Schweitzer Fachinformationen
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Überall herumflitzende, knatternde »motorini« in engen Gassen, kombiniert mit faszinierender Kunst und Architektur - Neapel ist in jeglicher Hinsicht eine Stadt der Extreme. Sie ist laut und leise, arm und reich, schmutzig und strahlend, alt und jung - und voller Leidenschaft.
Napule, wie die Einheimischen ihre Stadt liebevoll nennen, ist laut, sinnlich, betörend, chaotisch, leidenschaftlich, herausfordernd. Gleichgültig lässt die Stadt keinen. Am besten spaziert man gut ausgeschlafen schon frühmorgens über den Fischmarkt und taucht ein in die größte Altstadt Europas, die in ihrer Gesamtheit zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.
Die einstige Hauptstadt des Königreichs beider Sizilien war jahrhundertelang eine der größten Städte Europas und für die Reisenden der Grand Tour der absolute Höhepunkt. Ungebrochen ist bis heute die Faszination angesichts einer Fülle an kunsthistorischen und architektonischen Höhepunkten aus Antike, Gotik, Barock und Rokoko, die sich gegenseitig zu überbieten scheinen. Besonders im Barock trumpft die Metropole auf. Schließlich gab der Adel Kalabriens, Apuliens, Siziliens und der Abruzzen die Einnahmen aus seinen Feudalgütern am liebsten für Paläste in der Residenzstadt aus und forcierte den Bau von Kirchen und Klöstern. Zugleich entstanden in den Armenvierteln barocke Hochhäuser mit bis zu sechs Stockwerken. Könige, Prinzen und Fürsten haben mit Leidenschaft gesammelt. Herausgekommen sind Museen von Weltrang.
© Jahreszeiten Verlag: Isabela Pacini
Blick von der Dachterrasse des Castel dell'Ovo (>).
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Der eigentliche Protagonist der heute eine Million Einwohner zählenden Stadt ist aber das neapolitanische Volk, das seit 2500 Jahren die engen, wäschebehangenen Gassen bewohnt. Die Altstadt , der ventre (Bauch) Neapels, mit ihrem schachbrettartigen Grundriss liegt exakt über der römisch-griechischen Stadt zwischen Piazza del Gesù, Porta Capuana und Porta San Gennaro mit ihrer wichtigsten West-Ost-Ader Spaccanapoli. Planen Sie einen Tag dafür ein.
Kontrastreich: Das Chiaia-Viertel mit seinen Jugendstilpalästen prahlt mit Grandezza. Vom Kloster San Martino auf dem Hausberg Vomero führt die 414 Stufen zählende Pedamentina hinab in die volkstümlichen Spanischen Viertel und zur größten Geschäftsstraße, dem Toledo, der bis ins 19. Jh. die längste Hauptverkehrsader Europas war.
Neapels Vielfalt kann man das ganze Jahr über entdecken. Besonders viel los ist in der Krippenmetropole im Advent.
Vom Castel Sant'Elmo auf dem Vomero ist gut zu erkennen, wie der Straßenzug Spaccanapoli die Altstadt geradewegs in zwei Hälften teilt.
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Die stets von Spaziergängern, Geschäftsleuten, Musikern und Händlern belebte Straßenschlucht führt vom Vomero über die Spanischen Viertel hinab mitten ins brodelnde Leben der bevölkerten Altstadt. So unterschiedlich die Namen der einzelnen Straßenabschnitte sind - jeder nennt sie nur Spaccanapoli (wörtlich: Sie spaltet Neapel), weil sie die Stadt auf einer stattlichen Länge von 2 km, von der Kirche Santa Maria ad Ogni Bene dei sette Dolori bis Forcella, in zwei Teile teilt. Geschichtlich verläuft sie in Teilen über dem römischen Decumanus inferiore des schachbrettartigen Straßenbaus. Sie ist gesäumt von historischen Palazzi, Kirchen, Obelisken und Pestsäulen. Frühes Aufstehen lohnt: Alle geweihten Kirchen schließen gewöhnlich mittags für mehrere Stunden.
U-Bahn: Dante
Unter dem Pflaster der neapolitanischen Altstadt liegt die römische Stadt und darunter die griechische. Alle U-Bahnlinien fahren also darum herum. Es verkehren hier auch keine Busse. Daher lässt sich die Altstadt nur zu Fuß erkunden, etwa ab dem U-Bahnhof Dante.
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Der üppig mit Marmor inkrustierte Innenraum des Jesuitenarchitekten Giuseppe Valeriani überwältigt und ahmt das Kuppel- und Triumphbogenschema von Michelangelos Petersdom nach. Ein einzigartiges Beispiel für das Theatergefühl der Gegenreformation ist die Kapelle links vom Altarraum: Vergoldete Kopfreliquiare sind wie in Opernlogen angeordnet - schließlich stand gerade der Jesuitenorden für barockes Welttheater. Dahinter befindet sich die winzige, ganz von Votivplättchen aus Silber und Blech übersäte Kapelle des Heiligen Ciro, eines wundertätigen Arztes und Lokalheiligen. Brüste, Leber, Nieren, Zähne - kein Körperteil ist auf den kleinen Plättchen ausgelassen. Rechts vom Haupteingang wird der Armenarzt und Wundertäter Giuseppe Moscati (1880-1927), einer der modernen Volksheiligen Neapels, inbrünstig verehrt. Auch der sterbenskranke Tenor Enrico Caruso suchte ihn im Juli 1921 auf. Moscati diagnostizierte treffsicher einen subphrenen Abzess.
Piazza Gesù | Mo-Sa 8-12, 16.30-19, So 8-13.30 Uhr
© laif: Berthold Steinhilber
Im Klarissenkloster Santa Chiara ließ Amalia von Sachsen im 18. Jh. 72 achteckige Säulen mit Majolika-Kacheln verkleiden und schuf so ein irdisches Paradies.
Santa Chiara war die Staatskirche und bevorzugte Grablege der Anjou-Könige. Die gotische Schlichtheit des heutigen Baus ist einer Katastrophe zu verdanken: 1943 tobte nach einem Bombenabwurf tagelang ein Feuer und vernichtete die barocken Zutaten, beschädigte allerdings auch die Steinkatafalke der Anjou-Könige schwer: Das Wandgrab Roberts des Weisen (1343) von Giovanni und Pacio Bertini hinter dem Hochaltar zeigt den König im Kreise seiner engsten Verwandten. Ein zweites Mal ist er in der Grabkammer liegend im Franziskanerhabit dargestellt, während ihn Allegorien der sieben freien Künste beweinen. Im Barock hatte sich der Klarissenkonvent endgültig zum begehrtesten Kloster des neapolitanischen Adels entwickelt. Das Privileg, mitten in der übervölkerten Innenstadt einen schattigen Orangengarten zu genießen, trug sicher dazu bei. Im Jahr 1738 betrieb dann die sächsische Prinzessin Anna Amalia, Gattin des Bourbonenkönigs Karl III., die Verwandlung in einen Lustort, indem sie den Kreuzgang mit bunter Majolika und Pergolen schmücken ließ, ein paradiso terrestre von Rokoko-Charme. Hinter dem Museum blickt man in römische Thermen.
Via Benedetto Croce | www.monasterodisantachiara.com | tgl. 7.30-13, 16.30-20 Uhr | Kreuzgang: Via Santa Chiara 49 C | Mo-Sa 9.30-17.30, So 10-14.30 Uhr | Eintritt 6 ?, erm. 4,50 ?
Die Basilika ist eines der wenigen Gotteshäuser, die meist von der Apsisseite an der Piazza San Domenico betreten werden. Trotz vieler Umbauten ist im Innenraum mit seinem polygonal gebrochenen Chor die Feierlichkeit der gotischen Anjou-Kirche spürbar. Hier traf sich der Adel der Stadt. Die Ausstattung umfasst Werke Luca Giordanos sowie Francesco Solimenas Deckengemälde »Triumph des Dominikanerordens« (1709). Von höchster Qualität sind die dem Umfeld Giottos zugeschriebenen Fresken in der zweiten rechten Seitenkapelle. Im Kloster lehrte von 1271 bis 1274 Thomas von Aquin.
Piazza San Domenico
Das spätbarocke Gesamtkunstwerk der höchst individuellen Familienkapelle ist eine Idee des gelehrten Fürsten Raimondo di Sangro, Principe di Sansevero (1710-71). Der Philosoph, Erfinder, Alchemist, Hexenmeister und Zauberer gab ein allegorisches Figurenprogramm in Auftrag. Als Virtuosenstücke aus Marmor gelten Antonio Corradinis »Keuschheit« (La Pudicizia), die wie eine römische Vestalin von Kopf bis Fuß in ein Musselintuch gehüllt ist, und Francesco Queirolos »Enttäuschung« (Il Disinganno), ein sich Marmornetzen entwindender Mann. Verblüffender Höhepunkt der Bildhauertechnik ist Giuseppe Sammartinos »Toter Christus« (1753), der unter einem hauchdünnen Bahrtuch liegt. Im Keller werden die konservierten Leichname eines Mannes und einer Schwangeren gezeigt.
Via Francesco de Sanctis 19 | www.museosansevero.it | tgl. 9.30 bis 18.30 Uhr | Eintritt 8 ?, erm. 6 ?
© Shutterstock.com: Pier Giorgio Carloni
Unter der Kirche San Lorenzo Maggiore (>) wurden griechisch-römische Ruinen entdeckt. Es handelt sich um das Macellum, die Reste des antiken Markts.
Die gotische Franziskanerkirche wurde unter Karl I. von Anjou über einer frühchristlichen Kirche und den Resten der antiken Basilika errichtet. Ältester Bauteil ist der französisch wirkende Kapellenchor, der tatsächlich von Steinmetzen aus dem Anjou ausgeführt wurde, während das Langhaus im 14. Jh. von lokalen Bautrupps unter Verwendung antiker Säulen vollendet wurde. Auf dem Kirchenboden sind in Gold die Fundamente der frühchristlichen Kirche nachgezogen. Wichtigstes Monument ist das frei stehende Baldachingrab der Katharina von Österreich von Tino da Camaino (nach 1323). Ein Frauenschicksal: Die Habsburgerprinzessin und deutsche Königstochter war eigentlich Kaiser Heinrich VII. versprochen worden, doch der starb 1313 während der Hochzeitsvorbereitungen an Malaria. Auch andere Heiratspläne scheiterten, bis Katharina...
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