Schweitzer Fachinformationen
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Kapitel 1
Veronica
Die Frau am anderen Ende des Raumes tötete mich mit Blicken, das spürte ich trotz der spärlichen Barbeleuchtung, und auch, wie sie ihr Gift in meine Richtung verspritzte. Wie eisblaue Glassplitter fuhren ihre blauen Augen über mein falsches blondes Haar, mein zu enges, zu kurzes rotes Kleid, meine ebenso purpurfarbenen High Heels. Ich hielt ihrem Blick stand, ohne zu blinzeln. Zu ihrer Ehrenrettung sei gesagt, dass sie nicht wegsah.
»Okay«, flüsterte ich dem Mann neben mir ins Ohr. Ich fuhr mit einem Finger seinen Unterarm entlang und beugte mich näher zu ihm heran. »Wir haben ihre ganze Aufmerksamkeit. Jetzt leg mir beiläufig die Hand an den Rücken.« Ich schnaufte gereizt, als er mich berührte. »Zurück«, zischte ich. »Nicht so tief!«
»Sorry.« Sein ohnehin blasses Gesicht erbleichte nun vollends, und auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen, in denen sich das Neon-Bier-Schild über der Bar spiegelte. »Ich bin nur etwas nervös. Was, wenn sie dahinterkommt?«
Ich nippte an meinem Whiskey und vergewisserte mich, dass die kleine Miss Mordlustig gegenüber uns nicht aus den Augen ließ.
Tat sie nicht.
»Keine Sorge. Ich hab das schon hundert Mal gemacht.« Ich reichte ihm mein leeres Glas. »Sie wird es nicht durchschauen. Und jetzt sei ein guter Junge, und hol mir noch einen Drink.«
Er stolperte davon und versuchte erfolglos, die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu ziehen. Ich selbst begann im Geiste mit dem Countdown.
Fünf . vier .
Ich wippte mit dem Fuß zum Takt des abgeschmackten Top 40 Hits, der aus den Lautsprechern plärrte.
Drei . zwei .
Ich musterte meine manikürten Nägel, die ich in der gleichen Farbe lackiert hatte wie mein Kleid.
Eins .
»Was machen Sie hier mit Scott?«
Ich blickte von meinen Nägeln auf und sah, dass die kleine Miss Mordlustig direkt vor mir stand, die Arme vor der Brust verschränkt und die Lippen geschürzt. Der Geruch eines blumigen Parfüms, das allzu reichlich aufgetragen war - wahrscheinlich nach einem langen Tag im Büro - drang mir in die Nase, und ich blinzelte, weil meine Augen zu tränen anfingen.
Die Frau hätte sogar einigermaßen hübsch aussehen können, wenn sie sich nur etwas mehr Mühe gegeben hätte. Sie hatte ihr glanzloses braunes Haar zu einem nachlässigen Knoten auf ihrem Kopf zusammengefasst und erinnerte so etwas an eine gescheiterte Ballerina. Dazu trug sie eine helle Bluse, die bis oben zugeknöpft war, und eine dunkelgraue Hose. Auf ihrer makellosen Haut war keine Spur von Make-up zu entdecken.
Ernsthaft jetzt? Wir waren hier auf einer After-Work-Party, und die Frau konnte noch nicht mal Lippenstift benutzen?
Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange, um nicht weiter über die Vorzüge von Mascara nachzudenken - immerhin war ich heute Abend nicht hier, um einer Fremden Schminktipps zu geben.
»Entschuldigung«, antwortete ich. »Aber was geht Sie es an, dass ich mit Scottie hier bin?«
»Ich bin seine Freundin.« Sie ließ meine Finger nicht aus den Augen, während ich mir damit über das Schlüsselbein strich - wodurch ich ihre Aufmerksamkeit auf meine Brust lenkte, die mein Kleid in einer Weise ausfüllte wie ihre das nie schaffen würde. »Na ja, okay, seine Exfreundin. Aber wir sind erst seit einem Monat getrennt. Ich hätte einfach nicht gedacht, dass er heute Abend ein Date mitbringt.«
»Um ganz ehrlich zu sein, ich hätte auch nicht gedacht, dass wir heute Abend hier sein würden. Wir sind nämlich seit zwei Tagen nicht mehr aus dem Bett gekommen.«
Beinahe hätte sie ihren Weißwein fallen lassen. Das Glas löste sich bereits aus ihren Händen, aber sie fing es im letzten Augenblick auf und blinzelte. Sie wischte sich ihre Hand an der wirklich nicht besonders modischen Hose ab.
»Scottie ist ein wahrer Tiger im Bett«, fuhr ich fort. Ich schluckte, um bei der Vorstellung nicht zu würgen, auch nur den Zipfel eines Kissens mit dem moppeligen, viel zu behaarten Mann an der Bar zu teilen. Ich versetzte der Frau einen Knuff gegen die Schulter. »Aber als seine Exfreundin wissen Sie das natürlich.« Ich zwinkerte ihr zu.
Sie öffnete den Mund, aber heraus kam nur ein erbärmliches Quieken. Arme Kleine. Scottie war bei ihr im Bett wahrscheinlich eher ein sabbernder Welpe als ein geschmeidiges Raubtier gewesen. Dennoch musterte sie ihn jetzt mit verengten Augen. Sie glaubte mir.
Die ganze Sache war wirklich viel zu leicht.
Scott kehrte mit meinem Drink von der Bar zurück, und dabei wäre er vorher mehr als einmal beinahe über die eigenen Füße gestolpert, und stieß auf dem Weg mindestens drei Leute an, denen er allen Entschuldigungen zumurmelte. Ich verkniff mir ein Augenrollen, nahm ihm den Drink aus der Hand und kippte ihn in einem Zug hinunter. Der Whiskey brannte in meiner Kehle, wärmte meine Brust und surrte dann durch meinen Kopf. Ich reichte Scott das leere Glas, und er gab mir das, was er eigentlich für sich selbst geholt hatte.
»Danke, Scottie«, flötete ich. »Du bist so süß. Es ist so lieb, wie du dich um mich kümmerst. Und ich verspreche, dass ich mich später auch um dich kümmern werde.« Ich ließ meine Fingernägel über seine Brust fahren, und er sog scharf den Atem ein.
»Scott, wer ist diese Frau?« Die Exfreundin war mir nicht von der Seite gewichen. »Und warum lässt du zu, dass sie dich >Scottie< nennt? Das hast du doch immer gehasst.«
»Er hat sich nie beklagt, wenn ich seinen Namen geschrien habe, nicht wahr, Scottie?« Ich streckte ihr die Hand entgegen. »Ich bin Rachel Newton.«
Das war nicht mein richtiger Name, aber er ging mir dennoch mühelos über die Lippen. Sie ergriff meine Hand nicht und sah mir auch nicht ins Gesicht. Stattdessen legte sie den Kopf schief und betrachtete Scott mit zusammengekniffenen Augen.
»Allison«, sagte er nun. »Das ist Rachel. Wir, äh, wir treffen uns seit ein paar Wochen.«
»Wir haben uns vor nicht ganz einem Monat getrennt, und du hast schon eine Neue?!«, quiekte sie und umklammerte ihr Weinglas noch fester.
»Na ja, äh .« Scott räusperte sich. »Ich meine, du hast doch gesagt, dass es vorbei ist. Und da ist eines Tages Rachel aufgetaucht, und es hat irgendwie klick gemacht, und .«
»Du hättest nicht mit einer anderen Frau zu einer After-Work-Party kommen dürfen.« Allisons Stimme brach. »Weißt du eigentlich, wie ich mich jetzt fühle?«
Das war mein Stichwort.
Ich tippte Scott von hinten auf die Schulter, und er zuckte zusammen, als hätte er meine Anwesenheit vollkommen vergessen. »Na ja, ich merke schon, dass ihr beiden etwas zu bereden habt. Ich gehe mir dann mal die Nase pudern.«
Ich kippte den Rest von Scotts Whiskey hinunter und stellte das leere Glas dann auf das Tablett einer Kellnerin, die gerade frische Drinks und Häppchen servierte. Ich ignorierte ihr Meckern - aufzuräumen sei ihr Job, nicht meiner.
Erdnussschalen knirschten unter meinen Schuhen, während ich Richtung Toilettenbereich ging, und ich zog die Nase kraus. Ein Lokal, in dem man Essen auf den Boden warf, gehörte normalerweise nicht zu meinen bevorzugten Etablissements. Aber Scott hatte darauf beharrt, dass wir hier am ehesten auf Allison treffen würden, also hatte ich mich damit abgefunden. Rachel Newton war glücklich, solange sie an Scotties Seite war. Sie würde lächeln, flirten und sich um den Dreck auf dem Boden nicht kümmern. Also würde ich das ebenfalls tun. Zumindest, bis ich mein Ziel erreicht hatte.
An den Waschbecken standen nur zwei Frauen - Kolleginnen von Scott, die er mir bei unserer Ankunft vorgestellt hatte, an deren Namen ich mich allerdings nicht erinnern konnte. Sie schwatzten über die Arbeit, während ich mir die Lippen nachzog.
Soweit ich mitbekommen hatte, arbeiteten Scott und Allison beide für eine Steuerberaterkanzlei. Sie hatten gerade einen dicken Fisch an Land gezogen, und mit der Party wollte das Unternehmen sich bei den Angestellten bedanken. Stirnrunzelnd betrachtete ich mein Spiegelbild. Ein schöner Dank. Eine schmutzige, überfüllte Bar in einem miesen Stadtteil. Zumindest waren die Drinks umsonst.
Ich schüttelte das leichte Schwindelgefühl ab - das dem Whiskey zu schulden war - und kehrte an die Bar zurück.
Jemand hatte vor der Toilettentür einen Drink verschüttet, und ich wich einem Kellner aus, der Küchentücher auf dem See verteilte. Der beißende Alkoholgeruch und die Drinks, die ich bereits intus hatte, ließen den Rückweg zu Scottie länger wirken als vorher. Ich bahnte mir den Weg durch die Menge, schlängelte und drängte mich an den breiten Schultern irgendeines Blödmanns im Anzug vorbei, bis ich sie endlich entdeckte.
Scott und Allison standen mitten auf der Tanzfläche, die Arme umeinandergeschlungen, die Lippen miteinander verschmolzen.
Igitt.
Wahrscheinlich schmeckte er nach den Knofi-Chicken-Wings, die er seit unserer Ankunft unaufhörlich in sich hineingestopft hatte. Die orangefarbene Barbecue-Sauce hatte Flecken an seinen Fingern hinterlassen, mit denen er ihr jetzt über die Wange strich. Der Traum einer jeden Frau: der Duft frittierten Geflügels auf der Haut.
Ich holte tief Luft und nahm mir einen Drink vom Tablett der Kellnerin von vorhin. Dann stapfte ich zu den beiden hinüber und stieß Scott an. »Was machst du denn da...
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