Personalentwicklung im Vertrieb: Weiterbildung mit der Triple-A-Matrix
// Von Markus Milz
Ob man es Point of Sales nennt oder eher poetisch den Ort der Wahrheit: Im Vertrieb entscheidet sich der Unternehmenserfolg. Stockt der Verkauf, muss das aber nicht unbedingt am Sales liegen. Erfahren Sie hier, in welchen Fällen welche Maßnahmen helfen.
Gute Unternehmen verkaufen auch in schlechten Zeiten
Natürlich gibt es erfolgreiche und weniger starke Verkäufer und natürlich gibt es wechselnde Marktbedingungen. Aber ganz ehrlich: Funktionierende Unternehmen verkaufen auch in schlechten Zeiten überdurchschnittlich viele Produkte und Leistungen. Wenn aber die Lager trotz innovativer Produkte voll sind und hochqualifizierte Servicemitarbeiter oder Berater untätig auf Aufträge warten, reagieren viele Unternehmen reflexhaft. Sie starten einen Trainingsmarathon für den Vertrieb und definieren ihr Berichtswesen so um, dass den Verkäufern kaum noch Luft bleibt, zum Kunden zu fahren, mit ihm zu telefonieren oder erfolgversprechende Angebote zu kalkulieren.
Nicht immer, aber auch gar nicht so selten, fällt das Ergebnis dieser Maßnahmen ernüchternd aus. Wenn man dabei die immensen Kosten berücksichtigt, die für ein qualifiziertes Training einer Vertriebsarmada anfallen, stellt sich zu Recht die Frage, aus welchen wahren Gründen der Erfolg auf der Strecke bleibt. Sicher, das Bild eines Unternehmens als ein harmonischer und feinabgestimmter Organismus mag abgegriffen sein. Doch diese Metapher macht schnell deutlich, dass es überall im Leib kranken kann, wenn dessen Lebensfähigkeit gefährdet ist. Wenn ein Organ ausfällt oder hinter seiner Leistung zurückbleibt, ist nicht nur dieses Organ betroffen, sondern der ganze Körper.
Wollen, Können, Dürfen
Diese drei, so einfach klingenden Wörter stehen für drei überaus wichtige Elemente betrieblicher Effizienz und unternehmerischer Kompetenz:
- Wollen = Leistungs-Bereitschaft
- Können = Leistungs-Fähigkeit
- Dürfen = Leistungs-Möglichkeit
Dabei liegt das "Wollen" ganz in der Hand der Mitarbeiter, die hochmotiviert, top-engagiert und zielgerichtet am Ball sein müssen. Natürlich muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Motivation nicht künstlich beeinträchtigt wird.
Das "Dürfen" liegt im Einflussbereich der Führungskräfte und des Unternehmens selbst, etwa in Form von Stellenbeschreibungen und Organigrammen. Oft stellen Vertriebsleitungen hohe hierarchische Hürden auf und legen Daumenschrauben an, wo freie Hand die bessere Wahl wäre. Wenn Unternehmen durch unnötige Bürokratie die verkaufsaktive Zeit beschneiden - etwa durch überdimensioniertes Reporting oder überflüssige Meetings in der Zentrale, die längere Anfahrten der Außendienstler erfordern, müssen sie sich nicht wundern, dass mehr geschrieben und getagt statt verkauft wird.
Die Verantwortung für das "Können" ist eine geteilte Pflicht beider Parteien. So muss etwa jeder Mitarbeiter den Anforderungen seiner Stelle genügen und stets lernfähig, kompetent und zuverlässig sein. Die Führungskraft muss unter anderem diese Kompetenzen erkennen, die passenden Aufgaben zusteuern und eine adäquate Weiterbildung organisieren. Dabei erhöht sich der Anteil der Führungsaufgaben zu Lasten des Tuns mit jeder Stufe, die auf der Karriereleiter erklommen wird.
Chefs arbeiten nicht. Sie führen
Chefs, die zu sehr "tun" und zu wenig führen, erfüllen nicht nur ihre Führungsaufgaben unzulänglich. Sie demotivieren auch ihre Teams, weil diese sich blockiert und bevormundet fühlen. Außerdem lassen sich viele Führungskräfte zu leicht ins Tun ziehen, indem sie die Rückdelegation von Aufgaben der Mitarbeiter an sie zulassen. Wenn einer etwas nicht kann, macht man es eben selbst, statt den Unwissenden durch Weiterbildung zum Licht zu führen. Wer in die Führung ein- oder aufsteigt, sollte immer beherzigen, dass sich die Anteile von Fach- und Methodenkompetenz auf der einen und sozialer und persönlicher Kompetenz auf der anderen Seite verändern. Gemessen am Zeitaufwand sind Führungskräfte mehr sozial und persönlich am Werk, während ihre Mitarbeiter eher fachlich agieren und Methodisches umsetzen. "Mehr" und "eher" bedeuten hier allerdings nicht ausschließlich.
Kommt es also zum Stau im Vertrieb, muss zunächst einmal nicht nur haarscharf analysiert, sondern auch offen eingestanden werden, wo der wahre Engpass liegt. Heutzutage sind erfahrene Verkäufer derart bis zum Rand mit Wissen gefüllt, dass ihr fünftes Abschlusstraining einfach keinen Nutzen mehr bringt. Wer dennoch glaubt, dass es am Können liegt und die geeignetste Weiterbildung auswählen möchte, muss seine Leute sehr gut kennen und sollte eher individuell als pauschal schulen. Aber wie schon angedeutet: Weit seltener liegt es am Vermögen der Mitarbeiter als man vermutet. Häufig wird entweder das Wollen frustriert oder das Dürfen unnötig eingeschränkt. Erst eine klare Positionsbestimmung erlaubt, die besten und erfolgversprechendsten Maßnahmen zielsicher zu finden.
Die Triple-A-Matrix
Bis hierher sind die Begriffe "Wollen, Können und Dürfen" allerdings noch recht inhaltsleer. Sie müssen mit Leben gefüllt werden, um aus der Theorie auf den Boden der Praxis zu kommen. Dieses "Leben" heißt hier aber nicht einfach eine inhaltliche Beschreibung abzuliefern, die kaum oder nur schwammig qualifiziert und quantifiziert werden kann. Damit die Begriffe wirklich lebendig werden und die betrieblichen Prozesse prägen, ist eine Matrix hilfreich, die eine größtmögliche Objektivität in der Beurteilung erlaubt. Die drei "A" der Triple-A-Matrix stehen hier für
- Wollen = Ambition
- Können = Ability
- Dürfen = Accountability
Was auf den ersten Blick recht einfach klingt, ist in Wirklichkeit eine sehr komplexe Mixtur von Führungs- und Mitarbeiteraufgaben und den dazu gehörenden Instrumenten und Methoden. Dem Best Practice, also dem Zustand, wo alles perfekt läuft, sind Tools zur Seite gestellt, die im Idealfall helfen, diesen Zustand zu halten oder im Fall von Minderleistung wiederherzustellen. Ein systematisches Vorgehen entlang der Matrix erlaubt es, oftmals eher diffus formulierte Aufgaben in konkret formulierte To-dos zu übersetzen und deren Lösung zu kontrollieren. So wissen Unternehmen jederzeit, wo sie bereits erfolgreich sind und an welchen Stellen noch Nachholbedarf besteht.
Die zu diagnostizierenden Defizite ergeben sich entlang der Best Practices als deren Negativ. Aber Achtung: Da bei fast jedem Menschen Selbst- und Fremdbild ein Stück auseinanderliegen, könnte sich gerade bei Führungskräften die Defizitbestimmung als schwierig erweisen. Schließlich gibt niemand gerne seine Baustellen zu - wenn er sie überhaupt wahrzunehmen imstande ist. Hier kann die Hinzuziehung eines externen und damit objektiven Beraters nützlich sein.
WOLLEN = AMBITION
Kommen wir nun zum ersten A unserer Matrix - dem Wollen. Betont sei, dass dieses nicht Wollen nicht unbedingt bedeutet, dass Mitarbeiter die Arbeit verweigern. Sollte das bei einzelnen der Fall sein, muss man sich natürlich trennen. "Nicht Wollen" heißt, das aufseiten eines Partners oder beider Aufhänger fehlen, die den Antrieb maximieren oder dass umgekehrt Zustände vorliegen, die die Motivation einschränken. Manchmal geschieht das kaum merklich, weil Mitarbeiter zum Beispiel bei schlechtem Betriebsklima dennoch 100 Prozent bringen - genau das Maximum, das bei dieser Atmosphäre möglich ist. Wäre die Stimmung besser, lägen sie immer noch bei 100 Prozent, dann aber relativ zu den neuen Gegebenheiten. Und so leisten sie 115 Prozent verglichen mit der Vorsituation. Miesepeter-Chefs, die glauben, ihre Mitarbeiter müssten unter ihrer Knute genauso gut sein wie beim menschenfreundlichen Mitbewerber, täuschen sich gewaltig. Auch beim Wollen geht es um Ressourcen, die ohne bestimmte Maßnahmen nicht erschlossen werden können.
WOLLEN für Führungskräfte:
Läuft alles perfekt, zeichnen sich Führungskräfte dadurch aus, dass sie:
- den Teamgeist fördern,
- die unternehmerischen Ziele und Visionen kommunizieren,
- ihre Mitarbeiter motivieren und Demotivation verhindern,
- Erfolg angemessen und transparent belohnen,
- Selbstbewusstsein vermitteln,
- Optimismus ausstrahlen,
- Entscheidungen zügig treffen und durchsetzen
- und die Mitglieder ihres Teams zu Neuem inspirieren.
Steckt Sand im Getriebe, lauten die wirksamen Maßnahmen:
- Führungskräftecoachings,
- Leadership-Training,
- Motivationsworkshops,
- Teambildungsevents,
- optimiertes Zeitmanagement, das "Tun" und "Führen" trennt, sowie
- die Installation regelmäßiger Zielfindungsgespräche.
WOLLEN für Mitarbeiter:
Starke Mitarbeiter:
- folgen den ihnen gesetzten Zielen,
- arbeiten motiviert und engagiert,
- fühlen sich anerkannt,
- agieren innovativ,
- sind sich ihres Wertes und Beitrags bewusst,
- fügen sich nahtlos ins Team ein,
- genießen das Arbeitsklima und sind
- jederzeit veränderungsbereit.
Fehlen eine oder mehrere Eigenschaften sind die passenden Maßnahmen:
- die Etablierung einer Gewinnkultur,
- ein kennzahlengestütztes Monitoring des Mitarbeiterbeitrags zum Unternehmenserfolg,
- die Durchführung von Mitarbeiteraktivierungen und
- die Implementierung von Motivationssystemen und leistungsorientierter Vergütung.
KÖNNEN = ABILITY
Wie einleitend erwähnt, ist das Können der...