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Culver City, ein Vorort von Los Angeles, zwölf Jahre zuvor
Dann kommst du also heute Abend nicht nach Hause - ist es das, was du sagen willst?« Jennifer Bentz saß auf der Bettkante, den Telefonhörer ans Ohr gepresst, und versuchte, die altbekannte, mit Schuldgefühlen behaftete Schlinge der Monogamie zu ignorieren, die sich zuzog und ihr die Luft abschnürte, selbst wenn sie schon ein wenig verschlissen war.
»Vermutlich nicht.«
Ihr Ex, der nie ein Mann der großen Worte gewesen war, schien sich nicht näher äußern zu wollen. Nicht, dass sie ihm einen Vorwurf daraus machte. Auch wenn ihre Beziehung manchmal voller Leidenschaft war, so war sie zugleich doch auf dünnem Eis gebaut. Und sie, dachte Jennifer, war immer »die Böse«, »die Ehebrecherin«. Selbst jetzt stieg ihr in dem zu warmen Schlafzimmer der Geruch nach Sex in die Nase und erinnerte sie an ihre jüngste Eskapade. Zwei halbvolle Martini-Gläser standen neben einem beschlagenen Cocktailshaker auf dem Nachttisch - Beweis dafür, dass sie nicht allein gewesen war. »Wann kommst du dann?«, fragte sie. »Wann lässt du dich mal wieder blicken?«
»Morgen. Vielleicht.« Rick telefonierte per Handy vom Streifenwagen aus. Im Hintergrund hörte sie Verkehrsgeräusche. Sie wusste, dass Ricks Partner am Steuer saß und zumindest eine Seite dieser gestelzten Unterhaltung mit anhörte, weshalb ihr Ex so ausweichend und verschlossen war.
Großartig.
Sie versuchte es erneut. Senkte die Stimme. »Würde es etwas bringen, wenn ich sage, dass ich dich vermisse?«
Keine Antwort. Natürlich nicht. Gott, wie sie das hasste! Die um Mitleid heischende, quengelnde Frau zu geben, die darum bettelt, dass er zu ihr kommt. Das war einfach nicht ihr Stil. Absolut nicht. Für gewöhnlich waren es die Männer, die bettelten, was ihr durchaus gefiel.
Irgendwo ganz hinten in ihrem Bewusstsein vernahm sie ein leises Klicken.
»RJ?«
»Ich hab dich gehört.«
Ihre Wangen brannten. Sie blickte auf die zerwühlten Decken und ließ sich in ein Knäuel pastellfarbener Baumwollbettwäsche am Fußende des Bettes fallen.
O Gott. Er weiß es. Der metallische Geschmack des Betrugs lag auf ihren Lippen, doch sie musste das Spiel weiterspielen, die Unschuldige mimen. Gewiss würde er nicht vermuten, dass sie mit einem anderen Mann zusammen gewesen war, nicht so unmittelbar nach dem letzten Mal. Das hatte sogar sie selbst überrascht.
Möglicherweise bluffte er nur. Und trotzdem .
Sie schauderte, als sie sich seinen Zorn vorstellte, dann spielte sie ihre Trumpfkarte aus. »Kristi wird sich wundern, warum du nicht zu Hause bist. Sie hat schon angefangen, Fragen zu stellen.«
»Und was erzählst du ihr? Die Wahrheit?« Dass ihre Mutter die Beine nicht geschlossen halten kann? Er sprach die Worte nicht aus, aber seine Verachtung hing deutlich spürbar zwischen ihnen. Zum Teufel, sie hasste das. Wäre es nicht um ihre Tochter gegangen, ihrer beider Tochter .
»Ich bin mir nicht sicher, wie lange die Observierung dauert.«
Eine bequeme Ausrede. Langsam, aber sicher begann ihr Blut zu kochen. »Du und ich wissen beide, dass das Department seine Detectives nicht rund um die Uhr einsetzt.«
»Du und ich wissen eine ganze Menge.«
Sie sah ihn vor sich, wie er in der Schlafzimmertür gestanden hatte, das Gesicht in stummer Anklage verzerrt: Sie hatte in ihrem gemeinsamen Ehebett gelegen, schweißbedeckt, nackt, in den Armen eines anderen Mannes, desselben Mannes, mit dem sie schon früher eine Affäre gehabt hatte. Kristis leiblicher Vater. Rick hatte seine Pistole aus dem Schulterholster gezogen, und einen kurzen Augenblick hatte Jennifer echte Angst verspürt. Eiskaltes Entsetzen.
»Raus«, hatte er befohlen und sie beide mit tödlicher Ruhe angeblickt. »Raus aus meinem Haus, verdammt noch mal, und lasst euch nicht mehr hier blicken. Das gilt für euch beide.«
Dann hatte er sich umgedreht, war die Treppe hinuntergestiegen und türenschlagend aus dem Haus geeilt. Sein Zorn war echt gewesen. Greifbar. Jennifer war mit dem Leben davongekommen, doch sie war nicht gegangen. Hatte es nicht über sich gebracht.
Und Rick war nicht zurückgekommen. Sie hatten nicht mal mehr gestritten. Er war einfach fort. Hatte sich geweigert, ihre Anrufe entgegenzunehmen. Bis heute.
Doch da war es schon zu spät gewesen.
Sie hatte sich wieder mit ihrem Geliebten getroffen. Eher aus Rache denn aus Lust. Scheiß drauf. Niemand würde ihr vorschreiben, wie sie zu leben hatte, nicht mal der verdammte Superbulle Rick Bentz, also hatte sie sich wieder mit dem Mann eingelassen, mit dem sie durch Kristi für immer verbunden war.
Schlampe!
Hure!
Die Worte waren ihre eigenen. Sie schloss die Augen und ließ den Kopf hängen, fühlte sich verloren. Verwirrt. Sie hatte nie vorgehabt, Rick zu betrügen. Nie. Doch sie war schwach gewesen und die Versuchung groß. Sie schüttelte den Kopf und fühlte sich verderbt bis auf den Grund ihrer Seele. Wen wollte sie so unbedingt bestrafen? Ihn? Oder sich selbst? Hatte nicht einer ihrer Psychotherapeuten behauptet, sie sei der Ansicht, ihn nicht zu verdienen? Sie neige zur Selbstzerstörung?
Was für ein Müll. »Ich weiß einfach nicht, was du willst«, flüsterte sie matt.
»Ich auch nicht. Inzwischen nicht mehr.«
Sie sah, dass sich in einem der Gläser noch ein Rest Martini befand, und stürzte ihn hinunter. Die Schlinge zog sich enger zu, obwohl der Knoten doch eigentlich gelöst war. Warum konnte nicht alles ganz leicht mit ihm sein? Warum konnte sie nicht treu sein? »Ich versuche es, Rick«, flüsterte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Eine Lüge. Sie versuchte es zwar wirklich, aber vergebens.
Sie meinte, von unten gedämpfte Schritte zu vernehmen, und horchte auf, auch wenn es sich vermutlich nur um den Widerhall im Telefon handelte. Vielleicht kam das Geräusch auch von draußen. Hatte sie nicht ein Fenster geöffnet?
»Du versuchst es«, schnaubte Rick. »Und was genau versuchst du?«
Da hatte sie's. Er wusste es. Vermutlich ließ er sie beschatten, das Haus überwachen. Oder noch schlimmer: Er parkte mit einem Wagen, den sie nicht kannte, in ihrer Straße und hatte das Haus persönlich beobachtet. Sie blickte hinauf zur Decke, auf die Lampe, den Rauchmelder, den sich langsam drehenden Ventilator, der die heiße Luft verwirbelte. Waren hier drinnen etwa kleine Kameras versteckt? Hatte er ihr jüngstes Rendezvous gefilmt? War Zeuge geworden, wie sie sich stöhnend auf dem Bett gewälzt hatte, das sie mit ihm geteilt hatte? Hatte er mitverfolgt, wie sie das Kommando übernahm und mit der Zunge über den Bauch ihres Geliebten und tiefer gefahren war? Gesehen, wie sie lachte, ihn scharf machte und verführte?
Mein Gott, wie schrecklich das war.
Sie schloss die Augen. Gedemütigt. »Du kranker Scheißkerl. Ich hasse dich.« Ihr Zorn wurde größer.
»Ich weiß. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du das zugeben würdest. Geh, Jennifer. Es ist vorbei.«
»Wenn du vielleicht mal damit aufhören könntest, ständig irgendwelche Kriminellen zu verhaften und den Superhelden zu spielen, wenn du deiner Frau und deinem Kind auch nur ein kleines bisschen Aufmerksamkeit schenken würdest, würde das jetzt nicht passieren.«
»Du bist nicht meine Frau.«
Klick. Er legte auf.
»Mistkerl!« Sie schleuderte den Hörer aufs Bett. Ihr Kopf begann zu pochen. Du hast das angerichtet, Jennifer. Du ganz allein. Du wusstest, dass du erwischt werden würdest, und trotzdem hast du alles, was dir lieb und teuer ist, mit Füßen getreten - Kristi und eine zweite Chance mit deinem Ex-Mann mit eingeschlossen, nur weil du verrückt bist nach Sex! Du hast dich einfach nicht im Griff.
Sie fühlte, wie eine Träne ihre Wange hinabrollte, und wischte sie unwirsch fort. Jetzt war nicht die Zeit für Tränen oder Selbstmitleid.
Sie hatte sich gesagt, dass eine Versöhnung mit Rick unmöglich war, trotzdem war sie bei ihm geblieben, wohlwissend, einen riesigen Fehler zu machen. Genau wie damals, als sie »Ja, ich will« gesagt hatte.
»Dummkopf!«, fluchte sie leise vor sich hin und ging ins Badezimmer, wo sie ihr Spiegelbild über dem Waschbecken betrachtete.
»Nicht gerade sehenswert«, sagte sie und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Doch das stimmte nicht. Jennifer war hübsch. Mit Anfang dreißig fiel ihr das volle mahagonifarbene Haar immer noch in Wellen über die Schultern, ihre Haut war nach wie vor glatt, die Lippen üppig, die Augen von einem schillernden Grün, das die Männer zu faszinieren schien. Die falschen Männer, ermahnte sie sich. Männer, die tabu für sie waren. Doch sie liebte ihre Aufmerksamkeit. Verzehrte sich danach.
Sie öffnete das Medizinschränkchen, nahm das Röhrchen mit Valium heraus und schluckte zwei Tabletten, nur um ein wenig zur Ruhe zu kommen und die sich ankündigende Migräne zu verdrängen. Kristi würde nach dem Schwimmen eine Freundin besuchen und Rick Gott weiß wie lange nicht nach Hause kommen, so dass Jennifer das Haus und den Rest des Abends für sich hatte. Sie würde nicht gehen. Noch nicht.
Wusch.
Ein merkwürdiges Geräusch drang von unten die Treppe herauf. Ein Luftzug? Eine sich öffnende Tür? Ein angelehntes Fenster?
Was zum Teufel ging da vor? Sie zögerte, horchte, war auf der Hut. Die Härchen auf ihren Armen stellten sich auf.
Was, wenn Rick in der Nähe war?
Was, wenn er am Telefon gelogen hatte und eigentlich auf dem Heimweg gewesen war, wie vor ein paar Tagen? Dieser Mistkerl hielt sie womöglich zum Narren.
Die »Observierung« konnte genauso gut ein...
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