1 Ernährung
H. Marti
1.1 Energiehaushalt und Energieumsatz
1.1.1 Energiehaushalt
Energiebilanz. Die energiereichen Nahrungsbestandteile Kohlenhydrate, Fette und Proteine dienen dem Körper als Energiequelle. Er benötigt diese Energie für Auf- und Abbauprozesse, für zu verrichtende Arbeit oder für die Wärmeproduktion. Wenn der Körper mehr Energie aufnimmt als er benötigt, ist die Energiebilanz des Körpers positiv und die überschüssige Energie wird gespeichert (z.B. in Form von Fettdepots), nimmt er weniger auf, ist die Energiebilanz negativ und Reserven werden abgebaut.
Wirkungsgrad. Die chemische Energie der Nährstoffe wird in den zellulären Energiespeicher ATP umgewandelt, der dann die Energie für weitere chemische Reaktionen liefert oder z.B. in mechanische Energie für eine Muskelbewegung umgesetzt wird. Diese Energieumwandlungen können nicht zu 100 % erfolgen, sondern bei jeder einzelnen Umwandlung wird ein Teil der Energie als Wärmeenergie frei. Dieser Energiebetrag steht dem Körper nicht mehr zur Arbeit zur Verfügung. Den Quotienten aus geleisteter Arbeit und umgesetzter Energie bezeichnet man als Wirkungsgrad. Der Wirkungsgrad körperlicher Arbeit liegt kaum höher als 25 %, d.h., der Großteil der Energie geht als Wärme verloren. Die so im Körper entstehende Wärme bestimmt maßgeblich die Körpertemperatur. Um überschießende Reaktionen zu verhindern, müssen Energie- und Wärmehaushalt notwendigerweise aufeinander abgestimmt sein.
Lerntipp
Zum Energiehaushalt werden zahlreiche Rechenaufgaben gestellt. Hierzu ist es wichtig, sich folgende Definitionen und Umrechnungen klar zu machen:
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Die Maßeinheit für die physikalischen Größen "Energie" und "Arbeit" ist das Joule.
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Die Gesamtenergie eines Systems bleibt konstant.
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Energie kann weder neu geschaffen noch vernichtet werden, sondern nur von einer Energieform in eine andere überführt werden.
Diese Energieformen werden entsprechend ihrer Natur in verschiedenen Einheiten ausgedrückt. Für die Umrechnungen gilt:
1 Joule (1 J) = 1 Newtonmeter (1 Nm) = 1 Wattsekunde (1 Ws).
Abgeleitet davon ist die Leistung (Arbeit/Zeit), die in Watt angegeben wird:
1 W (Watt) = 1 J/s = 1 Nm/s
Eine noch häufig verwendete Einheit der Energie ist die Kalorie:
1 cal = 4,2 J oder 1 J = 0,24 cal
1.1.2 Energieumsatz
Die Menge an Energie, die ein Mensch innerhalb eines Zeitraums umwandelt, wird als Energieumsatz bezeichnet. Der Energieumsatz des Körpers ist neben ? anderen Faktoren von der körperlichen Tätigkeit abhängig. Entsprechend werden verschiedene Belastungsstufen unterschieden, deren Definitionen nicht immer einheitlich sind.
Ruheumsatz und Grundumsatz. Unter Ruheumsatz versteht man den Energieumsatz eines Menschen, der nicht körperlich arbeitet. Da hierbei andere einflussnehmende Faktoren nicht berücksichtigt sind, wurde der Grundumsatz eingeführt, der unter definierten Standardbedingungen gemessen wird:
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nüchtern (12-14 Stunden nach der letzten Mahlzeit)
-
morgens
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bei völliger körperlicher und geistiger Ruhe (liegend und entspannt)
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bei Indifferenztemperatur (27-31 °C, unbekleidet)
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bei normaler Körpertemperatur.
Der Grundumsatz bezeichnet den Energieumsatz eines gesunden Erwachsenen, der zur Aufrechterhaltung der Organfunktionen notwendig ist. Er umfasst die benötigte Energie für Strukturerhaltung und Temperaturregulation sowie für ständig ablaufende physiologische Vorgänge der verschiedenen Organe wie Herz, Lunge oder Niere, deren Anteil am Grundumsatz unterschiedlich ist.
Tab. Prozentualer Anteil der Organe am Grundumsatz
Organ
Anteil beim Mann (%)
Anteil bei der Frau (%)
Leber
20
20
Muskulatur
26
20
Gehirn
22
26
Herz
10
10
Nieren
10
10
übrige Organe
12
14
Grundbedarf. Der Grundbedarf an Energie für einen 70 kg schweren Mann beträgt ca. 6900 kJ/d = 6,9 MJ/d. In den alten Einheiten entspricht dies 1650 kcal/d. Für eine Frau beträgt der Grundumsatz ca. 6200 kJ/d = 6,2 MJ/d (1500 kcal/d). Der tatsächliche Energiebedarf des Körpers liegt in Abhängigkeit von der körperlichen Aktivität höher.
Freizeit- und Arbeitsumsatz. Ein nicht körperlich arbeitender Mensch, der auch außerhalb der Arbeit keine Anstrengungen (z.B. Sport) unternimmt, setzt pro Tag etwa 9600 kJ (Männer) bzw. 8400 kJ (Frauen) um. Die Werte liegen somit etwa 30 % über dem Grundumsatz. Ausgehend von diesem Freizeitumsatz erhöht sich der Energiebedarf durch körperliche Aktivität.
Der zusätzliche Energieumsatz bei leichter körperlicher Arbeit beträgt 2000 kJ/d, bei Schwerstarbeit müssen bis zu 10000 kJ/d zusätzlich zugeführt werden, das entspricht etwa einer Verdoppelung des Grundumsatzes. Auch bei geistiger Arbeit erhöht sich der Energieumsatz. Diese Steigerung erklärt sich jedoch nicht durch einen erhöhten Energiebedarf des Gehirns, sondern durch eine reflektorische Anspannung der Skelettmuskulatur ("angestrengtes Nachdenken").
1.1.2.1 Faktoren, die den Energieumsatz beeinflussen
Allgemeine Faktoren. Neben der Art der körperlichen Aktivität ist der Energieumsatz noch von zahlreichen anderen Faktoren abhängig, z.B. von der Außentemperatur, von der Aktivität einzelner Organsysteme und von der hormonellen Situation, v.a. von der Aktivität der ? Schilddrüsenhormone.
Körpermasse und ihre Zusammensetzung. Die Körperoberfläche eines Menschen wird durch Körpergröße und Körpergewicht bestimmt. Über die Körperoberfläche wird der größte Teil der Wärme abgegeben. Die Wärmeproduktion findet im Körperinneren statt, sie hängt vom Volumen ab. Entscheidend ist daher das Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpervolumen. Bei gleichem Gewicht muss also der Grundumsatz bei einem größeren Menschen mit großer Körperoberfläche und größerem Wärmeverlust höher sein. Bei gleicher Größe und unterschiedlichem Gewicht hat der Schwerere eine größere Wärmeproduktion und damit einen höheren Grundumsatz.
Der Grundumsatz hängt aber nicht nur von der Körpermasse ab, sondern auch von ihrer Zusammensetzung. Je mehr stoffwechselaktive Zellmasse (Skelettmuskulatur, Skelett und innere Organe) eine Person hat, desto höher ist ihr Energieumsatz.
Alter und Geschlecht. Im Alter sinkt der Grundumsatz, da sich die Zusammensetzung des Körpers ändert und z.B. Muskelmasse, d.h. ein Teil der fettfreien stoffwechselaktiven Masse, abnimmt. Frauen haben aufgrund des relativ höheren Anteils an metabolisch weniger aktivem Fettgewebe einen um ca. 10 % niedrigeren Grundumsatz.
Abhängigkeit des relativen Grundumsatzes von Lebensalter und Geschlecht
Abb....