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Ohne Worte Wer den Schaden hat Benutzeroberfläche Müll to goIch als Weißer Hallo Nachbar Frei laufende Gänsefüßchen Lacher im Treppenhaus Trotzdem denken Richtig falsch Links herum Rechts herum Populus und Ismus Es reicht Selbstgespräch mit anderen Reisen bildet Die Chinesen kommen Nie wieder Eurexit Diplomatische Vermüllung Eva folgt nicht Tiefdruckgebiet Hosen voll Bis in alle Ewigkeit Denken schadet dem Hirn Integration gelungen Lieber A.?M. Verschwunden in der Transzendenz Die putzen wir Schande für Deutschland Plebiszite Geduldsfaden Ein glatter Einser Ein Satz für Doofe Klimageschäfte Klimaforscher Grüne Eiszeit Aktivisten Dumm gelaufen Mehr Druck Der reine Erdogan Vordenker und Nachdenker Zurück zu Tucholsky Neues von Charlie Hebdo Unfaires Spiel Jetzt wird's ernst Von morgens früh bis abends spät Themaverfehlung In der Abgeschiedenheit So ein Käse Vollkommen ungebildet Die Legende der Petra H. Faust, auch so einer Transparenz für Durchblicker Gabriel, der Edemann Mehr Milch Kann man so sehen Live is Life Kopfprobleme Die nicht?! Rückrufaktion Komplexität Einbrüche Airportchen Une catastrophe Wahr ist das Gegenteil Die AfD gehört zu Deutschland?? Elefantenrunde Ganz normal Rentenrituale Nepalhilfe Klugscheißer Ganz normale Werbung Im Wilden Westen Titel sind wichtig
Die Waschmaschine meldet freundlicherweise, dass sie den Waschgang beendet hat. Seit zehn Minuten nervt der Signalton extrem. Und wenn ich rufe: »Es reicht!«, dann reagiert die Maschine nicht. Kruzitürken noch mal! Wann endlich wird es Haushaltsgeräte geben, die auf Zuruf reagieren? Eine freundliche Frauenstimme meldet: »Ihr Sechzig-Grad-Waschgang wurde soeben beendet. Bitte legen Sie die Wäsche in den Trockner.« Es reicht! Wo ist Rosi, wenn man sie mal braucht?
Ich rufe: »Kann denn nicht mal jemand diese Scheißwaschmaschine ausschalten?«
Rosi antwortet aus dem Off: »Geht grad nicht!«
Sie ist verhindert, sie kämpft mit einem Boss bei einem Onlinespiel.
»Ich kann auch nicht«, rufe ich. »Ich kämpfe gerade mit meinem Computer und ich glaub, ich verliere.«
Bei diesem Gepiepse kann kein Mensch konzentriert arbeiten. Ich sitze über einem Text, der meine volle geistige Kraft verlangt. Ich denke über linkes und rechtes Denken nach und versuche, die Unterschiede herauszuarbeiten. Ich will meine Gedanken einfach und verständlich formulieren. Das fällt mir gar nicht so leicht. Kompliziert ist einfacher. Wütend mache ich mich auf den Weg zur Waschmaschine, die bedrohlich blinkt. Ich öffne die Frontklappe.
Die Maschine piepst beharrlich weiter.
»Rosi, wo schaltet man diese verdammte Maschine aus?«
»Mann«, ruft Rosi, »du wirst doch eine Waschmaschine ausschalten können!«
»Eben nicht.«
»Jonas, stell dich nicht dümmer, als du bist.«
Ich gebe mir größte Mühe. Schließlich gelingt es mir, die Maschine zum Schweigen zu bringen. Auf dem Weg zurück an den Laptop lege ich einen Zwischenstopp bei Rosi ein, die konzentriert vor dem Fernseher sitzt und kämpft. Es blitzt und kracht. Fantasiefiguren flitzen durch irgendwelche Welten. Ein bunter Kampf ist im Gange. Höchst dramatisch sieht das alles aus.
Ich: »Bitte, Rosi, kannst du mir den substanziellen Unterschied von links und rechts mal erklären?«
Rosi: »Mein Vater hat immer gesagt: Links ist da, wo der Daumen rechts ist.«
Ich: »Ja, im Ansatz richtig, aber nicht differenziert genug.«
Rosi: »Ich habe da drüber noch nicht nachgedacht. Du bist der Politologe, der intellektuelle Überbau ist dein Fachgebiet. Ich bin für die normalen Wissensgebiete zuständig, Bügelweisheiten, Kochkunde und Putzen. Meine Welt ist die Praxis.«
Ich: »Verstehe, ich bin für die Theorie zuständig, und du für die Praxis. Liebe Rosi, es gibt auch eine linke Praxis. Ich darf dich an die elfte These über Feuerbach erinnern.«
Rosi: »Lieber nicht.«
Ich: »Karl Marx sagt: Bisher haben die Philosophen die Welt verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern.«
Rosi: »Guter Mann, der Marx! Also, verändere du die Wirklichkeit, nimm die Wäsche aus der Maschine und leg sie in den Trockner!«
Ich murmle: »Das auch noch.«
Rosi: »Klar gibt es auch linke Praxis. Nur dass die Linken oft nicht zum Handeln kommen, weil sie noch mal drüber reden müssen.«
Ich will jetzt nicht widersprechen. Ich müsste dann weit ausholen. Bei der Französischen Revolution beginnen. Lieber nicht. Sage stattdessen nur: »Ach was!« Und fahre fort mit der Frage: »Worin besteht der grundlegende Unterschied im rechten und linken Denken?« Ich will versuchen, diese spannende Frage zu beantworten. »Rosi, hörst du mir eigentlich zu?«
»Logisch, ich bin ja multitaskingfähig«, sagt sie, während sie gleichzeitig irgendwelche Knöpfe auf dem Controller der PlayStation drückt und gebannt auf den Bildschirm blickt, auf dem es ordentlich zur Sache geht. Sieht aus wie der Endkampf von Gut und Böse, das Geschehen wirkt aber auf mich auch lustig. Und nachdem Rosi schweigt, rede ich. Schließlich bin ich der Theoretiker:
»Also, Rosi, wesentlich für rechtes Denken ist meiner Meinung nach, dass die Rechten Komplexität in der Realität reduzieren.«
Rosi: »Aha. Das heißt auf Deutsch?«
Ich: »Sie vereinfachen. Je einfacher, desto rechter, behaupten die Linken. >Die Welt ist komplexer! Sie ist kompliziert!<, halten die Linken den Rechten entgegen. Solche Sätze haben immer eine hohe Plausibilität.«
Rosi: »Ja, stimmt irgendwie. Die Welt ist vielschichtig. Man muss immer alle Aspekte miteinbeziehen, bevor man ein Urteil fällt. Nennt man in der Medizin Differenzialdiagnose. Es gibt Leute, die haben Läuse und Flöhe, Schweißfüße und Bluthochdruck. Kriegt einer einen Herzinfarkt, kann der auch mehrere Ursachen haben, physische und psychische. Oder nimm Depressionen, die haben häufig multikausale Ursachen. Es gibt Krankheiten, bei denen kann niemand genau sagen, durch was sie hervorgerufen werden.«
Ich: »Und was macht der Arzt in so einem Fall?«
Rosi: »Er beobachtet.«
Ich: »Beispielsweise der Krieg in Syrien. Die verschiedenen Interessen der kämpfenden Parteien auseinanderzuhalten, das ist doch fast unmöglich! Die syrische Armee, der Assad, die Türken, die Russen, die Franzosen, die Engländer, die Deutschen, die Kurden, die guten Kurden, die bösen Kurden, die guten Saudis, der böse Iran, der von den Amerikanern befreite Irak, die IS-Kämpfer, das Böse, das Gute, wer soll da durchsteigen?«
Rosi: »Der Steinmeier! Unser Außenminister, der kennt sich in diesem Dickicht bestimmt aus. Es stimmt schon, die Welt ist komplex. Einerseits. Andererseits kann sie auch sehr einfach sein. Wie in diesem Spiel. Da kämpfen die Guten gegen die Bösen. Aber egal, auf welcher Seite du spielst, du gehörst in jedem Fall zu den Guten. Die Bösen sind immer die anderen. Wie im richtigen Leben.«
Ich: »Assad ist ein Diktator, der sein Volk unterdrückt. Punkt. Also haben alle Demokraten dieser Welt das Recht, den Assad wegzubomben. Die Rechten analysieren die Linken so: Die Linken nehmen in der Realität eine größtmögliche Komplexität an. Sie sehen komplexe Zusammenhänge, wo gar keine sind. Sie komplexitieren, könnte man sagen, die Wirklichkeit. Finden in ihren Erklärungen der Phänomene >ein Bündel von Gründen und Ursachen< und überfordern damit das Publikum.«
Rosi: »Hältst du grad ein Referat? Schlechter Zeitpunkt!«
Ich rede unbeirrt weiter: »Die Welt ist gar nicht so komplex, wie ihr immer tut, rufen die Rechten. Zum Beispiel bei den Flüchtlingen. Wir sind nicht schuld an diesem Krieg in Syrien, sagen die Rechten. Was haben wir Deutschen damit zu tun? Außerdem bringen sie eine Religion mit in unsere Kultur, die nicht zu uns passt. So einfach können politische Analysen sein. So stehen sich in den aktuellen Debatten immer linke Überforderung auf der einen Seite und rechte Vereinfachung auf der anderen Seite gegenüber. Die Linken werfen den Rechten vor, zu sehr zu vereinfachen. Die Rechten halten den Linken unnötige Komplexität vor. Der Himmel über den Debatten ist mit einer allgültigen, nicht mehr zu hinterfragenden Moral überwölbt, in der Sätze wie >Wir schaffen das< oder >Dann ist das nicht mehr mein Land!< oder >Es geht um Menschen, nicht um Zahlen< oder >Grenzen sind unmenschlich< wie Imperative vorgetragen werden, an die sich alle zu halten haben. Moralextremisten dulden keinen Widerspruch. Die Linken bestehen auf ihrem universalistischen Menschenbild, das vom Gleichheitstheorem zusammengehalten wird - also einer Vereinfachung, die sie den Rechten vorwerfen. Vereinfachungen werden also auch von den Linken vorgenommen, wenn sie dem eigenen Weltbild dienen. Vereinfachungen sind immer erwünscht, wenn sie der eigenen Position zum Vorteil gereichen. Die Linke argumentiert unterkomplex, wenn sie dem politischen Gegner damit schaden kann. Die Rechten wollen, was das Menschenbild angeht, differenzieren und Unterschiede zwischen den Menschen anerkennen. In dieser Position vermuten Linke den Anfang allen Übels, weil es vom Individuum über die Gruppe bis zur Volksgemeinschaft immer nur ein paar Schritte sind. Für Linke gibt es keine Völker, sondern nur Menschen, die zufällig in eine Volksgemeinschaft hineingeboren wurden. Der Zufall der Geburt kann keine Ungerechtigkeit auf der Welt begründen. Linke sehen das Glück der Menschheit im sozialistischen Menschen, der seine individuellen Prägungen (der Wunsch nach Eigentum!) zurückstellt, um der sozialistischen Gesellschaft zu dienen, in der dem Ideal gemäß alle gleich sind. Die Menschen haben sich dem politischen System anzupassen. Rechte hingegen betonen die individuellen Bedürfnisse des Menschen, seinen Wunsch nach Eigentum, die Zugehörigkeit zu einer Kultur, die eine Identifikation mit den Traditionen einer Gruppe von Menschen ermöglicht und die letztlich ein Volk in einer Nation zusammenleben lässt. Rechte streben eine liberale Gesellschaft mit größtmöglicher individueller Entfaltung an. Das politische System hat sich nach den Menschen zu richten. So, das musste wieder mal gesagt werden.«
Rosi legt erleichtert den Controller zur Seite und meint: »Hört sich klug an, was du da gerade referiert hast.«
Ich: »Hast du überhaupt zugehört? Du hast ja die ganze Zeit gezockt.«
Rosi: »Ich habe alles ganz genau gehört. Ob ich es verstanden habe, ist eine andere Frage. Ich versuch es mal mit meinen Worten: Wenn du als Philosoph tatsächlich die Welt verändern möchtest, könnest du einmal versuchen, Wäsche zu waschen, selbstverständlich nur, sofern es deine philosophischen Studien zulassen. Dann würdest du vielleicht zu der Erkenntnis gelangen, dass man eine Hose rechts- und linksrum waschen kann. Aber egal, wie du es machst, es bleibt immer dieselbe...
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