke dagegen und fügte leise murmelnd hinzu: "Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du langsam zum Arschloch mutierst?"
"Das habe ich gehört!", kam es von unten.
"Auch gut, dann weißt du es jetzt! So kommt deine Ina nie zurück." Tomke wandte sich ab. Solche Sprüche hatten ihr gerade noch gefehlt. Ausgerechnet heute. Manninga wurde immer verschrobener.
"Hättest du nicht deinen Kollegen Rikus schicken können?", setzte sie nach. "Dann wäre der Abend trotz Leiche, Kälte und anderen Widrigkeiten wesentlich erträglicher!"
Manninga merkte wohl, dass er zu weit gegangen war, und stand stöhnend auf. "Scheiß Knochen!", grummelte er mit schmerzverzerrtem Gesicht.
"Is' aber nicht meine Schuld!", konnte sich Tomke nicht verkneifen.
"Jetzt gebt endlich Ruhe!", schaltete sich Hajo ein, und zu Manninga gewandt erklärte er:
"Solche Sprüche kannst du dir gerne verkneifen. Beim nächsten Mal landest du in der Harle, ehe du dich versiehst."
"Was haben wir?", wollte Tomke nun wissen und brachte das Thema wieder auf den Fall.
"Leiche, männlich. Tod durch Strangulieren, auf den ersten Blick jedenfalls. Kann auch ein Genickbruch gewesen sein. Habe den Hals noch nicht endgültig untersucht. Auch muss ich ihm tiefer in die Augen schauen, um zu sehen, ob der Mann durch Strangulation gestorben ist. Das weiß ich erst, wenn ich ihn auf dem Tisch habe. Genaueres kann ich euch erst ."
". nach der Obduktion sagen, ich weiß."
Manningas Spitze "Was fragst du dann?" brachte ihm erneut einen bösen Blick von Tomke ein.
"Kannst du etwas zu den Strangulationsmerkmalen sagen?"
"Na ja, Seil um den Hals eben, zugezogen, tot. Oder was meinst du?"
"War es Mord oder Selbstmord? Aus welcher Höhe wurde oder hat sich der Mann erhängt? War er bereits tot, oder ist er durch den Fall ins Seil getötet worden? Ist er gesprungen und, und, und."
"Was ausscheidet, ist, dass der Mann tot, mit dem Seil um den Hals, von der Brücke gesprungen ist. Das wäre unlogisch. Einen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.