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Für manchen Leser mag die Erzählung Gen 21,8-21 (vgl. Gen 16,1 ff.; Gen 25,9.17) eigenartig klingen; da wird berichtet, dass Hagar und Ismael der Eifersucht, dem Neid, einer gewissen Machtgier der Hauptfrau Abrahams, Sara, zum Opfer fallen. Schweren Herzens gibt Abraham dem Gezänk seiner Frau Sara nach und ist bereit, Ismael mit seiner Mutter in die Wüste zu verstoßen, d. h. dem sicheren Tod auszuliefern; aber Gott erleichtert ihm gleichsam diesen Schritt: "Sei wegen des Knaben und deiner Magd nicht verdrossen [.] aber auch den Sohn der Magd will ich zu einem großen Volk machen, weil er auch dein Nachkomme ist." (V 12)
Ausgerüstet mit einem Brot und einem Schlauch Wasser irrt Hagar mit ihrem Kind in der Wüste Beerscheba umher. Als der Vorrat aufgebraucht war, der Durst immer ärger wurde und das Kind schrie, legte es Hagar zum Sterben unter einen Wüstenstrauch, setzte sich selber in die Nähe und begann laut zu weinen. Nach menschlichem Ermessen war alles völlig aussichtslos. Gerade in diesem Augenblick setzt aber Gott einen neuen Anfang: "Gott hörte den Knaben schreien; da rief der Bote Gottes vom Himmel her Hagar zu und sprach: Was hast du Hagar? Fürchte dich nicht, Gott hat den Knaben dort schreien gehört, wo er liegt. Steh auf, nimm den Knaben und halte ihn fest an deiner Hand; denn zu einem großen Volk will ich ihn machen. Gott öffnete ihr die Augen, und sie erblickte einen Brunnen. Sie ging gleich hin und gab dem Knaben zu trinken. Gott war mit dem Knaben. Er wuchs heran, ließ sich in der Wüste nieder und wurde ein Bogenschütze. Er ließ sich in der Wüste Paran nieder, und seine Mutter nahm ihm eine Frau aus Ägypten." (Vv 17-21)
Diese Erzählung gehört zur Elohistischen Quellschrift des Pentateuch (8. Jh. v. Chr.). Eine Absicht des Verfassers ist es, seine Vorlage von ihrer kanaanäischen Symbolik zu reinigen und aufzuzeigen, dass Gott mit Hagar und Ismael einen eigenen Weg gehen will. Die Heilsgeschichte ist nicht
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auf Abraham und seine Nachkommen von Sara beschränkt. Sie setzt sich ebenso von Abraham über Hagar und deren Sohn Ismael in den arabischen Völkern fort. Nach menschlichem Ermessen ist zwar alles zu Ende, aber Gott setzt einen neuen Anfang, der Huld und Gnade ist. Entscheidend ist der Satz: "Gott war mit dem Knaben". Er und seine Nachkommen stehen ebenso unter der Segensfülle Gottes wie Saras Nachkommen.
So hält diese schlichte biblische Erzählung ganz entschieden fest: Die Dynamik der Heilsgeschichte erstreckt sich auf Israeliten und Araber! Wenn Gott mit Hagar und Ismael ist, dann ebenso mit deren Erben. Dann ist die Fülle des göttlichen Segens auf ihnen und der Weg, den Gott mit ihnen gegangen ist und geht, ein richtiger und legitimer Weg.
Wenn der Apostel Paulus in Röm 4 auf den Glauben Abrahams zurückgreift und Gal 3,29 schreibt: "Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Nachkommen, Erben kraft der Verheißung." und so das Erbe Abrahams auf die an Christus Glaubenden ausdehnt, so hat Mohammed auf Grund Gen 21 guten Grund, sich auf Abraham und seinen Sohn Ismael zu berufen.
Für Mohammed gilt Abraham als "Hanif" (Sure 2,26.39 [med] u. a.), d. h. einer, der an den Einen Gott glaubt. Sein Glaubensgehorsam macht ihn zum Muslim, weil er sich dem Willen Gottes ergeben hat (Sure 2,131). Mohammed übernimmt letztlich eine vorislamische Tradition, die die Kaaba von Mekka als das Werk Abrahams und seines Sohnes Ismael verstanden hat. Sie ist eine "maqam Ibrahim", eine Stätte Abrahams, ein Bethaus für die Menschen.
Juden, Christen und Muslime berufen sich auf je ihre Weise auf Abraham, den Vater des Glaubens. Natürlich ist das keine historisch-kritische, sondern eine heilsgeschichtliche Sicht, die im Weltgeschehen nicht alleine menschliche Abläufe etc. zu sehen imstande ist, sondern Gottes Plan für den Menschen. Es ist daher die Sicht des Glaubens und nicht die menschlicher Wissenschaft.
Wie sich Israel in Isaak gesehen hat und sieht, bereit zur Opferung (Gen 22), und nicht durch menschliches Ermessen, sondern durch Gottes Huld seine neue Existenz finden konnte, der Apostel Paulus die Verheißung Gottes an Abraham über jede nationale Schranke hinweg auf die ausdehnt, die zu Christus gehören, so sieht Mohammed in Abraham
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den Garanten des Monotheismus, der nach seiner Ansicht im Laufe der Zeit verfälscht wurde, und den endgültig und rein zu verkünden, er sich von Gott berufen weiß.
Allen drei Religionen eignet eine innere Dynamik, die sich von derselben Quelle speist, jedoch geschichtlich konkret drei verschiedene Ausprägungen erfahren hat; aber es ist theologisch gesehen die Eine Heilsgeschichte, die sich in ihnen entfaltet.
Juden und Christen versteht Mohammed als "Leute der Schrift". Sure 85,19-22 [1mkk] heißt es: "Aber nein! Diejenigen, die ungläubig sind, haben die Gewohnheit (die göttliche Botschaft) für Lüge zu erklären. Doch Gott ist hinter ihnen her und hat sie (alle) in seiner Gewalt. Nein! Es ist ein preiswürdiger Koran (was hier verkündet wird), (im Original droben im Himmel?) auf einer wohlverwahrten Tafel."
Mohammed war der Auffassung, dass die Heiligen Schriften der Juden und Christen und der Koran letztlich identisch seien, da sie Abschrift des himmlischen Urbuches seien. Seine prophetische Aufgabe war es, den Arabern die Offenbarung Gottes in arabischer Sprache zu verkünden (Sure 16,103 [3mkk]; 46,12 [3mkk]). Er hat diese Auffassung nie korrigiert, wohl aber insofern modifiziert, als sowohl Juden (Sure 2,79 [med]) als auch Christen (z. B. in ihrer Beurteilung Jesu) eine Fälschung der Heilligen Schrift vorgeworfen wird.
In drei Suren der medinensischen Zeit (2,62; 5,69 und 22,17) gibt es Aufzählungen von Angehörigen verschiedener Religionen: Juden, Christen, Sabier, Zoroastrier ("madschus") und Heiden. Die Beurteilung dieser Gruppen variiert jedoch. Die vermutlich zuletzt geoffenbarte Sure 5,69 wertet Juden, Christen und Sabier mit den Muslimen gleich: "Diejenigen, die glauben (d. h. die Muslime), und diejenigen, die dem Judentum angehören, und die Sabier und die Christen - (alle) die, die an Gott und an den Jüngsten Tag glauben und tun, was recht ist, brauchen (wegen des Gerichts) keine Angst zu haben, und sie werden (nach der Abrechnung am Jüngsten Tag) nicht traurig sein."
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In der etwas jüngeren Sure 22,17 der medinensischen Zeit sind auch die Zoroastrier und Heiden den anderen gleichgestellt: "Zwischen denjenigen, die glauben [.], den Zoroastriern und denjenigen, die (dem einen Gott andere Götter) beigesellen, wird Gott am Tag der Auferstehung entscheiden. Er ist über alles Zeuge."
Die verschiedenen Religionen werden also so gesehen, dass über ihre Rechtmäßigkeit nur Gott entscheidet, nicht der Mensch. Nach Mohammeds Vorstellung ist das Ideal natürlich: der Eine Gott, die eine Offenbarung, die eine Gemeinde der Gläubigen, der eine und endgültige Prophet als Verkünder der göttlichen Offenbarung (Sure 11,118 [3mkk]). Die Muslime leben schon jetzt nach Gottes Willen in dieser Einheit. Aber die Wirklichkeit, in der Mohammed lebte, sah anders aus. Es gab eine Vielzahl von Religionen, die nebeneinander existierten. Daraus wird geschlossen, dass dies dem Willen Gottes entspreche. So heißt es auch in Sure 13,31 unmittelbar vor der Hidschra: "Und wenn durch einen (Offenbarungs)text bewirkt würde, daß Berge sich (von der Stelle) bewegen oder die Erde in Stücke zerreißt oder Tote sprechen (ließen sich - so denkt ihr wohl - die Ungläubigen überzeugen, und alles wäre gut) (?). Nein! Die Angelegenheit steht (zur Entscheidung) ganz bei Gott. Haben denn diejenigen, die glauben, nicht die Hoffnung aufgegeben (daß jemand sogleich den rechten Glauben annehmen wird, und sich damit abgefunden), daß Gott, wenn er gewollt hätte, die Menschen allesamt rechtgeleitet hätte?" (vgl. Sure 6,35.149 aus der gleichen Zeit)
Die zuletzt erfolge Offenbarung Sure 5,48 präzisiert dies: "Und wir haben (schließlich) die Schrift (d. h. den Koran) mit der Wahrheit zu dir herabgesandt, damit sie bestätige, was von der Schrift vor ihr da war, und darüber Gewißheit gebe. Entscheide nun zwischen ihnen (d. h. den Juden und Christen?) nach dem, was Gott (dir) herabgesandt hat, und folge nicht (in Abweichungen) von dem, was von der Wahrheit zu dir gekommen ist, ihren (persönlichen) Neigungen!- Für jeden von euch (die ihr...
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