Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Sorry, dass ich mich so lange nicht gemeldet hab, alter Kumpel. Aber du hast mir ja keine Adresse dagelassen, du bist ja nicht blöd, aber darum konnte ich dir nicht schreiben, bis jetzt. Zum Glück hat die Polizei endlich rausgefunden, wo du steckst. Nein, keine Angst, die sind kein einziges Mal aufgetaucht, wahrscheinlich könntest du auch einfach wieder zurückkommen, die interessieren sich überhaupt nicht für dich. Jetzt fragst du dich sicher, wie ich auf die Idee gekommen bin, dir zu schreiben. Aber ich wünsche mir halt schon lange, dass ich dir ab und zu sagen könnte, was hier so läuft. Und heute traf ich eine in der Perle, und als ich ihr von dir erzählte, sagte sie, dass ich dir doch einfach schreiben solle, das komme schon bei dir an. Und zuerst dachte ich, sie wolle mich verarschen, aber weil sie dann nicht zu mir nach Hause kam, dachte ich, egal, ich schreibe jetzt Eule. Ob das nun tatsächlich bei dir ankommt, ist dann eine andere Frage.
Hier ist eigentlich alles in Butter. Ich wohne immer noch in unserer Wohnung, und die sieht eigentlich auch immer noch aus, wie du sie verlassen hast. Dave findet das lustig, dass es aussieht, als ob du immer noch da wohnen würdest. Er denkt, ich sei wie diese Eltern, deren Kind entführt wurde, und die das Zimmer jahrelang nicht anfassen, weil sie hoffen, dass es irgendwann wieder zurückkommt. Mit dem Unterschied, dass ich wirklich weiß, dass du irgendwann wieder da sein wirst.
Heute war Party in der Perle, draußen auf dem Schiff. Sveni, Dave, Sara und Daniel waren auch da, und es war heiß, und schön, und die Frauen auch, und die Typen werden irgendwie auch immer geiler, wenn du mich fragst. Das kommt wohl, weil niemand mehr neben mir steht, der die ganze Zeit sagt, dass ich der da hinten doch mal hallo sagen solle. Irgendwie vermisse ich das eben schon. Aber wahrscheinlich hast du halt einfach nicht an mich gedacht, als du dich entschiedst, abzuhauen. Weil du das für dich gemacht hast, was ja nicht das schlechteste Argument wäre. Es war halt einfach schade, dass du nicht da warst, heute, das ist alles.
Ich stand mit Sven auf der Kajüte über dem DJ, und schaute runter zu den tanzenden Leuten auf dem Schiff, und es kam mir vor wie auf dem Meer, weil sie wegen der Hitze die ganze Zeit den Zerstäuber laufen ließen, und alle so farbig in der Sonne glitzerten. Es war kein normales Fest, wahrscheinlich das letzte in diesem Sommer, das schienen alle zu spüren. Sogar Sven sagte einmal, das sei ja richtig gut heute. Wir hampelten eine Weile nebeneinanderher, und ich hielt mich am Geländer fest, und schaute, wer zurückschaute. Es waren alle da, die immer da sind, Fiat und die Mädchengang, die Leute aus der Elke und so weiter. Die Einzige, die schlecht gelaunt zu sein schien, war Sara, weil Daniel den Rave quasi schon vor dem Start gewonnen hatte. Er stand neben ihr, drückte ihr die Hand, und schwitzte wie ein Kamel. Irgendwie erinnern sie mich in letzter Zeit an Michael Schumacher und Rubens Barrichello vor weiß nicht wie vielen Jahren. Sara wäre ja locker gut genug, um selbst Weltmeisterin zu werden, wenn sie nicht ausgerechnet mit dem Jahrhunderttalent im Team gelandet wäre.
Dave dagegen ging es spitze wie immer. Er stand am Bug vor der Bar, und konnte wieder mal nicht glauben, wie geil das alles war. Er zeigte mir den Vogel, und rief mir über die Leute zu: «BRU-TAL!» In Daves Schatten stand eine, die dreinschaute, als wollte sie gleich wieder nach Hause. Sie sah sehr jung aus, und hübsch, keine Frage, mit kurzen, dunklen Haaren, nur schien sie sich irgendwie nicht bewegen zu wollen. Sie stand einfach nur da wie ein Ochse. Und natürlich fand ich das lustig, ich fragte mich eben nur, was sie da wollte. Ich starrte sie an, und hoffte, dass sie mich sehen würde. Dann sah ich, dass sie einen Fleck im Gesicht hatte.
«Schau dir die mal an!», sagte ich. «Die neben Dave, mit dem Fleck im Gesicht.» Sven kramte in der Hosentasche, und gab mir eine Zigarette. «Ich sagte, du sollst dir die da hinten reinziehen. Ich will keine Zigarette. Oder doch, gib mir doch bitte eine.» Ich fragte mich, ob sie spürte, dass ich sie anschaute, weil sie plötzlich so geradeaus starrte. Ich fixierte meinen Blick, und dachte, warte nur, gescheckter Ochse, dich werde ich schon zum Tanzen bringen! Dann schaute sie zu mir hoch.
Ich ging die Treppe runter zu Dave, und fragte ihn, ob es ihm gut gehe. Er sagte: «Wenn das so weitergeht, haben wir ein Problem, Heldi. Danzig regelt das hier extrem.» Dann erst sah ich den DJ in der Kajüte: «Wie sieht der denn aus?!» - «Schon sehr scheiße, da hast du recht.» Ich drehte mich um, und tippte sie an die Schulter. «Hey, hallo! Ich bin Held.» - «Was?» - «Held, freut mich.» - «Du heißt Held?» - «Ja, und du?» - «Mira.» Sie war aus der Schweiz, und darum hörte ich dich bereits, wie ich dich immer reinreden höre: Kein Wunder, dass sie ihren Arsch nicht bewegen kann! Ich stellte ihr Dave vor, er gab ihr zwei Küsschen, und tanzte weiter. «Er liebt Techno. Er ist einer der ganz großen Fans.» - «Du siehst auch so aus.» - «Wie was?» - «Wie ein Fan.» - «Soll ich eigentlich wieder gehen? Geh ich dir auf den Sack?» Und weil ich sie auf Schweizerdeutsch gefragt hatte, fragte sie, wie ich ihr es angehört hätte: «Ich dachte, man hört es nicht.» - «Das dachte ich auch mal.» - «Und jetzt?» - «Nicht mehr.» - «Eigentlich habe ich mir vorgenommen, nur Deutsch zu reden. Ich muss üben.» - «Klar.» - «Dann solltest du aber auch.» Und vielleicht erinnerst du dich, wie ich am Anfang auch dachte, so reden zu müssen wie du, bis du mir sagtest, dass ich endlich aufhören solle mit dem Quatsch! Ich dachte, dass es dir doch egal sein konnte, wie ich redete, aber natürlich war dir das nicht egal.
Sie fragte dann auf Hochdeutsch, ob ich hier wohnen würde. Dann lachte sie über sich selbst. Als ich sagte, ich sei seit neun Jahren da, sagte sie, sie seit zwei Wochen. «Und warum bist du hier?» - «Hier in der Stadt? Oder hier hier?» - «Egal», sagte ich. «Weiß nicht», sagte sie. «Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht genau gewusst, was das hier sein soll.» - «Eine Party.» - «Das wusste ich.» - «Das ist auch schon alles. Und das ist übrigens auch der Grund, warum ich zu dir gekommen bin. Ich habe dich gesehen. Und irgendwie habe ich gedacht, dass dir ein bisschen Bewegung gut tun würde.» - «Hast du gedacht.» - «Und darum dachte ich, dass wir eine kleine Abmachung treffen könnten. Einen kleinen mündlichen Vertrag.» - «Du willst, dass ich für dich tänzle?» - «Für uns beide, quasi.» - «Und du vergibst dann Punkte?» - «Ich verspreche dir im Gegenzug, dass es lustig wird.» Ich hielt ihr die Hand hin, worauf sie ihre so weit zurückzog, dass sie Dave fast den Ellbogen ins Gesicht gerammt hätte. Dann schaute sie mich an, und sagte: «Also gut. Aber nur, wenn du nicht gleich wieder abhaust, du Arsch.»
Siehst du!? Ich mache im Großen und Ganzen immer noch dasselbe wie früher. Darum würde ich lieber mal gerne wissen, was du so machst, die ganze Zeit, in deiner scheiß Tundra. Und wie du da überhaupt hochgekommen bist. Ich stelle mir vor, wie du an der Straße standest, mit dem Schild in der Hand: Lappland, schnell! Und natürlich hoffe ich, dass du gefunden hast, was du dir wünschtest. Übrigens habe ich dir ja gar nie Danke gesagt für den Brief. Und dass ich wirklich lachen musste. Ich habe den wenigsten erzählt, warum du gegangen bist, ich sagte meist einfach, dass du von den Bullen gesucht wurdest, und darum abhautest, weil ich halt glaube, dass dich sowieso niemand verstehen würde, da es mir ja selbst vor dir peinlich ist, zuzugeben, dass ich gerne wissen würde, ob du den Weihnachtsmann nun gefunden hast oder nicht. Ich möchte mich auf jeden Fall für die fünf Minuten bedanken, in denen ich wirklich lachen musste. Es war halt einfach, dass die Zeit danach viel länger dauerte. Eigentlich bis heute. Ich will damit nicht sagen, dass mein Leben scheiße ist. Am Anfang schaffte ich es ja sogar, so weiterzuleben, als ob nichts passiert wäre. Wenn ich spät nach Hause kam, schenkte ich mir einen Schnaps ein, und stieß mit dem Gläschen an meinem Kopf an, und lachte, weil ich wusste, dass du auch gelacht hättest. Schlimm wurde es eigentlich erst im Winter, als ich realisierte, dass ich mir den Whiskypunsch nun selbst zubereiten musste. Und ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich Nelken reintun solle, oder nicht, weil ich sie einerseits immer noch scheußlich fand, ich andererseits wollte, dass er schmecken würde wie dein Original-Punsch. So stand ich dann eine Ewigkeit vor dem Topf und dachte, du musst sie ja nicht reintun, er ist ja nicht da, mach, was du willst. Dann schmiss ich sie in die Spüle, und die Teile rieselten alle herum, dass die Wohnung am Ende roch nach, keine Ahnung, scheiß Nelken halt.
Im Frühling ging es dann besser, weil es auch wieder mit dem Sex lief, weil ich plötzlich so viel Zeit dafür hatte. Aber irgendwie sagten die meisten irgendwann etwas wie, so ist halt das Leben, was mir dann die Lust an ihnen nahm, und ihnen ja gleichzeitig recht gab. Aber das klingt jetzt alles schlimmer, als es ist. Ich habe ja immer noch Dave und Sveni und die beiden Ferrariracer, und die sind auch immer noch die Alten.
Ich hatte dann also eine Abmachung mit Mira, und weil ich ihr versprochen hatte, dass es lustig werden würde, holte...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.