Schweitzer Fachinformationen
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In der Nähe von New Orleans in Louisiana Drei Monate zuvor
Die Stimme Gottes dröhnte in seinem Kopf.
Töte.
Töte sie beide.
Den Mann und die Frau.
Opfere sie.
Heute Nacht.
Das ist deine Buße.
Er lag auf seinem Bett, das Laken war schweißdurchtränkt. Neonlicht pulsierte blutrot durch die Schlitze der Jalousien am Fenster. Die Stimme donnerte in seinen Ohren. Hallte in seinem Kopf wider. Das Echo war so laut, dass es die anderen übertönte - die kleinen, schrillen, nervtötenden Stimmen, wie Fingernägel an einer Wandtafel; Stimmen, die ihn an lästige Insekten erinnerten. Auch diese Stimmen erteilten Befehle. Auch sie störten seinen Schlaf, doch sie waren leise, zornig, nicht so machtvoll wie die Stimme, die - davon war er überzeugt - von Gott persönlich kam.
Nagender Zweifel schlich sich in sein Bewusstsein: War die Stimme womöglich doch böse? Konnte es sein, dass sie die Worte Luzifers, des Herrn der Finsternis, sprach?
Aber nein . So durfte er nicht denken. Er musste glauben. An die Stimme glauben, an das, was sie ihm sagte, an ihre grenzenlose Weisheit.
Hastig wälzte er sich von der Pritsche und kniete nieder, schlug rasch - durch jahrelange Übung war es ihm in Fleisch und Blut übergegangen - das Kreuzzeichen über der nackten Brust. Schweißperlen traten auf seine Stirn, während er betete, der Herr möge ihn leiten, flehte, Er möge ihn zu Seinem Botschafter machen. Der Gedanke daran, dass er der Auserwählte war, brachte in seinem Innern etwas zum Klingen. Er war der Jünger Gottes. »Zeige mir den Weg«, flüsterte er mit Inbrunst und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Sag mir, was ich tun soll.«
Die Stimme sprach klar und deutlich.
Opfere den Mann und die Frau.
Er furchte die Stirn, verstand nicht ganz . Die Frau: Eve, das war ihm klar. Oh, wie lange hatte er darauf gewartet, genau das zu tun, was die Stimme ihm jetzt befahl. Er sah Eve vor sich. Ihr herzförmiges Gesicht mit dem ausgeprägten, dreist vorgereckten Kinn. Ein Hauch von Sommersprossen auf der kurzen, geraden Nase. Lebhafte Augen, klar und blau wie eine tropische Lagune. Feuerrotes, windzerzaustes Haar.
So schön.
So starrsinnig.
Und solch eine Hure.
Er stellte sich vor, wie sie den Männern ihren athletischen Körper hingab . Oh, er hatte sie gesehen, durch einen Spalt zwischen den Vorhängen: die straffe Haut, das fließende Spiel der weiblichen Muskeln darunter, wenn sie badete. Ihre Brüste waren klein, fest, mit rosigen Brustwarzen, die sich aufrichteten, wenn sie ins Badewasser stieg.
Ja, er hatte sie beobachtet, hatte zugesehen, wie sie mit ihren langen Beinen über den Rand der Wanne stieg, wobei sie ihm unbewusst einen flüchtigen Blick auf rosa Hautfalten und rotes Kräuselhaar zwischen ihren Schenkeln gewährte.
Wenn er an sie dachte, empfand er dieses ganz besondere, erwartungsvolle Prickeln, das niemand anders als Eve in ihm wachrief. Sein Blut geriet in Wallung, seine Haut rötete sich, und sein Penis richtete sich auf.
Wenn er nur einmal mit den Fingern über die Innenseite ihrer Oberschenkel streichen könnte, diese festen kleinen Brüste küssen, sie ficken dürfte bis zur Besinnungslosigkeit. Sie war ja ohnehin eine Hure. Im Geiste sah er vor sich, wie er sie bestieg, sein kräftiger, muskulöser Körper über dem ihren, während sein Schwanz tief in diese heiße, wollüstige Höhle hineinstieß, in die andere vor ihm ihren Samen ergossen hatten.
Sein Atem ging schwer.
Er wusste, dass seine Gedanken Sünde waren.
Doch er wollte nur ein einziges Mal tief, gewaltsam in sie eindringen.
Bevor er sie tötete.
Und tatsächlich bot sich ihm die Gelegenheit dazu. Hatte die Stimme ihm nicht befohlen zu beweisen, was für eine Hure sie war?
Doch was war mit dem Mann?
Als hätte die Stimme seine Gedanken gelesen, flüsterte sie: Du bist der Retter. Der Eine, den ich dazu auserwählt habe, die Seelen der Schwachen zu neuem Leben zu erwecken. Enttäusche mich nicht. Es liegt in deiner Hand, wer leben und wer sterben wird. Geh jetzt!
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er immer noch auf den Knien lag. Schnell schlug er noch einmal das Kreuz, beschämt, dass Gott womöglich seine Gedanken gelesen und von seiner Schwäche für sie erfahren hatte. Er musste die Lust niederkämpfen. Er musste es einfach.
Und dennoch spürte er, als er aufstand und seine durchtrainierten Muskeln dehnte, das Prickeln der Vorfreude auf der Haut. Seine Lenden schmerzten beinahe vor Verlangen.
Der Retter. Die Stimme hatte ihm einen Namen gegeben. Er überdachte diesen Namen, betrachtete ihn von dieser und jener Seite und kam zu dem Schluss, dass er ihm gefiel. Er genoss die Vorstellung, dass er derjenige war, von dem alles abhing, derjenige, der letztendlich darüber entschied, wer leben und wer sterben sollte. Es war doch zweifellos ein gutes Zeichen, dass die Stimme ihm einen Namen gegeben hatte? Fast wie eine Salbung oder ein Ritterschlag. Der Retter. Ja!
Er zog im Dunkeln seine Uniform an, die an einem Haken bei der Tür hing: seine Tarnhose und -jacke, die Skimütze und dazu die Stiefel. Seine Waffen hatte er bereits im Pick-up verstaut, gut versteckt in einem verschlossenen Fach im doppelten Boden seiner Werkzeugkiste. Messer, Pistolen, Schalldämpfer, Plastikbomben, sogar ein Blasrohr samt Pfeilen mit vergifteten Spitzen .
Und noch etwas ganz Besonderes, extra für sie.
Er schlüpfte aus seinem dunklen Zimmer und trat hinaus in die düstere, nebelverhangene Nacht.
Er war bereit.
Eve sah auf die Uhr.
Viertel vor elf abends.
»Toll«, murrte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Sie war spät dran. Trotz der Dunkelheit und des dichten Nebels trat sie aufs Gas. Obwohl ihr verbeulter Toyota Camry schon fast einhundertneunzigtausend Kilometer auf dem Zähler hatte, machte er dennoch einen Satz vorwärts, zuverlässig wie immer.
Sie würde nicht ganz pünktlich kommen - na und? Ein paar Minuten Verspätung machten nichts aus.
Als sie eine Kurve etwas zu rasant nahm, geriet sie auf die Gegenspur und wäre um ein Haar mit einem entgegenkommenden Pick-up zusammengestoßen. Der Fahrer hupte, und sie riss gerade noch rechtzeitig das Steuer herum. Mit wild klopfendem Herzen verlangsamte sie ein wenig.
Sie zwang sich, ihren krampfhaften Griff um das Lenkrad zu lockern, und atmete tief durch. Roy konnte warten, entschied sie und dachte an den verzweifelten Anruf, den sie vor knapp einer halben Stunde erhalten hatte.
»Eve, du musst sofort kommen«, hatte er mit gepresster Stimme hervorgestoßen. »Zur Hütte - du weißt schon, da, wo wir als Kinder im Sommer gespielt haben. Die Hütte meines Onkels. Aber beeil dich. Ich . Wir treffen uns dort um elf.«
»Es ist schon spät«, hatte sie abgewehrt. »Ich will jetzt wirklich nicht .«
»Ich habe Beweise.«
»Beweise wofür?«
»Das sage ich dir, wenn du hier bist. Komm einfach. Allein.«
»Verdammt, Roy, verschone mich mit diesem Mantel-und-Degen-Getue! Erzähl mir einfach, was los ist!«
Statt einer Antwort klackte es, dann war die Leitung tot.
»Nein, warte! Roy! Ach, zum Teufel«, schimpfte sie und drückte ein paar Tasten an ihrem Telefon in der Hoffnung, seine Nummer im Speicher zu finden, damit sie ihn zurückrufen konnte. Doch im Display stand nur Unbekannte Nummer. Hilflos knirschte sie mit den Zähnen. Ihr Herz raste vor Nervosität. Was für »Beweise« hatte Roy gefunden? Wovon redete er überhaupt? Während sie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit zu dem Treffpunkt fuhr, schossen ihr ein halbes Dutzend Möglichkeiten durch den Kopf, von denen keine etwas Gutes verhieß.
Vielleicht hätte sie besser doch nicht hinfahren sollen. Cole war dagegen gewesen. Er hatte sogar beinahe mit Gewalt versucht, sie zurückzuhalten, was sie erst recht in Rage versetzt hatte. Im Geiste sah sie immer noch sein angespanntes, besorgtes Gesicht vor sich. Aber sie hatte darauf bestanden, sofort aufzubrechen, und hatte auch nicht geduldet, dass er sie begleitete. All seinem Protest zum Trotz war sie in die kalte, neblige Nacht hinausgelaufen.
Diese Angelegenheit musste sie allein regeln.
Nun fuhr sie also unter dem mondlosen Himmel Louisianas hinaus in das Sumpfgebiet, wo Roys Onkel Vernon eine alte Fischerhütte besaß. Sofern die Hütte überhaupt noch existierte. Als sie das letzte Mal dort gewesen war, vor etwa zehn Jahren, waren bereits deutliche Anzeichen des Verfalls zu erkennen gewesen. Sie versuchte vergebens, sich vorzustellen, wie die Hütte jetzt aussehen mochte.
Als sie einen Blick in den Rückspiegel warf, erkannte sie die Sorge in ihren eigenen Augen. Was zum Teufel ging hier vor?
Sie hatte seit über einem Jahr nicht mit Roy gesprochen.
Weshalb rief er gerade jetzt an?
Er steckt natürlich mal wieder in der Klemme. Du kennst doch Roy. Eine typische Borderline-Persönlichkeit. Der Mann hat eine Neurose der ganz besonderen Art.
Warum springst du dann immer, wenn er pfeift, hm?
Welche Macht hat er über dich?
Welche ganz besondere Art von Neurose hast du, die dich zwingt, ihm immer und immer wieder zu Hilfe zu kommen?
»Schluss damit«, schimpfte sie halblaut vor sich hin. Seit sie ein Graduiertenstudium in Psychologie aufgenommen hatte, konnte sie es einfach nicht lassen, sich ständig selbst zu...
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