Schweitzer Fachinformationen
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»Komm näher ran«, befahl Rachel.
Luke seufzte und trat näher. Er stand jetzt direkt auf der anderen Seite des Tischs.
Rachel hielt kurz inne und machte eine kleine Anpassung. »Okay, ich bin so weit.«
»Was soll ich tun?«
»Blickkontakt wäre ein Anfang.«
Luke hob den Kopf. Er hatte tiefblaue Augen und dichte, dunkle Wimpern. »Blickkontakt hergestellt. Und jetzt?«
»Jetzt brauche ich eine starke, deutlich wahrnehmbare Empfindung von dir. Denk bitte an etwas, das dich sehr bewegt. Und verrate nicht, was es ist.«
Luke suchte kurz Rachels Blick und schaute dann wieder weg. Sie sah, wie er tief einatmete und dann konzentriert die Augen zusammenkniff. Mit fast elektrisierender Intensität starrte er vor sich hin. Rachel beobachtete ihn genau. Er schien das Atmen zu vergessen. Sie sah, wie etwas in seinen Augen aufblitzte. Seine Pupillen wurden sichtbar größer, und sie hörte, wie sich seine Atmung veränderte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
»Was siehst du?«, fragte sie.
Die Stimme neben ihr war tief und ruhig. »Erweiterung der Pupillen, verkürzter, schnellerer Atemrhythmus, bis zu zwanzig Atemzüge pro Minute, erhöhter Puls .«
»Lukes Armband zeichnet die Daten auf, ich kann sie auf dem Bildschirm sehen«, sagte Rachel ungeduldig. »Sag mir, was er fühlt. Was spürst du?«
Nach einer langen Pause sagte die Gestalt neben Rachel: »Er ist konzentriert. Nicht aufgewühlt, sondern sehr, sehr konzentriert.«
»Gut«, sagte Rachel. »Weiter.«
»Er runzelt die Stirn. Seine Körpertemperatur ist normal, und ich erkenne keine Anzeichen von Wut. Ich glaube nicht, dass ich ihn verärgert habe.«
»Noch nicht«, sagte Luke.
»Er sagte >noch nicht< wie eine Warnung, aber ich erkenne ein Lächeln. War das ein Scherz?«
»Scherze sind nicht gerade Lukes Stärke«, sagte Rachel.
»Dauert das hier jetzt noch lange?«, fragte Luke
»Ich glaube, ich hab's!« Die Stimme klang aufgeregt. »Er ist ungeduldig, weil wir seine Zeit beanspruchen.«
»Ungeduldig«, sagte Rachel. »Ist es das, Luke? War das das Gefühl, das du ausdrücken wolltest?«
Luke lachte und entspannte sich sichtlich. »Ich hätte gereizt gesagt, aber ungeduldig trifft es auch. Können wir jetzt aufhören?«
»Sei kein Spielverderber«, sagte Rachel. »Es läuft gerade so gut. Nur noch ein paar Minuten .« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Oh nein! Schon so spät. Ich muss pünktlich los - heute ist unser Hochzeitstag. 18 Jahre, kannst du dir das vorstellen?«
»Kann ich«, sagte Luke trocken.
»Aidan hat einen Tisch im Old Saxon reserviert. Ich war ganz aus dem Häuschen, als er es mir gesagt hat. Da einen Tisch zu kriegen ist echt nicht so einfach, nicht für Geld und gute Worte. Das muss er schon vor Monaten organisiert haben.« Aus ihrem Lächeln strahlte die Vorfreude.
»Hört sich toll an«, sagte Luke. »Herzlichen Glückwunsch zum Hochzeitstag.«
»Danke.«
Rachel erhob sich von ihrem Stuhl und streckte sich. Die durch das Fenster einfallenden letzten Sonnenstrahlen sprenkelten die Papierstapel auf ihrem chaotischen Schreibtisch. Sie ging zum Fenster und blickte hinaus auf den Rasen, der die Laborgebäude umgab. Es war ein schöner Frühlingstag gewesen, der einen wunderbaren Abend verhieß. Sie stellte sich vor, wie sie im Restaurant Aidans Hand hielt und an einem kühlen Weißwein nippte. Ausnahmsweise würde sie die Arbeit mal vergessen und sich entspannen. Ja, sie hatte am Experiment eine winzige Störung entdeckt, und sie hätte gern die Zeit gehabt, die Sequenz noch einmal durchzuführen und sie zu beheben, aber nicht jetzt. Jetzt war Zeit zum Abschalten.
Sie blickte hinüber zu Lukes Seite des Labors. Er stand bei einer Werkbank und trug auf einem Klemmbrett mit seiner kleinen, akribischen Handschrift Daten ein. Sie hatte sich darüber lustig gemacht, dass er die Dinge erst mit der Hand notierte, ehe er die Informationen in den Computer eingab, aber er blieb hartnäckig dabei.
»Ich mache die Dinge gern mit der Hand«, hatte er zurückgegeben. »Wenn etwas nicht physisch existiert, ist es für mich nicht real.«
Sie hatte darüber gelacht - mit ein paar Tastengriffen konnte sie an ihrem Computer Berge versetzen und Galaxien tanzen lassen, und das war genauso real wie irgendeine handgeschriebene Zahlenreihe. Aber Luke blieb dabei. »Ich denke mit meinen Händen«, wiederholte er stur. Und das tat er. Sie hatte noch nie mit einem so guten Feinmechaniker zusammengearbeitet. Was auch immer sie sich ausdachte, Luke konnte es bauen. Seine fast schon zwanghafte Detailversessenheit glich ihrer eigenen, und seine Kreativität war grenzenlos.
Als sie bei Telos anfing, war sie davon ausgegangen, in einem großen Team zu arbeiten. Aber die Organisation bevorzugte Zweierteams aus Wissenschaftlern mit sich gegenseitig ergänzenden Fähigkeiten und veranstaltete qualvolle Kennenlerntreffen, um die passenden Teams zusammenzustellen.
Luke hatte zur gleichen Zeit wie Rachel angefangen. Er hatte sich geweigert, an den Speed Datings teilzunehmen, hatte allein an einem Tisch gesessen, an seinem Laptop gearbeitet und mit niemandem gesprochen. Als sie an ihm vorbeiging, um sich einen Kaffee zu holen, war Rachels Blick auf das 3D-Diagramm einer menschlichen Hand gefallen. Es sollte die Bewegung von Zeigefinger und Daumen beim Zusammenkneifen nachahmen, aber irgendwo war ein Fehler, und die Bewegung ruckelte, was Luke offenbar nicht beseitigen konnte. Rachel spürte seinen Frust, aber seine gestrafften Schultern und sein grimmiges Gebaren schüchterten sie ein, und sie wagte es nicht, ihn anzusprechen. Sie sah sich nach etwas zum Schreiben um und nahm schließlich, weil nichts anderes greifbar war, das Namensschild von ihrem Laborkittel. »Versuch's mal so:«, schrieb sie darauf, gefolgt von ein paar Codezeilen. Sie klebte das Schild neben seiner geballten linken Faust auf den Tisch und ging weiter.
Eine halbe Stunde später, sie war gerade in ein Gespräch mit einem Verhaltenspsychologen vertieft, baute sich Luke neben ihnen auf. Ihr Kollege verstummte. Luke hatte seinen Laptop dabei und drehte ihn so, dass sie den Bildschirm sehen konnten. Finger und Daumen schlossen sich in einer flüssigen, gleichmäßigen Bewegung.
»Ich werde mit dir arbeiten«, sagte er völlig unvermittelt.
Jetzt, nach drei Jahren, unzähligen Diskussionen und den ergiebigsten Forschungsarbeiten ihrer Karriere, blickte Luke auf und bemerkte, dass sie ihn ansah. Er hob fragend die Augenbrauen.
»Noch ein Versuch?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich sollte mich wirklich auf den Weg machen, sonst komme ich zu spät.« Sie nahm ihr Telefon aus ihrer Kitteltasche, um ihrer Tochter zu schreiben.
R Hi Liebes. Habe dir eine Pizza in den Kühlschrank gestellt. Wie läuft's in Chemie?
Chloes Antwort kam sofort.
CC Yeah, cool. Danke für die Pizza. Gut. Stelle grade meinen Studienplan zusammen.
R Heißt das, du chattest mit Amy auf Snapchat?
C Snapchat? Ach komm schon, Mum, lass das lieber mit dem digital-native-Gerede.
R Bist du auf Jodel?
Chloe antwortete mit einem Gesicht, das die Augen zum Himmel gehoben hatte.
R Was bedeutet das?
C Augenroll-Emoji. Lahmer Mama-Witz.
Chloe fügte ein Gesicht hinzu, dessen grauer Haarknoten und Brille eine Rentnerin darstellte.
Rachel lachte und ging zu Lukes Schreibtisch, um ihm das Bild zu zeigen. »So sieht mich meine Tochter«, sagte sie.
»Ich erkenne eine gewisse Ähnlichkeit.«
»Es reicht schon, wenn sie so pampig ist, vielen Dank. Aidan sagt, sie ist 15 und geht auf die 35 zu. Das ist natürlich meine eigene Schuld. Ich wollte eine willensstarke Tochter, die für sich selbst einstehen kann. Das habe ich nicht bis zu Ende gedacht.«
Rachel stellte sich vor, wie Chloe im Schneidersitz auf dem Bett saß, während ihre Daumen schneller über das Telefondisplay flogen, als sie sprechen konnte, und ihr das lange Haar, das Rachels so sehr glich, wie Zuckerwatte über die Schultern fiel. Aber ihr Lächeln hatte sie eher von Aidan, dieses süffisante Kräuseln in den Mundwinkeln. Rachel spürte plötzlich eine Welle von Liebe in sich aufsteigen.
R Frech (strenges Mama-Gesicht). Bin spät dran. Verabredung mit Dad. Muss los. Hab dich lieb.
C Schönen Hochzeitstag, ihr wilden Turteltauben. Genießt es.
Rachel steckte ihr Telefon ein, loggte sich aus ihrem Computer aus und ging zur Garderobe, um ihre Sachen zu holen. Der Raum wirkte leer ohne sie. Aber dann sprach die Stimme wieder und ließ Luke hochfahren. Er hatte vergessen, dass er nicht allein war.
»Sind wir für heute mit unserer Arbeit fertig?«
»Scheint so. Warum?«, fragte Luke.
»Ich spüre eine Veränderung bei dir. Als Rachel gerade auf die Uhr gesehen hat, gerieten deine Vitalwerte in Aufruhr. Hast du auf ihre Ankündigung reagiert, dass sie wegen ihrer Verabredung zum Hochzeitstag pünktlich gehen muss?«
»Wohl kaum«, sagte Luke und lachte.
»Eine veränderte Gesichtsfarbe deutet oft auf Verlegenheit oder emotionalen Stress hin«, sagte die Stimme.
»Von wessen Gesichtsfarbe sprichst du?«
»Von deiner. Und auch deine Herzfrequenz steigert sich wieder, was ein Zeichen für .«
Luke ließ abrupt...
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