Schweitzer Fachinformationen
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Auf einem Bergbauernhof in der Nähe von Sterzing wuchs einst ein Bub auf. Sein Name war Matthäus Hänsele, aber man nannte ihn auch Pfeifer-Huisele oder einfach nur Huisele.
Diese Verkleinerungsform war überaus treffend, denn Huisele war von schmächtiger Statur und hatte es trotzdem faustdick hinter den Ohren. Während andere Kinder ab acht die Schulbank drückten, schlief es daheim gemütlich bis neun. Auf dem Schulweg trödelte es, schwatzte mit den Leuten und erheiterte sie mit Witzen oder lustigen Lügengeschichten. Hinter ihrem Rücken aber lachte es sie aus, weil sie nicht wussten, dass das Huisele es war, das ihnen nachts die Hühner stahl. Sie wussten auch nicht, dass bei ihm daheim dann bald Brathühnchen gegessen wurde. Sonst kamen nur Brennsuppe und Kartoffelgerichte auf den Tisch. Mehr gab der Hof seiner Eltern nicht her. Er war nur klein; die Felder waren steil und karg.
In der großen Pause trudelte Huisele endlich im Schulhof ein, zog die Mädchen auf und raufte mit den Buben. In der Klasse trieb das Huisele es ebenfalls bunt. Einmal goss es dem Lehrer Gülle auf den Stuhl, ein anderes Mal versteckte es ihm die Brille oder bewarf ihn von hinten mit Kletten. Der Lehrer wusste natürlich, wer der Übeltäter war und schickte ihn vor die Tür. Huisele war das herzlich egal. Lesen und Schreiben lernte es trotzdem. Es hatte zwar nur Unfug im Kopf, war aber blitzgescheit.
Sobald Huisele die Schulzeit hinter sich hatte, nahm es bei Bauersleuten in Ratschings eine Stelle als Knecht an. Die haben Geld, dachte es, und - anders als meine Eltern - sie besitzen ebene Felder. Das heißt: leichte Arbeit, köstliches Essen, fetter Lohn.
Die Wirklichkeit sah allerdings anders aus. Der Lohn war genauso mager wie das Essen, und von der Arbeit bekam Huisele Rückenschmerzen und Blasen an den Händen. Deshalb tat es nur das Nötigste und das in einer Geschwindigkeit, die sonst nur Schnecken an den Tag legen. Schuften, nein, danke, sagte es sich. Da hätte ich gleich daheimbleiben können, dort, wo man sich beim Mähen anseilen muss und die Hühner Steigeisen tragen.
Die Bauersleute merkten, wie faul der neue Knecht war, also wollten sie ihm eine Lehre erteilen und luden ihm eines Morgens so viel Mist auf den Karren, dass er schon vom Hinsehen weiche Knie bekam. Der Mist musste nämlich zu einer Wiese gebracht werden. Dabei ging es zuerst durch das Dorf und später einen stark ansteigenden Weg hinauf.
O je, wie Huisele auf dem steilen Stück keuchte. Und wie es schwitzte. "Leuteschinder!", maulte es und meinte damit die Bauersleute. "Ausbeuter, Blutsauger!"
Zu allem Übel rollte der Karren gegen einen Stein und ließ sich nicht mehr bewegen. Huisele maulte weiter: "Diese lausigen Bauersleute sollen ihren Mist doch selbst ausfahren!" Dann gab es dem Karren einen Tritt und fluchte, wobei es immer wüstere Worte fand und so laut wurde, dass in den Bäumen die Vögel aufschreckten und kreischend davonflogen.
Im selben Moment ertönte ein Knall, vor Huisele stoben Funken auseinander und auf dem Weg stand - meiner Seel! - der Teufel. Er hatte furchtbar lange Hörner und eine Stimme, die wie Donnergrollen klang.
"Dein Fluchen ist Musik in meinen Ohren", dröhnte er wider Erwarten freundlich und grinste. "Das muss belohnt werden. Wie wär's mit einem deftigen Essen, Kleiner? Du siehst aus, als könntest du es brauchen."
Ohne die Antwort abzuwarten, schnipste der Teufel mit den Fingern, und schon fand Huisele sich in einer Höhle wieder, wo der Teufel erneut schnipste. Augenblicklich flackerte in der Mitte der Höhle ein Lagerfeuer auf, zwei Stühle und ein Tisch schwebten herbei, eine Platte mit Rehbraten und Rotkraut setzten darauf zur Landung an.
"Nimm Platz und greif zu, Kleiner. Es ist genug da", dröhnte der Teufel nun und häufte Huisele so viel Essen auf den Teller, dass er fast überquoll.
Und wie das Essen roch, herrlich. Da lief Huisele das Wasser im Mund zusammen, und es konnte nicht widerstehen. Obwohl es dem Teufel nicht traute, setzte es sich an den Tisch, aß und aß, und sein Misstrauen schmolz allmählich dahin.
Mit vollem Mund fragte es: "Könntest du mir das mit dem Fingerschnipsen eventuell beibringen?"
"Bei allen gefallenen Engeln und höllischen Dämonen, deswegen bin ich doch zu dir gekommen", eröffnete ihm der Teufel und zauberte noch Krapfen mit Himbeerfülle herbei. "Ich bin der mächtigste Hexenmeister der Welt und kann dir noch viel aufregendere Sachen beibringen. Sich unsichtbar machen, in Sekundenschnelle verschwinden und an einem anderen Ort auftauchen und, und, und."
"Krass", meinte Huisele. "Das will ich lernen. Um jeden Preis."
Diese Einstellung schien dem Teufel zu gefallen; er ließ das Huisele einen Krapfen kosten und führte ihm dann ein Zauberstück vor: das Hemd auf- und zuknöpfen und die Schuhbänder schnüren, ohne dabei die Hände zu benutzen. Dafür musste der Teufel sich nur konzentrieren und dreimal mit dem rechten Auge zwinkern. Huisele probierte es auch und schaffte es auf Anhieb. Es versuchte es noch einmal und wieder klappte es im Nu. Für Huisele war das nur Kinderkram. Und es war erst der Anfang.
Deshalb blieb es in der Höhle und lernte in den kommenden Tagen eine weitere, vielversprechende Zaubermethode: wie man mit Handzeichen Gegenstände bewegt, Äste zersägt und Holz spaltet. Huisele war so gut darin, dass der Teufel es ein Naturtalent nannte.
"Bald zeig ich dir neue Methoden, Kleiner", sagte er. "Und einen Platz, wo du mehr Möglichkeiten zum Üben hast, kriegst du auch."
Für diesen Zweck brachte er Huisele zu Bauersleuten, die in der Nähe des Brennerpasses einen Hof hatten und den Zauberschüler schon erwarteten.
"Hier gibt es reichlich Arbeit, du kannst dich also austoben", meinten sie. "Wir zahlen auch gut. Vorausgesetzt dein Einsatz stimmt und das Ergebnis passt."
Huisele mochte Begriffe wie Einsatz und Ergebnis zwar nicht, doch die Aussicht, mit der Zauberei Geld zu verdienen, trieb es dermaßen an, dass es gleich eine Probe seines Könnens lieferte. Es pflügte einen Acker und bepflanzte ihn mit Rüben - durch Konzentration, mit Handzeichen und in kürzester Zeit versteht sich. Die Bauersleute waren sehr zufrieden mit ihm. Mehr noch, sie waren begeistert.
Weil es Huisele bei ihnen gefiel, blieb es auf dem Hof und übte tagtäglich. Regelmäßigen Besuch bekam es auch - vom Teufel, der es nun das Zaubern mit Sprüchen lehrte. Mit dieser Methode konnte Huisele im Handumdrehen Heu schroten, die Kühe füttern und eine Menge andere Dinge erledigen. Mit Arbeit hatte das nichts mehr zu tun. Viel eher war es ein Vergnügen, für das die Bauersleute das Huisele bestens entlohnten und noch besser bekochten. Es gab Mus mit einem See an Butterschmalz drauf, riesige Knödel mit Speck, und die Süßspeisen, o, sie waren ein Gedicht. Huisele griff dementsprechend tüchtig zu und kam sich vor wie im Schlaraffenland.
Das ging so lange, bis der Bauer sich eines Tages bei ihm beschwerte. "Wie ist es möglich, dass ein schmächtiger Kerl wie du so viel Hunger hat? Du isst ja für drei!"
Huisele verzog das Gesicht und erwiderte: "Das ist doch gerecht, schließlich arbeite ich auch für drei. Oder für fünf. Oder für zehn."
Daraufhin kam vom Bauern keine Kritik mehr, doch am nächsten Tag war auf dem Mus fast kein Schmalz mehr, und die Knödel waren winzig klein. Außerdem ließ die Bäuerin etwas verlauten, das wie "teurer Kostgänger" klang. Teurer Kostgänger! Das ärgerte Huisele maßlos.
Von dieser Stunde an versorgte es sich durch Fingerschnipsen mit Essen und zauberte nur noch für sich. Beim Heumähen gähnte es öfter als es mit der Sense ausholte, und beim Melken schlief es beinahe ein. Das ließen sich die Bauersleute nicht gefallen; sie beschimpften Huisele aufs Übelste und jagten es vom Hof.
Aber nicht, dass es sich deswegen gegrämt hätte. Wozu auch? Jetzt war Freizeit angesagt - Freizeit, die es in den Wirtshäusern von Sterzing verbrachte, wo es die Gäste mit Aufschneidereien unterhielt, mit Karten- und Taschentricks oder mit einfacher Zauberei.
Im Gegenzug zahlten sie seine Zeche und legten sogar noch etwas drauf, weil der Mensch sich eben gern amüsiert. Und Huisele hatte auch Spaß, am allermeisten dann, wenn die Kasse klingelte und wenn es merkte, wie leicht die Leute zu beeindrucken und zu täuschen waren.
Dafür ließ es sich laufend Neues einfallen: Manchmal versetzte es einen Gast in einen Traumzustand, band ihn an ein Stück Garn und ließ ihn wie einen Hund um die Tische laufen und das Bein heben. Es ließ den Gast auch wie eine Katze miauen und wie ein Ferkel grunzen. Solche Sachen gefielen den Leuten. Sie klatschten und legten brav Geld in den Hut, den Huisele nach der Vorstellung herumreichte.
Das Geld war bald verbraucht, weshalb es im Wirtshaus einen reichen, aber geizigen Bauern...
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