Schweitzer Fachinformationen
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It's a beautiful night
We're looking for something dumb to do
Hey Baby
I think I wanna marry you
Willst du mich heiraten, Line?« Leon kniete vor mir auf dem Boden, das rechte Bein aufgestellt, und streckte mir mit beiden Händen einen riesigen Strauß roter Rosen entgegen. Neben ihm lag ein schwarzes Samtkästchen, das verdächtig nach Juwelier aussah. Leon trug seinen besten Anzug und dazu ein weißes Hemd, die schulterlangen dunkelblonden Haare hatte er zu einem allerliebsten Dutt aufgesteckt und eine Strähne herausgezogen, wie es die Filmstars gerade trugen. Er sah ja selbst aus wie ein Filmstar! Und dieses umwerfende Lächeln! Gegen meinen Willen kamen mir die Tränen. Ich war ja eigentlich nicht so der heiratende Typ. Aber wer konnte einem derart wunderbaren Mann widerstehen?
»Leon!«, stammelte ich. »Mein hanseatischer Ritter! Liebe meines Lebens! Steh auf! Ja! Ja, ich will dich heiraten!« Ich zog Leon vom Boden hoch in meine Arme, und nur Sekunden später sanken wir auf den Esstisch, fegten die Austern und die Champagnergläser beiseite und hatten wilden, leidenschaftlichen Sex.
Vielleicht hatte sich Leon ja auch etwas viel Originelleres ausgedacht? Einen singenden Telegrammboten? Eine Schwarzwälder Kirschtorte, auf der die schnapsgetränkten Kirschen ein »Marry me« ergaben? Ich liebte Schwarzwälder Kirsch! Versonnen stützte ich den Kopf auf beide Hände. Auf dem Klo konnte man so herrlich nachdenken. Vor allem, wenn es so hübsch renoviert war wie unseres. Eigentlich war ich aufs Heiraten überhaupt nicht scharf. Heiraten hatte etwas schrecklich Verbindliches, Endgültiges, und mit Endgültigem tat ich mich eher schwer. Auf der anderen Seite hatten Leon und ich eine so schwere Krise durchlebt, dass mir Heiraten als einzige logische Konsequenz erschien, um mir, uns und aller Welt zu beweisen, dass wir die Krise bewältigt hatten. Leon sah das sicher genauso! Die Wohnungstür ging auf. »Wo bist du, meine Süße?«, rief er.
Ich machte, dass ich vom Klo kam. Leon war gekleidet wie sonst auch, wenn er vom Gschäft bei Bosch heimkehrte, er trug eine ordentliche Jeans, Hemd und Jackett. Keinen Anzug, und auch die dunkelblonden Haare sahen aus wie immer, kurz und leicht verwuschelt. Mit der linken Hand streckte er mir triumphierend eine Flasche französischen Champagner entgegen, die rechte schaffte es mit Mühe, seine Aktentasche und eine Tüte vom französischen Bistro in der Schwabstraße festzuhalten. Blumen, Schwarzwälder Kirschtorten oder singende Telegrammboten waren nicht zu sehen. Samtkästchen mit Verlobungsringen auch nicht, aber der romantische Abend hatte ja auch noch nicht richtig angefangen. Immerhin gab's Champagner. Vielleicht sollte ich meine Jeans und mein Schlabbershirt gegen etwas Romantischeres tauschen. Bloß was?
»Nach all den Monaten, nach allem, was vorgefallen ist, endlich ein romantischer Abend! Lass uns gleich darauf anstoßen!« Leon lief in die Küche, holte zwei Senfgläser, weil wir noch immer keine Sektgläser hatten, ließ den Korken knallen und schenkte uns schwungvoll ein. Die Senfgläser schäumten über, wir stießen an und nahmen beide einen Schluck. Kaum hatte ich das Glas abgestellt, riss mich Leon in seine Arme und küsste mich so leidenschaftlich, dass mir die Luft wegblieb. Dann ließ er mich abrupt los. Ich schnappte entzückt nach Luft. Genauso hatte ich mir das vorgestellt! Nun kam der Antrag, und dann würde mir Leon das Schlabbershirt vom Leib reißen! Hoffentlich hatte er nichts dagegen, dass ich weiterhin Praetorius mit Nachnamen heißen wollte. Leon atmete tief ein. Plötzlich sah er ganz feierlich aus.
»Line, meine Liebste .«
»Ja?«
»Ich muss dich was fragen.«
Hurra! Ich hatte richtig getippt!
»Ja! Ich meine natürlich, was denn?« Meine Hände waren feucht, mein Herz raste. Pipeline Praetorius, die Frau, die sich nie festlegen wollte, stand kurz davor, sich zu verloben, wie es ganz normale Frauen rund um den Erdball täglich zu Tausenden taten! Die Zeit des Zweifelns war vorbei. Hatte Tanja nicht schon vor Monaten angeboten, mir beim Brautkleidkauf zu helfen? Praktischerweise war der Laden schräg gegenüber von unserer Wohnung. Vielleicht hatten die auch größere Busen im Angebot. Aber wieso setzte sich Leon auf einen Stuhl, anstatt auf die Knie zu gehen?
»Ich hatte heute ein Gespräch mit meinem Chef.«
»Äh - ja?« Was hatte Leons Chef mit unserer Hochzeit zu tun? Wollte Leon ihn als Trauzeugen haben? Sie kannten sich doch noch gar nicht so lang. Vorsichtshalber setzte ich mich auch.
»Du wirst es nicht glauben.«
»Leon, nun sag schon!«
»Er hat mich gefragt, ob ich Gruppenleiter werden will.« Leon strahlte.
»Ach so. In der Tat. Ich meine . das ist ja einfach großartig!« Irgendwie klang das nicht unbedingt, als ob es ums Heiraten ging. Mein Herz hörte schlagartig auf zu rasen. »Was heißt das denn, Gruppenleiter?« Ich kannte Gruppenleiter nur aus meiner Jugend, von der Stadtranderholung. Sie spielten Gitarre, teilten das Essen aus, und alle waren in sie verknallt. Mit Heimo hatte ich sogar mal rumgeknutscht, als ich neun war.
»Es würde heißen, dass ich ein paar Mitarbeiter unter mir habe. Anstatt nur in meinem Fachgebiet zu forschen wie bisher, hätte ich ein Team, für das ich zuständig bin. Mehr Verantwortung. Und auch mehr Geld.« Leon platzte sichtlich vor Stolz.
»Leon, wie schön! Das ist eine Riesenanerkennung! Herzlichen Glückwunsch!« Wir stießen noch einmal an. Leider nicht auf unsere Verlobung.
»Offensichtlich hat mich mein Chef bei Bosch in China super bewertet, obwohl ich früher als geplant nach Deutschland zurückgekommen bin, und mein jetziger Chef in Renningen ist auch total zufrieden mit mir. Die Sache hat allerdings auch einen Haken. Wenn ich zusage, bedeutet das auch mehr Arbeit. Ich muss Ziele fürs Team vereinbaren, Mitarbeitergespräche führen und Gruppensitzungen leiten. Das ist alles neu für mich, deshalb will mich mein Chef auf Fortbildungen schicken, damit ich das gut hinkriege. Das wird viel Zeit kosten. Aus dem Grund wollte ich es erst mit dir besprechen. Ich werde natürlich versuchen, dass sich die Überstunden in Grenzen halten.«
Überstunden? Ich schluckte. Leon arbeitete doch jetzt schon so viel. Dann würden wir uns ja noch weniger sehen. Er ging morgens um halb acht aus dem Haus und kam selbst freitags selten vor sieben, halb acht wieder heim. Seit seine Abteilung von Schwieberdingen ins neue Forschungszentrum von Bosch in Renningen umgezogen war, musste er zwar nicht mehr im Schritttempo über den Pragsattel schleichen, aber es war weiter zu fahren, und bei Leonberg stand er oft im Stau. Leon hatte deshalb schon vor längerer Zeit vorgeschlagen, vom Stuttgarter Westen näher an seinen Arbeitsplatz zu ziehen. Aus dem Thema »Umzug aufs Land« war dann leider ganz schnell das Thema »Wir kaufen ein schnuckeliges Eigenheim und bekommen Nachwuchs« geworden. Das war der Anfang unserer Beziehungskrise gewesen, weil ich auf beides nicht wirklich scharf war. Im Moment ging es uns zwar beziehungstechnisch gesehen wieder gut, aber die heiklen Themen hatten wir seither tunlichst vermieden. Jetzt kamen sie wieder aufs Tapet.
»Nun, was meinst du?« Leon sah mich abwartend an. Ich kippte ein halbes Glas Champagner in mich hinein und schluckte meine Bedenken hinunter. Das war die Gelegenheit, Leon zu beweisen, dass ich eine selbstlose, loyale Partnerin war, so treu und ergeben, wie es sich jeder Mann insgeheim wünschte! Das war meine Chance zur Wiedergutmachung! Schließlich hatte ich Leons Gefühle in letzter Zeit arg strapaziert. Ich straffte meine Schultern.
»Leon«, erklärte ich feierlich. »Ich stehe voll hinter dir. Natürlich sagst du zu. Das ist schließlich eine einmalige Chance. Wenn du jetzt Nein sagst, verbaust du dir womöglich deine Karriere!« Und Karriere war Männern ziemlich wichtig, oder?
»Danke, Line, das bedeutet mir sehr viel«, strahlte Leon. »Wenn du dagegen wärst, würde ich es nicht machen. Wobei es mir eigentlich gar nicht so sehr um die Karriere geht, sondern um die Herausforderung. In letzter Zeit ist die Arbeit ziemlich zur Routine geworden. Ein Team zu leiten, das ist einfach was ganz Neues für mich.«
»Und du wirst das sicher toll machen, schließlich kannst du gut mit Menschen umgehen. Im Gegensatz zu mir bist du ja mehr so der ausgeglichene Typ.«
Leon grinste sein Leon-Grinsen. »Gegensätze ziehen sich an.«
»Oder aus«, flüsterte ich neckisch, zog mein schlabberiges T-Shirt straff nach unten und wackelte ein bisschen mit dem Oberkörper, um allmählich von Arbeit auf Romantik umzuschalten, auch ohne Heiratsantrag. Leider entging Leon das Brustschaukeln, weil sein Smartphone klingelte und er interessiert aufs Display guckte.
»Das ist Hilde«, sagte er eifrig. »Ich versuche, mich kurzzufassen, dann schalte ich das Handy aus und der Abend gehört ganz uns, okay?«
»Natürlich«, antwortete ich matt. Leon hatte ein sehr enges Verhältnis zu seiner Mutter und brannte sichtlich darauf, ihr die große Neuigkeit mitzuteilen. Ich ging in die Küche und schob das Coq au Vin in den Ofen, das Leon auf dem Heimweg beim französischen Bistro abgeholt hatte. Dann schnitt ich das Baguette auf und mümmelte schon mal ein bisschen an den beiden Enden herum. Seit der Toaster in Flammen aufgegangen war und die Küche in Brand gesetzt hatte, beschränkten wir unsere Kochaktivitäten auf ein Minimum. Wir waren beide immer noch traumatisiert. Das würde sich ändern müssen, wenn wir nicht für den Rest unseres Lebens Fertiggerichte essen und Pizza bestellen wollten. Ich lauschte...
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