Schweitzer Fachinformationen
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In den ersten zwölf Jahren unserer Ehe haben Beth und ich mit Vergnügen in der gesamten Nachbarschaft Maßstäbe gesetzt, was Komfort und Luxus betraf. Es wurde akzeptiert, dass wir intelligenter und erfolgreicher waren, aber die Gemeinschaft schien unsere Überlegenheit ohne Murren hinzunehmen, und das Leben ging seinen Gang, wie es sich gehörte. Ich hatte eine vollautomatische Feinschnitt-Heckenschere, eine elektrische Schaufel und drei Rolex-Gasgrills, die nebeneinander im Hintergarten standen. Einer war für Hühnchen, einer für Rindfleisch, und den dritten hatte ich speziell zum Dämpfen der asiatischen Pfannekuchen ausstatten lassen, die uns immer so besonders mundeten. Wenn die Vorweihnachtszeit tobte, pflegte ich einen Umzugswagen zu mieten und in die Stadt zu fahren, wo ich mir jede grelle neue Extravaganz schnappte, die mir ins Auge stach. Unsere Zwillinge, Taylor und Weston, konnten immer mit dem neuesten elektronischen Spielzeug oder Sportartikel rechnen. Beth bekam vielleicht einen Staubsauger mit Rennsattel oder ein paar pelzgefütterte Jeans, und das war nur das, was der Nikolaus einem in den Stiefel stopfte! Es gab Boote zum Wegschmeißen, extraraue Wildleder-Basketbälle, zinngetriebene Wandertornister und Solarzellen-Spielkartenmischer. Ich kaufte ihnen Schuhe und Kleidung und eimerweise Geschmeide in den feinsten Juweliergeschäften und Warenhäusern. Fern lag mir jede Schnäppchenjagd, jedes Feilschen um Skonto und Prozente. Ich habe immer Spitzenbeträge gezahlt, weil ich fand, dass diese einen Drittelmeter langen Preisschilder tatsächlich etwas über Weihnachten aussagten. Nach dem Auspacken der Geschenke nahmen wir zu einem aufwendigen Dîner Platz und labten uns an jeder nur denkbaren Spielart von Fleisch und Pudding. Wenn wir gesättigt waren und uns ein leichtes Unwohlsein beschlich, steckten wir uns einen Silberstab in den Hals, übergaben uns und fingen nochmal von vorne an. Letztlich unterschieden wir uns nicht sehr von allen anderen Menschen. Weihnachten war die Zeit des Schwelgens, und nach außen waren wir wohl so ziemlich die schwelgerischsten Menschen, die man sich nur vorstellen konnte. Wir dachten, wir wären glücklich, aber all das änderte sich an einem frischen Thanksgiving-Morgen, kurz nachdem die Cottinghams erschienen waren.
Wenn ich mich recht entsinne, haben die Cottinghams vom ersten Augenblick an, als sie nebenan eingezogen waren, Ärger gemacht. Doug, Nancy und ihre unattraktive acht Jahre alte Tochter Eileen waren ausnehmend neidische und gierige Menschen. Ihr Haus war ein bisschen kleiner als unseres, aber das hatte durchaus seinen Sinn, da wir zu viert waren und sie nur zu dritt. Trotzdem muss sie etwas an der Größe unseres Hauses so gestört haben, dass sie ihren ersten Koffer noch nicht ausgepackt hatten, als sie auch schon mit dem Bau einer überdachten Eisbahn und eines Eintausend-Quadratmeter-Pavillons begannen, in dem Doug mit seiner Sammlung präkolumbianischer Schlafcouchen protzen konnte. Weil uns danach war, begannen Beth und ich mit dem Bau einer Fußballhalle und einer 1666 Quadratmeter großen Rotunde, in der ich bequem meine Sammlung prä-präkolumbianischer Schlafcouchen ausstellen konnte. Doug erzählte allen Nachbarn, ich hätte ihm die Idee geklaut, aber ich hatte schon lange über prä-präkolumbianische Schlafcouchen nachgedacht, bevor die Cottinghams in die Stadt eingefallen waren. Sie mussten einfach Ärger machen, egal, um welchen Preis. Als Beth und ich ein Multiplex-Kino mit sieben Leinwänden bauten, mussten sie sich natürlich eins mit zwölfen bauen. Das ging immer so weiter, und, um die Geschichte abzukürzen, ein Jahr später blieb weder denen noch uns ein halbwegs unbebauter Quadratmeter. Die beiden Häuser grenzten nun praktisch aneinander, und wir ließen die Fenster nach Westen zumauern, um nicht in ihr knalliges Fitness-Center oder den Schießstand im dritten Stock blicken zu müssen.
Obwohl sie so vom Konkurrenzdenken geprägt waren, versuchten Beth und ich, gute Nachbarn zu sein, und luden sie gelegentlich zu Grillpartys auf dem Dach und so weiter ein. Ich bemühte mich um zivilisierte Konversation und sagte so etwas wie: »Ich habe gerade achttausend Dollar für ein Paar Sandalen gezahlt, die mir nicht mal passen.« Dann konterte Doug und sagte, er habe gerade zehntausend für eine einzelne Gummilatsche bezahlt, die er nicht mal anziehen würde, falls sie ihm passte. Er war in dieser Hinsicht immer sehr aggressiv. Wenn eine Zahnfüllung siebzigtausend Dollar gekostet hatte, konnte man drauf wetten, dass sie bei ihm mindestens hundertfünfundzwanzigtausend gekostet hatte. Ich ertrug seine Gesellschaft fast ein Jahr lang, bis wir eines schönen Novemberabends einen Knatsch darüber hatten, welche Familie die aussagekräftigsten Weihnachtskarten verschickt. Beth und ich nahmen uns meist einen bekannten Fotografen, der ein Porträt von der ganzen Familie, umgeben von den Geschenken des Vorjahres, knipste. Wenn man die Karte aufklappte, war aufgelistet, wie viel die Geschenke gekostet hatten, und dazu die Botschaft »Weihnachten heißt Schenken«. Die Cottinghams fanden ihre Karte schöner, die aus einer Fotokopie von Dougs und Nancys Aktien-Portfolio bestand. Ich sagte, es sei zwar durchaus schön und gut, Geld zu haben, ihre Karte sage aber nichts darüber aus, wie sie ihr Geld ausgäben. Weihnachten heiße, wie es so schön auf unserer Karte stehe, Schenken, und selbst wenn er seinen Börsenbericht mit ein paar aufgebügelten Zuckerstangen aufmotzte, würde dieser immer noch nicht die angemessene Weihnachtsbotschaft vermitteln. Die Konversation wurde hitziger, und die Frauen tauschten sogar Schläge aus. Wir hatten alle ein paar Drinks intus, und als die Cottinghams das Haus verließen, wurde allgemein davon ausgegangen, dass es aus war mit unserer Freundschaft. Ich dachte noch einen, zwei Tage lang über diesen Vorfall nach und widmete meine Aufmerksamkeit dann den bevorstehenden Feiertagen.
Wir hatten gerade eins unserer üppigen, allzu üppigen Thanksgiving-Festmahle hinter uns, und Beth, die Jungens und ich sahen uns einen Stierkampf im Fernsehen an. Damals konnten wir noch alles kucken, was wir wollten, weil wir noch unsere Satellitenschüssel hatten. Juan Carlos Ponce de Velásquez hatte gerade etwas Wildes aufgespießt, und wir waren alle schön aufgeregt, als es an der Tür klingelte. Ich nahm an, einer der Jungens habe eine Pizza bestellt, öffnete die Tür, und vor mir stand zu meinem Erstaunen ein übelriechender Bettler. Er war dünn, barfuß, hatte Schorfstellen in Peperoni-Größe an den Beinen, und sein ungepflegter Bart war mit mehreren verschiedenen Sorten Marmelade vollgeschmiert. Ich spürte, dass es die Marmelade war, die wir am Vorabend in den Müll geworfen hatten, und ein Blick auf unseren umgekippten Mülleimer sagte mir, dass ich richtig lag. Das machte mich ziemlich ungehalten, aber bevor ich etwas sagen konnte, zog der alte Penner eine Blechtasse hervor und begann, um Geld zu winseln.
Als Beth fragte, wer an der Tür sei, rief ich: »Roter Bereich!«, was unser geheimes Signal war, die Hunde loszulassen. Wir hatten damals zwei von den Biestern, große Dobermänner namens Butterscotch und Mr. Lewis. Beth versuchte sie aus dem Esszimmer herauszukommandieren, aber da sie sich mit Truthahn und Füllung vollgestopft hatten, gelang es ihnen knapp, den Kopf zu heben und sich zu übergeben. Ich sah, dass sie verhindert waren, ließ mich selbst auf Hände und Knie nieder und biss den Typ persönlich. Vielleicht lag es an dem Stierkampf -, ich hatte jedenfalls plötzlich Lust auf Blut. Meine Zähne ritzten kaum die Haut, aber das genügte bereits, um den alten Zausel zu den Cottinghams weiterhumpeln zu lassen. Ich sah zu, wie er gegen ihre Tür hämmerte, und wusste genau, was geschehen würde, wenn er Doug, dem alten Nachmacher, bei dessen Konkurrenzwahn berichtete, dass ich ihm popligerweise kurz in die Wade gebissen hatte. Beth rief mich aus irgendeinem Grunde ins Haus, und als ich ein paar Minuten später an die Tür zurückkehrte, sah ich, wie Helvetica, das Dienstmädchen der Cottinghams, ein Foto davon machte, wie Doug, Nancy und Eileen dem Landstreicher einen Ein-Dollar-Schein aushändigten.
Ich wusste, dass etwas im Busch war, und, richtig, zwei Wochen später fand ich genau den Schnappschuss auf der Weihnachtskarte der Cottinghams, und dazu die Worte »Weihnachten heißt Schenken«. Das war immer unser Wahlspruch gewesen, und hier hatte er ihn gestohlen und die Botschaft verfälscht, um uns egoistisch aussehen zu lassen. Es war nie unsere Art gewesen, andere zu beschenken, aber ich begann, anders darüber zu denken, als ich die phänomenalen Reaktionen bemerkte, die die Cottinghams mit ihrer Weihnachtskarte bewirkt hatten. Plötzlich waren sie das einzige Gesprächsthema. Man konnte auf eine x-beliebige Weihnachtsparty gehen, und schon hörte man: »Haben Sie sie gesehen? Ich finde sie absolut zauberhaft. Da haben diese Leute doch tatsächlich einem wildfremden Menschen Geld gespendet! Ist das zu überbieten? Einen ganzen Dollar an einen Stadt- oder Landstreicher verteilt, der keinen roten Heller hatte. Wenn Sie mich fragen, sind diese Cottinghams sehr tapfre und großzügige Menschen.«
Doug würde wahrscheinlich sagen, dass ich ihm unfairerweise seine Idee geklaut habe, als ich ebenfalls ein großzügiger Mensch wurde, aber das ist nicht der Fall. Ich hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, großzügig zu werden, als er noch längst nicht den Schauplatz betreten hatte, und, außerdem, wenn er mir...
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