Schweitzer Fachinformationen
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Es ist mehr als nur ein neues Auto. Für Appa und Amma der indischen Kleinfamilie beglaubigt der weiße Honda Civic - »Weiß ist gut. Das wirkt sauber« - den Aufstieg. Mittelschicht, harter Arbeit Lohn, die Kinder werden es mal besser haben. Natürlich sollen die Nachbarn das sehen! Doch Sreenath, ihr Ältester, verhält sich seltsam, kommt nicht mal runter in die Einfahrt, und sehr bald wissen sie und ihr Jüngster sowieso: Ein Video ist aufgetaucht, eins von Sreenath und seiner Freundin, auf einer dieser Seiten. Seit Jahren sind sie ein Paar, trotzdem bedeutet dieses heimlich gefilmte Video eine unerhörte Schande, und eine sagenhafte Eskalation nimmt seinen Lauf .
Teen Couple Have Fun Outdoors ist ein beißender Generationenroman aus Indien. Aravind Jayan erzählt darin mit der Lässigkeit der Jungen von Scham, Repression und Tradition im Angesicht von Klasse, Sex, dem Internet. Und doch beschreibt er mit Zärtlichkeit eine Heimat, die fortwährend mit der eigenen Modernisierung kämpft.
Das Internet ist kein Kühlschrank
In den folgenden Tagen herrschte im Haus eine Art Unterwasseratmosphäre: leise Gespräche, langsame Bewegungen, wenig Licht.
Appa ging nicht zur Arbeit und verschanzte sich mit Bergen von Ordnern und Akten im Schlafzimmer. Amma saß jetzt nur noch vor dem Fernseher und sprach mit niemandem. Auch wenn ich ab und zu rausging, um für die Zeitung verschiedene Veranstaltungen zu besuchen, fühlte es sich immer noch an, als seien wir unter Belagerung.
Am Tag nach meinem Besuch bei Sreenath fand die Abschiedsfeier für Trisha statt, eine Studienfreundin von mir. Trisha tauschte ihr aktuelles Praktikum gegen ein besseres in Bombay ein. Ihr Onkel hatte ein paar Beziehungen spielen lassen. Ihr Plan für danach war es, ein Visum zu beantragen und an eine Universität nach England zu wechseln. Es war alles schon arrangiert.
So im Bett liegend, konnte ich mir gut vorstellen, wie sie aus dem Flugzeug und in ein schwarzes Taxi stieg. Alte Gebäude, saubere Bürgersteige, schnelle Züge, höfliche Menschen. In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als in ein anderes Land zu ziehen. Ich bildete mir ein, dass die Probleme, die wir hatten, die ganzen Belanglosigkeiten und unnötigen Verwirrungen, nur an einem Ort wie diesem hier so groß werden konnten.
Bis die Party dann endlich stattfand, hatte ich so viel ans Weggehen gedacht, dass ich alle möglichen Dinge auf Trisha projizierte. Es war später Abend und sie schien im schwachen Licht regelrecht zu leuchten. Die Party fand im Freien statt, in dem Haus in Kowdiar, in dem Trisha und ihre Eltern lebten. Sie waren eine Familie wie aus der Fernsehwerbung. Trisha sagte manchmal Sachen wie »Meine Mutter ist meine beste Freundin«, und ich stellte mir vor, wie die beiden sich gemeinsam die Haare kämmten. Ihr Vater war ihnen aber auch sehr nah - wahrscheinlich kämmte er sich auch mit ihnen.
Ich wollte Trisha ansprechen und sie um ein Date bitten. Dann könnte ich sie später in England anrufen und ihr Nachrichten dorthin schreiben. Ihr Freund starrte mich an. Er war ziemlich paranoid. Wenn man auch nur drei Worte mit Trisha wechselte, wollte er sofort dein bester Freund sein. Als er sich heranschlich und davon sprach, dass wir mal alle zusammen ins Kino gehen sollten, haute ich ab. Auf dem Rückweg kam mir die Stadt noch kleiner vor als sonst.
In den folgenden Nächten konnte ich kaum schlafen. Morgens wachte ich genervt und wütend auf und kickte die Bettdecke auf den Fußboden.
In einer Situation wie dieser ist es vermutlich normal, wenn einem der Verstand Streiche spielt. Unsere Nachbarn draußen vor dem Fenster wirkten fröhlicher als sonst. Das Wetter war rosig. Überall blühten Blumen und die Gärten gediehen prachtvoll. Die Teenager-Mädchen aus Nr. 17, die sonst immer allergisch auf Sonnenlicht und Bewegung gewesen zu sein schienen, fingen auf einmal an, vor ihrem Haus Badminton zu spielen. Eine ganze Woche lang hörte man jeden Tag nur den Federball, der von einer Seite zur anderen geschlagen wurde. Sie spielten so viel, man hätte meinen können, sie trainierten für die Nationalmannschaft.
Die Leute gingen auch mehr spazieren als sonst und waren alle bunt gekleidet, wie für ein Sommerfest. Mir fiel auch auf, dass sie jedes Mal, wenn sie an unserem Haus vorbeikamen, herüberstarrten. Wir wohnten in einer Sackgasse im hinteren Teil von Blue Hills. Jetzt weiteten sogar diejenigen, die im vorderen Teil wohnten, ihre Spaziergänge aus, um bei uns vorbeizukommen. Es schien, als wären wir ein Ausstellungsstück geworden.
Es fiel nicht nur mir auf; Amma linste jedes Mal durch die Vorhänge und fing leise an zu murmeln, wenn sie Schritte oder Stimmen hörte.
Es ging ihr nicht gut. Am Tag nach Sreenaths Auszug rief sie ihre Eltern und Appas Mutter an, um sicherzugehen, dass die von nichts wussten. Dann telefonierte sie in Blue Hills herum, angeblich auf der Suche nach einem verlorenen Paket. Sie hatte dabei einen fröhlichen Tonfall; bevor sie auflegte, fragte sie: »Und, wie geht es sonst so? Alles in Ordnung?«
Einige Tage später leitete Amma ein Video an die WhatsApp-Gruppe von Blue Hills weiter. Es zeigte einen Oktopus, der einem Taucher die Hand schüttelte. Sie verschickte die Nachricht gegen vier Uhr nachmittags, aber es dauerte bis weit nach zehn, bis jemand mit einem Daumen hoch antwortete. In der Zwischenzeit hatte sie schon alles Mögliche mit ihrem Telefon angestellt, sie hatte es sogar unter einem Sofakissen versteckt und sich draufgesetzt. Ich glaube nicht, dass die Verzögerung bedeutete, dass die Leute sie ausgrenzten oder so etwas. Trotzdem konnte sie nicht anders, als es genau so zu interpretieren.
Da Amma alle Nachhilfestunden abgesagt und sogar die Putzfrau gebeten hatte, diesmal nicht zu kommen, ging ich nicht davon aus, dass sie zum wöchentlichen Siedlungstreffen gehen würde. Aber am Freitag zog sie sich an, vielleicht mit ein wenig mehr Aufhebens als sonst, und fing sogar wieder mit ihren hundert Fragen an.
Ich fragte sie, ob es eine gute Idee sei, hinzugehen.
»Sie haben ein Treffen wegen der Spendenaktion«, sagte Amma und richtete ihr Haar vor dem Spiegel im Flur. »Sie erwarten mich.«
Vor zwei Jahren hatten Amma und einige der Nachbarn eine jährliche Spendensammlung für eine unterprivilegierte Schule in Vattiyoorkavu ins Leben gerufen. Für Amma war diese Spendenaktion eins der wichtigsten Dinge, die sie je getan hatte.
Als sie zwei Stunden später zurückkehrte, fragte ich sie, wie es gelaufen sei.
»Gutes Treffen«, sagte sie. »Ein gutes erstes Treffen.«
Kurz danach erfuhr ich, dass sie fünfzigtausend Rupien zugesagt hatte - etwa das Zehnfache dessen, was wir normalerweise gaben, und viel mehr, als wir entbehren konnten.
»Ist Appa damit einverstanden?«, fragte ich.
Sie winkte ab und sagte: »Was nützt uns das Geld? Was bringt es, es zu horten?«
Davon, dass wir Geld horteten, hörte ich zum ersten Mal.
An diesem Abend besuchte Karthika Aunty unser Haus. Das Wohnzimmer war ein einziges Durcheinander. Überall standen benutzte Teetassen, es lagen Tüten mit öligen Snacks und aus Zeitungen herausgefallene Flugblätter herum, außerdem ein altes Bügeleisen.
Als es klingelte, stand ich auf der Treppe und beobachtete Amma, die so eilig wie möglich aufräumte. Draußen regnete es. Als die Tür aufging, kam Karthika Aunty hereingerannt, stellte ihren Regenschirm auf den Boden und wandte sich Richtung Wohnzimmer, ohne wirklich hereingebeten worden zu sein.
Ungefähr zehn Minuten lang machte sie mit der ruhig zuhörenden Amma Smalltalk - sie sprach übers Wetter, die Stromausfälle, eine Kabinettsumbildung -, bevor sie auf das Thema Spende zu sprechen kam.
»Wir können das nicht annehmen«, sagte sie. »Es wäre nicht richtig.«
Es gab eine Pause. »Was ist nicht richtig?«
»Bei allem, was passiert ist .« Karthika Aunty zögerte. »Es ist zu viel.«
»Es ist doch gar nichts passiert«, sagte Amma. Ich konnte mir vorstellen, wie sie dazu ein verblüfftes Lächeln aufsetzte.
»Mir scheint, dass du nicht ganz bei der Sache bist. Das ist alles.«
Als Amma nicht antwortete, sagte Karthika Aunty: »Du hast dein Bestes getan. Manchmal passieren solche Dinge einfach.«
Es sollte vielleicht tröstlich klingen, aber es schien auch irgendwie ein Versagen von Amma zu implizieren. Die Stille danach war so dick, dass die Israelis damit Raketen hätten aufhalten können.
Aber es reichte Karthika Aunty noch immer nicht. Sie bohrte weiter: »Hast du denn keine Anzeichen gesehen?«
»Anzeichen?«
»Hatte er Probleme zu Hause? War er mal länger weg? Oft liegt es bei solchen Sachen ja daran, mit wem sie Umgang haben.«
Amma antwortete nicht. Wie hätte man auch darauf antworten...
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