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Für die Theoriebildung von Philosophical Care bedarf es zuallererst einen neu entwickelten Soziolekt, worin Begriffe mit bestimmten Bedeutungen aufgeladen werden (vgl. Kapitel 1). Begriffe erweisen sich bei näherer Betrachtung oft als ambivalent und können nicht genau definiert werden oder weisen mehrere Verstehensmöglichkeiten auf (Stölzel, 2012: 16). Ebenfalls können sie in unterschiedlichen Zeitepochen sowie in diversen Disziplinen und Fächer anders verwendet werden, wodurch eine unübersichtliche Menge an Interpretationsweisen vorliegen kann.
Für ein anzustrebendes Problembewusstsein dürfen diese Aspekte in der vorliegenden Untersuchung nicht vernachlässigt werden. Was also unter einem bestimmten Begriff verstanden wurde und wird, muss für die vorgenommene Untersuchung expliziert werden (Gadamer, 2010: 273). Es werden durch das Explizieren Gründe hervorgebracht, warum ein Begriff so verstanden werden kann, auch wenn andere Verständnisarten existieren. Diese Gründe dienen dazu, die weitere kritische Auseinandersetzung in Zusammenhang mit den entwickelten Begriffen zu fördern (Fischer, 2017: 34, Steinfath in Meyer, 2016: 106). Dabei macht es meistens keinen wesentlichen Unterschied, ob der Begriff von einer langen Tradition her übernommen wird oder stipulativ in einer neuen Bedeutung funktional gesetzt wird. Solange die Gründe auf ihre Berechtigung hin überprüft werden können, ist die Verwendung des Begriffes als legitim zu betrachten, bis ausreichend viele oder triftige Gründe hervorgebracht werden, um dieses Verständnis wieder fallen zu lassen.
Die transzendentalkritischen Problemfelder können daher erst erarbeitet und untersucht werden, sobald die begrifflichen Grundlagen dazu gelegt wurden und ein Einverständnis darüber herrscht, was unter welchem Begriff in der vorliegenden Arbeit verstanden werden kann. Dabei erweist sich die begriffliche Grundlegung also selbst schon als Problemfeld. Was bedeutet Philosophie? Und was bedeutet Care oder Sorge? Wie hängen diese Begriffe miteinander zusammen? Sobald diese Fragen geklärt sind, lohnt es sich, weitere Kriterien für Philosophical Care aus der Philosophie heraus zu entwickeln. Im vorliegenden Kapitel werden dementsprechend die Begriffe Philosophie (2.1 und 2.2) und deren Zusammenhang mit Seelsorge (2.3), Care (2.4) sowie Klientel (2.5) untersucht. Sie bilden die Grundlage für alle weiteren Kapitel.
Eine begriffliche Grundlegung kann in der vorliegenden Untersuchung als eine funktionale Setzung verstanden werden. Das bedeutet, dass die Begriffe ein Sinnsystem bilden, das auf die Probleme und Ansprüche der Untersuchung reagiert (Luhmann, 1987: 92). Damit werden die Begriffe in der Auseinandersetzung mit sich selbst und anderen Begriffen inhaltlich sowie inferentiell festgelegt und im Hinblick auf den bestehenden Diskurs teils auch verändert (vgl. Kapitel 1).
Die Festlegung und die dazugehörige Reaktion auf die Probleme und Ansprüche erfolgt in drei Dimensionen und zwar, woher die Begriffe kommen, wie sie verwendet werden sollen und was der Sinn hinter der neuen Festlegung sein soll. Es werden dabei Verständnisse der Begriffe ausgearbeitet, welche jene wesentlichen Punkte von Philosophical Care (im Hinblick auf das Vorverständnis) in den Fokus dieser drei Dimensionen rücken. Es wird entsprechend nach zentralen Begriffen gesucht, welche auf die aufgeworfenen Problemstellungen (Professionalisierungsherausforderung und Sorgeproblematik) bestmöglich reagieren können. Demzufolge wird sich zeigen, dass die begrifflichen Festlegungen genau jene Elemente in sich enthalten, welche für Philosophical Care fruchtbar gemacht werden können. Dabei können sich analytische und genealogische Begriffsbestimmungen gegenseitig ergänzen.
Nun wird jedoch nicht von axiomatischen Grundlegungen ausgegangen (vgl. Kapitel 1), sondern es wird versucht, die Begriffsentwicklung anhand von Problemstellungen zu entfalten. Die Problemstellung auf welche die Begriffseinführung antworten soll, dreht sich folglich um die Frage, wie das Vorverständnis von Philosophical Care begrifflich untermauert werden kann. Folgende Problemstellungen können dabei identifiziert werden: Wie kann der Begriff Philosophie verstanden werden, damit er in der sorgenden Tätigkeit verwendet werden kann (2.1)? Es geht darum, dass verschiedene Zugänge zum Philosophiebegriff möglich sind, dass jedoch nicht alle gleichermassen sinnvoll für die Bestimmung von Philosophical Care verwendet werden können. Wie sich zeigen wird, kann Philosophie durch Abgrenzung zu alternativen Verständnissen als diverse, gleichursprüngliche Kompetenzen aufgefasst werden.[25]
Anschliessend daran lässt sich fragen, wie genau diese Kompetenzen aufgefasst werden sollen, unter anderem im Hinblick auf die Entwicklung einer Praxistheorie (2.2). Dies soll ermöglicht werden, indem aufgezeigt wird, dass die philosophischen Kompetenzen nicht nur für die sorgende Tätigkeit, sondern auch für die philosophische Entwicklung einer Praxistheorie wesentlich sind. Die verschiedenen philosophischen Kompetenzen finden also sowohl in Philosophical Care als auch in der philosophischen Theoriebildung ihre Anwendung. Sie sind in diesem Sinne also in beiden philosophischen Tätigkeiten zu finden. Dadurch wird ersichtlich, dass die aufgedeckten philosophischen Kompetenzen gleich direkt im vorliegenden Kapitel angewendet werden.[26] So wird folglich ein erster transzendentalkritischer Anspruch auf Selbstbegründung durch Formalanzeige erhoben.
Anschliessend lässt sich fragen, wie die sorgende Tätigkeit bisher verstanden wurde und wird (2.3). Dabei wird der Begriff der Seelsorge als möglicher genealogischer Anknüpfungspunkt verwendet. Es werden einzelne historische Entwicklungen und die dazugehörigen Theoriefelder der Seelsorge in knapper Form angesprochen. Sie helfen zum Überblick und für weitere Anknüpfungspunkte.
Da jedoch von Philosophical Care und nicht von philosophischer Sorge ausgegangen wird, lohnt es sich weiter zu fragen, wie der Begriff Care im Hinblick auf die bisher entwickelten Überlegungen aufgefasst werden kann (2.4). Anhand dieses Begriffes lässt sich folglich auch zeigen, wie die philosophischen Kompetenzen mit der sorgenden Tätigkeit zusammengedacht werden können. Ebenso lässt sich die Frage stellen, wer genau Träger oder Trägerin dieser philosophischen Kompetenzen sein soll. Es muss zusätzlich geklärt werden, wer oder was unter den Begriff Klientel fällt, welche die Adressatinnen und Adressaten von Care bilden (2.5). Anhand dieser neuorientierten Begriffsbildung wird aufgezeigt, wie die darauffolgenden transzendentalkritischen Problemstellungen bearbeitet werden können.
Philosophie übersetzt bedeutet etwa so viel wie: Die Liebe zur Weisheit oder das Streben nach Erkenntnis (Erler, 2006: 62, Jaspers, 2019: 13). Dabei ist eine Übersetzung nicht mit einer Definition gleichzusetzen.
Was soll es genau bedeuten, wenn man nach Erkenntnis oder nach Weisheit strebt? Und wie hängt dies mit der sorgenden Tätigkeit überhaupt zusammen? Eine Definition könnte dies möglicherweise klären, sobald klarer wird, was unter dem Begriff Philosophie verstanden werden soll, wobei ein solches Unterfangen selbst schon als philosophisches Vorhaben gedeutet werden kann (Mittelstrass, 2007: 22). Was Philosophie ist, muss sie selbst beantworten. Auf diese Fragen hin können zwei Rückfragen als Antwort gestellt werden, nämlich ob es überhaupt eine einzelne Definition der Philosophie gibt und geben sollte sowie ob eine Definition für das antizipierte Unterfangen auch nötig ist (Horkheimer, 1974: 270)?
Es soll zuerst die Frage beleuchtet werden, ob es eine einzelne Definition des Philosophiebegriffes gibt. Eine Definition erfasst nicht nur das Wesentliche eines Begriffes, sondern vermag es auch, den Begriff in verständlichere Elemente aufzuteilen. Demzufolge muss eine Definition all jenes abdecken, was der zu definierende Begriff beinhaltet (Figal, 2006: 65). Eine Definition bildet so verstanden eine Antwort auf die Frage »Was ist x?«, wobei die Variabel durch den zu definierenden Begriff ausgetauscht werden kann. Solche Fragen findet man schon in den sokratischen Gesprächen, in welchem das...
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