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Das humorvolle Meisterwerk einer Kultautorin
Grandios erzählt Shirley Jackson in diesem Klassiker von 1957 aus dem Leben ihrer liebenswert-durchgeknallten Familie. Nachdem mit der Ankunft des vierten Kindes das alte Haus zu klein geworden und der nervenaufreibende Umzug geschafft ist, könnte etwas Ruhe einkehren. Aber weit gefehlt! Während der Kühlschrank und ein schiefer Torpfosten machen, was sie wollen, und die älteste Tochter Jannie immer nur Little Women liest, besuchen Sally und der kleine Barry ihren geheimnisvollen Freund Pudge und bleiben über Stunden unauffindbar. Laurie, der Erstgeborene, ist seiner eigenen Ansicht nach schon erwachsen und muss seinem Vater ständig Bußgeld für die Verwendung von Schimpfwörtern zahlen. Unter all diesen heiteren Alltagsszenen lauern auch noch die verkrusteten Geschlechterrollen der Fünfzigerjahre. Natürlich hat sich eine Professorengattin wie die Erzählerin für nichts anderes zu interessieren als ihre Kinder - und die Arbeit ihres Ehemanns. Doch bald darauf schmückt die Familie gemeinsam den Weihnachtsbaum und schließlich gilt: Weihnachten gut, alles gut.
Wir waren noch keine sechs Wochen in unserem neuen Haus, da war die hintere Wohnung voller Zeug, und der schiefe Torpfosten war ein Thema, auf das wir alle unnatürlich empfindlich reagierten. Als wir das Haus kauften, nahmen mein Mann und ich wegen der unverblümten Auskunft des Maklers an, das einzig Schadhafte auf dem Grundstück sei der linke Torpfosten, der in einem verwegenen Winkel in die Gegend ragte. Das Dach, die Heizung, die elektrischen Leitungen, die Rohre, das Fundament - all das, glaubten wir in aller Unschuld, war neu, frisch repariert oder so solide, dass nicht mal ein Erdbeben etwas hätte ausrichten können. »Aber«, sagte der Makler erst zu mir, dann zu meinem Mann und dann noch mal zu uns beiden, »ich wäre auch ein ziemlich schlechter Geschäftsmann, wenn ich Ihnen einzureden versuchte, der Pfosten wäre gerade.« Wir sahen uns gezwungen zuzustimmen: Dieser Torpfosten war eindeutig schief und der Makler durchaus kein schlechter Geschäftsmann. Die Torpfosten waren aus massivem Stein, obwohl es zu ihnen keine Mauer gab; sie standen am Eingang einer Auffahrt, die im Sommer, als wir das Haus besichtigt hatten, zwar schön trocken war, aber keineswegs die prächtige, weitläufige Angelegenheit, die die Torpfosten anzudeuten schienen. Dennoch verliehen die Pfosten unserem einen Hektar die Atmosphäre eines Anwesens, wenn man davon absah, dass der linke etwas krumm war. Als wir anschließend darüber sprachen - der Makler war auf dem Rückweg in sein Büro, in der Hand die unterschriebenen Verträge, und kam wahrscheinlich aus dem ungläubigen Kichern nicht mehr heraus -, beschlossen wir, dass wir wahrscheinlich nur einen Zaun aufzustellen brauchten und natürlich den Torpfosten aufrichten mussten und vielleicht eine Wiese anlegen und eventuell ein paar Büsche pflanzen an der Seite des Hauses, wo die Außenwand etwas eingefallen war - jedenfalls, dachten wir, als wir mit Blick auf unser Land neben dem Torpfosten standen, viel würde es nicht brauchen, und das alte Haus sähe wieder aus wie eine Villa.
In unserer Gegend gibt es keine Torpfosten-Aufrichter-Firma, aber jeder Schlaumeier des Countys hatte einen Tipp für uns und brachte ihn mit ausdrucksloser Miene vor. Der Mann, der das Dach reparieren sollte, meinte, wir sollten jemanden holen, der zwei Pferde davorspannte und so den Torpfosten aufrichtete. Der Mann, der die Heizung reparieren sollte, schlug vor, dass wir auf der Seite, zu der sich der Pfosten nicht neigte, Erde aushoben, damit sich der Pfosten gerade ausrichtete. Der Elektriker hielt beim Abreißen der Esszimmerdecke ein paar Minuten inne, um zu erklären, wir müssten die Wurzeln unter dem Pfosten ausgraben. Der Klempner fand das nicht; besser, wir holten jemanden, der den Pfosten um einen Meter versetzte. Ich entwickelte schließlich eine Antwort, die ich beim Einkaufen und bei der Post benutzen konnte: Ich hätte so viel Mühe damit gehabt, diesen Pfosten so zu verbiegen, und jedes Mal, wenn ich ihn mir gerade wünschte, ginge ich raus und verschöbe ihn noch ein Stück. Mein Mann gewöhnte sich an, beim Friseur zu sagen, dass gar nicht der eine Pfosten schief, sondern der andere zu gerade sei. Laurie versicherte den anderen Fünftklässlern mit ernstem Gesicht, dass nur sein spezifisches Gewicht den Pfosten überhaupt aufrecht hielt. Unter uns tendierten wir dazu, das Thema zu meiden, und nach einiger Zeit gelang es mir, mit dem Auto zwischen den Pfosten hindurchzufahren, ohne mich scharf nach rechts zu ducken. Während eines schlimmen Spätsommergewitters standen wir alle ängstlich an den Fenstern und fürchteten, der Pfosten würde fallen, aber er blieb standhaft; was hingegen umfiel, war ein Baum auf der anderen Straßenseite. Er zerstörte einen Teil der Veranda eines Mannes, der Sally gefragt hatte, warum sie den Pfosten nicht abbaue und einfach gerade wieder aufstelle.
Ich musste Sally immer noch zum Kindergarten fahren, und nach einer Weile warteten die beiden größeren Kinder auf uns und fuhren mit. Unser neues Haus lag nur zwei Blocks von ihrer Schule entfernt, aber wie Jannie erklärte, war es sehr sehr sehr ermüdend, jeden Tag an denselben Häusern vorbeizugehen. Da waren wir etwas mehr als sechs Monate in unserem neuen Haus und hatten unsere Familienfeste-Saison hinter uns. Diese Zeit beginnt Anfang Oktober mit Lauries Geburtstag und geht mit Sallys Geburtstag an Halloween weiter, eine Woche später folgt Jannies Geburtstag, dann kommen Barrys Geburtstag und Thanksgiving und dann die lange Zielgerade bis Weihnachten. Ich weiß noch, dass wir an Lauries Geburtstag immer noch Bücher auspackten, seine Freunde dinierten im Schatten des halb vollen Bücherregals im Esszimmer. An Sallys Geburtstag waren gerade die Männer da, die die Holzdielen abschliffen, weshalb sämtliche Möbel aus dem Erdgeschoss im Esszimmer gestapelt waren; alle anderen Böden waren frisch lackiert, sodass Sally ihre Geburtstagsparty in der Küche feierte, mit von der Decke hängenden Luftballons und Lutschern und Krepppapierbarrikaden vor den Türen, damit ihre Gäste nicht auf die frisch lackierten Böden traten. Als Jannie Geburtstag hatte, war das Esszimmer wieder benutzbar, aber die guten Esszimmerstühle waren beim Polsterer, um neue Rückenlehnen zu bekommen, weshalb Jannies Freundinnen ein Abendpicknick auf dem glänzend lackierten Boden veranstalteten. Barry war zu klein für eine Geburtstagsparty, was nur gut war, denn zu der Zeit wurden die Rohre im unteren Badezimmer repariert, und die Badewanne stand im Arbeitszimmer, sodass mein Mann eines Abends, als er nicht schlafen konnte und runterging, um sich ein Buch zu holen, hineinfiel. Da Thanksgiving in dem Jahr auf Barrys Geburtstag fiel, hatten die Männer an dem Tag frei und ließen die Badewanne von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen im Arbeitszimmer. Es war der praktischste Papierkorb, den wir im Arbeitszimmer je hatten, aber am Montag wurde er wieder fortgeräumt. Barry bekam zum Geburtstag einen blauen Teddybären und nannte ihn Dikidiki.
Das neue Haus hatte einen sehr guten Platz für den Weihnachtsbaum, im Erkerfenster des Wohnzimmers, sodass man schon jenseits der Bahngleise, wenn man durch den Schnee nach Hause kam, die Lichter unseres Weihnachtsbaums leuchten sah. Hinter der Scheune war eine Stelle, wo Jannie und Sally gut Schlitten fahren konnten, Laurie ging trotzdem mit den anderen Jungen auf den Hügel. Zu Weihnachten bekamen wir eine Filmkamera, einen Projektor und eine Leinwand, und ich filmte Barry in seinem rosa Schneeanzug, wie er vom Schlitten fiel, gezogen von Laurie in brauner Jacke und blauer Mütze und Jannie in Dunkelblau mit rotem Schal und Sally in Grün mit Bommeln an der Mütze. Ich filmte unser Haus und unsere Bäume und unsere Scheune. An den langen Winterabenden saßen wir im dunklen Wohnzimmer, und mein Mann, der den Projektor mit Lauries Hilfe zum Laufen brachte, zeigte uns Barry, wie er vom Schlitten purzelte, und Laurie in Braun, der einen Schneeball warf auf Sally in Grün mit Bommeln an der Mütze, und Jannie, die stolz neben einem gigantischen Schneemann stand, und die kahlen Äste und das schneebedeckte Dach und die Scheune, die irgendwie schief wirkte, weil ich Mühe gehabt hatte, mit Handschuhen die Kamera gerade zu halten. Die Kinder liebten es, Filme von sich zu sehen, wurden aber sehr unruhig, wenn sie sich das Haus und die Scheune ansehen mussten.
Hin und wieder fuhren wir am alten Haus vorbei, und ich bemerkte mit Geringschätzung, dass Mrs. Ferrier versucht hatte, die kahle Anmutung der Veranda durch zwei kratzige gräuliche Büsche links und rechts der Treppe auszugleichen. Wenn der Winter vorbei war, würden sie vielleicht zu wunderbar farbigen Dingern erblühen, aber irgendwie beneidete ich Mrs. Ferrier mit ihrem gelben säulenlosen Haus und ihren kratzigen Büschen nicht; sie hatte ja nicht mal einen krummen Torpfosten.
Ungefähr Anfang Februar, als der Winter kein Ende zu nehmen schien und auch jedes noch so wehmütige Erinnern keine Sommerluft brachte, fing ich mir eine dieser Erkältungen ein, die bei den Kindern zwei Tage dauern und bei mir zwei Wochen. Ich hatte das Gefühl, den Anblick der bunten Müslischalen keinen einzigen Morgen mehr aushalten zu können, auch nicht einen einzigen Aschenbecher mehr leeren zu können, keinen einzigen Kopf mehr bürsten oder auch nur eine einzige Kartoffel backen oder einen einzigen Hund rauslassen oder noch eine einzige Jacke aussuchen zu können. Ich knurrte die strahlenden Gesichter an, die sich mir am Frühstückstisch zuwandten, und war ganz kurz davor, die Beine des Stuhls wegzutreten, auf dem mein großer Sohn nach hinten kippelte. Mir fiel nichts mehr ein, was ich zum Abendessen machten könnte, das nicht langweilig war oder fade oder ungewöhnlich viele Knochen gehabt hätte. In der Zeitung stand nie irgendwas Neues. Es kamen nur wenig Briefe, und wenn, dann begannen sie mit »Sicher ist Ihnen entgangen, dass Sie versäumt haben .«.
Dieser Geisteszustand ist unpraktisch in einem Haushalt, der unerbittlich fortschreitet vom Frühstück über die Post zur Schule zum Baden zum Zubettgehen zum Frühstück, egal wie es mir geht. Mein einziger bewusster Wunsch war, dass der Arzt vorbeikam - vielleicht aus Zufall, um eine alte Spritze abzuholen, die er hatte liegen lassen -, mich ansah, seine Tasche fallen ließ, blass wurde und ausrief: »Guter Gott, wie sehen Sie denn aus?! Sie gehören ins Krankenhaus!«, und sich dann verärgert an meinen Mann wandte: »Sind Sie verrückt? Sehen Sie denn nicht, dass Ihre Frau schwer krank ist?« Ich maß zweimal täglich Fieber und humpelte, wenn ich das Abendessen reintrug.
Eines Morgens fehlte ein Knopf an meinem grauen Kostüm, als ich es aus der Reinigung...
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