Schweitzer Fachinformationen
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Dieses Kapitel vermittelt Ihnen eine Vorstellung von den generellen Aufgaben des Case Managements und dem Case Management-Prozess als persönlicher sozialer Dienstleistung (psD). Sie sollen
eine erste Übersicht über die sechs Phasen des Case Management-Prozesses (Aufnahme, Bedarfsermittlung, Hilfeplanung, Umsetzung, Überwachung, Abschlussevaluation) gewinnen und anhand phasenspezifischer Leitfragen die Funktionen und Aufgaben des jeweiligen Prozessschrittes beschreiben können,
die Frage beantworten können, warum und für wen Case Management ein notwendiges Angebot der Pflege und Gesundheitsversorgung ist,
anhand verschiedener Definitionen von Case Management die unterschiedlichen Sichtweisen auf die zentrale Aufgabe des Case Managements - Herstellung der Passung zwischen Klient*innen Kostenträger und Leistungserbringerorganisationen - erkennen,
die zweifache Relevanz des Dienstleistungsparadigmas für das Case Management verstehen.
Das Gesundheits- und Sozialwesen ist ein hochdifferenziertes und sektoriell stark gegliedertes System. Es bietet eine kaum überschaubare Vielfalt von Hilfeleistungen für die Wechselfälle des Lebens, in denen sich der Einzelne und sein nahes Umfeld (Subsidiaritätsprinzip) nicht allein helfen können (Solidaritätsprinzip). Diese differenzierte Struktur des Gesundheits- und Sozialwesens bringt in bestimmten Fällen die paradoxe Situation mit sich, dass Hilfesuchende zusätzliche Hilfe benötigen, um überhaupt einen Zugang zu den benötigten Hilfen zu erhalten und diese effizient konsumieren zu können.
Diese Situation ergibt sich, wenn das Selbstmanagementpotenzial/die Selbsthilfefähigkeit sowie die Kooperationsfähigkeit Betroffener angesichts der Krisenhaftigkeit ihrer Situation und des Umfangs benötigter Hilfen an ihre Grenzen kommen. Betroffene, die einen Bedarf an Case Management haben, befinden sich in zweifacher Hinsicht in einer Notlage:
Zum ersten befinden sie sich in einer belastenden, krisenhaften Situation. Das Krisenhafte besteht darin, dass bislang bewährtes Wissen, Erfahrungen, Können und andere Ressourcen nicht ausreichen, um die Krise zufriedenstellend bewältigen zu können. Sie sind auf Hilfe angewiesen.
Zum zweiten reicht aber die Selbsthilfefähigkeit auch nicht aus, adäquate Hilfe zu organisieren und in Anspruch zu nehmen. Denn der Zugang zu und die Inanspruchnahme von Hilfen ist i. d. R an bestimmte Anforderungen geknüpft. Der Glaube oder das Selbstbild Betroffener, diese Anforderungen nicht erfüllen zu können, erhöht das Krisenhafte ihrer Situation. Selbst wenn ihnen an einer Stelle der Zugang zum Hilfesystem gelingt, besteht oft die Schwierigkeit, die eigenen Anliegen zur Sprache zu bringen.
Schließlich korrespondiert eine krisenhafte Situation oft mit einem umfangreichen Bedarf an multiprofessioneller Hilfe. Der damit verbundene Koordinationsaufwand (Schnittstellenmanagement) kann ebenfalls zu einer Überforderung führen und zusätzliche Hilfe erforderlich machen.
Eine Form, diese zusätzlichen Hilfen zu gewähren und Schnittstellenprobleme zu lösen, ist das Case Management oder Fallmanagement (FM).
Wichtig Case Management
Die Bezeichnung »Case Management« taucht in den Gesetzestexten des SGB deshalb nicht auf, weil das deutsche Recht keine englischen Begriffe in der Ausformulierung von Gesetzen vorsieht. Der Begriff »Fallmanagement (FM)« tritt dann an diese Stelle. Allerdings ist »Fallmanagement« nicht immer mit »Case Management« identisch.
Unterschiedliche Bezeichnungen (Fallsteuerung, Versorgungsmanagement, Hilfeplanung, Patientenmanagement, -lotsen, Patienten- oder Fallkoordinator) und Konzepte (motivational Case Management, Prozessmanagement etc.) weisen darauf hin, dass nicht ». überall, wo Case Management draufsteht, [.] Case Management drin« ist6. Die vielfältigen Varianten von Case Management sind möglich, weil die dem Case Management zugrundliegende Prozessstruktur einer im Prinzip trivialen, aber bewährten Handlungsrationalität folgt: Ausgangslage/Zielsetzung Problemanalyse Aufgabenformulierung und Handlungsplanung Ausführung/Steuerung Evaluation.
Case Management-Konzepte können daher in vielen Bereichen sozialer Hilfen leicht an die jeweiligen institutionellen Vorgaben angepasst werden. Ob und wann dabei die Grundidee des Case Managements aufgeweicht oder gänzlich verloren geht, wie z. B. beim Betten-, Belegungs- oder Cordier-Management, ist eine offene Frage.
Aktivität: Was ist Case Management?
Recherchieren Sie bitte im Internet unter dem Suchwort »Case Management«. Unterscheiden Sie dabei solche Projekte, deren Zielsetzung nicht im Erbringen von Hilfeleistungen im Zusammenhang mit Pflege und Gesundheits- bzw. Sozialwesen stehen.
Der Case Management-Prozess umfasst sechs Phasen ( Abb. 1). Diese sind z. T. durch Feedbackschleifen verbunden, v. a. vom Monitoring rückwirkend (Re-Assessment) zur Bedarfsermittlung oder Hilfeplanung. Der Verlauf eines Case Management-Prozesses ist häufig durch viele Unwägbarkeiten und eine nicht immer vorhersehbare Entwicklung gekennzeichnet. Die Übergänge zwischen den Phasen sind nicht immer so diskret, wie es die Abbildung nahelegt. Oft werden unbearbeitete Aufgabenanteile aus der vorhergehenden Phase mit in die nächste genommen.
Abb. 1: Einfache lineare Darstellung der Case Management-Prozesses.
Wichtig Generelle Orientierung im Case Management
Case Management ist eine zusätzliche Hilfeleistung für Klient*innen mit besonderem Unterstützungsbedarf bei der Inanspruchnahme primärer anderer Hilfen (nicht nur des SGB). Zu den konstitutiven Merkmale gehört, dass Sie als Case Manager*in erster Linie an der Seite des Klienten stehen (Bedarfsorientierung); nicht nur die dominierenden, Anlass gebenden Probleme betrachten, sondern die Gesamtsituation der Klient*innen - soweit dies erforderlich ist (Alltags- und Lebensweltorientierung).
Ziel des Case Managements ist nicht allein Hilfe bei der Bewältigung einer sozialrechtlich definierten Problemlage, sondern die Erarbeitung von Grundlagen für eine zufriedenstellende, selbstbestimmte Alltags- und Lebensbewältigung überhaupt.
Aktivität: Wie definiert man Case Management?
Laden Sie die folgenden Definitionen von Case Management herunter und vergleichen Sie diese.
https://www.dgcc.de/case-management/
https://www.aok-bv.de/lexikon/c/index_00273.html
https://www.kgu.de/ueber-uns/vorstand-des-universitaetsklinikums/aerzt-liche-direktion/stabsstelle-zentrales-patientenmanagement/case-management/was-verstehen-wir-unter-case-management
https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/case-management-28340/version-251973
https://www.ogsa.at/wp-content/uploads/2018/12/ogsa_Standards-f%c3%bcr-Social-Work-Case-Management.pdf
Stellen Sie fest, wo die Definitionen übereinstimmen bzw. voneinander abweichen. Wählen Sie als Vergleichskriterium u. a. die jeweilige Zielsetzung:
Welcher Nutzen genannt wird?
Wem kommt er zugute?
Welche Themen/Anliegen werden verfolgt?
Was wird über die Arbeitsweise ausgesagt?
Zur Vertiefung möchte ich Sie hier auf das Standardwerk von Michael Monzer (2018): Case Management. Grundlagen. medhochzwei, Heidelberg, aufmerksam machen.
Aktivität: Stellenbeschreibung Case Management
Recherchieren Sie im Internet nach verschiedenen Stellenausschreibungen für Case Manager*innen. Stellen Sie jeweils die Anforderungen und Aufgaben gegenüber.
Wählen Sie dann jeweils eine Stellenausschreibung aus, für die Sie eine Bewerbung abgeben bzw. auf keinen Fall abgeben würden.
Begründen Sie Ihre Entscheidung!
Die Aufgaben eines/r Case Manager*in fallen in Abhängigkeit von der jeweiligen Trägerschaft und der Konzeption des Case Management unterschiedlich aus. Dennoch lässt sich ein Kern typischer Aufgaben festhalten. Wie oben beschrieben, besteht die generelle Aufgabe darin, eine Passung zwischen dem Selbstsorgesystem des Klienten (und seiner nächsten Angehörigen) und den formellen und informellen Hilfen der Solidargemeinschaft und ihren Organisationen herzustellen.
Wichtig Passung herstellen
»Passung« ist ein relationales und dynamisches Konzept. Je größer die Selbstmanagementkompetenz und Kooperationsfähigkeit des Klienten, umso weniger ist die leistungserbringende...
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