Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Sie kennen die verschiedenen Lernprinzipien, die zu der Vielzahl von Methoden der Verhaltenstherapie beitragen.
Sie können die einzelnen Lernprinzipien mit Beispielen erklären.
Sie wissen um die verschiedenen Verstärkerpläne.
Sie kennen die unterschiedlichen Arten von Verstärkern.
Sie kennen die sozial-kognitive Lerntheorie nach Bandura.
Sie können das Vorgehen für das Time-out/die Auszeit beschreiben.
Die Grundlage der Verhaltenstherapie ist die Lerntheorie. Die Grundidee ist, dass störungsbedingtes Verhalten erlernt wird und somit wieder verlernt oder umgelernt werden kann, bzw. dass angemessenere Verhaltensweisen neu erlernt werden können. Bei der Verhaltensmodifikation geht es dabei bis heute darum, die das Verhalten auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen zu analysieren und Problemverhalten dadurch zu modifizieren. Die diversen Lernformen - klassisches Konditionieren, instrumentelles Lernen, Prinzipien des operanten Konditionierens, Modelllernen - sind sowohl für Störungsmodelle als auch Interventionen relevant. Eine bedeutsame Erweiterung stellt die Berücksichtigung von Kognitionen dar.
Verschiedene Lernprinzipien haben zu einer Vielzahl von Methoden der Verhaltenstherapie beigetragen. Von besonderer Relevanz sind die folgenden Lernprinzipien:
Klassische Konditionierung
Operante Konditionierung
Diskriminationslernen
Modelllernen
Sozial-kognitives Lernen
Bei der klassischen Konditionierung (Assoziationslernen) nach Iwan P. Pawlow (1927) werden ursprünglich neutrale Reize bzw. Stimuli zum Auslöser einer Reaktion, die sie zuvor nicht auslösen konnten. Dieser neutrale Stimulus wird gemeinsam mit einem unkonditionierten Stimulus dargeboten, der eine biologisch programmierte, automatische Reaktion auslöst. In der Vorbereitungsphase seines klassischen Experiments an Hunden, konnte Pawlow folgendes zeigen ( Abb. 2.1): In der Vorbereitungsphase löst der Glockenton als neutraler Stimulus (NS) eine Orientierungsreaktion (OR) mit Zuwendung zur Reizquelle aus. Als Reaktion auf Futter (unkonditionierter Stimulus, US) zeigen Hunde einen biologisch programmierten reflexhaften Speichelfluss, also eine nicht gelernte, unkonditionierte Reaktion (UCR).
Abb. 2.1: Ablauf des Experiments zur Klassischen Konditionierung von Pawlow
In der darauffolgenden Trainingsphase wird der NS wiederholt mit dem US dargeboten. Das Tier lernt, auf den ursprünglichen neutralen Stimulus mit einer UCR zu antworten. Somit wird der neutrale Stimulus zu einem konditionierten Stimulus (CS). Die unkonditionierte Reaktion wird zur konditionierten bzw. bedingten Reaktion (CR). Um zwei Reize miteinander verknüpfen zu können, müssen sie in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang gesetzt werden. Hierbei ist es notwendig, dass UCS und NS zeitlich dicht beieinander liegen (Gesetz der Kontiguität), um eine konditionierte Reaktion (CR) auszulösen. Diese Kopplung zwischen NS und UCS wird als Verstärkung bzw. Bekräftigung (reinforcement) bezeichnet. Die konditionierte Reaktion (CR) muss nicht vollkommen der unkonditionierten Reaktion (UCR) entsprechen (z. B. eine Schmerz-Furcht Reaktion als UCR und eine Angstreaktion als CR).
Für die Konditionierung einer emotionalen Reaktion ist das Experiment von Watson und Rayner (1921) mit dem kleinen Albert zu nennen ( Kap. 1, Kleiner Albert). Ebenfalls zeigt sich anhand des Experiments eine Reizgeneralisierung, welche darauf hinweist, dass je ähnlicher ein anderer neutraler Reiz dem konditionierten Reiz ist, dieser umso wahrscheinlicher die konditionierte Reaktion auslöst. Beim kleinen Albert waren dies pelzähnliche Objekte, die der weißen Ratte glichen, wie z. B. ein weißes Kaninchen oder ein Seehundfell. Die Reaktion auf weiße Watte war hingegen gering. Manche bedingten Reaktionen treten hingegen nur bei einem einzigen genau definierten Reiz auf (Reizdiskrimination).
Ein Kind hat Angst vor Tieren. Nun stellt es fest, dass z. B. Kaninchen und Meerschweinchen harmlos sind und fürchtet sich vor diesen Tieren nicht mehr. Trotz dieser Erfahrung bleibt die Angst bei z. B. Hunden, Spinnen oder Pferden dennoch bestehen.
Führt ein Reiz zuverlässig zu keiner ausgelösten Reaktion, z. B. indem er mehrere Male ohne Konsequenz dargeboten wurde, wird dieser Reiz in einer späteren Lernphase (Aquisition) schwerer als konditionierter Reiz gelernt, wenn er mit einem unkonditionierten Reiz gepaart wird. D. h. es findet eine Abschwächung des Assoziationslernen statt. Diesen Prozess nennt man eine latente Hemmung oder latente Inhibition (auch CS-Präexposition). Im Alltag ist dieser Prozess notwendig, um zwischen relevanten und irrelevanten Reizen zu unterscheiden und Aufmerksamkeitsprozesse effektiv steuern zu können.
Früher wurden samstags um 12 Uhr häufig Feueralarmübungen durchgeführt. Diese »Mittagssirene« gehörte zum Samstag fest dazu und führte in der Regel bei den Personen, die diese hörten, nicht zu Angst. D. h. aber auch, dass ein solcher Sirenenton an einem Samstag um 12 Uhr im Falle eines tatsächlichen Feuers wahrscheinlich keine Angstreaktion und somit auch kein angemessenes Fluchtverhalten auslöste.
Die Konditionierungsstärke hängt hierbei also sowohl stark von der Vorerfahrung mit einem konditionierten Stimulus ab als auch von der Fähigkeit der latenten Hemmung im Sinne einer Verhinderung von Reizüberflutungen.
Der Therapieraum wird ansprechend gestaltet, aber nicht extrem bunt und mit offen herumstehenden oder ausgestellten Spielsachen, damit das Kind sich auf die neuen Reize im Zusammenhang mit Therapie oder Therapeutin konzentrieren kann und nicht überfordert ist.
Nicht alle situativen Stimuli sind gleichermaßen als CS geeignet. Es scheint eine biologische Prädisposition auf bestimmte Reize zu geben, im Sinne einer Preparedness (Seligman, 1970). Auf diese Reize lässt sich besonders leicht eine stabile konditionierte Reaktion entwickeln. Somit tritt die klassische Konditionierung bei manchen Reizen weitaus häufiger auf (z. B. Angst vor Spinnen, Höhe, Hunden) im Vergleich zu anderen Ängsten (z. B. Angst vor Steckdosen, Motorsägen, Autos). Gewisse Stimuli sind für bestimmte Spezies auch prägnanter und werden selektiv stärker wahrgenommen (Prepotency). Hierbei handelt es sich um Reize, die entwicklungsgeschichtlich gefährlicher waren als andere Reize. Sie sind löschungsresistenter und brauchen weniger Lerndurchgänge bei der Konditionierung.
Bei der klassischen Konditionierung spielen weitere Faktoren eine bedeutende Rolle:
Erwerb einer Assoziation der Stimulusbedingung und des Kontextes: Wird eine Lernerfahrung z. B. in einem Labor gemacht, stellt das Labor einen erworbenen konditionierten Reiz dar. Das kann dazu führen, dass die Angstreaktion dann nicht mehr im Labor gezeigt wird, außerhalb des Labors aber schon.
Konditionierte Reaktionen können auch durch mentale Prozesse erworben werden, ohne dass ein realer CS und/oder ein US zum Lernzeitpunkt vorhanden sein müssen. So können Kinder Angst vor Schlangen und Monstern haben, allein durch die Imagination von negativen Konsequenzen beim Auftreten der angstauslösenden Stimuli.
Auch die Vermittlung von Informationen, z. B. im Rahmen von Psychoedukation oder bei kognitiver Umstrukturierung kann zu einer Abnahme einer konditionierten Reaktion führen.
Die Vorhersehbarkeit des US beeinflusst die Erwartung, ob der US auftritt und zu einer emotionalen Gegenregulierung führen kann. Die Person kann entscheiden, wie stark sie auf einen US reagiert oder nicht. Andersrum kann die CR auch verstärkt werden, wenn die Erwartung besteht, dass die US stärker ausfällt.
Weitere Faktoren wie genetische und hormonelle Einflüsse sowie Beobachtungslernen spielen eine Rolle.
Beim Assoziationslernen spielen auch Löschung (Extinktion) und Spontanerholung eine wichtige Rolle. In einer...
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