Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Generationendialog
Sophia: Ich habe das große Glück, bisher nur für ein Unternehmen gearbeitet zu haben, in dem das Betriebsklima »bedenklich« war. In nur drei Jahren haben zweimal 90 Prozent meines direkten Teams gekündigt. Als Auszubildende war das für mich damals aber keine Option. Wir waren überarbeitet, es fehlte an Wertschätzung und unterm Strich wurden meine Kolleginnen und ich als austauschbare Human Resources betrachtet.
Frauke: Oh ja, das kenne ich auch nur zu gut. Ich erinnere mich an einige Stationen in meinem beruflichen Leben, wo das Miteinander der Belegschaft gut, die Beziehung zu den Vorgesetzten jedoch eher schwierig war. Es gab gefühlt eine Zweiklassengesellschaft. Für die meisten von uns war das eine Normalität, gegen die nicht rebelliert wurde. Wie war das bei dir damals? Gab es keine Möglichkeit, Feedback oder Beschwerden zu adressieren?
Sophia: Leider nein. Eine gesunde Feedback-Kultur gab es in dem Unternehmen nicht und Rebellion stand auch nie zur Debatte. Wären wir Mitarbeitende nach unserer Zufriedenheit befragt worden, hätte es sicher »Bestnoten« geregnet - allerdings im unteren Bereich der Bewertungsskala. Erstaunlicherweise denke ich dennoch gerne an diese Zeit zurück, denn zumindest in meiner Abteilung waren die »weichen Faktoren« wie beispielsweise der Zusammenhalt unter uns Leidensgenossinnen gut. Heute, mit mehr Lebenserfahrung und Jobmöglichkeiten, würde ich in solch einem Unternehmen noch nicht einmal bis zum Ende der Probezeit bleiben. Heute habe ich einen anderen Anspruch an Betriebsklima und Führung.
Frauke: Da sprichst du etwas ganz Wichtiges an, denn das Betriebsklima steht und fällt mit der Führung. Als ich selbst in sehr jungen Jahren Führungskraft wurde, habe ich mich an den Kollegen orientiert, die in dieser Position schon länger unterwegs waren. Automatisch habe ich deren Herangehens- und Verhaltensweisen übernommen. Erst Jahre später wurde mir bewusst, dass Mitarbeitende viel produktiver und zufriedener sind, wenn sie das echte, das wahrhafte Gefühl haben, gut behandelt und individuell geführt zu werden. Seither reflektiere ich meinen Führungsstil regelmäßig, hole mir Feedback ein und achte noch mehr auf einen respektvollen und wertschätzenden Umgang - auf allen Hierarchieebenen. Die Sozialisierung, die ich als junge Führungskraft erlebt habe, lässt sich aber nicht ganz abschalten. Ich bin nach wie vor eine eher stringente, fordernde und offen Kritik äußernde Führungskraft. Vor allem Letzteres führt nicht immer zu dem Erfolg, den ich beabsichtige. Daher heißt führen auch, sich immer wieder neu zu hinterfragen.
Bisher haben Sie erfahren, was dieser diffuse Begriff »Betriebsklima« eigentlich bedeutet, wie sich unser Verständnis von Arbeit gewandelt hat und was die Zufriedenheit von Menschen am Arbeitsplatz bestimmt. Doch wir haben Ihnen auch geschildert, was passiert, wenn das Betriebsklima kippt, Ihre Mitarbeitenden eben nicht mehr zufrieden sind und unmotiviert zur Arbeit kommen. Damit wollen wir Sie nicht im Regen stehen lassen. Im folgenden Kapitel beschreiben wir vier Indikatoren, anhand derer Sie feststellen können, wie es um Ihr Betriebsklima bestellt ist.
Der Krankenstand ist einer der aussagekräftigsten Indikatoren. Ist er sehr hoch, sollten Sie skeptisch werden. »Was heißt hoch?«, fragen Sie sich bestimmt zu Recht. 2019 waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland durchschnittlich 10,9 Arbeitstage krankgemeldet, so das Statistische Bundesamt.2 Unverhältnismäßig viele Krankmeldungen führen häufig nicht nur zu schlechter Stimmung bei den nicht kranken Kollegen und Kolleginnen, sondern haben auch wirtschaftliche Folgen. Der wirtschaftliche Schaden durch den Wertschöpfungsausfall und die impliziten Kosten wie Leistungsabfall durch Demotivation oder Überforderung sind kaum abbildbar und belaufen sich auf Milliarden. Häufig gibt es mehrere Faktoren, die bestimmen, wie hoch der Verlust tatsächlich ausfällt:
Kostenfaktor 1: Sind Mitarbeiter*innen regelmäßig krank, muss die Tätigkeit, die sie ausüben, entweder von internen oder externen Personen aufgefangen werden.
Kostenfaktor 2: Kann die Tätigkeit nicht aufgefangen werden, machen Sie Verlust - an tatsächlich produzierten Gütern, Innovationen, kreativen Ideen etc.
Kostenfaktor 3: Verpassen Sie Deadlines, fallen möglicherweise Strafgebühren an oder Sie verlieren die Aufträge ganz, weil Sie Ihre Kunden nicht zufriedenstellen.
Kostenfaktor 4: Sie zahlen ein Gehalt, für das Sie keine Gegenleistung erhalten.
Kostenfaktor 5: Ihre übrigen Mitarbeitenden arbeiten mehr, der Zusammenhalt des Teams lässt nach, Motivation und Produktivität sinken.
Emotionale Verbundenheit als Schlüssel
Verstehen Sie uns nicht falsch: Wer krank ist, ist krank, sollte zu Hause bleiben und sich in Ruhe auskurieren. Jedoch ist es Ihr Job als Führungskraft, bei hohem Krankheitsstand genau hinzusehen und herauszufinden, wo die Gründe dafür liegen und wie Sie mildernd auf diese einwirken können. Denn auch hier zeigt sich: Emotional an das Unternehmen gebundene Mitarbeitende sind im Durchschnitt seltener krank. Stellen Sie sich eine Skala von 1 bis 100 vor. 25 Prozent der Mitarbeitenden, die sich ihrem Unternehmen emotional am verbundensten fühlen, weisen eine um 40 Prozent geringere Krankheitsrate auf als solche, die sich in den unteren 25 Prozent befinden.
Auch die Fluktuation innerhalb Ihres Unternehmens gibt wichtige Hinweise auf die Qualität Ihres Betriebsklimas. Schaffen Sie es, Ihre Mitarbeitenden auch emotional an sich zu binden, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass diese das Unternehmen verlassen. Die Realität sieht aber für Arbeitgeber nicht immer rosig aus. Nur 15 Prozent der Arbeitnehmer geben an, eine hohe emotionale Bindung zu haben, 69 Prozent eine geringe und 16 Prozent gar keine - ein Trend, der bereits seit Jahren anhält, so der Gallup Engagement Index.3 Dass ein Wechsel des Arbeitgebers somit keine große Belastung für die Mehrheit der Arbeitnehmenden darstellt, liegt hier auf der Hand. Insbesondere zwei Aspekte verschärfen das Problem der Fluktuation noch: Zum einen finden wir in den Generationen Y und Z eine größere Akzeptanz, wenn es um Veränderungen geht. Ein Jobwechsel ist für sie keine große emotionale Hürde. Zum anderen war der Arbeitsmarkt in den letzten Jahren üppig und von Angebotsüberhang gekennzeichnet. Sprich: Wer einen neuen Job wollte, bekam diesen in der Regel auch. Unabhängig von Generationen-Effekten führt eine hohe Fluktuation jedoch auch dazu, dass Sie Zeit verlieren. Jeder neu eingestellte Mitarbeitende muss eingearbeitet werden, was gut und gerne bis zu einem Jahr dauern kann, ehe er das Niveau seines Vorgängers/seiner Vorgängerin erreicht hat. Je nachdem, wie lange es dauert, bis eine Stelle nachbesetzt wird, muss das Team die liegen bleibende Arbeit abfangen, was den Team-spirit belasten kann. Außerdem dürfen Sie nicht vergessen, dass jeder Fortgang eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin auch den Verlust von Wissen und Kompetenz mit sich bringt. Alles in allem lohnt es sich also, hier ein wachsames Auge darauf zu haben.
Eine beliebte und in der Arbeitswelt häufig genutzte Methode zur Erfassung der internen Stimmung sind Befragungen unter den Mitarbeitenden. Viele insbesondere größere Unternehmen führen diese standardmäßig in wiederkehrenden Abständen durch. Doch was macht Mitarbeitende zufrieden? Rufen wir uns hier noch einmal Frederick Herzberg und seine Theorie zu den Hygiene- und Motivationsfaktoren ins Gedächtnis: Mitarbeitende sind zufriedener, wenn ihnen Anerkennung und Wertschätzung entgegengebracht werden, wenn sie selbstbestimmt sind und die Möglichkeit haben, Verantwortung zu übernehmen. Auch Arbeitsbedingungen, Kollegialität und das Gehalt nehmen Einfluss auf das Betriebsklima. Diese Indikatoren lassen sich wunderbar abfragen. Sofern die Befragung anonym durchgeführt wird, dürfen Sie sich auch über ehrliches Feedback freuen. Sollte dies wenig erfreulich ausfallen, stecken Sie nicht gleich den Kopf in den Sand. Zum einen werden Befragungen gerne auch dafür genutzt, Frust abzulassen (denken Sie an die Wahlen zur Regierungsbildung), und zum anderen machen Ihnen Ihre Mitarbeitenden ein Geschenk damit. Sie dürfen in Ihre Köpfe hineinsehen und können sich gezielte Maßnahmen für Problemfelder überlegen. Falls...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.