Schweitzer Fachinformationen
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Das vorliegende Buch befasst sich mit minimalen aphasischen Defiziten allgemein und speziell mit der spontanen Sprachproduktion von Patienten mit Restaphasien. Das Hauptziel ist es, mit einer einfachen, aber differenzierten Überprüfung der Spontansprache Patienten mit Restaphasie sowohl von gesunden Sprechern als auch von Patienten mit anderen sprachsystematischen Defiziten trennen zu können. Da bislang kaum Arbeiten zu restaphasischen Störungen vorliegen, Therapeuten aber tagtäglich mit Patienten mit Restaphasie arbeiten, ist die detaillierte Untersuchung und Beschreibung aphasischer Restsymptome sowohl für die Diagnose als auch für die Behandlung grundlegend.
Die meisten Therapeuten kennen das Problem: Bei einem Patienten, bei dem zunächst eine Aphasie diagnostiziert wurde, haben sich die sprachlichen Defizite inzwischen sehr gut zurückgebildet. Im Aachener Aphasie Test (AAT) ? [106] zeigt sich das Ergebnis "keine Aphasie/Restsymptome". Diese Restsymptome scheinen sich als diskrete Defizite, vor allem in den spontanen Äußerungen der Betroffenen, zu zeigen. Allerdings lassen sich die Fehler nicht immer eindeutig als pathologisch werten. Die Herausforderung für den Therapeuten besteht darin, zu entscheiden, ob es sich bei den noch vorliegenden sehr leichten Störungen um Symptome einer sogenannten Restaphasie handelt, die einer weiteren Behandlung bedürfen, oder ob es sich vielmehr um sprachliche Unzulänglichkeiten handelt, wie sie auch Sprecher ohne Aphasie gelegentlich produzieren.
Eine mögliche Rückkehr in den Beruf und die Entscheidung darüber stellt eine weitere Schwierigkeit für Patienten mit Restaphasie und ihre Therapeuten dar. Oft ist nicht eindeutig festzustellen, ob die vorhandenen restaphasischen Defizite zu tiefgreifend sind, um einen problemlosen beruflichen Wiedereinstieg zu ermöglichen, oder ob das berufliche Leben des Patienten durch die sprachlichen Einschränkungen nicht beeinträchtigt wird. Eine Aphasie ist für alle Betroffenen ein einschneidendes Erlebnis. Es verändert sich besonders für jüngere Menschen der gesamte Alltag sowie die weitere Lebensplanung (vgl. ? [78]). Häufig ist daher gerade bei unter 65-Jährigen ein beruflicher Wiedereinstieg das erste Ziel.
Es ist oftmals nicht einfach zu entscheiden, ob ein Patient noch eine Restaphasie, also minimale sprachliche Beeinträchtigungen, hat oder "normale" Leistungen zeigt. Viele Standardtests, wie z.B. der AAT ? [106], differenzieren diesen Störungsbereich nicht genauer. Das macht es für Therapeuten und Patienten umso schwerer, vorhandene Defizite richtig einzuschätzen und auch gegenüber Krankenkassen, Ärzten und Arbeitgebern nachzuweisen. Diagnosen und darauf aufbauende Therapie-Indikationen werden häufig von den Krankenkassen nicht anerkannt, wenn sie nicht auf dem Standardverfahren AAT ? [106] beruhen. Wie oben beschrieben, ist eine Erfassung der Defizite durch den AAT im Falle von Restaphasie jedoch kaum möglich, obwohl die subtilen sprachlichen Defizite den Alltag des jeweiligen Patienten möglicherweise massiv beeinträchtigen (vgl. ? [84]).
Um eine Diagnosemöglichkeit zu entwickeln, wurden im Rahmen einer empirischen Untersuchung mit Studienteilnehmern mit und ohne Aphasie Variablen der Spontansprache ermittelt, die in Kombination eine Differenzierung von Restaphasie gegenüber gesunder Sprache erlauben ? [116]. Anhand einer Regressionsgleichung kann für jeden Patienten bestimmt werden, wie wahrscheinlich eine (Rest)Aphasie ist. Zu diesem Zweck werden 5 verschiedene Variablen in der Spontansprache des Patienten gezählt. Diese Werte werden anschließend online in das Screening-Tool eingegeben. Der Untersucher erhält, basierend auf der Regressionsberechnung, eine Rückmeldung, ob (und mit welcher Wahrscheinlichkeit) der Patient noch (rest)aphasisch ist bzw. ob seine Leistungen im Normbereich liegen. Weiterhin wird gezeigt, in welchen Bereichen sich im Vergleich zum Gruppenmittelwert Unterschiede zeigen.
Die Einschätzung der sprachlichen Schwierigkeiten der Patienten mit Restaphasie basiert hier also besonders auf der Spontansprache. Die gesprochene Sprache nimmt aufgrund ihres onto- sowie phylogenetisch höheren Alters gegenüber der geschriebenen Sprache eine besondere Rolle ein (vgl. ? [46]). Darüber hinaus gibt es auch eine Reihe weiterer Gründe, die für eine Betrachtung der spontanen Sprache bei sprachsystematischen Defiziten sprechen: Zum einen ist die hohe Alltagsrelevanz von Spontansprache zu berücksichtigen ? [78]. Knapp et al. ? [126] schreiben beispielsweise, dass "mündliche Kommunikation das Fundament des sozialen Austauschs [ist]" (S. 295). Die spontane Sprache ist die am häufigsten genutzte und am weitesten verbreitete Kommunikationsform ? [46]. Es ist also folgerichtig, diesen Aspekt in die Diagnose von sprachsystematischen Störungen jeglicher Ausprägung aufzunehmen ? [49], ? [65], ? [151], ? [155], ? [226]. Beispielsweise lassen sich auch bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen viele wichtige Aspekte ihrer Defizite anhand einer differenzierten Analyse der Spontansprache feststellen (vgl. ? [202]). Zum anderen enthält eine fundierte Analyse der Spontansprache zumeist alle linguistischen Ebenen ? [32], ? [34]. Weiterhin fallen speziell im Gespräch auch Defizite im Sprachverstehen sowie kognitive Einschränkungen auf, beispielsweise hinsichtlich der Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen ? [34], ? [119], ? [159], ? [160], ? [162]. Darüber hinaus ermöglicht eine differenzierte Analyse der Spontansprache eine Beurteilung schwerster und minimaler aphasischer Beeinträchtigungen. Während Menschen mit schwerer Aphasie im Gespräch uneingeschränkt zeigen können, welche sprachlichen bzw. kommunikativen Fähigkeiten noch vorhanden sind ? [151], ermöglichen die hohen Anforderungen einer flüssigen Unterhaltung auch die Einschätzung der Leistungen von Menschen mit nur leichter Aphasie (? [200], S. 33). Nicht zuletzt ist eine differenzierte Analyse der Spontansprache eine wertvolle Basis für die Planung von Therapiezielen und -einheiten (vgl. ? [44]).
In diesem Buch werden die typischen (spontansprachlichen) Symptome der Restaphasie detailliert analysiert und beschrieben (Kap. ? 2 und Kap. ? 3), mögliche diagnostische Verfahren diskutiert sowie ein Screening für restaphasische Störungen vorgestellt (Kap. ? 4). Weiterhin werden als Grundlage für die Therapieplanung Erklärungsansätze für restaphasische Störungen und eine Abgrenzung gegenüber kognitiven Defiziten besprochen (Kap. ? 5). Behandlungsziele sowie therapeutische Bausteine schließen sich an (Kap. ? 6). Kap. ? 7 präsentiert einen kurzen Blick auf die berufliche Rehabilitation von Menschen mit Restaphasie.
An einigen Stellen in diesem Buch werden empirische Untersuchungen zu Restaphasie zitiert. Die Auswahl der jeweils untersuchten Patienten basiert dabei teilweise auf unterschiedlichen Definitionen von Restaphasie (vgl. Kap. ? 2.4). Es wird bei der Beschreibung die Kategorisierung der jeweiligen Autoren übernommen, wenngleich die Klassifizierung nicht immer mit der hier vorgeschlagenen Definition von Restaphasie übereinstimmt (Kap. ? 2.1).
Die dargestellten Symptome, diagnostischen Möglichkeiten und therapeutischen Ansätze werden anhand mehrerer Fallbeispiele immer wieder verdeutlicht. Es handelt sich dabei zunächst um Herrn N. P., der zum Zeitpunkt seines Schlaganfalles 37 Jahre alt ist. Er ist ledig, deutscher Muttersprachler und Rechtshänder. Er arbeitete als kaufmännischer Angestellter in einem Möbelhaus und war für die Buchhaltung zuständig; außerdem betreute und führte er die Auszubildenden.
Als zweites Fallbeispiel wird der Fall von Herrn C. T. beschrieben. Der 61-jährige Patient zeigte infolge einer Aneurysmablutung eine deutliche Aphasie, Hemiparese und sprechmotorische Störungen. Er lebte mit seiner Frau zusammen, die ihn stark in seinem...
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