Schweitzer Fachinformationen
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Nordkalifornien, Highway 17
Sie sitzt im nächsten Wagen, einem schwarzen Mercedes Coupé, Modell S500, fährt in südliche Richtung, genau nach Plan.«
Er duckte sich tief ins Unterholz, wo Nebel über die nasse Erde kroch, und lauschte der drängenden Stimme, die, von Knistern unterbrochen, aus seinem Sprechfunkgerät drang. »Ich dachte, sie fährt einen Porsche.«
»Es ist ein Mercedes«, fauchte die Stimme wütend. »Dir bleiben noch etwa neunzig Sekunden.«
»Verstanden.« Mit schmalen Augen konzentrierte er sich ganz auf die Straße, die sich in diesem Teil Kaliforniens durch Schluchten und Berge wand. Tatsächlich, durch Nebel und Dunkelheit hörte er das sanfte Schnurren eines hochgezüchteten Motors. Der Wagen kam den Berg herauf. Kam näher.
Sie kam näher.
Sein Herz hämmerte. Er erinnerte sich an den Duft ihrer Haut. An den Ausdruck in ihren Augen. An das Ausmaß ihres Verrats.
Sie hatte es nicht anders verdient, dieses selbstgerechte Miststück. Wenn sie doch nur wüsste, dass er es war, der ihr den Tod brachte.
Adrenalin schoss ihm ins Blut.
»Keine Patzer. Es ist unsere einzige Chance«, war er ermahnt worden.
»Ich weiß, ich weiß.«
»Und es ist hundert Riesen wert.«
Bedeutend mehr als das, dachte er, sagte aber nichts. Verdammt viel mehr. »Ich erledige das.« Er schaltete das Walkie-Talkie aus, schob die Antenne zusammen und verstaute das Headset in der tiefen Tasche seiner Jacke. Schweiß sammelte sich auf seiner Kopfhaut und rann ihm am Hals hinunter, obwohl es in diesem Teil des Waldes kaum wärmer als fünf Grad sein durfte. Er zog die Skimütze über sein bereits schwarz gefärbtes Gesicht und lief über den Laubteppich. Seine alten Armeestiefel waren immer noch robust, und sein Tarnanzug schützte ihn perfekt in der nebelverhangenen Nacht.
Zweige klatschten ihm ins Gesicht. In der Luft lag der typische Geruch von modrig nasser Erde, aber da war noch etwas: Es roch nach seiner Angst. Was, wenn er versagen würde? Und sie irgendwie überlebte? Sie würde ihn auslachen.
Ausgeschlossen. Völlig ausgeschlossen, verdammt noch mal.
Irgendwo in der Nähe ertönte der Schrei einer Eule, beinahe übertönt vom Hämmern seines eigenen Herzens. Dann das Brummen eines schweren Motors in niedrigem Gang . Aber es war nicht der Motor des Mercedes. Das Geräusch kam aus der entgegengesetzten Richtung. Sein Mund wurde trocken.
Ruhig, ermahnte er sich, als er an der Straßenbiegung aus dem Wald trat. Er hoffte von Herzen, der Laster möge noch ein paar Meilen entfernt sein. Geräuschlos huschte er über das nasse Pflaster, wie das Mitglied eines Sondereinsatzkommandos. Er sah auf die Uhr. Noch dreißig Sekunden. Der verdammte Wagen hörte sich an, als sei er schon ganz nahe. Er biss die Zähne zusammen, sah durch Nebel und Bäume Scheinwerferlicht aufblitzen.
Los, du Miststück, beeil dich!
Lauter, von Süden her, der Laster - den Geräuschen nach ein Sattelzug. Er legte Tempo zu. Scheiße.
Tief geduckt lief er über die schmale Straße und postierte sich zwischen den scharfen S-Kurven. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf das Singen der Reifen des Coupés auf dem nassen Pflaster gerichtet. Beeil dich, beschwor er sie stumm. Du kannst schneller sein als der Laster. Du musst.
Der Wagen kam näher.
Gut.
Er sah erneut auf die Uhr, die Zeiger auf dem Leuchtzifferblatt zählten seine Herzschläge. Alles lief genau nach Plan, bis auf den Laster. Noch ein paar Sekunden . Erwartungsvoll fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen.
Bremsen kreischten in der Nacht. Zu nah. Verdammt noch mal, zu nah. Sein Kopf ruckte herum in Richtung Süden, von wo aus sich das Dröhnen näherte. Das Getriebe des Neunachsers knirschte, als der Fahrer herunterschaltete.
Mit angespannten Muskeln lauschte er. Er durfte keinen Zeugen riskieren. Schweiß lief ihm über den Rücken.
Noch konnte er einen Rückzieher machen.
Aber wann würde er eine zweite Chance bekommen?
Hundert Riesen. Und das war erst der Anfang.
Außerdem hatte sie es nicht besser verdient . und die Gelegenheit war ihm geradezu in den Schoß gefallen.
Der Motor des Lasters grollte laut, das Geräusch hallte durch den Wald aus Mammutbäumen und Eichen. Ein mächtiger Sattelzug, der den steilen Abhang hinunterrollte.
In der entgegengesetzten Richtung schnurrte der Mercedes - sofern es tatsächlich einer war - immer weiter den Berg herauf, und die Fahrerin war völlig arglos, ahnte nicht, dass sie gleich sterben würde.
Sein Atem ging in kurzen Stößen. Ruhig. Betrachte es als eine Art Übung - wie vor Jahren, als du in der Spezialeinheit warst. Du schaffst das. Noch ein paar Sekunden, dann bist du sie los. Sein Herz schlug einen Trommelwirbel. Seine Hände in den enganliegenden Handschuhen waren schweißnass.
Zwei Lichtsäulen bogen von unten um die Kurve. Von oben kreischten die Bremsen des Sattelzugs.
Jetzt! Während der schnittige Wagen beschleunigte, sprang er vor, stand mitten auf der Fahrspur in Richtung Süden. Als er im Scheinwerferlicht stand, legte er rasch die Spiegel frei, die an seinem Gürtel befestigt waren.
Die Fahrerin trat heftig auf die Bremse.
Mit einem Quietschen blockierten die Reifen des Mercedes, der Wagen brach nach rechts aus, geriet ins Kiesbett am Straßenrand und drehte sich. Flüchtig sah er die Fahrerin, den Ausdruck des Entsetzens auf ihrem schönen Gesicht, während sie schrie und verzweifelt versuchte gegenzulenken. Eine weitere Person saß neben ihr auf dem Beifahrersitz. Scheiße! Man hatte ihm versichert, sie würde allein sein!
Er sprang auf die Fahrspur nach Norden. Wich mit knapper Not dem Kotflügel aus. Stolperte. Stürzte. Die Spiegel an seinem Gürtel zerbrachen. Glas splitterte, glitzerte im Scheinwerferlicht. Mist. Keine Zeit, es aufzusammeln. Keuchend kam er auf die Füße. Rannte in Richtung Wald.
Nichts wie weg hier.
Der Schwerlaster bog um die Kurve, bannte ihn im Licht seiner riesigen Scheinwerfer, flutete das nasse Pflaster mit blendendem Licht. Er sprang zur Seite. Dabei sah er einen kurzen Moment die Panik im Gesicht des Fahrers. Dieser bärtige, kräftige Bär von einem Mann schrie so laut, dass er das Kreischen der Bremsen übertönte. Achtzehn breite Reifen quietschten, es roch nach verbranntem Gummi.
Ach du Scheiße, Scheiße, Scheiße! Lauf, Mann!
Er sprang über die Leitplanke, stürzte sich in das schützende Dickicht. Bei der harten Landung vertrat er sich den Knöchel, das Fußgelenk knackte schmerzhaft, doch er durfte sich nicht aufhalten. Nicht jetzt. Sein Herz klopfte wie wild. Der Schweiß lief ihm übers Gesicht. Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Mercedes auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Leitplanke streifte. Funken flogen. Mit einem durchdringenden Kreischen riss polierter Stahl auf.
Der Mann stürmte den Hang hinunter. Er hörte das Ächzen von reißendem Metall, als der Wagen auf die vorbereitete Schwachstelle in der Leitplanke traf, sie durchbrach und geradewegs in die dichtstehenden Bäume raste.
Wie geplant.
Aber auch der Laster war außer Kontrolle geraten und rumpelte den Hang hinunter. Der Mann rannte weiter, ohne den stechenden Schmerz in seinem Fußgelenk und das Brennen in seiner Lunge zu beachten. Der Laster raste weiter bergab. Reifen blockierten. Metall kreischte. Der gesamte Wald erzitterte, als der Schwerlaster durch die Leitplanke brach, in seine Richtung, ein wütendes Metallungetüm, das ihn jagte, Tonnen von verbeultem Metall, die durchs Unterholz pflügten. Sein Herz hämmerte, er rannte um sein Leben.
Schneller, schneller! Sein Fußgelenk schmerzte höllisch, seine Lunge schien zu bersten.
Er rollte sich ab, rannte weiter, allem Schmerz zum Trotz, lief im Zickzack zwischen den Bäumen hindurch. Wo zum Teufel war er? Und wo stand sein Jeep? Verzweifelt versuchte er, der tödlichen Gefahr aus Metall auszuweichen. Mit einem Hechtsprung setzte er über einen umgestürzten Baumstamm. Dornen zerrten an seiner Kleidung. Er konnte nur hoffen, dass er rechtzeitig seinen Jeep fand, in dem er den Unfallort so weit wie möglich hinter sich lassen konnte.
Der Boden bebte.
Es riss ihm die Beine weg, so dass er bäuchlings auf dem Waldboden landete.
Ein greller Blitz, dann schoss ein Feuerball zwischen den Bäumen zum Himmel auf, ein leuchtend rot-orangefarbener Pilz. Die Nacht war plötzlich taghell.
Gequälte Schreie, grauenhafte, gepeinigte Laute, die ihn für immer verfolgen würden, gellten durch die Nacht, als der Laster explodierte. Ein Funkenregen prasselte auf den Wald nieder und versengte sein Haar, die Skimütze und seine Jacke. Rauch, der nach Diesel und verbranntem Gummi stank, quoll durch den Wald. Einen Augenblick lang glaubte der Mann, er müsse sterben.
Verdient hätte er es, weiß Gott.
Dann sah er ihn. Als hätte der Teufel ihn bereitgestellt: Sein Jeep stand direkt vor ihm. In den getönten Scheiben spiegelten sich blutrote Flammen. Der Wagen stand immer noch auf der verlassenen Holzabfuhrstraße, wo der Mann ihn abgestellt hatte.
Er rappelte sich auf, öffnete den Reißverschluss seiner Tasche, kramte nach den Schlüsseln und riss die Fahrertür auf. Geschafft. Beinahe. Halb erstickt vom Rauch warf er sich auf den Fahrersitz. Er zitterte, sein Knöchel pochte schmerzhaft. Als er den Zündschlüssel drehte, sprang der Motor gleich an. Der Wald war in ein gespenstisches Licht getaucht. Die Skimütze, die er sich über das...
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